Die Schleimspur

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    #61
    AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

    29.06.2010 WAI in Dresden - ein kleiner Stadtrundgang

    Das WAI wurde am 27.06.10 von dem lieben Atze an Karliene und Rhodan76 übergeben. Da die bisherige Tour für das WAI doch recht anstrengend war und es sehr viele schöne Landschaften gesehen hat, freute es sich endlich in der königlich sächsischen Landeshauptstadt Dresden angekommen zu sein.

    Nach wenigen Tagen Ruhepause hatten November und meine Wenigkeit beschlossen dem WAI mal die Dresdner Altstadt zu zeigen. Ein bißchen Kultur kann ja nicht schaden, dachten wir und zogen samt Rädern und WAI in die Stadt.

    Erste Station war der Goldene Reiter am Neustädter Markt.



    Eine Erklärung warum der Goldene Reiter so heißt spare ich mir mal

    Weiter ging es über die Augustusbrücke, auf der es auch jede Menge zu sehen gibt.


    Katholische Hofkirche


    Hochwasser Denkmal Elbeflut 2002

    Bei wunderbarem Wetter und vielen neugierigen Blicken der Pasanten gings weiter direkt zur Katholischen Hofkirche und Schwupps, ehe wir uns versahen kletterte das WAI in eine alte Gaslaterne um sich einen Überblick zu verschaffen.


    Corpus delicti Gaslaterne

    Und ganz plötzlich änderte sich die friedliche Atmosphäre. Ich war ganz fleisig am Fotos knipsen als ein Auto genau neben mir anhielt. Es war ein Weißes mit Blauen Streifen an der Seite.....POLIZEI !!! Der Fahrer des Wagens ließ die Scheibe herrunter, blickte mich finster an und fragte: "Was bitte machen Sie denn da?" Ganz schnell packte ich meinen ganzen Charme aus. "Das kann ich Ihnen ganz genau sagen, es ist eine wunderbare Geschichte!" antwortete ich mit dem schönsten Lächeln was ich mir abgewinnen konnte. Darauf hin erzählte ich die Geschichte des WAI in Rekordtempo wärend November dem WAI beim Abstieg von der Laterne half. Mein Bericht endete mit "Also Sie brauchen keine Angst haben das wir was kaputt machen, wir sind nämlich ordentliche Leute." Die beiden Polizisten lachten und setzten ihren Weg fort. Wir taten das selbe. Es ging vorbei am Fürstenzug und in Richtung Frauenkirche. Schnell wurde ein Aufkleber des Freistaates Sachsen organisiert und auf dem WAI angebracht.

    Wir schauten uns an und in der Frauenkirche um.


    Frauenkirche


    Martin Luther und das WAI

    Unser kleiner Stadtrundgang führte uns weiter über das neue Kneipenviertel Weiße Gasse, vorbei am Gänsedieb zur Kreuzkirche.


    Wendedenkmal vor der Kreuzkirche

    Wir schlenderten weiter über den Altmarkt. Ein kurzer Halt in einem Springbrunnen musste noch sein, um die heißen Socken abzukühlen. Nach dieser kurzen Erfrischung machten wir uns auf den Weg zum Zwinger, doch das WAI wollte einen kurzen Stop am Hotel Kempinski Taschenbergpalais (5 Sterne) machen. Das war uns Outdoorlern jedoch zu dekadent !



    Schnell gings in den Zwinger.


    Selbstredend


    November, das WAI und die Kamera

    Ein echtes Kleinod erwartete uns im ganz frisch restaurierten Nympfenbad. Auch wenn ich schon häufiger da war, es ist echt ein Knaller!!!


    Im Nympfenbad

    Es ging dann rauf auf die Terrasse und wir konnten über das Nympfenbad zur Semperoper schauen.


    Zwingerterrasse mit Blick zur Semperoper

    Das war auch unsere nächstes Ziel: Die Semperoper!


    Vor der Semperoper

    Langsam aber sicher sollte sich unser Stadrundgang dem Ende neigen. Wir flanierten in Ruhe weiter zu den Brühlschen Terrassen.


    Am Fuss der Brühlschen Terrassen

    Das sollte auch die letzte Station der Dresdner Altstadt sein. Nun gings mit ganz flotten Schritten zum "Elbsegler" wo auf uns ein köstlich kaltes Getränk warten sollte. Von da aus hat man den berühmten Canaletto Blick


    Elbwiesen mit Canalettoblick (Landgericht, Schloß, Kath. Hofkirche)

    Am Ende des Tages waren November, das WAI und ich geschlossen der Meinung das die Stad wirklich schön ist. Es war ein ganz toller Ausflug.
    "Der Klügere gibt so lange nach, bis er der Dumme ist." Walter Kempowski - Schriftsteller (1929 - 2007)

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      • 25.04.2007
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      #62
      AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

      30.06.2010 - Das WAI ist noch in Dresden

      Mein morgendlicher Weg führt mich bei Karliene vorbei, die mir das Objekt der Begierde für einen Tag überlässt.

      Ursprünglich sollte das WAI in einer abendlichen Afterwork-Aktion zum Fototermin auf den Mönch getragen werden. Wir hatten den leichten Weg in fotogener Lage ausgesucht. Daraus wurde leider nichts, da im Südostweg eine Seilschaft mit Anfängern und 4 (!) Kindern hing. Wir hätten den Gipfel nicht mehr bei Tageslicht erreicht.

      Hier der Mönch mit den ersten Kletterern der Seilschaft.


      Mein erfahrener Kletterpartner schlug deshalb das Neurathener Felsentor als neue Location vor. Der Einstieg ist direkt auf der Basteibrücke. So boten wir den abendlichen Besuchern der Basteibrücke noch einen kleinen Anlass zum verweilen.


      Der Gipfel füllte sich aber merkwürdigerweise. Wir verlegten deshalb einen Teil der Fotosession auf das vorgelagerte Plateau. Mein Kletterpartner als Fotograf. Das weiße Ding zu meinen Füßen ist der (Einkaufs)Transportbeutel.


      In bewährter Wechselführung sind wir den Alten Weg mit dem WAI im Einkaufsbeutel am Gurt geklettert.


      Den Kletterern auf dem Gipfel erklärten wir dann wortreich unser Treiben mit dem Einkaufsbeutel, dem WAI und dem Fotoapparat.

      Jetzt die WAI-Fotos:

      WAI, Rathen und Lilienstein


      WAI free solo


      WAI auf Helm mit Gansfelsen


      WAI vs. Gipfelbuchkasette


      WAI in trauter Eintracht mit Gipfelbuch


      Und zum Schluss noch ein Foto für die Galerie (Neurathener Felsentor, Basteibrücke und Lilienstein)


      P.S. Hoffentlich haben wir mit der fotografischen Verwendung von Gipfelbuch und Gipfelbuchkasette nicht gegen die sächsiche Kletterethik verstoßen.

      Dank an Bergzwerg61 und meinen erfahrenen Kletterpartner für die fotografische und sportliche Aktion.

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      • November
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        #63
        AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

        Das Osterzgebirge bei glühender Sommerhitze

        Freitag, 9.Juli 2010

        Etappenort Lauenstein. Bei brütender Hitze steige ich am frühen Nachmittag aus dem angenehm klimatisierten Zug. Erst natürlich die obligatorischen Beweisphotos, daß ich das WAI auch wirklich in Lauenstein wieder in die Spur setze und nicht etwa ein paar Kilometer weiter.





        Wie das im Gebirge nun mal so ist, geht es aus dem Müglitztal gleich steil hinauf, vorbei an Burg Lauenstein und auf Wiesenwegen hinein nach Geising.
        Halt, war nicht mal die Rede von Altenberg, quasi als „Hauptstadt“ des Osterzgebirges? Ja, war mal, als Altenberg noch als fiktiver Etappenort galt. Aber wozu soll ich mir jetzt diesen Umweg machen, zumal ich dann noch zusätzlich die innere Verpflichtung spüren würde, auf den Kahleberg zu steigen, den mit 905 m ü. NN höchsten Berg des Osterzgebirges auf deutscher Seite. Bei diesen Temperaturen gibt es angenehmeres.



        Also lieber gleich direkt nach Geising.



