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Dieser Urlaub endet so wie er vor 10 Tagen begann: Mit einer Wanderung bei schönstem schottischen Regenwetter.
Am ersten Tag:

Brücke über den Fionn Abhainn von Borderli auf Flickr
Und am letzten Tag:

Dauerregen von Borderli auf Flickr
Vorgeplänkel:
Den ersten Versuch, in dieser wunderschönen Gegend Schottlands eine längere Wanderung zu unternehmen, machte ich Ende Oktober / Anfang November 2012 (Torridon und so). Eine fiese Erkältung brachte jedoch diverse Planänderungen mit sich, so dass die längste Tour gerade mal zwei Tage betrug.
Im Frühjahr 2013 (Bequem unterwegs in Schottland April 2013), meinem Urlaub mit dem bislang schlechtesten Wetter, schrottete ich mir das rechte Knie so gründlich, dass es operiert werden musste, und ich vorübergehend nicht in der Lage war, stundenlang zu wandern, schon gar nicht mit großem Gepäck. Daher verbrachte ich im Herbst 2013 (Noch bequemer unterwegs in Schottland) einen sehr bequemen Urlaub in dieser Region - bei bestem Wetter.
Kaum daheim, schmiede ich schon neue Pläne. Die misslungene Herbst-Tour 2012, die ich eigentlich im Herbst 2013 nachholen wollte, soll jetzt im Mai 2014 stattfinden - sofern das reparierte Knie mitmacht. Ich buche den Flug, und lasse den Rest zunächst offen. Noch traue ich dem ollen Knie nicht über den Weg. Anfang des Jahres glaube ich nicht daran, eine Wanderung durchführen zu können und stelle mich innerlich schon auf einen weiteren Bequem-Urlaub mit Mietwagen ein. Aber dann, ab Februar, geht es steil bergauf mit der Genesung. Ob es das Krafttraining ist, oder die Tapes, oder einfach der Zeitablauf - cò aig‘ tha fios? Wer weiß?
Meine Wanderpläne nehmen jedenfalls Gestalt an. Noch bin ich vorsichtig und plane Tagesetappen von deutlich unter 20km und viele Puffertage ein. Die kann ich dann entweder für Pausen verwenden (mit dickem Knie im Zelt schmollend), oder für Extra-Touren (juhu, mir geht es prima!), oder bei Bedarf für noch kürzere Tagesetappen. Fest steht nur: Ich will wandern. Ich werde wandern. Schluss mit den bequemen Schottlandreisen!
Gerade als ich die Pläne in der Theorie fertig habe, erreicht mich eine Nachricht meiner Tochter. Ihre Bachelor-Feier findet einen Tag vor meiner geplanten Rückreise statt. Nun, das ist natürlich ein Ereignis, das ich mir nicht entgehen lassen will. Mit einigem Aufwand und viel Unverständnis für die Preisgestaltung der Kranich-Airline buche ich mich auf einen anderen Rückflug, der zwei Tage früher stattfindet als geplant.
Nun muss ich aber auch meine Wanderpläne ändern. Durch die frühere Rückreise fehlen mir zwei Puffertage, auf die ich aus den schon geschilderten Gründen nicht verzichten will. Das traue ich meinem rechten Knie noch nicht zu.
In dieser Umplan-Phase schildert Rainer Duesmann hier seine Wanderpläne. Ratzfatz ist ein Treffen vereinbart, das sich in meine neuen Pläne gut einbinden lässt.
