[UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

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    [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

    Tourentyp
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    Mitreisende
    Go North – Go Cape Wrath
    260 km auf dem Cape Wrath Trail

    Gedanken zur Reise

    Bereits als ich vor mehr als einem Jahr das letzte Mal in Schottland unterwegs war und die Gegend von Knoydart unsicher machte, kam mir unterwegs die Idee, ich könnte meine Reise nach Norden, die ich mit dem Beginn des West Highland Ways vor zwei Jahren in Glasgow angetreten habe, bis zum Ende bringen: Wandern bis hinauf ans Cape Wrath.

    Ein kurzer Blick auf die Karte zeigt, dass von dort wo ich das letzte Mal meine offizielle Route beendet habe, es nur mehr gemütliche 260km bis ans Nordwestlichste Ende des britischen Festlandes sind. Sicherlich, ich bin noch nie so weit gegangen, schon gar nicht alleine. Klar, ich kann unterwegs de facto nur einmal wirklich einkaufen, aber warum eigentlich nicht…

    Die Planung lief seit mehr als einem Jahr immer wieder ein bisschen in meinem Hinterkopf ab. Hier ein bisschen was planen, da eine Karte studieren, dort einen Wanderbericht lesen, bis sie sich aus beruflichen Gründen recht rasch konkretisierte. Dann gab es kein Halten mehr und es galt binnen weniger Tage aus vielen kleinen verstreuten Notizen eine Tourplanung zu erstellen und Flüge / Busse / Züge zu buchen.

    Ich habe 13 Wandertage eingeplant (garniert mit 2 Reservetagen). Aufgrund der Länge der Strecke stehen mir mehrere Varianten zur Auswahl die ich je nach Kondition / Wetter und Laune aussuchen werde. Grundsätzlich aber führt mich mein Weg an den Ortschaften Craig, Kinlochewe und Ullapool vorbei (in letzterem werde ich meinen Proviant aufstocken) und dann weiter nach Oykel Bridge, am Ben More Assynt vorbei nach Unapool, Achfary, Kinlochbervie und schließlich nach Cape Wrath. Die letzte Etappe vor Cape Wrath beinhaltet noch ein kleines Spannungsmoment, als diese über eine Firing Range der Royal Navy / Royal Airforce führt. Ein Telefonat mit den Zuständigen Behörden ergab, dass noch keine Truppenübungen angesetzt sind, aber so langfristig (4 Wochen im Voraus!) könnte man hier noch keine Garantien abgeben, ob das Areal passierbar ist. Wenn ich also Pech habe, stehe ich in Sichtweite zum Cape und darf nicht weiter, weil scharf geschossen wird.

    Bin ich endlich am Cape, muss ich natürlich auch wieder irgendwie zurück. Das kann ich entweder machen, indem ich eine weitere Tagesetappe zu Fuß zurück nach Kinlochbervie einlege und von dort den Bus zurück nach Inverness nehme, oder ich fahre mit dem Cape Wrath Taxi bis zum Kyle of Durness, setze hier mit einer Fähre über, wandere drei Kilometer bis in die Ortschaft Durness hinein und nehme von dort den Bus nach Inverness. So oder so wird die Rückreise ziemlich lange.

    Ausrüstung

    Vieles hatte sich bereits im letzten Jahr bewährt, einiges muss jedoch geändert werden. Zum einen brauchte ich einen neuen Wanderhut, nachdem mein alter verloren gegangen war. Und ich brauchte ein neues Sicherheitssystem, nachdem das Satellitentelefon nicht wirklich erfüllend war. Geplant hatte ich ein SPOT2 zu leihen (seit neuestem möglich), aber leider waren für meinen Zeitrahmen bereits alle Geräte verliehen. Also musste ich mir doch eines kaufen. Als Zelt kam wieder mein gemütlicher Minisarg namens Jack Wolfskin Gossamer mit – trotz seiner Nachteile; aber das Gewicht ist einfach unschlagbar. Ansonsten investierte ich kaum in neues Equipment.

    Zuletzt geändert von Hunter9000; 10.01.2020, 08:44.

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    #2
    AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

    Freitag, 16. August – 1. Tag

    Die Vorbereitung für den Cape Wrath Trail war dieses Mal ja etwas kurz, da alles sehr überstürzt geplant und vorbereitet worden ist. Ich wusste zwar schon einiges über die Strecke, da ich im vergangenen Jahr vieles über den Trail gelesen habe, aber so, dass ich alles auswendig im Kopf hatte, was die Strecke betraf – so wie im letzten Jahr – war es bei weitem nicht. Dementsprechend ging ich zum Teil etwas unvorbereitet an das Ganze heran.

    Meine Freundin brachte mich am frühen Morgen des 16. Augusts zum Bahnhof in Heidelberg. Von hier nahm ich den Zug nach Mannheim und stieg dort in den ICE zum Flughafen Frankfurt um. Die Zeit zum Umsteigen war relativ knapp bemessen, aber es hat trotzdem gelappt. Jedoch war der ICE so voll, dass ich es gerade mal durch die Tür geschafft habe. Hier musste ich eine halbe Stunde stehend verbringen, ohne Chance den Rucksack abzustellen oder das Gewicht von einem Fuß auf den anderen zu verlagern. Sehr unbequem. Am Flughafen in Frankfurt durfte ich dann noch eine ganze Strecke gehen – es ist unglaublich wie groß dieser Flughafen ist und wie viel Zeit man hier damit verbringen kann von A nach B zu gelangen! Endlich kann ich einchecken und mein Gepäck abgeben, sowie mich durch die Sicherheitsschleusen bringen. Der ganze Prozess dauert 1 1/2 Stunden und damit fast so lange wie der Flug selbst; das macht mir wieder deutlich, warum ich so ungern fliege – man verbringt zu viel Zeit damit sinnlos zu warten.

    Der Flug nach Aberdeen selbst verläuft ereignislos. In Schottland angekommen darf ich dann erst mal noch eine halbe Stunde zu Fuß vom Terminal zum Bahnhof gehen. Dabei beschleicht mich das Gefühl, dass der Architekt des Flughafens einen Pakt mit dem lokalen Taxiunternehmen gemacht hat, als er das Ding geplant hat. Man kann vom Flughafenterminal den Bahnhof nämlich sehen; ja man kann fast vom Terminal auf das verdammte Ding spucken. Aber: es befindet sich auf der anderen Seite der Landebahn und um zur Station zu gelangen muss man rund um den gesamten Flughafen wandern. Dabei ist es egal ob man die Landebahn Richtung Norden oder Süden umrundet, es sind so oder so mehr als 3 km. Ich habe aber genügend Zeit bis ich meinen Zug erwischen muss und es herrscht außerdem gutes Wetter, also macht mir der Marsch nichts aus und ich kann mich schon mal an die 20 kg Gewicht gewöhnen, die an meinem Rücken kleben.

    Am Bahnhof von Dyce angekommen, habe ich gleich einmal das erste Problem. Ich habe im Internet die Fahrkarten bereits bezahlt und reserviert (auf diese Art und Weise sind sie um deutlich billiger, als wenn man sie vor Ort kauft). Man geht dann nur noch zum Automaten, führt die Kreditkarte ein, mit der man bezahlt hat, gibt die Buchungsnummer ein und schon erhält man seine Tickets. Das Dumme ist nur, die entsprechende Schaltfläche am Automaten funktioniert nicht. Und es gibt nur einen Automaten und natürlich handelt es sich hier um eine unbemannte Station. Ich benutze also den SOS Punkt um mit dem Customer Service Kontakt aufzunehmen. Dort ist das Problem mit dem defekten Automaten bekannt und man empfiehlt mir ohne Ticket in den Zug zu steigen, immerhin habe ich ja die Buchungsnummer. Mir ist nicht ganz wohl ohne Ticket den Zug zu besteigen. Als der Schaffner kommt meine ich auch gleich "I have a little problem and hope it's not a large one" und erkläre ihm meine Situation. Wie befürchtet kann der Mann mit der Buchungsnummer nix anfangen – die sagt ja auch nichts über Start und Zielort aus und schon gar nichts über meine Sitzplatzreservierung. Der Schaffner ist jedoch von meiner Darbietung überzeugt und fast schon begeistert von der Tatsache, dass ich vorher den Customer Service kontaktiert habe; trotz fehlendem Ticket lässt er mich ohne zusätzliche Kosten bis Inverness mitfahren – ich atme erleichtert auf.

    Die zwei Stunden bis Inverness vergehen dann wie im Flug. Am dortigen Bahnhof hole ich mir gleich meine Tickets für die Rückfahrt am Automaten ab – sicher ist sicher. Von dort geht es über einen kleinen Umweg zum Inverness Castle zum lokalen Outdoorladen bei dem ich zwei Kartuschen Gas kaufe um meinen Rucksack noch etwas schwerer zu machen. Von hier aus marschiere ich weiter zu meinem vorgebuchten Bett im Student Hostel. Das Hostel erweist sich als netter kleiner Betrieb mit einem unheimlich gemütlichem Wohnzimmer; inklusive Kamin, dicken Teppichen und einer Erkersitzbank, von der aus man auf die Lichter der Altstadt blicken kann. So lasse ich den Abend gemütlich in Gesprächen ausklingen: zuerst quatsche ich mit einer Londonerin und deren Tochter, die in den Highlands wandern waren; später mit einer Teilzeitaussteigerin aus Stuttgart. So gehe ich auch erst relativ spät ins Bett. Nur langsam realisiere ich, dass es Morgen früh los geht; auf den Weg nach Norden, auf den Weg zum Cape Wrath. Aber die Abenteuerstimmung und die große Vorfreude vom letzten Jahr wollen sich irgendwie nicht einstellen. Was ist bloß los mit mir?


    Inverness Castle


    Samstag, 17. August – 2. Tag

    Obwohl das Bett bequem ist und meine Zimmergenossen ruhig sind, schlafe ich sehr schlecht. Ich wache in unregelmäßigen Abständen auf, aus Angst den Bus zu verpassen oder die anderen durch meinen Wecker um 7:45h aus dem Schlaf zu reißen. Um kurz vor halb acht stehe ich schließlich auf – ohne den Wecker zu benützen – und begebe mich in den Gemeinschaftsraum. Leider gibt es noch kein Frühstück, da die zuständige Mitarbeiterin des Hostels verschlafen hat. So packe ich zuerst meinen Rucksack fertig und gehe erst dann zur letzten anständigen Mahlzeit der nächsten Tage. Aber irgendwie habe ich weder großen Hunger noch kann ich meine Gedanken auf irgendetwas konzentrieren; weder auf das Frühstück noch auf die anstehende Tour. Ich bin nur erfüllt von Unsicherheit und Aufregung; es ist aber keine positive Aufregung vor dem Abenteuer, sondern eine negative Aufregung, wie vor einer Prüfung. Warum nur? Habe ich Angst mir zu viel zugemutet zu haben? Angst vor der Länge der Strecke? Angst vor dem langen alleine sein? Ich weiß es nicht.

    Mit einem dermaßen unsicheren Gefühl im Bauch breche ich zum Busbahnhof auf um nach Westen zu fahren. Die Reise verläuft ohne Probleme. Als wir Loch Ness passieren regnet es noch heftig, aber weiter im Westen wird das Wetter besser, wenn es auch weit davon entfernt ist strahlend schön zu sein – aber solches Wetter war ja vorhergesagt. An der Station Allt a‘Chruinn steige ich schließlich aus und nutze den Schutz eines Bushäuschen um mich Reisefertig zu machen. Es nieselt leicht und immer wieder gibt es Windböen. Dennoch verzichte ich als ich aufbreche auf meine Regenhose.