        Dort unternehme ich erst mal einen kleinen Spaziergang durch den Ort, vorbei an so wohlklingenden Namen wie Eisstadion und Skigebiet. Durch die Kombination von dürftigen Ausschilderungen mit meiner grobmaßstäbigen Karte (für Wintertouren ist sie völlig ausreichend) finde ich nach einiger Zeit tatsächlich den Weg entlang des Aschergrabens durch den Wald nach Zinnwald. Der Aschergraben, genaugenommen ein kleiner plätschernder Bach, ist überhaupt die Attraktion dieses Weges; jederzeit Gelegenheit meinen Hut zu wässern und streckenweise a la Kneipp den Bach zum Weg zu machen.

        Zinnwald hat ein Besucherbergwerk, die alte Bergschmiede, und insgeheim spekuliere ich auf einen Ausflug in die Kühle, doch seltsame Öffnungszeiten haben die hier: 10-15 Uhr. Schade, ich hätte das WAI gerne mit nach unter Tage genommen.



        Zinnwald ist riesig, nicht unbedingt von der Einwohnerzahl, aber von der Ausdehnung; eine großzügig über den Bergrücken verteilte Streusiedlung. Viel Leben ist hier nie, selbst im Winter nicht, aber jetzt ist der Ort nahezu tot. Auf ein Photo vom Wahrzeichen Zinnwalds, der riesigen Grenzanlage, verzichte ich gerne, das hätte einen zusätzlichen Weg auf heißem Asphalt bedeutet. Statt dessen schleiche ich die breite Straße entlang zum Landhandel. Ja, der Ort hat tatsächlich noch einen kleinen Lebensmittelladen, in dem ich mich mit Obst, Joghurt und Keksen eindecke. Es gibt sicher angenehmere Plätze für ein Picknick als die Bank vor dem Laden, aber mir reichts.



        Frisch gestärkt schreite ich auf hinlänglich bekannten Wegen zügig weiter, nur daß ich sie sonst unter anderen Bedingungen kenne. Gewöhnlich bin ich hier, wenn alles um mich herum weiß ist, ich auf den Brettln dahingleite und an meiner bevorzugten Schutzhütte am kleinen Lugstein meine Thermoskanne mit heißem Tee auspacke. Nun denn, nur nicht träumen.

        Georgenfelder Hochmoor, ebenfalls mit etwas seltsamen Öffnungszeiten: bis 17 Uhr, witterungsbedingt. Nach den heutigen Witterungsbedingungen hätte dort eigentlich erst 17 Uhr geöffnet werden brauchen. Das hält mich wenigstens davon ab, Eintritt für etwas zu bezahlen, was ich in ein paar Wochen viel großflächiger und eindrucksvoller erleben darf. Ein paar Bilder von außen gibt es trotzdem; schön ist es ja doch.


        Hochmoor Georgenfeld


        Das WAI auf seinem Thron

        Weiter bei inzwischen fast angenehmen Temperaturen auf solch klangvollen Wegen wie Skimagistrale, Kahlebergloipe und dem alten Bahndamm. Der alte Bahndamm ist die Strecke, wo man sich an Winterwochenenden fühlt, wie im Hochsommer am Strand vom Warnemünde. Heute begegnet mir kein einziger Mensch.



        Bahnhof Hermsdorf-Rehefeld, genaugenommen ehemaliger Bahnhof, heute Skibahnhof und Sporthotel. (Ja, schon wieder Ski, aber ich kann auch nichts dafür). Wenigstens hier sitzen ein paar Leute auf der Terrasse und halten sich an ihren Drinks fest. Noch ein paar Phototermine mit dem WAI, die Dämmerung hat längst eingesetzt und ich mache mich auf die Suche nach einem Nachtlager.





        Bei einem Rastplatz im Wald an der noch winzigen Freiberger Mulde mache ich Schluß für heute. Fast wie in Lappland hier, kein Handyempfang.
        Schlafen kann ich nur schlecht. Trotz des Waldes und der verhältnismäßigen Kühle de Nacht machen mir wie auch schon tagsüber die umherfliegenden Pollen zu schaffen. Schnief.




        Sonnabend, 10.Juli 2010

        Morgens Abmarsch wie gehabt weiter auf dem Skiwanderweg. In Teichhaus wollte ich jetzt eigentlich auf den Sommerweg abzweigen, bin aber am träumen und obwohl meine Beine keine Bretter an den Füßen haben, sondern Sandalen, kennen sie den vermeintlich richtigen Weg auswendig.



        Erst am Torfhaus merke ich, daß ich hier eigentlich gar nicht hin wollte und wurschtele mich teilweise über die asphaltierte Radroute Zittau – Bayreuth, teilweise über brennesselbewachsene Pfade zur Fischerbaude und von hier über die alte Landstraße nach Rechenberg. Wie so oft täuscht auch hier der Name, es handelt sich um einen wunderschönen Weg am Waldrand mit Blick über die Wiesen.

        In dem hübschen Dorf Rechenberg (genaugenommen der Teil des Doppelortes Rechenberg-Bienenmühle) angekommen, mache ich mich auf die Suche nach einem Laden, wenigstens einem Bäcker, aber auch frisches Pflaster für meine geschundenen Füße wäre nicht verkehrt.





        Es ist Sonnabendmittag, 11:40 und ich muß feststellen, daß ich mich in einem Erzgebirgsdorf befinde, an sich ja nichts neues, aber irgendwie bin ich wohl doch noch Dresdner Maßstäbe gewohnt oder wenigstens skandinavische oder osteuropäische. Ein freundlicher Mensch verrät mir, daß der Edeka bis 12 Uhr aufhat, sich aber in Bienenmühle am dortigen Bahnhof befindet. Nun denn, teilweise im Laufschritt lege ich die Strecke zurück und betrete tatsächlich kurz vor Toresschluß den Laden, erwerbe ein paar Leckerein und das so wichtige Pflaster.



        Noch reichlich Wasser aufgefüllt, denn jetzt geht es über die Höhen und nicht mehr durch den Wald, sondern über die Wiesen und das zur Mittagszeit. Freiwillig gewissermaßen, denn es hätte sich sicher auch ein anderer Weg gefunden, aber ich wollte mich testen, mal sehen, was so geht. Der Weg ist schön, die Aussicht herrlich, die Hitze stecke ich erstaunlich gut weg. Wenn nur die Pollen nicht wären, ...



        In Cämmerswalde suche ich den Gasthof auf, verzichte auf den Biergarten, sondern setze mich in die furchtbar kitschige, aber erträglich kühle Stube. Eigentlich will ich nur einen Milchkaffe trinken und mein Wasser auffüllen, aber wo ich schon mal hier bin, vertilge ich noch Quarkkäulchen mit Apfelmuß.



        Das nächste Ziel ist nicht weit weg: Talsperre Rauschenbach. Klingt verführerisch, nicht wahr? Sie ist aber Trinkwasserreservoir, baden ist sowieso verboten, aber man darf nicht mal ans Ufer und einen Finger reinhalten. Na ja, habe ich ja gewußt, ein schöner Anblick ist es trotzdem.



        Noch fix über die Staumauer und dann rüber nach Rauschenbach, aber ich döse schon wieder vor mich hin, verpasse die Abkürzung und darf deshalb eine scheinbar endlose Asphaltschleife bis ins Dorf laufen. Hier wird es jetzt echt schwierig, meinen gewünschten Abzweig zu finden. Ein Mensch, den ich fragen könnte, ist natürlich nicht zu sehen. Warum auch, bei den Temperaturen läuft keiner freiwillig draußen rum, ausgenommen natürlich die WAI-Träger. Nach einigem Auf und Ab scheine ich richtig zu sein. An der folgenden Gabelung entscheide ich mich für den Weg, der laut Karte von den meisten Rinnsalen gekreuzt wird; eine Möglichkeit, immer mal wieder meinen Hut zu wässern.

        Nach einem langen und recht ödem Weg durch sehr lichten Wald (auf der Karte sah er irgendwie interessanter aus) gelange ich endlich bis kurz vor Einsiedel. Erst früher Abend, aber trotzdem habe ich keine große Lust mehr, noch weit zu laufen. Ich entscheide mich, runter in den Ort zu gehen, zum einen, weil ich dort vielleicht noch irgendwo das Fußballspiel um zwischen Deutschland und Uruguay sehen kann, zum anderen, weil mir die Pollen immer mehr zu schaffen machen.

        Der so sympathisch aussehende Waldgasthof hat leider nicht mehr geöffnet, das Hotel ein Stück weiter ist mir zu nobel. Nachdem es mir plötzlich immer schlechter geht und ich immer weniger Luft bekomme, fährt mich ein Anwohner mit dem Auto zur Dachsbaude, wo ich mich auf mein Zimmer zurückziehe und auf dem Bett liegend den Anfall abwarte. Ende gut, alles gut, kann man hier sagen.