Drei Wochen vor Urlaubsbeginn, am Osterwochenende, hole ich die Inov8s aus dem Schrank - die Schuhe meiner Wahl. Mit nassen Füßen kann ich mich abfinden, wenn die Schuhe nur bequem sind und ich mir keine Blasen laufe. Ich ziehe ein Paar Wandersocken an, steige ich die Stiefel, und - aua! Sind die Schuhe geschrumpft, oder ist mein rechter Fuß am Ballen breiter geworden? Vermutlich letzteres. Eine halbe Stunde später: Immer noch „aua“. Schade, schade, schade, aber in diesen Schuhen kann ich nicht stundenlang gehen; von einem mehrtägigen Spaziergang mit Rucksack ganz zu schweigen. Mmpf. Was nun? Ein Paar alte Leichtwanderschuhe habe ich beim täglichen Hundegassi im Einsatz, aber die sind völlig ausgelatscht und bieten überhaupt keinen Halt. Die schweren Meindls doch wieder? Ein Versuch zeigt, dass sie, zumindest mit der Schnürung vom letzten Herbst, am rechten Fuß ebenfalls zu eng sind. Die Höhe passt im Vorfußbereich einfach nicht mehr. Durch eine weitere Schnürung ist der Druck einigermaßen weg vom Ballen, aber optimal ist es nicht. Ich beschließe, einen nicht unbeträchtlichen Teil meiner Freizeit in der nächsten Woche in Schuhgeschäften zu verbringen. Ich hasse Einkaufen.
Nachdem ich mehrere Verkäufer in Schuh- und Outdoorgeschäften an den Rande eines Nervenzusammenbruchs gebracht habe, finde ich einen Schuh, der an den rechten Problemfuß passt: Hanwag baut den „Tatra“ jetzt auch für Menschen mit Hallux Valgus. Und genau dieses Modell ist im Vorfußbereich nicht nur breit, sondern auch hoch genug, um mir zu passen. Dass es den Schuh nicht mit Membran, sondern „nur“ als Volllederschuh gibt, ist mir egal. Hauptsache, er passt. Mit einem Paar neuer Schuhe und einer vollen Tube SnoSeal mache ich mich glücklich auf den Heimweg. Viel Zeit, um die Schuhe einzulaufen, habe ich nicht mehr, aber es wird schon irgendwie gehen. Ich verpasse ihnen eine ordentliche Schicht Wachs, und packe mir eine angebrochene Tube dieses Zeugs in den Rucksack.
Dann geht alles schnell. Mittwoch: Rucksack packen. Donnerstag: lange arbeiten. Freitag: Hunde zu meinen Eltern bringen. Und schon ist Reisetag!
10. Mai 2014 - Anreise -
Früh um 5.00 Uhr piept der Wecker. Einen Moment später registriert mein noch verschlafener Verstand, dass heute nicht der Weg zur Arbeit, sondern der Weg in den Urlaub ansteht. Während die Kaffeemaschine vor sich hin röchelt, schalte ich den Computer ein - zum letzten Mal für die nächsten 12 Tage - und sehe mir den Wetterbericht für die nordwestlichen Highlands an. Hm, sieht nicht gut aus. Eine Facebook-Bekannte, die seit ein paar Tagen in den Cairngorms unterwegs ist, riet mir gestern, das Regenzeug einzupacken. Klar doch, das ist immer das erste, was ich bei der Vorbereitung einer Tour raus lege. Mein schlechtes Verhältnis zum schottischen Wetter ist ja sehr solide und gefestigt...
Kaffee, Frühstück (nochmal falle ich auf den Lufthansa-Joghurt nicht rein), Rucksack und Handgepäck schnappen, und los geht die Reise. Mr Borderli fährt mich nach Darmstadt; von dort aus fahre ich mit dem Airliner zum Flughafen Frankfurt. Dort verläuft alles planmäßig. Im Flugzeug kann ich dann wählen zwischen einem Joghurt und einem eingeschweißten Croissant. Nein danke, aber ich hätte gerne noch einen Kaffee. Warum auf diesen Kurzstreckenflügen so ein Aufwand mit der Bordverpflegung getrieben wird, ist mir rätselhaft.