    Über eine Asphaltstraße geht es nach Morvich, vorbei an dem Campingplatz, an dem ich im letzten Jahr am Ende der Tour die Annehmlichkeiten einer warmen Dusche und moderner Wassertoiletten genossen habe. Jetzt gehe ich daran vorbei zu den hintersten Häusern der Ortschaft. Als ich hier zum ersten Mal zurück blicke sehe ich eine Regenfront heran nahen, die mich in mein Ganzkörperkondom (Regenjacke und Regenhose) zwingt. Im stärker werdenden Regen marschiere ich weiter durch den Dorusduain Wood und dann langsam hinauf in die Berge. Mein erstes Ziel heute sind die berühmten Falls of Glomach. Aber zuerst gibt es noch einige Höhenmeter zu überwinden. Unter den zahllosen Wegen hier, die auf ebenso zahllose Hügel führen ist es jedoch nicht ganz einfach den richtigen zu finden. Die Wege sind auch so nah zusammen, dass man sie anhand der Karte nur schwer identifizieren kann. Zum Glück treffe ich einen Wanderer, der mir bestätigt auf dem richtigen Weg zu sein.


    Berge bei Morvich

    Daher achte ich auch nicht groß weiter auf die weitere Navigation, sondern marschiere einfach immer weiter bergauf. Irgendwann lande ich auf einem Hochplateau; es regnet mittlerweile stark und es windet. Die Wolken hängen tief. Ich blicke mich um und runzle die Stirn. Eigentlich hatte ich nicht gedacht, dass es zu den Falls so weit wäre. Um mich zu orientieren suche ich mir eine strategisch günstige Mulde, die mich vor Wind und den heftigsten Regenschauern schützt. Hier hole ich Kompass und Karte heraus um mich zu orientieren. Nach fünf Minuten Kartenstudium packe ich beides wieder weg. Jetzt ist alles klar: Ich habe keine Ahnung wo ich bin. Toll, ich habe mich am 1. Tag bereits verlaufen! Aktuell gibt es nur einen Weg und ich beschließe diesem weiter zu folgen und bei der ersten Möglichkeit weiter Richtung Norden zu gehen (aktuell führt der Weg nach Osten).

    Ich gehe weiter und stehe keine fünfzehn Minuten später vor einem Warnschild. Es warnt vor den steilen Klippen der Falls of Glomach, die ich bereits in der Entfernung hören kann. Ich bin völlig verwirrt. Egal. Ich steige zu den Falls hinab zum Aussichtspunkt und mache dort ein Foto. Der 100 Meter tiefe Wasserfall, der sich dann in Kaskaden weitere 80 Meter in die Tiefe stürzt ist in der Tat beeindruckend. Dann jedoch habe ich schon wieder keine Ahnung mehr wo es weiter gehen könnte. Einen weiteren Weg sehe ich auf jeden Fall nicht. Ich befrage also mein schlaues Buch North to the Cape. Es weist darauf hin, dass es hier keinen sichtbaren Pfad gibt (das hab ich auch schon bemerkt), beschreibt aber, dass man, wenn man entlang der westlichen Klippen wandert, wieder auf einen stößt. Dies tritt in der Tat auch ein und ich kann mich an den Abstieg zum River Elchaig machen.


    Falls of Glomach

    Der Weg ist deutlich sichtbar aber extrem ausgesetzt und schmal. Ein einziger Fehltritt führt zweifelsohne zu einem langen Sturz in die tiefe Schlucht unter mir. Das bedeutet, dass der Abstieg im strömenden Regen und mit einem 20kg Rucksack auf dem Rücken keinen Spaß macht und sowohl physisch als auch psychisch extrem anstrengend ist. Natürlich kommt es noch besser. Der Weg führt mich zu einem kleinen Hindernis: Vor mir ist eine drei Meter tiefe "Stufe" im Weg. Ich bliche mich suchend um, aber es ist der einzig gangbare Weg. Ich besehe mir den senkrechten Abstieg genauer. Fester Stein, gute Griffe. Soweit kein Problem. Was mich aber stört ist der schmale abschüssige Weg auf dem ich unten landen werde, die Nässe und der schwere Rucksack. Aber wie es aussieht muss ich da durch. Meine Trekkingstöcke fliegen zuerst nach unten, dann beginne ich meinen langsamen Abstieg. Bei etwa der Hälfte der Strecke muss ich feststellen, dass mir die guten Tritte ausgehen. Genau genommen scheint es hier gar keine Tritte mehr zu geben. Irgendwie war das eine saublöde Idee. "Das war eine saublöde Idee!", schreie ich dann in der Tat lautstark über das Rauschen des Flusses hinweg, während ich in der Wand hänge. Da kommt mir Tony in den Sinn – Tony, mein persönlicher Fitness Coach mit seinem Motto "Do your best and forget the rest" – und die Tatsache, dass ich die letzten zwei Monate intensives Krafttraining gemacht habe. Ich überwinde also meine Angst und mache einen langsamen einarmigen Klimmzug hinab auf das kleine Podest, auf dem meine Stöcke schon liegen. Etwas zittrig komme ich dort an, greife meine Stöcke und gehe schnell ein paar Schritte weiter bevor ich tief Luft hole. Nochmal möchte ich das nicht machen müssen.

    Der restliche Abstieg ist nun schon fast langweilig. Ich erreiche den River Elchaig an dessen Ufer eine Herde Highlandrinder grast, überquere den Fluss auf einer befestigten Brücke und wandere auf der Forststraße den Loch na Leitreach entlang nach Osten. Als ich das erste Gebäude erreiche, denke ich, ich habe die Iron Lodge – mein angestrebtes Tagesziel – erreicht und baue ihr gegenüber mein kleines Zelt auf. Es regnet immer noch, aber immerhin hält mir das die Midges fern.


    Highlandrinder

    Ich koche vor dem Zelt, verziehe mich dann aber aufgrund des anhaltenden Regens nach drinnen und bin froh aus meinen nassen Schuhen zu kommen; in diesen steht bereits nach dem ersten Tag das Wasser. Nach dem Essen döse ich praktisch sofort weg, bis ich von einem lauten Blöken geweckt werde. Anscheinend wagen sich die Schafe wieder näher an mein Zelt heran, denke ich und will die Augen wieder schließen. Doch das Blöken kommt mir irgendwie merkwürdig vor. Schafe blöken nicht so. Ich öffne also mein Zelt und blicke nach draußen; direkt in das Gesicht einer Highlandkuh. Die friedliche Herde von vorhin hat sich weiter bewegt und nun befindet sich mein Zelt im Zentrum ihrer kleinen Gruppe. Kennt ihr diese Filme in denen ein Monster draußen die ganze Stadt verwüstet und dem Protagonisten nichts bessere einfällt als die Vorhänge zuzuziehen? Natürlich bietet mein Zelt gegenüber neugierigen Jungstieren und verspielten Kälbern genauso viel Schutz wie ein Vorhang vor Godzilla, aber irgendwie beruhigt es doch und so ziehe ich den Reißverschluss wieder zu. Während ich in meinem Zelt liege ziehen die Kühe draußen vor dem Zelt ihre Kreise. Ich überlege was ich machen soll: Raus gehen und laut "Buh" schreien erscheint mir irgendwie keine gute Idee zu sein. Daher bleibe ich einfach liegen und hoffe nicht niedergetrampelt zu werden. In der Tat zieht die Herde nach einer halben Stunde weiter und ich kann aufatmen. Hoffe dabei jedoch, dass sie nachts nicht noch irgendwann zurück kommen. Aber um mein Zelt noch einmal umzubauen, dafür bin ich zu müde. Also mümmle ich mich in meinen Schlafsack und bin froh den ersten Tag geschafft zu haben.

    Tagesleistung: ca. 16 km, 870 Höhenmeter


    Sonntag, 18. August – 3. Tag

    Ich habe herrlich geschlafen und mir war sogar zu warm in meinem Schlafsack – dass mir Frostbeule das mal passieren würde, wer hätte das gedacht. Ich packe im morgendlichen Regen so schnell es geht meine Sachen, aber am Ende ist dann doch alles feucht. Kurz nach 9 Uhr komme ich dann los, werde aber schon kurz darauf von einem Auto mit einem älteren Ehepaar darin überholt. Sie halten neben mir und der übliche Smalltalk fängt an. Dabei erfahre ich unter anderem, dass ich nicht neben der Iron Lodge geschlafen habe (diese ist noch 2 km entfernt), sondern bei der Jagdhütte von Carnach. Als ich außerdem erwähne, dass ich aus Österreich komme (ja, ich wohne in Deutschland, aber ich bleibe immer Österreicher), will es die Beifahrerin plötzlich genau wissen. "Close to Salzburg", gebe ich zurück. "Where exactly?", hakt sie nach. "Bad Ischl" – "I kim aus Straßwalchen", kommt es dann im breiten Dialekt zurück. Sie hat vor vielen Jahren nach Schottland eingeheiratet – die Welt ist klein. Beide wünschen mir schließlich noch viel Erfolg bei meinem Vorhaben und ich wandere weiter. An der Iron Lodge – einer weiteren Jagdhütte – vorbei biege ich nach Norden ab um meinen ersten Pass des Tages zu überqueren. Ein breiter 4x4 Weg macht das gehen trotz des Regens und des relativ steilen Anstiegs recht erträglich. Aber mein Rucksack drückt dennoch tierisch auf die Hüften (hätte vielleicht nicht so viel abnehmen sollen, dann würde er weicher auf dem Speck aufsitzen) und auf die Schultern. Außerdem sind viele Bäche über die Ufer getreten und haben den Weg überflutet. Das macht bereits Vorfreude auf die heute anstehende schwierige Flussdurchquerung, von der ich noch nicht einmal weiß, ob sie machbar ist. Da meine Schuhe aber ohnedies durch den vielen Regen und das gehen im hohen Gras völlig durchnässt sind, kann ich mir zumindest den ständigen Schuhwechsel beim Queren der Bäche und kleinen Flüsse sparen; ich wate einfach so hindurch.


    Lichtspiele

    Ich erreiche den Bealach ohne Probleme und beginne auf der anderen Seite den Abstieg in das weite Tal des River Ling. Auch hier gibt es noch einen breiten 4x4 Weg, der sich aber stetig verschmälert und schließlich zu einem reinen Trampelpfad wird. Außerdem gilt es auch hier etliche Bäche und Flüsse zu überqueren, deren Anzahl ich irgendwann aufgebe mitzuzählen. Kurz bevor ich den Allt na Sean-luibe das zweite Mal quere treffe ich auch auf zwei schottische Wanderer. Aber aufgrund des miesen Wetters sind wir anscheinend alle nicht wirklich auf Konversation aus und beschränkt sich der Small Talk diesmal auf ein in die Regenjacken gemurmeltes „Hi there…“, bevor sich unsere Wege wieder trennen.