        Das Spiel um Platz 3 gewinnt Deutschland übrigens mit 3:2 und das sogar, ohne daß ich durch mein zuschauen helfen mußte.


        Sonntag, 11.Juli 2010

        Ich lasse mir Zeit und frühstücke ausgiebig und komme, auch wegen des späten Frühstückstermins, nicht gerade im Morgengrauen los. Und wenn ich nun schon mal bin, wo ich eigentlich gar nicht unbedingt hinwollte, nehme ich von hier einen anderen Weg als ursprünglich gedacht. Genaugenommen ist er auch viel schöner und führt mich immerhin über den einzigen echten Gipfel auf meiner Tour. Der Schwartenberg ist mit seinen 789 m Höhe nicht gerade ein Riese, aber er steht völlig frei in der Landschaft und so habe ich einen genialen Blick über einen Teil meiner gestrigen Strecke und in die andere Richtung bis ins Mittlere Erzgebirge hinein.



        Hinunter geht es über einen Wiesenweg. Die Pollen grüßen mich natürlich schon wieder, schaffen aber längst nicht mehr das Ergebnis von gestern.



        Seiffen – das Spielzeugdorf. Klingt das nicht toll? Etwa jedes dritte Haus hier ist eine Manufaktur oder ein Laden mit Holzwaren; Spielzeug natürlich, aber vor allem auch die typischen erzgebirgischen Figuren, wie Nußknacker, Bergmann, Engel, Räuchermänner und inzwischen auch immer mehr Nichtweihnachtsware. Das Geschäft brummt schließlich das ganze Jahr über. So viele Leute wie hier in Seiffen habe ich das ganze Wochenende zusammen nicht gesehen. Nicht, daß es hier überfüllt wäre, aber eben gut besucht, während sich anderswo jeder der Hitze wegen in seine Löcher zurückgezogen hat. Das WAI hat hier etliche Phototermine zu erledigen, bevor ich mich auf den letzten Abschnitt mache.









        Durch den Wald geht es erst hinauf auf die Höhe mit einem letzten Blick aufs Spielzeugdorf mit seiner berühmten Bergkirche und dann endlich hinunter nach Olbernhau.



        Nur um keine falsche Vorfreude aufkommen zu lassen: es handelt sich um Olbernhau Oberneuschönberg. Von hier aus sind es noch etliche Kilometer auf der Straße bis ins Zentrum. Und diese Kilometer ziehen sich, die Hitze staut sich hier in der Stadt weit mehr als oben in den Bergen. Ich brauche etwa eine Stunde und diese Stunde ist die für mich qualvollste der ganzen Tour (abgesehen natürlich von den Problemen mit meinem Heuschnupfen).
        Ein Blick auf die Uhr verrät mir, daß ich noch knapp Zeit habe, mir in einem Cafe am Markt ein Eis und vor allem etwas zu trinken zu kaufen, mein Wasser ist nämlich bereits alle. Obwohl ich den Bahnhof hier nicht kenne, mache ich mir keinerlei Illusionen, dort etwas zu bekommen. Die alte Industriestadt Olbernhau an der Flöha ist an sich schon der Begriff für Trostlosigkeit, aber der Bahnhof topt das Ganze noch mal. 15:41 darf ich endlich in den Zug nach Dresden steigen. Uff.

        Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.

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        • Klippenkuckkuck
          Fuchs
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          #64
          AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

          Auf dem:



          Freitag, den 16.07.2010

          Ich mache mich früh 7.30Uhr auf den Weg Richtung Olbernhau, dem Zermatt des Erzgebirges.
          Unterwegs werden noch paar Lebensmittel eingekauft.
          Leider gibts einige Umleitungen, so daß sich die
          Ankunft in Olbernhau Grünthal etwas verzögert. Ich finde auf Anhieb
          den Wanderparkplatz. Der Parkautomat gehört aber zu Marke: "Geldgier".
          Der Wirt des Hotels "Saigerhütte" ist so nett und läßt mich für 5Euro
          das Wochende parken.





          Jetzt kanns endlich losgehen. Ich orientiere mich grob an der Kammtour, einen
          Teil des Fernwanderweges E3.
          Mein erstes Ziel ist Rübenau. Es geht auf Forstwegen durch den Wald. Mit Aussicht
          und Wasser ist es hier Essig. Mir wird klar: wer die Trockenheit und Einsamkeit der Wüste
          Gobi liebt ist hier genau richtig.
          Vorbei geht es am Stöserfelsen und nach knapp 3Stunden ist Rübenau erreicht.







          Am "Markt" schwebe ich in den Dorfgasthof ein. Der Besitzer ein Tscheche ist hell
          erfreut, denn ich bin der einzige Gast. Er fragt mich gleich ein bisschen aus: woher? wohin?
          Wärend sein gut ausehendes Töchtelein mir ein Radler baut, schlägt er vor, mit mir Einen
          aufzuzwicken. Er könnte mich den nächsten Tag mit dem Auto auf den Fichtelberg fahren.
          Eigendlich eine gute Idee bei der Bruthitze, ich lehne aber ab.
          Um ein wenig abzukürzen, entschließe ich mich, auf der Landstraße ins Schwarzwassertal zu
          laufen. Ziemlich schlau bei ca. 32°C. Entgegenkommende Autofahrer schütteln mit dem Kopf,
          Biker geben mir Lichthupe, Kinder zeigen mir nen Vogel. Nach 4km ist das Schwarzwassertal
          erreicht.



          Im örtlichen Gasthof gibt es wieder Radler und einen gemischten Salat mit Geflügelstreifen,
          von der Kellnerin mit "Hahnsalat" kommentiert. Im Hintergrund lümmelt der Holzmichel.



          An Kühnheide vorbei geht es Richtung Reizenhain.



          Während ich bei der Hitze so "vormichhintappe" kommen mir
          wirre Gedanken: Welche Truppe besteigt eigendlich die "Kaiser Wilhelm Spitze"? Ist das
          nicht zu hoch und zu weit? Gibts womöglich einen Reisekostenzuschuß von ODS.
          Ein Weiher hinter einem Hügel läd zum Baden ein.

          Rumms!

          Ich stürze fast über eine Wurzel und mir wird klar der höchste Punkt in Deutschland
          ist leider in Bayern. Der Badetümpel entpuppt sich als glänzendes Dach einer Lagerhalle.

          Mist!

          Ich lasse also Kühnheide links liegen, laufe durch Reizenhain und habe gegen 18.30Uhr eine
          Schutzhütte gefunden in der ich übernachten werde.








          Samstag, den 17.07.2010

          Gegen 5.00Uhr werde ich durch ziemlich starkes Gewitter geweckt. Ich haue mir innerlich auf die
          Schulter, weil ich nicht unter dem Tarp geschlafen habe. Nach 1,5h ist der Spuk vorbei.
          Nach dem Frühstück gehts wieder los. Vorbei an Satzung und Hirtstein gehts in den netten Ort
          Schmalzgrube.



          Für "Pufferknutscher" ist das Erzgebirge ein Eldorado, denn gibt etliche historische
          Schmalspurbahnen. Hier ist es die Preßnitztalbahn.



          An der entlang Preßnitz laufe ich Richtung
          Jöhstadt.



          Am Markt im "besten" Haus am Platz kehre ich ein. Diesmal ist der Betreiber ein
          Holländer (die Arzgebirschler habens scheinbar nicht mehr nötig), der gerade mit seine Sippe
          zu Mittag ißt. Da ich sehe welchen Knat er seiner Familie serviert, begnüge ich mich mit
          einem Getränk und verschwinde wieder.





          Aus Jöhstadt raus wandere ich eine Stück über Tschechien(paar Einheimische haben mir dazu
          geraden). Leider ist der Weg schlecht ausgeschildert und ich muß "wild" die Grenze nach
          Deutschland überqueren. Zwischenzeitlich gewittert es ein wenig und es ist ganz schön
          schwül. Der Weg nach Bärenstein zieht sich zumal ich einen Abzweig verpasst habe.




          Nach dem ich die Schutzhütte auf dem Wanderparkplatz inspeziert habe, beschließe ich die
          Nacht im Berghotel "Bärenstein" zu verbringen. Zumal ich mich extrem klebrig und zer-
          schlagen fühle.