Während des Fluges habe ich immer wieder das Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Oder habe ich etwas Falsches mitgenommen? Vergessen, etwas Wichtiges zu erledigen? Ich kann es nicht greifen. Als nach der Landung die anderen Fluggäste wie wild auf ihre Handys und Smartphones einklopfen, denke ich mir, dass ich mein Handy später aus dem Rucksack holen und einschalten werde. Dieses Mal ist es nicht in der Hüfttasche - die ist voll mit Fotozeug - sondern ganz unten im vollgestopften Daypack.
Nach der Passkontrolle und der Gepäckabholung geht mein Weg dieses Mal nicht zum Car Rental Centre, sondern zur Bushaltestelle. Dieser Flughafen ist wirklich schön übersichtlich! Im Zug nach Inverness krame ich dann im Daypack und suche mein Handy. Ich räume das ganze Gerümpel aus - kein Handy. Hm. Ich habe doch das Handy und den Ersatzakku geladen und alles in eine Schutzhülle gepackt. Habe ich diese womöglich in den großen Rucksack gestopft? Ja, so wird es wohl sein, denke ich, und lehne mich entspannt zurück. In Inverness kaufe ich Gas, und checke dann im SYHA Hostel ein. Ich durchsuche alle Deckeltaschen des Rucksacks, die Seitentasche - Fehlanzeige. Da ich mir sicher bin, seit Mittwoch nichts am Hauptfach des Rucksacks verändert zu haben, scheidet dieses als Aufenthaltsort meines Handys aus. Sollte ich es tatsächlich vergessen haben? In Gedanken gehe ich den gestrigen Tag nochmals durch. Da dämmert es mir: Es liegt noch im Auto, im Ablagefach links unter dem Lenkrad. Ich glaube, ich werde alt...
Gut. Problem erkannt. Lösung? Inverness hat eine Einkaufsstraße mit mehreren Handygeschäften. Bei mobiles4you erstehe ich ein ganz einfaches Modell für £7.95, mit einem Guthaben von £10. So einfach kann das sein. Daheim anrufen und die neue Nummer durchgeben, und das ist geklärt. Zum Urlaubsende hin habe ich mich mit Rainer Duesmann verabredet; seine Handynummer ist natürlich daheim im Auto. Aber, nachdem ich 2009 ein Handy im Fluss ertränkte, habe ich mir angewöhnt, Telefonnummern zusätzlich einem Stück Papier anzuvertrauen. Also ist auch dieses Problem gelöst.
Jetzt endlich kann ich mich um meinen Hunger kümmern. Zurück im Hostel, und immer noch recht genervt, laufe ich in eine Gruppe von ca. 9- bis 13jährigen Schülern, welche die Lobby unsicher machen. Na, das kann ja gut werden heute Nacht, denke ich.
11. Mai 2014 - Welcome back to Scotland! -
Wird es aber nicht. Von den Kids ist, nachdem sie recht früh in die Schlafräume geschickt wurden, nichts mehr zu hören. Später, ich sitze im Bahnhof auf einer Bank und betreibe people-watching, wird es laut. Wieder die Kinds, mit großen Sporttaschen und einem Pokal. Und weil ich so ein dringendes Bedürfnis nach Ruhe habe, sind sie nicht nur im selben Zug, sondern auch im selben Abteil wie ich... Sie sind gut drauf, zwar laut, aber höflich und nett. Eine der Betreuerinnen erzählt mir, dass sie von den Uists kommen, in Inverness einen Wettkampf hatten, und jetzt auf dem langen Rückweg sind - Zug nach Kyle of Lochalsh, Bus nach Uig, Fähre nach Lochmaddy. Ein Erlebnis für die Jungs und Mädels, zweifellos!
Irgendwann erreicht der Zug Strathcarron. Erleichtert, dem Trubel entronnen zu sein, steige ich aus. Da es den ganzen Tag schon immer wieder mal regnet, packe ich mich gleich in die Regenmontur und mache den Rucksack startklar. Der Zug fährt, die Kids winken, ich winke zurück, und dann gehe ich los. Endlich wieder auf Tour!
Der Weg geht zuerst schön gemütlich am Fluss entlang, bei strahlendem Sonnenschein.