    Kleine Flussdurchquerung

    Zum Mittagessen steuere ich die Bothy von Maol-bhuidhe an, welche nahe des Ufers von Loch Cruoshie liegt. Kurz davor rutsche ich auf dem schlammigen Weg auch noch aus und es legt mich tierisch auf die Fresse. Als krönenden Abschluss darf ich kurz vor der Bothy noch den recht tiefen Allt a Chreachail Mhoir queren, ohne die Furt zu finden, die auf der Karte verzeichnet ist.


    Bothy bei Loch Cruoshie

    Die Bothy ist nicht sonderlich gemütlich aber immerhin gibt sie Schutz vor Wind und Regen und ermöglicht mir die Einnahme eines relativ trockenen Mittagessens. Währenddessen durchsuche ich das Bothy-Buch nach Einträgen die einen Hinweis darauf geben könnten, wie man den Fluss nördlich von hier am besten durchquert. Leider finde ich nichts Entsprechendes – außer der Tatsache, dass es prinzipiell möglich ist – und so muss ich es auf eigene Faust probieren. Ich arbeite mich über einen kaum sichtbaren Weg am Ufer des Loch Cruoshie entlang durch unwegsames Gelände, um zur Einmündung des Allt an Loin fhiodha in den See zu kommen. Irgendwie habe ich mir einen schnell strömenden Gebirgsbach vorgestellt, der mir hauptsächlich durch die Strömung Schwierigkeiten bereiten wird. Was mich jedoch erwartet ist ein fast stehender Fluss. Dafür ist dieser mit schottischem Highlandwasser gesegnet: er ist pechschwarz und lässt keine Vermutungen darüber zu, ob er nun 15 Zentimeter oder 2 Meter tief ist. In der Hoffnung eine Stelle zu finden an der man die Tiefe irgendwie abschätzen kann, kämpfe ich mich am sumpfigen Ufer entlang flussaufwärts. Aber die ganze Sache wird auch nach einer halben Stunde nicht besser. Nicht sonderlich begeistert blicke ich auf den schwarzen Fluss und denke mir irgendwann „Scheiß drauf, da gehst jetzt durch.“ Gerade als ich diesen Entschluss gefasst habe und einen kleinen Striptease hinlegen will fährt ein Sturm durch das Tal. Ein Sturm der mich dazu zwingt mich hinzukauern, da ich ansonsten umgeworfen werde. Ich kauere mich neben meinen Rucksack, froh meine Hose noch anzuhaben und warte. Und warte. Und irgendwann wird es mir zu blöd. Außerdem sehe ich es als Zeichen des mächtigen Wettergottes, dass ich hier vielleicht wirklich nicht queren sollte. Nachdem die ärgsten Böen wieder nachgelassen haben, schultere ich meinen Rucksack wieder und versuche den Weg entlang des Flusses wieder zu finden, um noch ein ganzes Stück weiter flussaufwärts zu gehen – ich weiß, dass es dort auf jeden Fall eine Furt gibt. Auf der Suche nach dem Weg übersehe ich auch noch ein Schlammloch und versenke prompt meinen ganzen linken Fuß in dem stinkenden Moor, wodurch es mich auch nochmal der Länge nach hinlegt. Ich hab den Tag zu diesem Zeitpunkt sowas von gefressen!

    Dafür finde ich kurz darauf den Weg und etwa einen Kilometer flussaufwärts wird der Fluss tatsächlich so flach, dass ich ihn queren kann und kaum bis zu den Knien im Wasser stehe. Auch hier verzichte ich darauf die Schuhe zu wechseln – ist eh schon egal. Über wegloses Hochmoor latsche ich den Kilometer wieder zurück, arbeite mich am Hang des Beinn Dronaig entlang, bis ich endlich auf den Trampelpfad stoße, der von seinem Gipfel herab führt. Der Weg verschwindet zwar an manchen Stellen wieder, bevor er unvermittelt wieder auftaucht, aber er bringt mich doch recht flott zu Loch Calavie, an dessen Ufer (nach einer weiteren unbedeutenden Flussquerung) sich ein breiter 4x4 Weg befindet. Hier kann ich dann wieder Tempo machen, der Regen hat auch praktisch nachgelassen, und wie im Flug überwinde ich die wenigen Höhenmeter zum Pass von Coire na Sorna und steige in das Tal des Black Water wieder hinab. Hier mache ich dann noch einen kleinen Abstecher zur Bendronaig Lodge, an welche die gleichnamige Bothy angeschlossen ist. Bei dieser Bothy handelt es sich um die einzige, welche eine voll funktionstüchtige Wassertoilette aufweist. Einen solchen Luxus darf man sich nicht entgehen lassen, auch wenn man dafür zwei Kilometer weiter gehen muss. Und was soll ich sagen: Der Abstecher hat sich gelohnt.


    Loch Calavie

    Wieder zurück auf dem Weg marschiere ich weiter nach Norden, am Ostufer des Black Water entlang Richtung Loch an Laoigh. Nördlich dieses Lochs steht mein Tagesziel: Die Bothy Bearneas. Leider führt der schöne Weg, der mich bis hierher gebracht hat, nicht zur Bothy, sondern biegt vorher noch nach Osten ab. Ich muss also den letzten Kilometer noch querfeldein mittels Boghole-jumping zurücklegen.

    Ich schaffe die Überquerung ohne Fehltritt, furte noch den Abhainn Bhearnais vor der Bothy, vertreibe die dort grasenden Hirsche und falle dann glücklich in der Schutzhütte ein. Leider gibt es kein Feuerholz, da es in der ganzen Gegend nicht einen einzigen Baum gibt, aber immerhin genug Papier, mit dem ich meine Schuhe ausstopfen kann. An den Wäscheleinen hänge ich zudem alle meine Klamotten auf, die durchwegs feucht und klamm sind. Ich bin total erschöpft, aber letztendlich auch zufrieden diese anspruchsvolle Etappe geschafft zu haben. Nach einem Abendessen und einem heißen Tee mit viel Zucker verziehe ich mich dann auch schon wieder in meinen Schlafsack und ich versuche gar nicht erst an die extrem lange morgige Etappe zu denken.

    Tagesleistung: ca. 20 km, 600 Höhenmeter


    Bothy Stillleben

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    • Alex79
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      • 05.06.2007
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      #3
      AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

      Sehr schön! Die hier beschriebenen Etappen bin ich mehr oder weniger auch schon gelaufen. Von der Maol Bothy sind wir direkt querfeldein nach Norden zum Loch Calavie und es gab keine Probleme mit irgendeinem Fluss. Sobald man die Wiese vor der Bothy durchquert hat. sind da sehr hohe stepping stones über den (dort) kleinen Bach. Allerdings kann ich mich noch an einen 1-2 Meter hohen Torfabbruch vor Bearneas erinnern, der uns fast 2 Stunden aufgehalten hat.
      Schreib schnell weiter!

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      • Pfad-Finder
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        #4
        AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

        Ich ahne, warum meine Entscheidung richtig war, bei strömendem Regen nicht über Bendronaig Lodge zu gehen, sondern lieber Straßenlatscherei über Attadale-Achnashellach in Kauf zu nehmen...
        Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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        • Fliehender
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          • 08.04.2011
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          #5
          AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

          Der Schreibstil

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          • Hunter9000
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            • 02.06.2012
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            #6
            AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

            @ Alex: Gut, das nächste Mal, dann also im Westen um den Loch herum und nicht im Osten.

            @ Pfad-Finder: Mit Ausnahme der Flussdurchquerung war alles halb so wild. Hätte ich vorher hier im Forum gefragt, wäre vielleicht sogar die ein Kinderspiel gewesen.

            @ Fliehender: Danke für die Blumen. Aber nicht vergessen selbst weiter zu schreiben
            Zuletzt geändert von Hunter9000; 01.10.2013, 19:11.

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            • Hunter9000
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              • 02.06.2012
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              #7
              AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

              Montag, 19. August – 4. Tag

              Die Nacht in der Bothy war sehr kalt und extrem ruhig. Die dicken Steinmauern schützen natürlich nicht nur vor Wind und Regen, sondern schirmen auch erfolgreich alle Geräusche der Natur vor einem ab. Morgens ist das Tal in dichten Nebel gehüllt und von den umliegenden Bergen sind keine zu sehen. Meine Freude darüber hält sich in Grenzen, vor allem, da ich gleich zu Beginn einen 700 Meter hohen Pass zu überwinden habe. Bevor ich losstarte packe ich jedoch meinen Rucksack vollkommen neu, nachdem er gestern Abend schon so geschmerzt hat, dass ich nicht mehr wirklich wusste, wie ich ihn tragen soll. Meine Hüften sind auch schon aufgescheuert. Nach dem umpacken hat sich die Wolkendecke soweit gehoben, dass ich auch meinen angestrebten Gipfel sehen kann – der Wettergott hat mich halt doch lieb. Ich finde außerdem ohne Probleme den Einstieg zum Pfad auf den Pass, den ich am Vorabend noch vergeblich gesucht habe. Der Aufstieg ist steil, aber es ist trocken und das Umpacken des Rucksacks scheint zumindest kurzfristig geholfen zu haben.


              Bothy Bearneas

              In etwas mehr als einer Stunde erklimme ich den Aon Cheum und gönne mir auf dem Gipfel mein zweites Frühstück in Form eines Müsliriegels. Der nun folgende Abstieg ist wieder extrem steil und ausgesetzt, aber zumindest ist der Pfad ohne Probleme zu erkennen. Dummerweise fängt es gerade jetzt wieder an heftig zu regnen und es gibt immer wieder Böen, wodurch das Gehen unglaublich viel Konzentration abverlangt. Auch senkt sich die Wolkendecke wieder herab und die Aussicht ist eher bescheiden – aber ich soll mich ja ohnehin besser auf den Weg konzentrieren als in der Landschaft herumzuschaun. Nachdem ich den ersten Steilhang erfolgreich bezwungen habe kommt dann schließlich ein richtiger Sturm auf, der mich heftig hin und her taumeln lässt – anscheinend will mir der Wettergott zeigen, dass er letztendlich doch der ist, der den Ton angibt. Fast reißt es mir meinen neuen Hut vom Kopf, den ich gerade noch so festhalten kann. Dabei sehe ich aus den Augenwinkeln etwas Oranges im Wind flattern: Die Regenhülle meines Rucksacks! Ich werfe mich rücklings auf den Boden um sie noch festzuhalten, schäle mich aus dem Rucksackgurt und mache mich im Sturm daran die Hülle wieder über den Rucksack zu ziehen. An einen Weitermarsch ist momentan nicht zu denken. Ich muss mich am Boden liegend festhalten um nicht weggeweht zu werden. Zum Glück sind meine Regensachen alle weitestgehend winddicht, ansonsten würde ich hier extrem schnell auskühlen. Meine Hände sind auch bereits eiskalt und ich verfluche die Tatsache, dass ich die Handschuhe zu Hause gelassen habe.