          Nach einer ausgiebigen Dusche gehts ins Lokal und gegen 20.00Uhr gehen bei
          mir die Lichter aus.


          Sonntag, den 18.07.2010

          Nach einem super leckern Frühstück begebe ich mich wieder auf den Wanderparkplatz Bärenstein,
          wo ich mich mit Pfadfinder treffen werde.
          Der ist auch pünktlich da und es geht nach Kretscham-Rothensehma. Dort sind wir Zeuge einer
          Fastexplosion der Lokomotive der Fichtelbergbahn.



          Wir kommen gut voran, das Wetter ist kühl mit leichtem Niesel. Und nach knapp 3h sind wir am
          Fuße des:

          großen, mächtigen Sachsensummit den: Fichtelberg 1214m











          Upps falsches Bild.








          Auf dem Gipfel werden noch die obligatorischen Fotos geschossen. Hier ist schon eine Menge los,
          man kann ja auch mit dem Auto oder mit der Schwebebahn (übrigens die älteste Deutschland)
          hochfahren.
          Wir kehren in der Fichtelbergbaude ein und nach einer Stunde übergebe ich das WAI an Pfadfinder,
          wärend ich mit dem Sessellift nach Oberwiesental abfahre.



          Oberwiesenthal ist die höchstgelegenste Stadt Deutschland und das touristische Herz des Erzgebirges.



          Nach einer Irrfahrt duch das halbe Erzgebirge, bei der ich fast jede Kuhbläke kennen lerne,
          bin ich gegen 19.00Uhr in Olbernhau und kann nach einem knapp 1stündigen Fußmarsch wieder nach Hause
          fahren.



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            #65
            AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

            Sachsens Summit ohne Sauerstoff und Sherpas

            18. Juli 2010

            Nicht einmal bei Schottland-Fans wie mir ist es üblich, sich beim Aussteigen aus dem Zug über Nieselregen, Dunst und 12 Grad zu freuen. Doch an diesem Sonntag war es soweit. Nach vier Wochen Hitzeterror in der Spreekloake fand ich die Begrüßung in Bärenstein (Erzgebirge) ausgesprochen erfrischend. Beschwingt eilte ich in Richtung Bärenstein-Berg, wo mich ein sehr ausgeschlafener Klippenkuckuck erwartete. Ich selbst hatte die Nacht in meinem „Schlafwagen“ verbracht: „Ford – Feel the Difference“, und sei es die Höhendifferenz zwischen Ladefläche und umgelegter Rücksitzbank. Dass ich auch die Nächte zuvor wenig geschlafen hatte, ließ sich schon daran erkennen, dass ich mein Geld bis auf einen „Not-Fuffi“ und den Fotoapparat zu Hause vergessen hatte. Die Bilder hier habe ich alle mit dem Handy gemacht.

            Zügig gingen wir los. Forstautobahn reihte sich an Forstautobahn, und es ließ sich nicht leugnen, dass der Wanderweg der Deutschen Einheit hier seinem Namen alle Ehre macht: Die forstliche Schotterpiste ist das, was uns in Ost und West verbindet.




            In Kretscham-Rothensehma kreuzten wir die schmalspurige Fichtelbergbahn. Mitwanderer, die mich kennen, werden es kaum glauben: Ganz ohne heimliches Spicken im Fahrplan erreichten wir den Bahnhof genau in dem Moment, als ein Zug in Richtung Oberwiesenthal einfuhr. Das Gruppenfoto Dampflok mit WAI musste dann natürlich sein. Bis der Kessel sein Überdruckventil kräftig rauschen ließ und unsere Gehörgänge bis ins Stammhirn freifegte. War es die Aufregung ob der Begegnung mit dem sagenumwobenen WAI, die die als 99 785 getarnte Lok 1414 dazu bewegte, heiße Winde abzulassen? Oder lag es ganz profan daran, dass der Heizer im Vorgriff auf die sportliche Steigung nach Hammerunterwiesenthal schon ordentlich Druck aufgebaut hatte?




            Nachdem der Zug entschwunden war, ging es weiter - wie für Erzgebirgskenner unschwer zu erraten ist, natürlich auf Forstautobahnen. Auch auf die Gefahr hin, dass ich von unserer arzgebirg'schen Lokalpatriotin Karliene Olbernhaue beziehe: Landschaftliche Ereignisdichte und Wegbeschaffenheit sind in weiten Teilen des Erzgebirges deutlich von Premiumqualität entfernt. Lediglich die Dichte an Bewirtschaftungseinrichtungen kann sich sehen lassen.

            Aber nicht überall sind die Wege geschottert oder asphaltiert: Kurz vor der Kreuzung „Rotes Vorwerk“ stießen wir auf einen elfenbeinfarbenen festen Belag. Darunter hörte es sich hohl an. Klippenkuckuck äußerte den Verdacht auf schlecht verlegtes Laminat, aber dagegen sprachen fehlende Fugen. Ein Werbeschild brachte dann die Aufklärung:




            Am Roten Vorwerk ging es dann endlich zünftig weiter: Wir folgten der „Himmelsleiter“, um auf kürzestem Wege auf den Fichtelberg zu gelangen. Dem hochtrabenden Namen zum Trotz handelt es sich um einen schlichten Pfad unter einem Skilift.




            Aber wir wolle nicht meckern: Drei Stunden und 14 km nach dem Start erreichten wir ohne Sauerstoff und Sherpas Sachsens höchsten Gipfel, 1214,6 Meter über dem Meeresspiegel. Für mich war es nach den beiden Berliner Summits schon der dritte WAI-Gipfel, für Klippenkuckuck war es eine Premiere.




            Im Fichtelberghaus erledigte Klippenkuckuck seine Büroarbeiten am Staffellauftagebuch, während ich den Inhalt des WAI auf Zu- und Abgänge seit der letzten Begegnung inspizierte. Irgendeine Berliner Gewichtsfanatikerin *grummel* hatte die von mir beschaffte Deutschlandkarte entfernt, weil sie angeblich „hundsschwer“ war. Dafür war in Seiffen ein hölzerner Wandersmann hinzugestoßen. Sehr putzig. November hatte zwar gebeten, ihr den Wandersmann im Falle des Nichtgefallens zuzuschicken, aber Klippenkuckuck und ich waren uns sofort einig: Der Wandersmann bleibt! Ein entsprechenden Aktenvermerk hinterließen wir in der Aufbewahrungsschachtel.




            Ohne jegliches Geheule übergab mir Klippenkuckuck dann offiziell das WAI. Männer können mit so etwas rational umgehen … und verspammen nicht ihre Signatur mit Wehleidigkeiten ob des entschwundenen WAIs.
            An der Seilbahn trennten sich unsere Wege. Klippenkuckuck machte sich auf seine Odyssee nach Olbernhau, wo er sein Auto deponiert hatte. Ich kasperte noch ein wenig mit dem WAI und einem hölzernen Erzgebirgswolf herum...



            ...und begaffte den Fuhrpark von einigen Traktorliebhabern:



            Frühstyxradio-Hörer werden sich erinnern: „Der Einzige, der hier 'Kult' macht, ist Günther mit seinem Trecker: 'kult – kult – kult – kult...“ Na ja, gab schon bessere Sitcom-Witze.

            Wie das Niveau ging von hier aus auch der Weg nur noch bergab. Erst parallel zur Straße, dann entlang der Straße und schließlich wieder parallel zur Straße. Oder etwas genauer: An der Sachsenbaude schwenkte ich in Richtung Westen ein und querte die Skirollerbahn des Bundesobersportleistungs- OderWasAuchImmer- Förderzentrums: „Betreten und Befahren für Unbefugte verboten!“

            An Verboten mangelte es auch ansonsten nicht, denn der Weg verlief teilweise direkt an der Grenze.


            Der Typographie-Profi erkennt: Dieses Schild stammt aus Vorwendezeiten.

            Aber da wir inzwischen in Schengenland leben, durfte das WAI nicht nur ganz legal auf einem Grenzstein Platz nehmen, sondern ich durfte es auch ganz legal von der ehemals tschechoslowakischen Seite fotografieren. Man beachte die historische "ČS"-Gravur!



            Weiter folgte ich dem Anton-Günther-Weg, der auf keinen Fall mit dem Dr.-Alfred-Meiche-Weg oder dem Bimmelbahn-Erlebnispfad verwechselt werden sollte. Anton Günther war ein erzgebirgischer Volksdichter, wie ich einem Gedenkstein entnehmen durfte.