Strathcarron von Borderli auf Flickr

Strathcarron von Borderli auf Flickr
Kurz vor Coulags, wieder auf der Straße, ein kalter Windstoß. „Endlich“, denke ich. Und dann: Platzregen. Dieser geht in einen gleichmäßigen Landregen über, während ich am Fionn Abhainn entlang immer schön sachte bergauf gehe. Schlecht gelaunt und immer noch genervt stampfe ich auf dem schlammigen Weg voran, immer den Gedanken „Ich habe es doch gewusst!“ im Vordergrund. Schottland, Regen, Wandern und ich, das gehört seit Mai 2011 zusammen. Welcome back to Scotland!

Weg entlang des Fionn Abhainn von Borderli auf Flickr

Ein einsames Tor von Borderli auf Flickr

Bothy am Fionn Abhainn von Borderli auf Flickr
Kurz vor der Bothy am Fionn Abhainn hört der Regen auf. Ich laufe weiter, jetzt bei trübem, aber immerhin trockenem Wetter. Ein großer weißer Felsen fällt mir auf. Laut Karte handelt es sich um den „Clach nan Con-fionn“, den „Stein des weißen Hundes“. Naja, mit etwas Fantasie kann man einen weißen Hund darin erkennen. Ich laufe weiter, und unterhalte mich eine Weile mit zwei Wanderern, die mir entgegen kommen. Auf meine Frage nach dem Wetterbericht meint einer von ihnen, dass das Wetter ab morgen besser werden soll. Na - stimmt das tatsächlich, oder wollte er einfach nur höflich sein? Die beiden laufen weiter, und ich werfe einen Blick zurück: Da! Aus dieser Richtung sieht der weiße Fels tatsächlich aus wie ein sitzender weißer Hund.

Clach nan Con-Fionn von Borderli auf Flickr
(von der anderen Seite ist er besser zu erkennen, aber da habe ich ihn nicht fotografiert)
Der Nachmittag schreitet weiter fort, und der Loch Coire Fionnaraich kommt in Sicht.

Loch Coire Fionnaraich von Borderli auf Flickr
So langsam sollte ich nach einem Zeltplatz Ausschau halten, denke ich. Gar nicht so einfach hier: Felsen, Sumpf, Hanglage. Nicht alles, was eben und grün ist, eignet sich als Zeltplatz. Kaum steht man dort, steigt schon das Wasser am Stiefel hoch. Am Nordufer des Loch Coire Fionnaraich, etwas abseits des Wegs, werde ich fündig. Mein Zeltplatz ist zwar etwas buckelig, aber das gleicht die Neo Air gut aus. Die Aussicht ist auch nicht schlecht!

Loch Coire Fionnaraich von Borderli auf Flickr

Zelten am Loch Coire Fionnaraich von Borderli auf Flickr
Ich baue meine Hilleburg auf, richte mich darin ein, und hole Wasser. Dass die Faltflasche ganz unten im Rucksack, noch unter Schlafsack und Klamotten, ist, ist irgendwie klar. Kaum zurück im Zelt, ich habe gerade den Reißverschluss hinter mir zugezogen, beginnt der Regen wieder. Ich koche und esse im Zelt, und liege dann im Schlafsack, lese, und höre dem Prasseln des Regens auf der Zeltplane so lange zu, bis ich einschlafe. Ich wache mehrmals auf, und immer noch regnet es. Na prima, wie sollte es anders sein?
Am ersten Tag:

Brücke über den Fionn Abhainn von Borderli auf Flickr
Und am letzten Tag:

Dauerregen von Borderli auf Flickr
Vorgeplänkel:
Den ersten Versuch, in dieser wunderschönen Gegend Schottlands eine längere Wanderung zu unternehmen, machte ich Ende Oktober / Anfang November 2012 (Torridon und so). Eine fiese Erkältung brachte jedoch diverse Planänderungen mit sich, so dass die längste Tour gerade mal zwei Tage betrug.
Im Frühjahr 2013 (Bequem unterwegs in Schottland April 2013), meinem Urlaub mit dem bislang schlechtesten Wetter, schrottete ich mir das rechte Knie so gründlich, dass es operiert werden musste, und ich vorübergehend nicht in der Lage war, stundenlang zu wandern, schon gar nicht mit großem Gepäck. Daher verbrachte ich im Herbst 2013 (Noch bequemer unterwegs in Schottland) einen sehr bequemen Urlaub in dieser Region - bei bestem Wetter.
Kaum daheim, schmiede ich schon neue Pläne. Die misslungene Herbst-Tour 2012, die ich eigentlich im Herbst 2013 nachholen wollte, soll jetzt im Mai 2014 stattfinden - sofern das reparierte Knie mitmacht. Ich buche den Flug, und lasse den Rest zunächst offen. Noch traue ich dem ollen Knie nicht über den Weg. Anfang des Jahres glaube ich nicht daran, eine Wanderung durchführen zu können und stelle mich innerlich schon auf einen weiteren Bequem-Urlaub mit Mietwagen ein. Aber dann, ab Februar, geht es steil bergauf mit der Genesung. Ob es das Krafttraining ist, oder die Tapes, oder einfach der Zeitablauf - cò aig‘ tha fios? Wer weiß?
Meine Wanderpläne nehmen jedenfalls Gestalt an. Noch bin ich vorsichtig und plane Tagesetappen von deutlich unter 20km und viele Puffertage ein. Die kann ich dann entweder für Pausen verwenden (mit dickem Knie im Zelt schmollend), oder für Extra-Touren (juhu, mir geht es prima!), oder bei Bedarf für noch kürzere Tagesetappen. Fest steht nur: Ich will wandern. Ich werde wandern. Schluss mit den bequemen Schottlandreisen!
Gerade als ich die Pläne in der Theorie fertig habe, erreicht mich eine Nachricht meiner Tochter. Ihre Bachelor-Feier findet einen Tag vor meiner geplanten Rückreise statt. Nun, das ist natürlich ein Ereignis, das ich mir nicht entgehen lassen will. Mit einigem Aufwand und viel Unverständnis für die Preisgestaltung der Kranich-Airline buche ich mich auf einen anderen Rückflug, der zwei Tage früher stattfindet als geplant.
Nun muss ich aber auch meine Wanderpläne ändern. Durch die frühere Rückreise fehlen mir zwei Puffertage, auf die ich aus den schon geschilderten Gründen nicht verzichten will. Das traue ich meinem rechten Knie noch nicht zu.
In dieser Umplan-Phase schildert Rainer Duesmann hier seine Wanderpläne. Ratzfatz ist ein Treffen vereinbart, das sich in meine neuen Pläne gut einbinden lässt.
Drei Wochen vor Urlaubsbeginn, am Osterwochenende, hole ich die Inov8s aus dem Schrank - die Schuhe meiner Wahl. Mit nassen Füßen kann ich mich abfinden, wenn die Schuhe nur bequem sind und ich mir keine Blasen laufe. Ich ziehe ein Paar Wandersocken an, steige ich die Stiefel, und - aua! Sind die Schuhe geschrumpft, oder ist mein rechter Fuß am Ballen breiter geworden? Vermutlich letzteres. Eine halbe Stunde später: Immer noch „aua“. Schade, schade, schade, aber in diesen Schuhen kann ich nicht stundenlang gehen; von einem mehrtägigen Spaziergang mit Rucksack ganz zu schweigen. Mmpf. Was nun? Ein Paar alte Leichtwanderschuhe habe ich beim täglichen Hundegassi im Einsatz, aber die sind völlig ausgelatscht und bieten überhaupt keinen Halt. Die schweren Meindls doch wieder? Ein Versuch zeigt, dass sie, zumindest mit der Schnürung vom letzten Herbst, am rechten Fuß ebenfalls zu eng sind. Die Höhe passt im Vorfußbereich einfach nicht mehr. Durch eine weitere Schnürung ist der Druck einigermaßen weg vom Ballen, aber optimal ist es nicht. Ich beschließe, einen nicht unbeträchtlichen Teil meiner Freizeit in der nächsten Woche in Schuhgeschäften zu verbringen. Ich hasse Einkaufen.
Nachdem ich mehrere Verkäufer in Schuh- und Outdoorgeschäften an den Rande eines Nervenzusammenbruchs gebracht habe, finde ich einen Schuh, der an den rechten Problemfuß passt: Hanwag baut den „Tatra“ jetzt auch für Menschen mit Hallux Valgus. Und genau dieses Modell ist im Vorfußbereich nicht nur breit, sondern auch hoch genug, um mir zu passen. Dass es den Schuh nicht mit Membran, sondern „nur“ als Volllederschuh gibt, ist mir egal. Hauptsache, er passt. Mit einem Paar neuer Schuhe und einer vollen Tube SnoSeal mache ich mich glücklich auf den Heimweg. Viel Zeit, um die Schuhe einzulaufen, habe ich nicht mehr, aber es wird schon irgendwie gehen. Ich verpasse ihnen eine ordentliche Schicht Wachs, und packe mir eine angebrochene Tube dieses Zeugs in den Rucksack.
Dann geht alles schnell. Mittwoch: Rucksack packen. Donnerstag: lange arbeiten. Freitag: Hunde zu meinen Eltern bringen. Und schon ist Reisetag!