              So schnell wie der Sturm gekommen ist, zieht er auch vorbei und lässt nur dicke Wolken und Regenschauer zurück. Dadurch wird der weitere Abstieg bis zur Forststraße reichlich schlüpfrig, ist aber ohne größere Probleme zu machen. Die Forststraße läuft sich quer durch den recht frisch abgeholzten Achnashellach Forest, am Ufer des River Carron entlang. Die Strecke zieht sich ewig und ist einfach nur langweilig. Zudem bringt sie mich nicht wirklich vorwärts. Ich muss hier einen mehr als zwei Kilometer langen Umweg machen um zu einer Brücke über den Carron zu gelangen. Bereits bei der Planung fand ich dieses Teilstück nicht sonderlich prickelnd. In der Realität ist es dann nochmal langweiliger und es scheint Stunden zu dauern, bis ich die blöde Brücke endlich erreicht habe. Nun muss ich dieselbe Strecke auf der anderen Flussseite wieder zurück gehen – diesmal auch noch entlang der Straße, auf der jedoch wenig Verkehr herrscht und die über einen breiten Grünstreifen verfügt, auf dem ich gemütlich marschieren kann. Ich finde hier außerdem auch den Einstieg zu einem neuen Weg zum Coulin Pass, über den ich muss. Der Weg ist auf meiner Karte nicht verzeichnet. Genau genommen, ist auf meiner Karte gar kein Weg auf den Coulin Pass eingezeichnet und ich hatte mich darauf eingestellt mich hier querfeldein durch den schottischen Wald kämpfen zu müssen. So nehme ich den Weg gerne an. Es kommt sogar die Sonne heraus und ich kann endlich einmal die Regenjacke ausziehen. Ich nütze die wenigen Sonnenstrahlen auch dazu auf halber Höhe zum Pass im Heidekraut Mittag zu Essen.

              Vom Coulin Pass führt dann eine gut angelegte Forststraße hinab zum Loch Coulin. Von dort geht es abermals hinauf durch den Coulin Forest. Dummerweise finde ich den Einstieg zum Fußpfad in den Wald nicht und ich muss mich durch dichtesten schottischen Nadelwald kämpfen, in dem auch noch ein Sturm gut gewütet hat. Dadurch muss ich über etliche umgestürzte Baumstämme klettern. Es dauert eine halbe Stunde, und etwa 200 Meter Luftlinie, bis ich den Fußpfad finde. Dieser ist zwar steil, völlig verschlammt und steht zum Teil unter Wasser, ist aber immer noch besser als der weglose Wald.

              Am nördlichen Ende des Waldes angekommen geht es weiter über ein Hochmoor, immer noch über einen klar erkennbaren Weg. Weit vor mir sind bereits die A896 und die ersten Gebäude von Kinlochewe zu erkennen. Außerdem passiere ich merkwürdige Laken, die hier zu hunderten im Hochmoor ausgebreitet und festgepflockt worden sind. Den Grund dafür finde ich leider nicht heraus.


              River Coulin


              Beinn Eighe


              Bettlaken im Heidekraut

              Vom Hochmoor geht es wieder in einen vor etlichen Jahren abgeholzten Nutzwald. Hier windet sich der Weg zwischen Baumstümpfen, erodierter Erde und Bergen aus toten Ästen durch eine tote, fast schon postapokalyptische Landschaft. Zusammen mit dem gräulichen Licht eines bewölkten Spätnachmittags erzeug diese Etappe eine sehr düstere Stimmung, die zusammen mit den schwierigen Wegverhältnissen nicht gerade dazu beiträgt mich aufzubauen. So zieht sich die Strecke scheinbar endlos dahin und ich bin froh, als ich den Zaun erreiche, der das ehemalige Waldstück umschließt. Hier stehe ich dann auch vor einem kleinen Problem. Es gibt zwar ein Tor für Wanderer, dieses ist jedoch so eng, dass es nur für schlanke Leute gedacht scheint. Mit meinem Rucksack passe ich auf jeden Fall nicht hindurch; ja nicht einmal der Rucksack alleine passt hindurch. Egal wie ich ihn drehe und wende. Daher werfe ich den Rucksack mit viel Kraft und Schwung über den 3 Meter hohen Wildschutzzaun und schaffe es sogar, dass er mit der Regenhülle voran im Schlamm einschlägt. Dann kann auch ich mich durch das Gatter zwängen. Hinter der deprimierenden, abgeholzten Landschaft des Waldes beginnt undurchdringlicher Farnwald der mir bis zur Brust und zum Teil sogar über den Kopf reicht. Hier verläuft sich der Weg schnell, obwohl in meinem schlauen Buch etwas von „well defined path“ steht. Mühselig kämpfe ich mich Kilometer weit durch den Farn, über Schafzäune und Steinmauern hinweg, durch Sümpfe und zahllose Bäche. Mittlerweile hat auch der Wind nachgelassen und die Midges fallen über mich her. Es ist später Nachmittag, die Sonne steht schon tief und ich habe weit über zwanzig Kilometer hinter mir. Ich mag nicht mehr! Aber es gibt keine Möglichkeit hier ein Lager aufzuschlagen und wo genau ich mich befinde ist in dem verdammten, die Sicht blockierenden Farnwald auch nicht herauszufinden. Nur die Aussicht auf den Campingplatz in Kinlochewe mit einer Dusche lässt mich die Zähne zusammenbeißen und weiter gehen. Aber ich habe Tränen in den Augen vor Verzweiflung und Erschöpfung.


              Abgeholzter Wald bei Kinlochewe


              Farnwald

              Nach einer gefühlten halben Ewigkeit finde ich endlich einen Pfad und kurz darauf stehe ich auch auf der Ortzufahrt nach Kinlochewe. Als ich auf den Campingplatz zusteuere wird meine Stimmung auch wieder besser und mit dem Betreiber komme ich sogar in ein Gespräch (wonach mir 15 Minuten zuvor nicht gewesen wäre). Ungefragt teilt er mir seine politischen Ansichten mit: Großbritannien raus aus der EU, Schottland raus aus Großbritannien und Ausländer raus aus Schottland; außerdem sollte man die Todesstrafe wieder einführen. Alles klar…

              Unter den Attacken von tausenden Midges baue ich mein Zelt auf, SMSe mit meiner Freundin, stelle fest, dass bei meinem Kocher der Anzünder nicht mehr funktioniert und genieße dann eine lange heiße Dusche. Irgendwie wäre ich froh, wenn jetzt bereits die Halbzeit der Tour wäre.

              Tagesleistung: ca. 27 km, 1000 Höhenmeter


              Dienstag, 20. August – 5. Tag

              Als ich aufwache tut mir alles weh. Die Hüften, das linke Knie, die Füße, die Schultern und sogar der Kopf (letzterer wahrscheinlich aufgrund der Verspannungen in Rücken und Schultern). Nach einem schnellen Frühstück im Zelt humple ich zu den Sanitäranlagen um meine Füße zu untersuchen und füttere dabei eine Million hungriger Mäuler mit meinem Blut. Ich habe eine fette Druckstelle am rechten großen Zeh und eine Blase unter der Hornhaut am rechten Zeigezeh. Aber ansonsten sehen die Füße überraschend gut aus, abgesehen davon, dass sie furchtbar weh tun. Nachdem ich alles etwas abgeklebt habe mache ich mich ans Abbauen meines Zelts und verlasse Kinlochewe Richtung Osten. Das Buch North to the Cape schlägt diese Variante als Schlechtwetteralternative vor und wählt selbst die nördliche Route. Diese wäre jedoch mit zwei Flussdurchquerungen verbunden, die laut Buch nicht ungefährlich sind. Von Flussdurchquerungen habe ich jedoch erst mal genug und die östliche Route scheint auch einige nette Ausblicke zu bieten.


              Weg hinaus aus Kinlochewe

              Die ersten Kilometer führen noch über Asphaltstraße, weiter geht es dann über einen breiten Feldweg entlang des River Bruachaig. Das Wetter ist trocken, wenn auch stark bewölkt, und ich komme auf der ebenen Strecke durch den Kinlochewe Forest schnell voran. Ich schaffe es langsam sogar, nachdem ich dreieinhalb Tage gewandert bin, langsam zu entspannen und abzuschalten.

              Bei den Heights of Kinlochewe, einer Ansammlung von Lodges, biegt der Weg nach Norden ab und gewinnt langsam an Höhe während er sich durch das Gleann na Muice windet. Das ganze Gelände ist ein Naturschutzgebiet, welches mit ursprünglichen Bäumen wieder aufgeforstet wird. Wie ich kurz vor Erreichen des Passes merke, ist das Tal zudem Tiefflugübungsgebiet für die Royal Air Force. Knapp über mir zieht eine C-130 Hercules Transportmaschine mit lautem Propellerlärm durch das Tal, überquert noch knapper den Pass und verschwindet dann. Ich erwarte schon fast eine laute Explosion, die aber natürlich nicht eintritt.


              Bäume


              Militärflugzeug im Tiefflug

              Nach dem Betreten der Hochebene kommen auch bald schon die kleinen Lochs Sgeireach und Gleann na Muice in Sicht. Hier mache ich im Windschatten einer Ruine meine Mittagspause. Die Midges finden meine Wahl des Lagerplatzes auch sehr toll, so dass ich rasch auf die nicht windgeschützte Seite wechsle. So treffe ich auch auf eine Familie von Anglern, die hier oben ihr Glück versuchen wollen. Von ihnen erfahre ich, dass es sich bei dem nahegelegenen Lochan Fada um einen der ältesten Lochs in Schottland handelt. Der Vater erzählt mir zudem einiges über die spektakuläre hiesige Geologie wovon ich leider nur wenig verstehe (ich würde auch auf Deutsch wenig davon verstehen und um ehrlich zu sein, ist das auch etwas, was mich gar nicht interessiert).

              Am Nordostende von Lochan Fada angekommen verlasse ich den breiten Weg um mich laut Buch durch wegloses Hochmoor nach Nordnordost durchzuschlagen. Aber wie so oft zuvor, hat das Buch auch an dieser Stelle unrecht. Kleine Cairns markieren einen zwar nur schlecht ausgetretenen, aber durchaus vorhandenen Weg. Ein solcher Weg ist auch auf meinen Karten verzeichnet. So ist der Aufstieg im halb-sonnigen Nachmittagswetter kein großes Problem, auch wenn der Weg immer wieder mal verschwindet und man ihn wieder suchen muss, beziehungsweise einige Teilstücke weglos zurücklegen muss. Kurz vor Loch Meallan an Fhudair, einem kleinen Bergsee, verläuft sich der Weg jedoch ganz und ab nun muss ich tatsächlich mit Karte und Kompass navigieren, was aber bei diesem Wetter keine große Hürde darstellt.


              Lochan Fada

              Ich lege die letzten Höhenmeter zum Bealach Ban und dem Bealach na Croise zurück, muss dazwischen noch durch eine Schlucht klettern, da sich hier ein Bach tief ins Hochmoor eingegraben hat und kann mich dann schon wieder an den Abstieg machen. Die ganze Durchquerung dieses weglosen Hochplateaus macht mir richtig Spaß, ist doch auch der Boden relativ trocken und eigentlich ganz klar, wohin ich muss. Nur die zahlreichen Geländeabbruchkanten nerven etwas. Diese sind zwar maximal nur zwei Meter tief – also nichts was man nicht auch mal springen könnte –, haben jedoch zwei große Nachteile: Zum einen stellt sich die Frage wie man auf der anderen Seite dieselbe Höhe wieder hoch kommt; aber auch wenn man das klären kann ist immer noch unsicher, ob man auf festem Boden landet, oder einen Harakiri Sprung in hüfttiefen Sumpf macht. Daher werden 100 Meter Luftlinie locker mal zum doppelten, wenn man ständig um diese Abbruchkanten herumgehen muss. Ist zwar etwas nervig aber mit etwas Voraussicht beim gehen, lassen sich viele von ihnen auch gleich weiträumig umwandern.