            Schließlich näherte ich mich Rittersgrün. Den Traum, Johanngeorgenstadt zu erreichen, hatte ich schon früh aufgegeben. Es wären sicherlich eher 40 als 35 Kilometer geworden. Aber nun rückte auch Breitenbrunn mit seinem Bahnhof in eine unrealistische Entfernung. Um meinen Zug zu erreichen, fehlten mir reichlich 20 Minuten. Ich beschloss daher, in Rittersgrün in den Bus nach Schwarzenberg zu springen – obwohl mir natürlich bewusst war, dass es für die nach mir kommenden WAI-Träger doof war, sich nach einem am Wochenende nur zwei oder dreimal täglich verkehrenden Bus zu richten. Aber eine Vorahnung sagte mir, dass ich mich damit vor allem selbst bestrafte.


            Spezial-Zugmaschine der Eisenacher Motorenwerke für die Holzabfuhr in Rittersgrün: Ist das noch Frevel oder schon obercool?


            Technische Daten: 29,2 km in 7h 50', ca. 500 Höhenmeter rauf und runter.
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              #66
              AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

              Vom Erzgebirge ins Vogtland

              24.-25. Juli 2010

              Teil 1: Schwarzenberg- Johanngeorgenstadt- Rautenkranz

              Nein, so sah es nicht die ganze Zeit aus.



              Schwarzenberg,
              9 Uhr 51:
              Wieder mal Regen. Die Frisur sitzt...


              Aber wir wollen nicht undankbar sein. Nach dem Hitzeterror der Tage zuvor kam november und mir das kühle Wetter recht gelegen. OT: Billige Wortspiele mit „november-Wetter“ darf jeder Leser für sich selbst machen.

              Nachdem wir beide unsere Regenhosen angezogen hatten, hörte der Regen erwartungsgemäß auf. Wir schwangen uns auf unsere Drahtesel und fanden wieder Erwarten auch sofort den richtigen Ortsausgang in Richtung Rittersgrün. Unsere erste Anlaufstation war der Besucherstollen „Morgenstern“ bei Pöhla. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Besucherbergwerken war dieser durch glücklichen Zufall mehr oder weniger im Zustand des 16. Jahrhunderts erhalten geblieben.



              Die Uransucher der Wismut AG hatten den Stollen in den frühen fünfziger Jahren zwar untersucht, aber für uninteressant befunden und anschließend mit einer Sprengung des Eingangs verschlossen. Unsere Führerin war der Stollenhöhe angepasst – reichte uns also ungefähr bis zur Schulter – während wir selber feststellen durften, dass es für die Helmpflicht im Stollen gute Gründe gab.



              Eine Ahnung vom Zauber des Bergbaus bekamen wir, als uns die Führerin in eine dunkle Ecke führte und nur noch ihre UV-Lampe leuchtete. Da funkelte und glühte das scheinbar grau-braun-dreckige Gestein in vielen Farben. Die zwanzig Minuten, die die Besichtigung laut Website dauern sollte, hatten sich schon auf der Werbetafel vor Ort auf vierzig Minuten verdoppelt, so dass wir uns auch nicht wunderten, als wir erst nach einer Stunde wieder Tageslicht sahen.




              Mir sollte es recht sein. Der Deal mit november war: Wenn wir das Bergwerk besichtigen, darf ich auch ins Eisenbahnmuseum Rittersgrün. Und was gab es da nicht zu sehen: Zahlreiche alte Schmalspurbahn-Wagen mit Heberlein-Seilzugbremse, ein als Hühnerstall zwischengenutzter Postwagen und eine Ausstellung über die zahlreichen Schmalspurbahnen Sachsens, die meisten davon inzwischen längst verschwunden.


              "Ich war ein Hühnerstall"

              Das WAI mit dem Gestänge einer Heberlein-Seilzugbremse.

              Die wahren Schätze fanden sich jedoch im Lokschuppen. Darunter war der Urahn der heutigen Brockenbahn-Loks – eine Chemnitzer Konstruktion aus den späten zwanziger Jahren, die sich so gut bewährt hatte, dass man sie in den fünfziger Jahren wieder ausgrub, als die Harzer Schmalspurbahnen neue Loks brauchten. Als ich meinte, schon einen etwas genervten Blick bei november feststellen zu können, fingen die Mitarbeiter des Museums auch noch mit Rangierarbeiten an. Klar, dass ich mir das nicht entgehen lassen konnte.


              „Hier unsere „HF“, eine Heeresfeldbahn-Lok von 1943. Ist mit einer Kaelble-Maschine neu motorisiert worden, wir wissen aber nicht genau, ob 125 oder 130 PS. Hydraulisches Voith-Getriebe, Kraftübertragung durch Stangenkupplung.“

              Nach einem Keks- und Brot-mit-Käse-Mittagessen – wer was aß, dürfte wohl klar sein - brachen wir dann endlich in Richtung Johanngeorgenstadt auf. Unser erster Pass an diesem Tag. Wir stießen wieder auf den Anton-Günther-Weg, verließen ihn aber bald wieder – schon die Abfahrt durch das Seitenbachtal war steil genug.

              Johanngeorgenstadt war eines der Zentren des Uranbergbaus in den fünfziger Jahren und verdankt ihm sein heutiges, nicht besonders vorteilhaftes Gesicht. Praktisch die gesamte Altstadt wurde in den fünfziger Jahren wegen der Gefahr von Setzungen abgerissen. Bei einem Besuch im Herbst 1998 waren einige alte Straßen einschließlich der Randsteine noch erhalten. Heute war das fast alles „saniert“ - nur eine seltsame Freifläche namens „Marktplatz“ erinnert an die Wunde dieser Stadt.




              Auch De Randfichten bleiben nicht vom Baumsterben verschont



              Hilf, heiliger Gott!
              Wer haette denken
              sollen, dass in solcher
              Wildniss und Stoecken
              noch sollte ein Gedaechtniss unsers
              loebl. Kurfuersten gestiftet werden!
              1654



              Etwas befremdlich fanden wir, dass sich eine Infotafel zwar ausführlich über die Wasserversorgung der Altstadt auslässt, aber nirgends das Schicksal der Altstadt selbst thematisiert wird. Als ob die Einwohner nicht daran erinnert werden möchten. Schließlich fanden wir aber doch noch den Rest einer alten Stadtstraße. Dort, wo heute der Wald steht, standen früher dicht an dicht Häuser.



              An einem weiteren der unvermeidlichen Schwibbögen vorbei verließen wir Johanngeorgenstadt auf der Hauptstraße durch die „Sibirische Vorstadt“. Die heißt angeblich so, weil dort im Winter der kalte Wind so richtig schön mit Schwung durchfegt – behauptete jedenfalls ein ehemaliger Arbeitskollege aus dem Erzgebirge. Ich vermute allerdings, das hinter dem Namen der architektonische Charme steht, der kaum hinter dem von Novosibirsk zurückbleibt.

              Aus nicht mehr ganz nachvollziehbaren Gründen folgten wir dem Gefälle in Richtung Steinbach. Dort wurde november misstrauisch, dass wir immer noch auf der Straße und nicht im Wald waren. „Im Sommer war hier noch ein Weg“, eine mir immer wieder nachgesagte angebliche Ausrede, konnte in diesem Fall nicht verfangen. Es führte kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass wir hier falsch waren. Und es führte auch kein Weg an dem Berg vorbei, an dem wir eben noch so flott seitlich heruntergefahren waren.



              Auf einem zwei Kilometern langen stupide geraden Forstweg mit reichlich 100 Metern Anstieg durfte ich über den Sinn sorgfältiger Navigation nachdenken.



              Auf dem Gipfel mit dem prägnanten Namen „Dreckpfütze“ machte mich november darauf aufmerksam, dass es schon „viertel sieben“ war und wir uns langsam Gedanken über das Nachtlager machen sollten. Da es auf meiner Uhr erst viertel nach sechs war, plädierte ich dafür, das Thema noch zu vertagen.



              Hart an der tschechischen Grenze und teilweise direkt auf ihr fuhren wir über die Passhöhe „Hefekloß“ nach Carlsfeld, wo wir am Wegesrand eine Wetterstation entdeckten – vermutlich jene, die für wetteronline.de die aktuellen Messwerte aus „Erzgebirge/W.“ liefert.

              Etwas schrullig mutete in dieser einsamen Berggemeinde die barocke Kirche an.