10. Mai 2014 - Anreise -
Früh um 5.00 Uhr piept der Wecker. Einen Moment später registriert mein noch verschlafener Verstand, dass heute nicht der Weg zur Arbeit, sondern der Weg in den Urlaub ansteht. Während die Kaffeemaschine vor sich hin röchelt, schalte ich den Computer ein - zum letzten Mal für die nächsten 12 Tage - und sehe mir den Wetterbericht für die nordwestlichen Highlands an. Hm, sieht nicht gut aus. Eine Facebook-Bekannte, die seit ein paar Tagen in den Cairngorms unterwegs ist, riet mir gestern, das Regenzeug einzupacken. Klar doch, das ist immer das erste, was ich bei der Vorbereitung einer Tour raus lege. Mein schlechtes Verhältnis zum schottischen Wetter ist ja sehr solide und gefestigt...
Kaffee, Frühstück (nochmal falle ich auf den Lufthansa-Joghurt nicht rein), Rucksack und Handgepäck schnappen, und los geht die Reise. Mr Borderli fährt mich nach Darmstadt; von dort aus fahre ich mit dem Airliner zum Flughafen Frankfurt. Dort verläuft alles planmäßig. Im Flugzeug kann ich dann wählen zwischen einem Joghurt und einem eingeschweißten Croissant. Nein danke, aber ich hätte gerne noch einen Kaffee. Warum auf diesen Kurzstreckenflügen so ein Aufwand mit der Bordverpflegung getrieben wird, ist mir rätselhaft.
Während des Fluges habe ich immer wieder das Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Oder habe ich etwas Falsches mitgenommen? Vergessen, etwas Wichtiges zu erledigen? Ich kann es nicht greifen. Als nach der Landung die anderen Fluggäste wie wild auf ihre Handys und Smartphones einklopfen, denke ich mir, dass ich mein Handy später aus dem Rucksack holen und einschalten werde. Dieses Mal ist es nicht in der Hüfttasche - die ist voll mit Fotozeug - sondern ganz unten im vollgestopften Daypack.
Nach der Passkontrolle und der Gepäckabholung geht mein Weg dieses Mal nicht zum Car Rental Centre, sondern zur Bushaltestelle. Dieser Flughafen ist wirklich schön übersichtlich! Im Zug nach Inverness krame ich dann im Daypack und suche mein Handy. Ich räume das ganze Gerümpel aus - kein Handy. Hm. Ich habe doch das Handy und den Ersatzakku geladen und alles in eine Schutzhülle gepackt. Habe ich diese womöglich in den großen Rucksack gestopft? Ja, so wird es wohl sein, denke ich, und lehne mich entspannt zurück. In Inverness kaufe ich Gas, und checke dann im SYHA Hostel ein. Ich durchsuche alle Deckeltaschen des Rucksacks, die Seitentasche - Fehlanzeige. Da ich mir sicher bin, seit Mittwoch nichts am Hauptfach des Rucksacks verändert zu haben, scheidet dieses als Aufenthaltsort meines Handys aus. Sollte ich es tatsächlich vergessen haben? In Gedanken gehe ich den gestrigen Tag nochmals durch. Da dämmert es mir: Es liegt noch im Auto, im Ablagefach links unter dem Lenkrad. Ich glaube, ich werde alt...
Gut. Problem erkannt. Lösung? Inverness hat eine Einkaufsstraße mit mehreren Handygeschäften. Bei mobiles4you erstehe ich ein ganz einfaches Modell für £7.95, mit einem Guthaben von £10. So einfach kann das sein. Daheim anrufen und die neue Nummer durchgeben, und das ist geklärt. Zum Urlaubsende hin habe ich mich mit Rainer Duesmann verabredet; seine Handynummer ist natürlich daheim im Auto. Aber, nachdem ich 2009 ein Handy im Fluss ertränkte, habe ich mir angewöhnt, Telefonnummern zusätzlich einem Stück Papier anzuvertrauen. Also ist auch dieses Problem gelöst.
Jetzt endlich kann ich mich um meinen Hunger kümmern. Zurück im Hostel, und immer noch recht genervt, laufe ich in eine Gruppe von ca. 9- bis 13jährigen Schülern, welche die Lobby unsicher machen. Na, das kann ja gut werden heute Nacht, denke ich.
11. Mai 2014 - Welcome back to Scotland! -
Wird es aber nicht. Von den Kids ist, nachdem sie recht früh in die Schlafräume geschickt wurden, nichts mehr zu hören. Später, ich sitze im Bahnhof auf einer Bank und betreibe people-watching, wird es laut. Wieder die Kinds, mit großen Sporttaschen und einem Pokal. Und weil ich so ein dringendes Bedürfnis nach Ruhe habe, sind sie nicht nur im selben Zug, sondern auch im selben Abteil wie ich... Sie sind gut drauf, zwar laut, aber höflich und nett. Eine der Betreuerinnen erzählt mir, dass sie von den Uists kommen, in Inverness einen Wettkampf hatten, und jetzt auf dem langen Rückweg sind - Zug nach Kyle of Lochalsh, Bus nach Uig, Fähre nach Lochmaddy. Ein Erlebnis für die Jungs und Mädels, zweifellos!
Irgendwann erreicht der Zug Strathcarron. Erleichtert, dem Trubel entronnen zu sein, steige ich aus. Da es den ganzen Tag schon immer wieder mal regnet, packe ich mich gleich in die Regenmontur und mache den Rucksack startklar. Der Zug fährt, die Kids winken, ich winke zurück, und dann gehe ich los. Endlich wieder auf Tour!