              Weg zum Loch an Nid

              Beim Abstieg entlang des Allt Cul Doireachan stoße ich recht bald auf einen gut erkennbaren Pfad, der mich dann auch bis hinab zu Loch an Nid führt. Eine kurze Flussquerung und einen weiteren Kilometer entlang des Pfades später befinde ich mich bereits am Nordende des Lochs und damit an meinem angestrebten Tagesziel. Es ist noch früh und ich spekuliere kurz noch sechs Kilometer weiter zu gehen um in der Shenavall Bothy zu schlafen. Aber ich verwerfe die Idee nach diesem doch recht positiven Tag wieder als zu anstrengend und schlage am Nordufer, inmitten des Moors, mein Lager auf. Ich verbringe den späten Nachmittag und den Abend noch damit das Tagebuch der letzten beiden Tage zu schreiben und gemütlich zu lesen.


              Loch an Nid


              Loch an Nid

              Als ich anfangen will zu kochen schlägt das Wetter um und es beginnt zu regnen, wodurch ich gezwungen bin das erste Mal in meinem kleinen Gossamer Zelt zu kochen. Funktioniert einigermaßen, ist aber sicherlich nicht nachahmenswert. So bin ich mit dem Tag überaus zufrieden und meine Stimmung ist auch bestens. Sogar mein Anzünder vom Kocher funktioniert wieder! Meine einzige Befürchtung ist nun, dass es die ganze Nacht regnet und mein Zelt langsam im aufquellenden Sumpf absäuft. Aber das kann ich jetzt auch nicht mehr ändern. Unter dem Bellen der brunftigen Rehe grabe ich mich in meinen Schlafsack und schlafe bald tief und fest.

              Tagesleistung: ca. 18 km, 700 Höhenmeter

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              • Borderli
                Fuchs
                • 08.02.2009
                • 1737
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                #8
                AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                Hier sammeln sich ja geradezu die Schottland-Reiseberichte!

                Nach mehreren sonnigen Tagen in Schottlands Nordwesten hat sich jetzt "endlich" etwas Regen angekündigt. Vielleicht habe ich dann die Zeit, meine Fotos der ersten Tage des Nicht-Wander-Urlaubs zu sichten und meinem Kaputt-Knie eine Pause zu gönnen. Ich wusste gar nicht mehr, wie anstrengend sonnige Tage in Schottland sein können, auch wenn man sich auf kurze Touren beschränken muss.

                In diesem Sinne: Schreibt bitte alle weiter; bis Samstag Morgen habe ich noch Internetzugang.

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                • Fliehender
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                  • 08.04.2011
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                  OT: Hunter, kannst du die Pace nicht etwas zurückschrauben? Ich komme niemals hinterher mit dem schreiben und nachher muss ich mir wieder alles mögliche anhören.

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                  • Hunter9000
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                    • 02.06.2012
                    • 678
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                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                    Mittwoch, 22. August – 6. Tag

                    Ich schlafe relativ schlecht. Es regnet bis weit nach Mitternacht heftig und als ich nachts einmal raus muss versinke ich ganz gut im sumpfigen Boden. Als ich morgens jedoch aufwache scheint es trocken zu sein, zumindest höre ich keinen Regen aufs Zelt prasseln. Um sicher zu sein strecke ich kurz die Hand hinaus – ich hätte sie auch in einen Löwenkäfig stecken können. Es herrscht absolute Windstille und binnen zweier Sekunden fange ich mir zwanzig schmerzhafte Bisse ein. So wird das packen und abbauen zur Qual. Als kleine Belohnung locken jedoch einige Stücke blauer Himmel im sonstigen grauen Einerlei, welches mich sonst seit Beginn der Tour praktisch durchgehend begleitet hat.


                    Die Berge von Sail Liath im Norden

                    Da meine geplante Tagesetappe heute ohnehin sehr kurz ist plane ich einen kleinen Umweg zur Shenavall Bothy. Dann könnte ich dort, ohne selbst gefressen zu werden, gemütlich Mittag essen. Mit diesem Vorsatz breche ich auf. Der weitere Weg nach Norden ist gut zu erkennen, auch wenn er völlig verschlammt und an manchen Stellen überschwemmt ist. Es hat in diesem Fall durchaus Vorteile nasse Schuhe zu haben – man braucht sich um solche Kleinigkeiten nicht mehr wirklich zu kümmern. Der Weg folgt die ganze Zeit dem Abhainn Loch an Nid, bis er vier Kilometer später in einen breiten Forstweg mündet. An dieser Stelle könnte ich mich jetzt nach rechts wenden um entlang des Forstweges zum Hochplateau aufzusteigen. Aber ich möchte ja der Bothy einen kurzen Besuch abstatten und gehe daher nach links, dem Abhainn Stath na Sealga entlang. Mittlerweile ist es richtig sonnig und warm – die Stimmung ist bestens.

                    Viel schneller als erwartet stehe ich vor der Hütte, welche jedoch kein Schild von der Mountain Bothy Organisation an der Tür hat. Dafür jedoch ein Schild, dass das Gebäude einsturzgefährdet ist und nicht betreten werden sollte. Seltsam. Auch befindet es sich laut Plan auf der falschen Seite des Baches, an dem das Haus gebaut wurde. Und auch der Weg hinter der Bothy, der auf das Plateau führen sollte, ist nicht zu erkennen. Überhaupt sieht die Steigung hinter dem Haus nicht so aus, als könnte man dort gemütlich hinaufgehen. Ich beschließe nicht lange zu experimentieren und kehre sicherheitshalber wieder um, um doch die Forststraße auf das Plateau zu nehmen.


                    Die vermeintliche Bothy

                    Die Forststraße ist ebenfalls steil und windet sich in etlichen Serpentinen die 300 Höhenmeter nach oben. Ich schnaufe in der ungewohnten Hitze und der Schwüle ordentlich und mache viele Pausen, in denen ich mit herrlichen Ausblicken über die sonnigen Täler Schottlands belohnt werde. Das Mittagessen lege ich dann auf einigen Felsen auf dem Hochplateau ein. Pünktlich zum Essen fängt es natürlich wieder kurz zum Regnen an, aber ich bleibe dennoch entspannt sitzen. In meiner Pause studiere ich auch noch einmal die Karte und stelle dabei fest, dass ich heute Morgen gar nicht an der Bothy gewesen bin. Direkt im Knick der Karte finde ich die Markierung der Achneigie Lodge – vor der habe ich heute gestanden. An meinen Kartenleseküsten muss ich offenbar noch etwas feilen.


                    Blick hinab auf Abhainn Loch an Nid

                    Der Abstieg vom Plateau geht wiederum sehr schnell, immer auf der breiten Forststraße dahin. Der Weg durch die lichten Laubwälder des Gleann Chaorachain ist geradezu idyllisch und viel zu schnell vorbei. Bereits um 13:30 stehe ich an der A832 und damit bei dem Anwesen Corrie Hallie – meinem heutigen Tagesziel. Es ist viel zu früh um bei diesem schönen Wetter ein Lager aufzubauen und ich beschließe noch weiter zu gehen – vielleicht sogar bis nach Ullapool.


                    Eindrücke neben der Straße

                    Einen halben Kilometer geht es entlang der Straße nach Norden, bevor ich mich an einer Farm vorbei nach Nordwesten in einen Wald absetze. Einen Weg gibt es hier nicht wirklich und in der Schwüle des Nachmittags kämpfe ich mit den steilen Hang hinauf. Wenigstens handelt es sich bei dem Wald um einen natürlich gewachsenen und um keinen künstlich angelegten, wodurch die Bäume weit genug auseinander stehen um dazwischen hindurch zu kommen. Aufgrund des heißen Wetters habe ich bald kein Wasser mehr wodurch der Aufstieg recht trocken wird. Erst an einem Wasserfall, über den der Weg führt, kann ich nachfüllen. Das Wasser ist aber dermaßen trüb, dass ich hier sicherheitshalber meinen Wasserfilter einsetze - immerhin habe ich ihn so nicht umsonst mitgenommen.

                    Wieder mit Wasser versorgt wandere ich weiter auf das Hochplateau des Carn nan Caorach und halte dabei Ausschau nach einem passenden Lagerplatz. Es ist traumhaft schön hier. Im Westen sieht man die Gipfel des An Teallachs und in allen andern Himmelsrichtungen die klassischen runden Hügel der Highlands. Zahlreiche kleine Bäche kommen von den Hängen herab und fließen in Richtung des Allt a Cahirn, der sich südlich von mir befindet. Alles wäre idyllisch perfekt, wenn die Fliegen nicht wären: Schwärme von Midges umkreisen mich, aber auch normale Hausfliegen, die äußerst hartnäckig um meinen Kopf schwirren. Dazu kommen ganze Stöcke von fliegenden Ameisen! Irgendwie scheinen alle Tiere hier auf dem Plateau fliegen zu können. Außer die Schafe – aber die gibt es hier auch nicht; wahrscheinlich aus gutem Grund. Bereits nach Minuten bin ich von dem vielen fliegenden Getier um meinen Kopf völlig entnervt. Fluchend und mit den Händen fuchtelnd gehe und renne ich durch die ansonsten so schöne Landschaft, die ich so gar nicht genießen kann. Hier ein Lager aufzuschlagen vergesse ich ganz schnell, dafür bin ich viel zu genervt; hier will ich nicht campen. Ja, am liebsten würde ich momentan nur mehr heim. Die Viecher dringen durch jede Ritze in der Kleidung, fliegen in Mund, Nase, Ohren und Augen. Ich bin durchgeschwitzt und müde, meine Füße brennen und sind wieder klatsch nass, nachdem ich sie heute Morgen fast trocken hatte. Um mich abzulenken und aufzubauen rede ich viel mit mir selbst; das hilft etwas.


                    Auf dem Hochplateau


                    Blick zurück

                    Ich hetze am Loch an Tiompain vorbei und mache mich dann an den steilen Abstieg über Schafweiden hinab nach Auchlunachan. Durch den Abstieg schmerzen meine Knie und die Füße brennen als hätte ich mir mehrere Blasen gezogen. Auch mein Rücken und die Hüfte schmerzen unglaublich. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie ich den Rucksack tragen soll. Aber ich will auch nicht stehenbleiben um mir die Füße anzusehen oder um groß am Rucksack herum justieren. Endlich erreiche ich die Asphaltstraße im Tal wo ich das Gefühl habe gleich einzuknicken. Nun folgt noch ein Kilometer Asphaltmarsch, vorbei an den Häusern von Croftown zur Inverloom Bridge. Ein Hütehund beim Training mit einigen Schafen muntert mich etwas auf, auch wenn ihn der Besitzer sehr streng kommandiert. Am Ende bekommt der Hund aber doch lobende Worte, also kann er seine Sache nicht so schlecht gemacht haben.