              Noch schrulliger fand ich jedoch die Gleisanlagen am ehemaligen Bahnhof von Carlsfeld. Die Strecke war schon 1967 stillgelegt worden, aber diese Gleise waren der Art der Gleisbefestigung nach offensichtlich erst nach der Wende gelegt worden. Soll - oder sollte - hier ein weiteres Schmalspurbahnmuseum entstehen? Nun ja, warum nicht … schließlich gibt es im Erzgebirge auch über 50 Schaubergwerke.




              Kurz vor Morgenröthe-Rautenkranz wurde es dann aber doch Zeit, über das Nachtquartier nachzudenken. Keine Ahnung, wann „Dreiviertel sieben“ ist, aber bei mir war es schon viertel vor sieben.



              Morgenröthe im Abendrot
              Und wehe november ruiniert das Wortspiel durch den Hinweis, dass es Rautenkranz ist...

              Aus praktischen Gründen plädierte ich für eine Schutzhütte, konnte aber keine Koordinaten in der Umgebung anbieten. novembers Karte, die ansonsten von eher zweifelhafter Qualität war, zeigte eine in nur zwei Kilometern Entfernung. Der Versuch endete als Volltreffer. Sauber und mit Picknick-Sitzgruppe vor dem Eingang – was will man mehr? Eine breitere Bank vielleicht. Während sich november gleich für stabile Bodenlage entschied, zog ich die Bank vor. 50 cm Breite erschienen mir genug. Und entgegen anderslautenden Unkereien bin ich in der Nacht nicht heruntergefallen. Trotz Vollmond.




              Technische Daten: 56 km in 10:07h brutto



              Teil 2: Rautenkranz- Schneckenstein- Adorf

              Am Sonntagmorgen weckte uns gegen alle Harzer Gewohnheit nicht ein Walker mit seinen Klapperstöcken, sondern nur die Sonne. Da sie sich hinter Wolken versteckt hielt, reichte die Lichtintensität erst gegen halb acht – da waren sich november und ich einig – zum Aufstehen. Und erst gegen neun Uhr sahen wir den ersten Menschen: Ein Golf mit MOL-Kennzeichen irrte offenbar orientierungslos den Waldweg runter und wieder rauf. Kein ungewöhnliches Verhalten für MOL-Bewohner.

              Nachdem wir unsere Packtaschen wieder in luftleere Räume verwandelt hatten, ließen wir uns nach Morgenröthe-Rautenkranz hinunterrollen. Unser erster Anlaufpunkt: Die Raumfahrtausstellung. Aus Morgenröthe-Rautenkranz kommt nämlich der erste Deutsche im All, Siegmund Jähn. Ein Kosmonaut wohlgemerkt, kein Astronaut. 1978, satte fünf Jahre vor Ulf Merbold, durfte er in einer Sojus-Kapsel ins All fliegen.



              Er musste allerdings mit dieser Sojus-Kapsel auch wieder landen. Augenzeugen zufolge wird der menschliche Körper beim Aufschlag in der kasachischen Steppe Belastungen ausgesetzt, die denen eines mittleren Alleebaum-Unfalls gleichkommen. Keine sanfte Landung wie mit dem Space Shuttle.

              Wir waren etwas früh dran und konnten so die Ausstellung nicht besichtigen. Ob november das wirklich bedauerte? Schon als ich Siegmund Jähns Dienst-MiG fotografieren wollte, hieß es, dass wir die wohl für die Dokumentation nicht brauchen. Ich war mir da nicht so sicher: „Och, ich nehm se mal mit...“ Die strenge Antwort: „Die lässt Du hier!“ Nie darf man was...



              Der Beweis: Die Erde ist eine Kugel!

              Ich bin mir gar nicht sicher, ob november richtig zu würdigen wusste, dass ich am Bahnhof Haltepunkt Tannenbergsthal weitergefahren bin, obwohl zehn Minuten später der „Wernesgrüner Schienen-Express“ vorbeikommen sollte. Der befährt im Sommer die ansonsten stillgelegte Strecke von Schönheide bis Hammerbrücke. Einen richtigen „Zug“ darf man allerdings nicht erwarten. Es handelt es sich um eine Motordraisine mit einem offenen Anhänger.

              Dass Morgenröthe-Rautenkranz im Winter einer kältesten Orte Deutschlands ist, war an diesem Tag nicht erkennbar – aber man konnte es vermuten. Die Lage im Tal zwischen Nadelwaldhängen mit breiten Wiesen auf der Talsohle muss auf Kaltluft mit minus 20 Grad und mehr sehr einladend wirken.

              Unser nächstes Ziel war der Schneckenstein, genauer der Topasfelsen. Natürlich lag der wieder ganz oben auf dem Berg. Nachdem wir erst naiverweise der gelben Wanderwegsmarkierung gefolgt sind und dort dann die Wahl zwischen Nach-Hinten-Überkippen und Schieben hatten, schwenkten wir reumütig wieder auf die Straße ein.


              Der Topasfelsen begrüßte uns mit einer guten und einer schlechten Nachricht. Erstens: Es gab dort einen Kiosk mit Erfrischungen. Zweitens: Die Dame im Kiosk bestand darauf, uns Eintrittskarten zu verkaufen. Der Zaun um den Felsen ließ uns keine Wahl. Dabei ist der Felsen heute nur noch halb so groß wie früher: Um den Topas zu gewinnen, hatten frühere Generationen große Teile abgeschlagen. Und das nur, um Königskronen zu schmücken. Dabei gibt es doch beim Herrn Merten seinem Laden im Advent Sigg-Flaschen mit wunderbaren Strass-Steinen, die man einfach nur abpulen müsste.

              Wie uns der Dialekt der Verkäuferin im Kiosk verriet, waren wir jetzt endgültig im Vogtland angekommen. Während die Dame Konversation mit anderen Gästen machte, saßen wir beide da und prusteten leise im Wechsel vor uns hin. Nun, leise vor sich hinzuprusten ist eine Kunst. Nicht jeder beherrscht sie. Bevor es zu interkulturellen Zusammenstößen kommen konnte und wir womöglich nach Olbernhaue auch noch Auerbach-Aua erlitten, suchten wir das Weite.

              An der Talsperre Muldenberg vorbei gelangten wir nach Kottenheide. Hier hatten die Orte und die Landschaft ein markant anderes Flair als wir es bisher vom Erzgebirge gewohnt waren. Um den bekannten Heimatdichter Rainald Grebe zu zitieren: „Das ist ja hier wie... im Auenland!“ Die Waldwege waren nicht mehr mit dem Lineal angelegt, und die Häuser sahen nicht mehr nach Trutzburgen für den Winter aus.

              Vorbei am Bahnhof Zwotental - der seinen Namen nicht einer Verwechslungsgefahr mit Preußisch-Erstental verdankt, sondern dem Fluss Zwota – kamen wir nach Gunzen. Einmütig beschlossen wir, nicht die 15-Prozent-Steigung der Straße nach Markneukirchen zu bezwingen. Das kariöse kleine Kettenblatt von novembers Fahrrad hätte uns das möglicherweise übelgenommen. So reduzierte sich unsere Begegnung mit dem Musikinstrumentenbau auf das Ortsschild von Zwota. Wobei mir die Kombination von Hammer und Gitarre etwas ungewöhnlich vorkam. Aber vielleicht werden von hier aus ja die Instrumenten-Thrasher von The Who versorgt.

              Ob es allerdings eine wirklich gute Idee war, auf direktem Wege nach Adorf zu fahren, darf bezweifelt werden. Der Schotterweg wurde nämlich gerade erneuert, und so fehlte auf dem Grobschotter noch die Feinschotterschicht. Sicherlich habe ich schon wesentlich widerspenstigere Wege befahren, aber dann lieber ohne großes Gepäck.

              So stand uns beiden die Erleichterung ins Gesicht geschrieben, als wir vom Waldrand aus die Ausläufer von Adorf erblickten.



              Nach einer letzten halsbrecherischen Abfahrt auf einer ausgespülten Schotterpiste rollten wir am Bahnhof aus.



              Zum Abschluss einer gelungenen Tour gönnten wir uns noch ein Eis. Allerdings nicht in der "Wolfsschlucht", sondern schräg gegenüber.