Der Weg geht zuerst schön gemütlich am Fluss entlang, bei strahlendem Sonnenschein.

Strathcarron von Borderli auf Flickr

Strathcarron von Borderli auf Flickr
Kurz vor Coulags, wieder auf der Straße, ein kalter Windstoß. „Endlich“, denke ich. Und dann: Platzregen. Dieser geht in einen gleichmäßigen Landregen über, während ich am Fionn Abhainn entlang immer schön sachte bergauf gehe. Schlecht gelaunt und immer noch genervt stampfe ich auf dem schlammigen Weg voran, immer den Gedanken „Ich habe es doch gewusst!“ im Vordergrund. Schottland, Regen, Wandern und ich, das gehört seit Mai 2011 zusammen. Welcome back to Scotland!

Weg entlang des Fionn Abhainn von Borderli auf Flickr

Ein einsames Tor von Borderli auf Flickr

Bothy am Fionn Abhainn von Borderli auf Flickr
Kurz vor der Bothy am Fionn Abhainn hört der Regen auf. Ich laufe weiter, jetzt bei trübem, aber immerhin trockenem Wetter. Ein großer weißer Felsen fällt mir auf. Laut Karte handelt es sich um den „Clach nan Con-fionn“, den „Stein des weißen Hundes“. Naja, mit etwas Fantasie kann man einen weißen Hund darin erkennen. Ich laufe weiter, und unterhalte mich eine Weile mit zwei Wanderern, die mir entgegen kommen. Auf meine Frage nach dem Wetterbericht meint einer von ihnen, dass das Wetter ab morgen besser werden soll. Na - stimmt das tatsächlich, oder wollte er einfach nur höflich sein? Die beiden laufen weiter, und ich werfe einen Blick zurück: Da! Aus dieser Richtung sieht der weiße Fels tatsächlich aus wie ein sitzender weißer Hund.

Clach nan Con-Fionn von Borderli auf Flickr
(von der anderen Seite ist er besser zu erkennen, aber da habe ich ihn nicht fotografiert)
Der Nachmittag schreitet weiter fort, und der Loch Coire Fionnaraich kommt in Sicht.

Loch Coire Fionnaraich von Borderli auf Flickr
So langsam sollte ich nach einem Zeltplatz Ausschau halten, denke ich. Gar nicht so einfach hier: Felsen, Sumpf, Hanglage. Nicht alles, was eben und grün ist, eignet sich als Zeltplatz. Kaum steht man dort, steigt schon das Wasser am Stiefel hoch. Am Nordufer des Loch Coire Fionnaraich, etwas abseits des Wegs, werde ich fündig. Mein Zeltplatz ist zwar etwas buckelig, aber das gleicht die Neo Air gut aus. Die Aussicht ist auch nicht schlecht!

Loch Coire Fionnaraich von Borderli auf Flickr

Zelten am Loch Coire Fionnaraich von Borderli auf Flickr
Ich baue meine Hilleburg auf, richte mich darin ein, und hole Wasser. Dass die Faltflasche ganz unten im Rucksack, noch unter Schlafsack und Klamotten, ist, ist irgendwie klar. Kaum zurück im Zelt, ich habe gerade den Reißverschluss hinter mir zugezogen, beginnt der Regen wieder. Ich koche und esse im Zelt, und liege dann im Schlafsack, lese, und höre dem Prasseln des Regens auf der Zeltplane so lange zu, bis ich einschlafe. Ich wache mehrmals auf, und immer noch regnet es. Na prima, wie sollte es anders sein?
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