                    Beinn Dearg

                    An der Kreuzung der Brücke mit der A835 stelle ich mich auf zum Autostoppen. Ich selbst würde mich ja nicht mitnehmen: mit schwerem Rucksack, dreckig und stinkend. Aber nach etwa 15 Minuten bleibt jemand stehen und bietet mir an mich die 10 Kilometer bis Ullapool mitzunehmen. Bei dem Fahrer handelt es sich um einen Iren, der vor 25 Jahren nach Schottland ausgewandert ist. Als ich ihm von meinem Trip erzähle, meint er nur trocken: „You know, that there is a bus running to Cape Wrath twice a day? And it takes only 2 hours to get there…“

                    Er entlässt mich im Stadtzentrum von Ullapool, von wo aus es nur mehr wenige Minuten bis zum Campingplatz sind, der sich am Ufer des Loch Broom mitten in der Stadt befindet. Der Platz ist zwar sehr voll, aber schön gelegen und zudem auch billig – wenn auch die Sanitäranlagen kein Vergleich mit jenen in Kinlochewe sind. Ich schreibe meiner Freundin eine SMS, dass ich in Ullapool angekommen bin und morgen einen Ruhetag einlegen werde. Irgendwie hoffe ich gleich eine Antwort zu bekommen, aber die bleibt leider aus.

                    Nach einer Dusche und dem obligatorischen Abendessen aus der Tüte verziehe ich mich bei aufkommendem heftigen Wind ins Zelt. Jetzt stellt sich nur mehr die Frage, was ich mit dem eingesparten Tag mache, nachdem ich heute zwei volle Etappen gewandert bin.

                    Tagesleistung: ca. 24 km, 853 Höhenmeter

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                    • Hunter9000
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                      • 02.06.2012
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                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                      Donnerstag, 22. August – 7. Tag

                      Heute habe ich meinen Ruhetag in Ullapool. Auf dem Campingplatz ist es aufgrund seiner ungeschützten Lage zum Loch Broom hin sehr windig und ich habe trotz meiner Erschöpfung nur schlecht geschlafen. Trotzdem bin ich schon um acht Uhr wach. Da ich irgendwie keine Müsliriegel zum Frühstück sehen kann, mache ich mir eine Knoblauchcremesuppe – was gibt es besseres am frühen Morgen? Lecker! Nach diesem ausgewogenen Frühstück beschließe ich noch einmal ein kurzes Nickerchen zu machen. Aus diesem erwache ich mit knurrendem Magen. Ein Blick auf die Uhr erklärt auch, warum mir der Magen knurrt: es ist 12 Uhr Mittag. Anscheinend bin ich doch etwas müde gewesen. Immer noch im Zelt liegend mache ich mich mit mäßiger Begeisterung über mein übliches Mittagessen her: Vollkornbrot, Salami, Hartkäse; ich kann es schon nicht mehr sehen.


                      Ullapool Promenade

                      Danach schaffe ich es endlich aus dem Zelt. Zuerst duschen und Wäsche waschen, danach Lebensmittel einkaufen – immerhin ist hier die letzte Möglichkeit vor Kinlochbervie, einer Ortschaft kurz vor dem Cape. Im Supermarkt erleide ich bei all den leckeren Sachen fast einen Kaufrausch und esse und trinke danach so viel, dass mir fast schlecht wird. Den verbliebenen Nachmittag verbringe ich damit im Zelt zu lesen, während draußen ein starker Wind geht, in dem die gewaschene Wäsche rasch wieder trocken wird.

                      Abends bewege ich mich dann aber doch noch einmal um in die Stadt zu gehen. Dort kaufe ich zuerst Postkarten und gehe dann auf ein Abendessen in eines der zahlreichen Pubs am Hafen. Leider erwische ich kein besonders gutes: The Seaford Inn ist ungemütlich, laut und der Wildburger trieft vor Fett. Das Beste ist eindeutig, dass ich im Pub mit meiner Freundin telefoniere.

                      Vormittags war ich noch am überlegen ob ich hier in Ullapool die Tour abbrechen soll – irgendwie macht sie mir keinen Spaß und es scheint vom Gefühl her auch nicht besser zu werden – aber jetzt habe ich mich dazu entschieden bis zum Cape Wrath durch zu gehen. Und wenn ich ohne Pause durchgehen muss. Ich möchte das hier beenden und nicht sagen müssen, dass ich ohne wirklichen Grund aufgegeben habe.


                      Sonnenuntergang über Loch Broom


                      Freitag, 23. August – 8. Tag

                      Nach meinem durchaus erholsamen Ruhetag, an dem ich noch dazu recht früh ins Bett gegangen bin, wache ich bereits um sieben Uhr auf. Eigentlich wollte ich mich erst später auf den Weg machen, da die heutige Etappe sowohl kurz, als auch eine einfache Strecke ist. Aber jetzt wo ich wach bin – so richtig wach – möchte ich mich auch nicht noch einmal in meinem Schlafsack umdrehen. Also dusche ich noch einmal; immerhin ist hier die letzte Dusche vor Erreichen des Cape Wrath. Außerdem mache ich eine Grobreining meines Zeltinnenraumes, der mittlerweile doch schon eher wie ein Stück Waldboden aussieht.

                      Nach meinem gestrigen Einkaufsbummel und dem Aufstocken der Lebensmittelvorräte ist mein Rucksack heute wieder extrem schwer – wo er doch gerade angefangen hatte leichter zu werden. Aber nachdem mir bereits beide Hosen schon gut zu weit sind, ist es wohl nicht schlecht, wenn ich etwas mehr Essen mit mir herum trage – sofern ich es auch esse, wozu ich mich auf Tour ja fast immer zwingen muss.

                      Der heutige Weg führt mich einmal quer durch das Stadtzentrum – das morgendliche Ullapool ohne Horden von Touristen gefällt mir gleich viel besser – Richtung Osten, entlang des Ullapool Rivers. Anstelle des erwarteten Feldweges marschiere ich auf hartem Asphalt durch eine öde Landschaft. Hier wird Kies abgebaut, ein neues Kraftwerk angelegt und ein Hotel errichtet. Ich komme von einer Baustelle zur nächsten und werde regelmäßig von LKWs überholt und muss diesen ausweichen. Schnell spüre ich den Asphalt schmerzhaft unter meinen Füßen und den schweren Rucksack auf Hüften und Schultern. Entweder habe ich wieder suboptimal gepackt, oder 19 Kilo sind wirklich das Maximum, was ich mit dem Rucksack halbwegs angenehm tragen kann.


                      Loch Achall

                      Die Straße hat jedoch den Vorteil, dass ich meine Füße einfach rollen lassen kann und ich komme schnell voran – fast sogar schon zu schnell. Aber an Pausen ist aufgrund des windstillen Wetters nicht zu denken. Sobald ich kurz stehen bleibe, fallen die Midges über mich her. Dabei würden die Ufer von Loch Achall mit den kleinen Wäldchen zu einem kurzen Päuschen oder Mittagsschläfchen einladen. So lasse ich jedoch sogar das Mittagessen ausfallen – ich habe auch keinen wirklichen Hunger, auch wenn ich essen sollte. Nachdem ich Loch Achall hinter mir gelassen habe, wird aus der Asphaltstraße endlich eine normale Forststraße – welche Wohltat für die Füße – die durch Glen Achall, entlang des Rhidorroch River führt. Ohne großartig Höhenmeter zu machen erreiche ich schließlich auch Loch an Daimh („See der Hirsche“, ich sehe aber dort keinen einzigen Hirsch), den ich der gesamten Länge nach entlang wandere. Gegen 13:30h erreiche ich dann bereits mein Tagesziel: die am Ostende des Sees gelegene Knockdamph Bothy. Eigentlich ist es deutlich zu früh um bereits Lager zu machen, aber was würde ich mit noch mehr eingesparter Zeit machen, nachdem ich schon einen ganzen Tag schneller unterwegs bin, als mein Plan vorsieht.


                      Wäldchen am Loch Achall

                      In der Bothy ist bereits ein anderer Schotte, der aber heute noch eine Bothy weiter wandern will – ein verlockender Gedanke das ebenfalls zu tun, den ich aber schließlich verwerfe. Ich quartiere mich hier ein. Ich vertreibe mir den Nachmittag mit dem lesen im Bothy-Buch und dem Spielen von Sudoko – es war jemand so nett einen ganzen Block zurück zu lassen. Am späten Nachmittag kommt noch Peter vorbei. Peter kommt aus Südengland, ist Anfang fünfzig, trägt Hornbrille mit Aschenbächergläsern, hat Zähne deren Zwischenräume mal als Fußballtor verwenden könnte und läuft den Cape Wrath Trail in kurzen Hosen. Außerdem hört er schlecht. Auch er macht hier nur kurz Rast um zur nächsten Bothy weiter zu wandern; vielleicht treffe ich ihn aber auf der Strecke noch einmal wieder.


                      Cnoc Damh


                      Loch an Daimh

                      Als Abendessen gibt es an diesem Tag zur Abwechslung mal Reis – extrem lecker; schon allein die Tatsache, dass es kein Nudelgericht ist, macht es zum besten Essen der letzten Tage. Ich mache zudem eine genaue Bestandsaufnahme meines Essens und stelle fest, dass ich meine Rationen in der Tat aufstocken kann: Anstatt meiner üblichen drei Müsliriegel pro Tag gibt es nun vier UND ein Twix als Nachtisch zum Mittagessen. Ich schwelge praktisch im Luxus!
                      Nach dem Abendessen grüble ich wieder über meinen Karten und versuche mir endlich klar darüber zu werden, wie ich das Assynt-Gebirge übermorgen überqueren will. Es gibt dabei mehrere Möglichkeiten, die aber alle nicht sonderlich einfach aussehen.

                      Mein Tagebuch weist außerdem ausdrücklich darauf hin, dass die Stimmung in der Bothy recht gut trotz, nachdem sie auf der Strecke auch aufgrund heftiger Attacken durch Midges ziemlich am Boden war.

                      Tagesleistung: ca. 19 km, 490 Höhenmeter

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                      • Hunter9000
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                        #12
                        AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                        Samstag, 24. August – 9. Tag

                        In der Bothy gibt es eine Matratze auf dem Boden, auf der ich trotz aller Bedenken bezüglich möglichem Ungeziefer geschlafen habe. Und ich habe extrem gut darauf geschlafen. Außerdem habe ich von meiner Freundin geträumt. Bin dann jedoch in der Nacht alleine aufgewacht, wodurch ich mich sehr einsam fühle. Zum Glück schlafe ich schnell wieder ein.

                        Morgens geht es bei bewölktem Wetter um neun Uhr wieder los. Weiterhin geht es sehr öde auf einer Forststraße dahin. Zuerst entlang des Abhainn Poiblidh und weiter den River Einig flussabwärts. Beim Old Schoolhouse mache ich eine kurze Pause; die beiden Wanderer von gestern sind bereits weiter gezogen. Kurz nachdem ich die Bothy ebenfalls hinter mir gelassen habe, werde ich von einem Ranger im Auto überholt. Er bietet mir an mich mitzunehmen, aber ich lehne dankend ab. Nach einigen Kilometern durch den Einig Wood erreiche ich Oykel Bridge mit dem gleichnamigen Hotel. Hier treffe ich auch Peter wieder. Wir reden gemeinsam über die morgigen Möglichkeiten am Assynt-Gebirge vorbei zu kommen. Die Möglichkeiten sind vielfältig und so hat sich auch Peter noch nicht entschieden. Es stellt sich auch heraus, dass Peter ein deutlich besseres Buch mit Informationen zum Trail hat, als ich es mitführe.