              Technische Daten: 36 km in 5:01 Stunden brutto
              Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                #67
                AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                OT: Datum und Ortsangaben werden heute Abend noch nachgepflegt. ;)

                so, mein Anschlussbericht an die Tour von November und Pf-F, also von Adorf nach Oelsnitz am 29.08.2010


                Selten habe ich mich innerlich so gesträubt, einen Reisebericht zu schreiben. Irgendwie ist die Vogtlandgeschichte noch nicht rund für mich. Und zu schreiben, dass mich nichts dorthin zieht, das finde ich irgendwie unfair. Ich schaue mich ja immer ein bisserl um, wo ich dereinst mich niederlassen könnte. Und das Vogtland wird es definitiv nicht werden, obwohl es durchaus hübsch dort ist und ich ein Sachsenfan bin.

                Es fing ja auch bereits mit Hindernissen an. Die Übergabe des WAIs sollte am Berlinstammtisch geschehen, es war sogar hoher Besuch aus unterschiedlichen Bundesländern angereist, um Zeuge zu werden, wenn Pf-F mir das WAI für kurze Zeit anvertraute. Sozusagen von Beutesachse zu Beutesachse.
                Aber dieses zickige WAI spielte uns einen Streich und machte sich unsichtbar, sodass der Übergeber (nicht Angeber *g*) schreckensstarr nach der Ankunft erkannte, dass es einfach bei ihm daheim geblieben war. Nunja, es blieb ihm nichts übrig als sich wieder aufs Rad zu schwingen, um ein ernstes Wörtlein mit des Wasoochimma zu reden, inwieweit sanfte Gewalt angewendet wurde, bleibt für immer wohl ein Geheimnis.
                Ich glaube aber doch, dass das WAI sich freute, als es mit Hallo dann auf dem Stammtisch unter der Kastanie empfangen wurde. Es steht ja schon ganz gern im Rampenlicht...
                Ich nehme mal ganz stark an, dass es mir einen frechten Streich spielte. Meinen Fotoknipps hatte ich in meinen wasserdichten Packsack verstaut, leider meine kleine Wasserflasche ebenso und es erwies sich, dass der Sack wirklich wasserdicht ist, weil das auslaufende Wasser brav im Sack blieb und die Kamera badete.
                Als ich nämlich das WAI hineinstecken wollte, kam Wasser aud dem geliebten roten Sack ... hm
                Kamera heraus holen, mich ärgern, Batterien entfernen, mich ärgern, Geldbörse und Kamera mit Serviette trocknen, mich ärgern, Sack umstülpen auf die trockene Seite und mit Zähneknirschen das WAI in den trockenen Sack stecken. Ob es gemeint hat, unter diesen Umständen könne es wieder in die so bequeme und kuschelige Packtasche vom Pf-F wandern??? ätschiiii nöööö
                Gemeinsam verließen wir also das Treffen, weil es bereits am frühen Morgen auf ins Vogtland nach Adorf gehen sollte.
                Schon vor 6.00 ging der Zug ab Hauptbahnhof und wir mussten ja erstmal dorthin gelangen. Ziemlich müde hingen wir in drei unterschiedlichen Zügen ab, aber endlich kamen wir dann doch in Adorf an. Gut 4 Stunden hatte die Anreise gedauert und als allererstes - also eher als zweites, weil erst das WAI fotografiert werden musste, suchte ich einen Laden oder die Touristinfo, um mir eine vernünftige Wanderkarte zu besorgen.





                Ja, die Kamera ging ab und zu, meistens ging sie grad nicht, wenn ich was besonders nettes fotografieren wollte.
                Aber zurück zur Ankunft in Adorf und der zermürbenden Suche irgendeinen verständigen Menschen zu finden, der mir vielleicht einen Tipp geben konnte, wo ich besagte Karte erwerben köntne.
                Ja, mei - würde ein Bayer sagen - san Sie aber anspruchsvoll.
                An Hinweisen vom Bahnhof aus gab es ein SChild in Richtung Oelsnitz (an der Bundesstraße entlang) und in Richtung eines Radweges, der genau bis zur nächsten Straßeneinmündung galt und dann als verschollen betrachtet werden muss. Ich fragte also eine Adorferin, wo denn hier das Fremdenverkehrsamt sei. Im internet hatte ich gelesen, dass es einen Höhenweg nahe Adorf in Richtung Norden geben solle. Die Dame wies mich in Richtung Oelsnitz - ein wenig weiter die Straße lang sei, was ich suchen würde.
                Vielleicht hatte ich mich nicht klar ausgedrückt, sie hatte mich nämlich zum Verkehrsamt geschickt, bei dme ich hätte ein Auto anmelden oder einen Führerschein beantragen können, aber für FRemde war da goar nix.
                Aber vielleicht sind die ja dort so nett und geben mir Auskunft, wo die Touristinfo ist, dachte ich so bei mir und drängelte mich an der Warteschklange vorbei. Nur um einen Ordnungsruf von einem bierbäuchigen Vogtländer zu erhalten, ich solle mich doch wie alle anständigen Leute hinten anstellen. Ich schluckte gerade noch die Antwort, dass es mit meinem Anstand nicht so weit her sei herunter und argumentierte, ich wolle doch nur etwas fragen. Das würden sie alle wollen, blökte der freundliche Herr. Sauer geworden, weil meine Zeit ja schluießlich verrann und ich endlich diesen gastlichen Ort verlassen wollte, fragte ich ihn knurrig, ob er auch wissen wolle, wo das Fremdenverkehrsamt wäre.
                Scheinbar sprach ich laut genug, denn die Sachbearbeioterin blickte von den Unterlagen, die sie gerade studierte hoch und forderte die Leute auf: "Jetzt lassen Sie doch mal die Dame vor."
                Dame? Meinte die mich? Mutig ging ich als an den Kopf der Schlange und sagte bescheiden, ich wolle nur wissen, wo denn das Fremdenverkehrsbüro sei oder die TouristInfo oder wie immer das bei ihnen heißen würde.
                Wie das heißen würde, wisse sie auch nicht, aber irgendwo oben im Ort wäre sowas, nahe der Kirche. Aber sie hätte sich nie dafür interessiert.
                Ahso - mit geziemenden Dankesbezeugungen verließ ich das kleine Verwaltungsgebäude und blickte nach oben. Also die Kirche und auch vermutlich die Ortsmitte lafg irgendwo recht hoch über mir. Die ganze blöde Straße zurücktappern? Dazu hatte ich überhaupt keinen Bock. aber wer in Adorf ist, muss wenn er etwas wissen will auch B sagen und die zweite Adorferin auf der Straße fragen. Immerhin wurde ich gefragt, ob ich zu Fu8 oder per Auto dorthin wollte, obwohl mich ja mein Tagesrucksack wohl eher als Wanderin klassifizierte, aber vielleicht wandert man ja im Vogtland nicht? "Zu Fuß" gab ich also schamhaft zu und sie deute auf eine kleine Straße, "dort hinein und dann die TReppe 10 Meter weiter immer ganz nach oben steigen. Da kommen Sie nahe der Kirche heraus."
                Puuh, wenigstens nicht die olle Straße zurücklatschen... Ich also nach oben geklettert, an der Kirche angekommen, sie fotografiert und dann über den langen Marktplatz gestapft.





                endlich am Freiberger Tor stand (Mist ich habe ganz vergessen, was da stand, also kann ich euch nicht sagen, wie man in Adorf zu einem Fremdenverkehrsbüro sagt. Aber es war eh geschlossen, obwohl das SChild außen andeutete, dass es geöffnet sein müsse. Grummel!!
                Die Kittelschürzenfrau und der ältere Mann, die ich von weitem vor dem Tor fotografiert hatte, erklärten mir dann bereitwillig, ich müsse dort ins Museum gehen, da könne mir geholfen werden.
                Na dann!
                Die Dame im Museum war zwar hilfsbereit, aber eher unwissend, zu Wanderwegen konnte sie mir überhaupt nichts sagen, bis ich eine Karte in einem Ständer entdeckte, die vielleicht meine Rwettung bedeuten könnte, wenn ich nicht gewillt war, die Bundesstraße entlang zu tappern. Man könne auch mit der Bahn nach Oelsnitz fahren, wurde mir angedeutet, was ich aber trotz eines Momentes der Versuchung tapfer zurückwies.
                Bewaffnet mit der Karte ging ich dann tapfer in Richtung Ortsausgang und geriet außerhalb in eine wirklich blöde Baustelle, nicht einmal Straßenschilder oder gar Hinweisschilder zu Ortsteilen oder gar Wanderwegen gab es mehr. Ich ging also rein nach Gefühl und obwohl eine Wandersfrau analog zu Loriot das immer im Gefühl hat, machte das den Weg durchaus nicht einfacher. Nachdem ich zwaimal recht verheißungsvolle Wegen gefolgt war, geriet ich letztlich nur an die Bundesstraße. Irgendwo mussten doch diese verdammten Wege lang führen, die hier so lustig in der Karte aufgemalt waren.Ich ging also ein Stück die Straße entlang, weil laut Karte nach dieser oder jener Biegung ein Weg abgehen sollte. Und bei Rebersreuth ging auch tatsächlich ein kleineres Sträßchen ab, nur runter von dieser stark befahrenen Straße!