                        Während er schließlich weiter zieht nutze ich die Midges-freie Brücke zum Mittagessen. Nach dem Mittagessen geht es auf einer Forststraße weiter nach Norden; diesmal entlang des River Oykel, welcher der Brücke ihren Namen gibt. Auf der eintönigen Straße durch den abgeholzten Caplich Wood sinkt meine Stimmung wieder rapide ab. Es gibt keine Abwechslung und ich ziehe mir auf dem harten Boden auf jeder Ferse eine große Blase, die ich notdürftig versorge, während mich die Midges fressen. Die einzige Abwechslung stellen die zahlreichen Angler dar, die mich immer wieder in kurze Gespräche verwickeln. So erfahre ich auch, dass die Familie Svarovski in der Gegend ein Anwesen hat, das sie erfolglos versucht wieder zu verkaufen.


                        Oykel Bridge

                        Es scheint ewig zu dauern, bis ich die Ruine von Salachy erreiche. Im einsetzenden Regen mache ich eine kurze Pause– es regnet immer, wenn ich Pause mache – und beschließe noch weiter zu gehen um die morgige Monsteretappe etwas zu kürzen. Weiter geht es durch das Glen Oykel, immer am Fluss entlang bis zum Loch Ailsh. Hier mündet die Forststraße zu allem Überfluss auch noch in eine Asphaltstraße was meinen Füßen wahrscheinlich den Rest gibt.


                        River Oykel

                        Ich humple über die Straße – immer auf der Suche nach einem irgendwie geeigneten Campingplatz – an der riesigen Benmore Lodge vorbei zum Oberlauf des Oykel River. An einer frisch gebauten Fußgängerbrücke über den Fluss finde ich eine kleine Ebene Fläche Rindenmulch; groß genug für mein Zelt. Anscheinend finden auch die Midges diesen Ort extrem toll. Der Himmel ist schwarz von Midges und nicht zum ersten Mal verfluche ich die Tatsache, dass ich meine langen Handschuhe zu Hause gelassen habe. In Rekordzeit baue ich mein Zelt auf; dennoch werde ich völlig zerstochen und die Biester schaffen es unter mein Moskitonetz, unter meine Jacke und meine Hose.

                        Als das Zelt steht werfe ich meinen Rucksack hinein, springe hinterher und mache das Zelt dicht. Diese Sekunden reichen um mehreren Schwärmen den Weg ins Innere zu ermöglichen. Ich verbringe eine halbe Stunde damit mit der flachen Hand gegen die Zeltwände zu schlagen, womit ich jedes Mal Dutzende der Biester töte. Dennoch schaffe ich es nicht alle zu beseitigen – aber zumindest die Schwärme kann ich reduzieren. Danach bin ich völlig erschöpft, leer und zu nichts mehr zu gebrauchen. Ich muss mich dazu motivieren die Isomatte und den Schlafsack aus dem Rucksack zu holen; ich wäre, glaube ich, auch so eingeschlafen. Danach muss ich mich motivieren etwas zu essen, aber mehr als zwei Müsliriegel bringe ich nicht hinunter. Außen an meinem Innenzelt ist es schwarz als die Blutsauger zu Millionen darauf sitzen bleiben und versuchen durch Löcher hinein zu kommen.

                        Keine 10 Pferde bringen mich noch einmal nach draußen und als die Natur ruft pinkle ich einfach in die leere Wasserflasche. Der absolute Tiefpunkt an Motivation und Begeisterung für diese Tour ist hiermit erreicht.

                        Tagesleistung: ca. 29.5 km, 560 Höhenmeter

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                        • Hunter9000
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                          • 02.06.2012
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                          #13
                          AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                          Und weiter geht's. Über Rückmeldungen würde ich mich im übrigen freuen

                          Sonntag, 25. August - 10. Tag

                          Trotz meiner Erschöpfung schlafe ich schlecht. Ich stinke vor Schweiß und meine Zähne sind klebrig – habe ich mir doch seit 24 Stunden keine Zähne mehr geputzt. Ebenso lange hatte ich keine warme Mahlzeit mehr, meine gesamte Ausrüstung ist feucht und stinkt nach nassem Hund. Auf jedem Fuß habe ich neben dem großen Zeh eine fette Blase, die jeweils praktisch beim Ansehen schon platzen. Mein Zelt ist schwarz vor Midges – lebenden und toten – riesigen Spinnen und zahllosen Schnecken. Bereits im Zelt lege ich daher meinen Vollkörperschutzanzug an und begebe mich erst dann nach draußen. Herrlicher Sonnenschein und traumhafte Blicke auf das Assynt Gebirge erwarten mich.


                          Blick ins Glen Oykel

                          Die Stimmung ist so gut wie nie zuvor – ohne Ironie –, auch wenn ich mein Frühstück im gehen einnehmen muss um nicht gefressen zu werden und die abgezogenen Schnecken widerliche Schleimspuren auf meinem Zelt hinterlassen haben. Ich weiß nicht ob die positive Stimmung alleine durch das Wetter verursacht wird, den endlich irgendwie passenden Rucksack oder einfach durch den absoluten Tiefpunkt am gestrigen Abend? Aber es ist egal: Die vor mir liegenden Berge sind ein Traum und ich bin mit mir absolut im reinen!


                          Black Rock


                          Glen Oykel mit River Oykel

                          Ich folge weiter dem River Oykel, vorbei am Zelt des noch schlafenden Peter und mache mich daran das Assynt Gebirge zu überqueren. An einer breiten Stelle des Flusses wasche ich meine Wasserflasche gründlich aus, bevor ich mir maximale Wasservorräte für den heutigen Tag in den Rucksack packe. Dann geht es los. Rasch wird aus dem bisherigen Forstweg ein Trampelpfad, der sich nach und nach ebenfalls auflöst. Aber in dem von steilen Bergwänden eingefassten Tal ist es klar wohin ich muss und der Boden ist trocken genug um nicht ständig voll konzentriert sein zu müssen. Oft bleibe ich stehen um die Nebelfetzen zu beobachten, die um die Berggipfel wabern und mache zahllose Fotos. Dennoch komme ich gut voran und schon bald habe ich das Ende des Tales erreicht und beginne mit dem Aufstieg zum Am Bealach, einen Pass der sich zwischen den steilen Flanken des mächtigen Conival und dem Glas Choire Beag befindet. Der Aufstieg ist in der Hitze des Vormittags ganz schön anstrengend, aber wird mit wahnsinnig schönen Aussichten auf das hinter mir liegende Glen Oykel belohnt.


                          Ben More Assynt


                          Conival


                          Blick hinab ins Glen Oykel

                          Auf dem Pass, der mehr eine Schlucht ist, angekommen, findet sich auch wieder ein Weg, der hinab zur Siedlung Ichnadamph führt. Nicht immer ist der Weg jedoch klar zu erkennen und dort wo er verschwindet folge ich den Pfaden von Bruder Hirsch. Bruder Hirsch erweist sich jedoch als ziemliches Arschloch, denn einer der Pfade endet genau vor der Schlucht, vor der mein schlaues Buch gewarnt hat. Keine Ahnung ob ich hier an einem Selbstmordpunkt für Hirsche angekommen bin, oder ob Hirsche in der Lage sind eine 10 Meter breite Schlucht zu überspringen. Für mich bedeutet es jedenfalls einen größeren Umweg und die Erkenntnis, dass man Hirschpfaden nicht bedingungslos folgen sollte.

                          Etwas später genieße ich im strahlenden Sonnenschein und bei leichtem Wind (keine Midges!) mein Mittagessen und bewundere die Aussicht auf Loch Assynt in der Ferne. Kaum gehe ich jedoch weiter mache ich irgendeinen falschen Schritt und verdrehe mir sehr schmerzhaft mein Knie. Da ich aber schon fast in Ichnadamph, dieser süßen kleinen Ortschaft mit ihren malerischen, schneeweißen Häusern, angekommen bin, ignoriere ich es. An einer Brücke kurz vor der Ortschaft gibt es zur Feier des Tages eine weitere Pause, dann lasse ich diese Stückchen Zivilisation auch schon wieder hinter mir – in den Ort selbst wandere ich gar nicht – und beginne mit dem zweiten Aufstieg des Tages. Steil geht es an der Flanke des Cnoc an Droighinn wieder nach oben. Dummerweise gehen mir gerade hier die Wasservorräte aus. Ich wandere zwar entlang eines Flusses, aber der hat sich unerreichbar fern in eine mehrere Meter tiefe Schlucht eingegraben. Keine Chance dort Wasser zu bekommen. So wird es wieder einmal ein sehr trockener Aufstieg, was sich erst bessert als ich Loch Fleodach Coire erreiche; einen kleinen Bergsee, der sich hier im Schatten der rundum aufragenden Berggipfel idyllisch am Fuße des Beinn Uidhe erstreckt.


                          Loch Assynt

                          Nachdem ich wieder genügend Wasser dabei habe mache ich mich darauf die letzten Höhenmeter des Tages zu meistern um auf den Bealach na h-Uidhe zu kommen. Kurz unterhalb des Passes begegne ich dann noch zwei schottischen Wanderern, die hier in den hoch gelegenen Lochs ihr Glück versucht haben (erfolglos). Sie weißen mich freundlicherweise darauf hin, dass ich in einem ausgetrockneten Bachbett wandere, während der eigentliche Weg sich 10 Meter weiter links von mir befindet – man kann sich hier auf der Geröllhalde schon mal vertun. Der restliche Aufstieg wird dadurch aber erheblich leichter.


                          Loch Fleodach Coire

                          An der Spitze des Passes werfe ich noch zwei Voltaren ein um die Schmerzen im Knie beim Abstieg etwas zu lindern. Leider war das wohl etwas spät und ich habe beim steilen Abstieg nach Poll Amhluaidh, einem von kleinen Lochs überzogenen Plateau, unglaubliche Schmerzen. Zum Teil befürchte ich, dass mir das Knie irgendwann vor Schmerz wegknicken könnte. Das Tritt zum Glück aber nicht ein.


                          Abstieg zum Abhainn an Loch Bhig

                          An dieser Stelle habe ich nun die Möglichkeit der Route des Buches zu folgen – zuerst nach Westen und dann zu einem Abstieg, der an der A894 endet und dazu führen würde, dass ich morgen den ganzen Tag entlang der Straße gehen müsste – oder ich kann meine Variante gehen. Ich entscheide mich für meine vorab ausgesuchte Strecke. Hierzu muss ich nochmal 270 Höhenmeter durch steiles, zum Teil wegloses Gelände zum Abhainn an Loch Bhig absteigen. Der Abstieg ist jedoch, abgesehen von meinem kaputten Knie, nicht so schlimm wie befürchtet. Ich bin bei weitem nicht der erste, der diese Variante gewählt hat und es gibt einige Stellen an denen sich bereits eine Art Weg zu bilden beginnt.

                          Im Tal angekommen muss ich feststellen, dass es hier keinen Weg gibt. Auch meine Karte sagt davon nichts, aber irgendwie hatte ich ganz fest im Kopf, dass es jetzt wieder leichter werden würde. So muss ich mich für die zwei Kilometer bis zum Loch Beag – einem Salzwasserloch – noch ordentlich anstrengen. Ich passiere den höchsten Wasserfall Großbritanniens und genieße die warmen Strahlen der untergehenden Sonne auf meiner Haut. Leider scheint mir die Sonne direkt ins Gesicht und zum Teil werde ich so geblendet, dass ich nicht mal sehen kann, wohin ich meine Füße setze. Aber mein Körper ist voller Endorphine und eine solche Kleinigkeit kann mich jetzt nicht mehr aus dem Gleichgewicht bringen. Weitere Kilometer muss ich dann auf Trampelpfaden entlang von Loch Beag wandern, bis ich endlich gegen sieben, nach 11 Stunden Marsch, Glencoul Bothy erreiche. Ich bin erschöpft aber überglücklich. Ich koche mir wieder Reis und einen leckeren Süßen Moment als Belohnung der schwersten Etappe der Tour. Kurz nach Sonnenuntergang tauchen noch zwei Schotten an der Bothy auf. Auch sie sind auf dem Cape Wrath Trail unterwegs und planen in 2 Tagen am Cape zu stehen. Ich habe dafür eigentlich noch vier reguläre Wandertage eingeplant, aber jeder wie er will.

                          Abends telefoniere ich noch mit meiner Freundin, ermöglicht durch die Handymasten der Ortschaft Kylesku, die sich auf der anderen Seite des Lochs befindet. Zufrieden, glücklich, erschöpft und mit schmerzenden Füßen trolle ich mich dann in meinen Schlafsack. Was für ein herrlicher Tag!


                          Ruine bei Glencoul

                          Tagesleistung: ca. 27 km, 1300 Höhenmeter

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                          • Borderli
                            Fuchs
                            • 08.02.2009
                            • 1737
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                            Schönes Wetter nach ein paar Tagen Dreckwetter sorgt bei mir immer für gute Laune, unabhängig vom Zustand der Füße.

                            Was macht das Knie??

                            Ich habe deine Strecke so nebenbei auf der Karte verfolgt; die Gegend nördlich von Ullapool ist für mich interessant. Vielleicht bin ich ja nächstes Jahr wieder in der Lage, mehrtägige Wanderungen zu machen, dann könnte ich dort unterwegs sein. Ich werde deine Reise aufmerksam weiter verfolgen.

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                            • MrsLausS
                              Erfahren
                              • 12.05.2013
                              • 199
                              • Privat

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                              #15
                              AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                              Toller Bericht, Hunter! Bitte weiterschreiben.
                              Man leidet, wenn du leidest und freut sich mit dir, wenn es dir gut geht!

                              Ich gehöre ja auch zur Knie-Fraktion und leide da mit dir... (Wie fit muss man für den Weg deiner Meinung nach sein? Hatte mit CWT auch schon ein wenig geliebäugelt, klingt aber ziemlich schwierig?!)

                              Ich bin wirklich froh und dankbar, dass du fast alle Midges Schottlands auf deine Tour mitgenommen hast! Mit dem bisschen Rest, den wir hatten, kamen wir gut klar.

                              Grüßlis,

                              Sandra

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                              • Hunter9000
                                Dauerbesucher
                                • 02.06.2012
                                • 678
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                                Schönes Wetter nach ein paar Tagen Dreckwetter sorgt bei mir immer für gute Laune, unabhängig vom Zustand der Füße.
                                Das Wetter hat sicherlich extrem geholfen. Vor allem da es ja an diesem Tag durch ein so schönes Bergmassiv ging. Der fast nervliche Zusammenbruch am Abend zuvor hat hier sicherlich auch seinen Teil dazu beigetragen. Ich glaube, da war einfach der Punkt erreicht, wo ich wusste: Schlimmer kann es einfach nicht mehr werden.

                                Was macht das Knie??
                                Das Knie hat am nächsten Tag noch viel Liebe durch Voltaren (Salbe + Tabletten) erhalten und war dann ziemlich ruhig. Beim Bergabgehen habe ich es zwar noch 2-3 Wochen danach gespürt, aber nicht mehr so, dass ich Angst gehabt hätte gleich umzukippen. Und anschaun lassen habe ich es natürlich auch nicht - bin halt ein Mann

                                Wie fit muss man für den Weg deiner Meinung nach sein? Hatte mit CWT auch schon ein wenig geliebäugelt, klingt aber ziemlich schwierig?
                                An und für sich sind kaum extreme Passagen dabei. Es hängt hauptsächlich davon ab, wie lange die Tagesetappen sein sollen / dürfen und wie weit man laufen möchte. Aber gerade den Marsch Rund um Ben More Assynt kann ich sehr empfehlen - das war echt traumhaft und mit Abstand der Höhepunkt der Reise.

                                Ich bin wirklich froh und dankbar, dass du fast alle Midges Schottlands auf deine Tour mitgenommen hast! Mit dem bisschen Rest, den wir hatten, kamen wir gut klar.
                                Ich hätte auch nichts gegen eine etwas fairere Verteilung der niedlichen kleinen Bastarde gehabt Na nächstes Jahr dann im Frühjahr oder im späteren Herbst - auf jeden Fall dann, wenn es keine Midges mehr gibt.

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                                • MrsLausS
                                  Erfahren
                                  • 12.05.2013
                                  • 199
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                                  Ich hätte auch nichts gegen eine etwas fairere Verteilung der niedlichen kleinen Bastarde gehabt Na nächstes Jahr dann im Frühjahr oder im späteren Herbst - auf jeden Fall dann, wenn es keine Midges mehr gibt
                                  Da gebe ich dir Recht! Auch wenn's bei uns Midges-technisch moderat war - wir waren ja tatsächlich eher von den Bremsen genervt.
                                  Hattest du eigentlich irgendein Spray dabei? Bei mir hat "Smidge" ganz gut geholfen - hatte keine Bisswunden.


                                  Hoffe, es geht bald weiter mit deinem Bericht!

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                                  • Fayter
                                    Gerne im Forum
                                    • 28.04.2013
                                    • 96
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                                    #18
                                    AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                                    Super Bericht! Schwelge gerade Dank dir in den eigenen Erinnerungen.

                                    Bin gespannt wie's weiter geht. An der Stelle, an der Glencoul Bothy, hatte ich den schlimmsten aller Tage. Hoffe du bist der Straße, die von der Bothy abzweigt, gefolgt und nicht so wie ich über den steilen Abhang am Loch entlang geklettert...


                                    Übrigens, liegt mein Monokular noch in der Maol-bhuidhe Bothy?
                                    “Der menschliche Schädel zerspringt bei einem Druck von ungefähr 250 Kilo – aber die menschliche Seele ist weitaus empfindlicher.”

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                                    • Hunter9000
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                                      • 02.06.2012
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                                      #19
                                      AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                                      Hattest du eigentlich irgendein Spray dabei? Bei mir hat "Smidge" ganz gut geholfen - hatte keine Bisswunden.
                                      Hatte ich sogar dabei. Ich habe aber bisher die Erfahrung gemacht, dass es nur so lange hält, als das Zeug nicht durch Schweiß wieder von der Haut entfernt wird. Also etwa eine halbe Stunde... Außerdem finde ich die Bisse (meistens) weniger ätzend als die Tatsache, dass man mitten in diesen riesigen Schwärmen steht und die Viecher überall rein fliegen.

                                      Tage. Hoffe du bist der Straße, die von der Bothy abzweigt, gefolgt und nicht so wie ich über den steilen Abhang am Loch entlang geklettert...
                                      Hust, hust. Doch bin ich

                                      Übrigens, liegt mein Monokular noch in der Maol-bhuidhe Bothy
                                      Ich habe zumindest keines gesehen.

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                                        #20
                                        AW: [UK] Go North Go Cape Wrath - 260 km auf dem Cape Wrath Trail

                                        Montag, 26. August – 11. Tag

                                        Mittlerweile träume ich bereits von Midges. Egal was vor meinem geistigen Auge in den Träumen entsteht, es ist von Myriaden blutsaugenden Fliegen umschwirrt. Abgesehen davon schlafe ich jedoch gut und lange – bis um 9 Uhr. Als ich aufstehe sind auch die beiden Schotten noch da und sie kommen vor 10 Uhr auch nicht los. Ich frage mich, wie sie bei diesem späten Start ihre angestrebten Distanzen überwinden wollen. Als ich sie dann wandern sehe, habe ich allerdings keinen Zweifel daran, dass sie es schaffen werden: sie joggen schon fast den Berghang hinauf.

                                        Da ich einen Ganzkörpermuskelkater habe, beschließe ich es heute langsam anzugehen und nutze den Vormittag dazu, meine Sachen zu trocknen – vor allem meine Schuhe. Außerdem lege ich noch ein vormittägliches Schläfchen ein. Nach dem Mittagessen, ich habe mich immer noch nicht bewegt, beschließe ich etwas für meinen Körper zu tun und ein Nacktbad im nahen, eiskalten Gebirgsfluss einzulegen. Gerade bevor ich die Hüllen fallen will kommt ein Schotte zur Bothy gerannt. Er hat Laufschuhe an und ist auf der Suche nach einem Soldatendenkmal, das sich hier draußen befinden soll. Nachdem ich ihn abgewimmelt habe, kann ich mein nippelkaltes Bad „genießen“. Für eine schnelle Katzenwäsche reicht es dennoch aus und in der warmen schottischen Sonne die an diesem Tag scheint trockne ich auch ebenso schnell wie ich wieder aufwärme.


                                        Morgendliche Aussicht

                                        Nach dem Bad geht es endlich ein paar Kilometer machen – über die Landzunge nach Norden zum nächsten Loch und der Bothy von Glendhu. Dummerweise finde ich den Einstieg zur Überquerung der Landzunge nicht und ich arbeite mich querfeldein durch Farne und Geröll an dem steilen Hang nach oben. Erst als ich fast ganz oben bin sehe ich unter mir den eigentlichen Weg zu dem ich dann wieder absteigen muss. Der Weg selbst sieht aus als hätte ihn jemand mit dem Flammenwerfer durch das Heidekraut gebrannt. Sehr skurril. Aber die Aussicht von dort oben ist im strahlenden Sonnenschein der Hammer!

                                        Der Abstieg auf der anderen Seite ist wieder sehr steil und ich spüre sowohl meinen Muskelkater als auch das verdrehte Knie von gestern. Zwischen riesigen Steinblöcken hindurch, die am Ufer von Loch Glendhu liegen, komme ich zur Brücke über den Amhainn a Ghlinne Dhuibh und gleich darauf zur Bothy. Die Bothy ist schick, hat aber leider keine echten Betten und auch keinen Handyempfang, auch wenn ich von hier aus ebenfalls die Häuser von Kylesku sehen kann.


                                        Glencoul Bothy


                                        Loch Glencoul

                                        Beim Abendessen lese ich noch im Bothy-Buch. Anscheinend kann man hier, wenn man Glück hat, Seehunde beobachten. Heute Nachmittag und auch abends sehe ich leider keine. Vielleicht habe ich morgen mehr Glück.

                                        Kurz nach Sonnenuntergang kommt auch noch Peter in die Bothy. Er ist der Straße entlang gewandert statt durch den Assynt zu gehen, da ihm die Lebensmittel ausgegangen sind. Er ist diese Strecke gegangen trotz des Wissens, dass es in Kylesku keinen Lebensmittelladen gibt und hat sich notdürftig in einem Hotel mit Proviant eingedeckt. Ich biete ihm an, ihm etwas von meinen Reserven abzugeben, aber er lehnt dankend ab und will sich so irgendwie durschlagen.

                                        Tagesleistung: ca. 6.4 km, 400 Höhenmeter

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