                Während vorher die Sonne überwiegend geschienen hatte, nur die Wege waren überschwemmt (und teils war es mehr Waten als Wandern)



                zogen bei einer kleinen Rast an einer wirklich hübschen Stelle nahe Hundshübel dicke Wolken auf. Das kann ja heiter werden!! Und es wurde heiter, Hagel, Gewitter Regen, Sonne und wieder von vorne.






                Im prasselndem Regen kam ich in Hundsggrün an, wohin ich es doch tatsächlich irgendwie wegmäßig geschafft hatte, was eher ein Wunder war, weil Wege und Karte irgendwie nicht kompatibel waren. Und in Hundsgrün... jucheeee - sollte es einen offiziellen Weg geben.








                Also munter den gefundenen Weg hinein und dann. Nunja, was soll ich sagen, der Weg, der derjenige von der Karte sein MUSSTE, endete in einem Weizenfeld. An alle Ermahnungen denkend , nicht das Eigentum armer Bauern zu schädigen, ging ich zurück und nahm beherzt den nächsten möglichen Weg. Aber auch er endete im lustig sich wiegenden Weizen.

                Irgendwie ein wenig gefrustet, weil meine Zeit immer knapper wurde, kehrte ich zur Straße zurück und was sahen meine entzückten Augen? Einen Mann, der tatsächlich an seinem Auto an der Straße stand. Notfalls hätte ich mich vor seine Karre geworfen, um ihn aufzuhalten und befragen zu können, aber Gott sei es gedankt, war er nicht der Schnellste. Meine FRage nach den zwei verzeichneten Wegen, bejahte er, ja, die würde es geben. Fein, aber wo? Er wies zu den Wegen, die ich bereits versucht hatte. Auf meinen dezenten Hinweis, dass sie auf Getreidefeldern enden würden, nickte er kräftig, ja die Bauern würden das mit dem Tourismus nicht so gern sehen, er würde mir aber nicht raten, durch die Felder zu gehen, die könnten dann sehr sauer werden.
                Auf meine bekümmerte Frage, wa er mir denn raten könne, verwies er mich auf die eine Straße, da immer lang, in Richtung Ebersbach, es wären nur ein paar Kilometer und da ginge irgendwas nach Oelsnitz ab, eine kleine Straße.
                Also nochmal bewusst in die falsche Richtung gehen, ich knirrschte innerlich mit den Zähnen, bedankte mich und stiefelte los. Zwar nicht so weit, sondern einfach ein schmales Sträßchen bald ab in die richtige Richtung und kam tatsächlich in Unterhermsgrün an.
                Warum nicht gleich so??
                Freudevoll wollte ich ein Dokumentationsfoto der Kamera entlocken, sie machte aber nicht mit und auch das WAI strecktze mir die Zunge heraus. Blöde Biester....grummel.
                Doch da sah ich ein Gasthaus. Ein beginnendes Gewitter trieb mich vollkommen widerwillig in die Gaststube und ich trank einen wundervollen heißen schwarzen Tee. Sowas von lecker!!!
                Trotzdem dauerte meine Pause nur 15 Minuten und ich machte mich auf, trotz Gewitters doch noch Oelsnitz zu erreichen (weil Pirk hatte ich mir inzwischen mehr als abgeschminkt), in der Hoffnung eben rechtzeitig den Zug zu erreichen, der mich aus dieser irgendwie leeren, aber nicht einsamen Gegend bringen sollte. Ich stapfte also mit mehr als durchweichten SChuhen den nun tatsächlich vorhandenen Wanderweg an der Bahnlinie entlang, erreichte Oelsnitz und ging ein wenig ächzend über die leeren Straßen der Stadt.
                Gerade 10 Minuten vor dem Zug, der mich nach Plauen bringen sollte, kam ich am öden Bahnhof an. Nicht einmal eine Bahnhofsuhr gibt es hier und das recht große Bahnhofsgebäude ist komplett gesperrt, nix mit Toilette oder so.
                Ich musste diesen Zug erreichen, weil ich sonst in Plauen keine vernünftige Anbindung nach Leipzig und später nach Berlin bekommen hätte.
                Im Zug probierte ich nochmals aus, doch noch ein Foto vom WAI zu machen und gnädig akzeptierten Kamera und WAI mein Vorhaben. Ich werde ihnen ewig für diese Güte dankbar sein.




                Die Bundesbahn brachte mich 10 Minuten zu früh an den Bahnsteig in Berlin, wo mit heraushängender Zunge der PF-F angehechtet kam. Und ob ihr es glaubt oder nicht, das WAI sprang ihm geradezu glücklich in die Arme, während er die weisen Worte sprach: "Bei so nassen Schuhen hätte ich aber schon Blasen."
                Ja, meine Regenjacke - die neue, ist erstklassig und hat mich beschützt, aber bei den SChuhen war das Wasser sogar oben hineingelaufen bei den tollen vogtländischen Bachwegen kein Wunder.
                Aber bätsch... keine einzige Blase hat meine Füße verunstaltet.

                Ich muss aber nunmehr mit einiger Zeit Abstand und nachdem ich nochmals im Vogtland war, zugeben, dass es dort wirklich schöne Ecken hat.
                Wer weiß, vielleicht sieht es mich ja noch einmal wieder. ;)

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                  • 18.04.2008
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                  #68
                  AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                  Kreuz und quer durchs Vogtland bis zum Südpol Sachsens

                  31.7.2010-1.8.2010


                  „Näschsdor Hold BläuenFöhgdlondÖbororBohnhohf!“

                  Unweifelhaft näherte ich mich dem Ziel. Nachdem Sternenstaub das WAI nach Oelsnitz (Föhgdlond) gebracht hatte, hatte das WAI bei mir nach einem Ausflug gequengelt. Dem wollte und konnte ich mich nicht widersetzen. „Frage nicht, was Du für das WAI tun kannst“, hatte Ixylon vor einiger Zeit formuliert, „frage, was das WAI mit Dir macht!“ Also machte ich mich am Samstag um 5:52 Uhr in Berlin auf den Weg und holte das WAI nach Umsteigen in Leipzig und Plauen Oberer Bahnhof in Oelsnitz virtuell ab.

                  Bei der Abfahrt in Berlin hatte ich noch keine feste Vorstellung hatte, wo die Wanderung beginnen würde: Oelsnitz - Endpunkt der bisher letzten Etappe - und Adorf als Endpunkt der vorletzten Etappe standen zur Auswahl. Den Ausschlag gab das Schicksal in Form der DB-Kundenzeitschrift "Mobil": Mario Adorf prangte auf der Titelseite. Also holte ich das WAI virtuell am Bahnhof Oelsnitz ab und fuhr nach Adorf weiter, wo november und ich eine Woche zuvor unsere Tour beendet hatten.


                  Abschied von Oelsnitz - aber nur für zwei Tage



                  Wiedersehen mit Adorf


                  Nachdem es bis zur Übergabe ans Bayernteam noch einige Tage dauern sollte, hatte das WAI den Wunsch geäußert, zumindest schon mal bayerischen Boden zu schnuppern. Und wo geht das besser als an einem Dreiländereck, in diesem Fall dem Dreiländereck von Sachsen, Bayern und Böhmen?

                  Leider hatten meine beiden Landkarten ihre Schwächen. Die tschechische KCT-Karte zeigte die Wanderwege in Deutschland nicht ganz korrekt; die „Kompass“-Karte von 1993 kannte einen Teil der heutigen Wanderwege überhaupt nicht, basierte aber immerhin auf halbwegs ordentlichen DDR-Topokarten ("Ausgabe Staat"). Nur für den böhmischen Zipfel hatte sich der Kompass-Verlag ein Messtischblatt von vor 1945 ausgeliehen. Für mich als gelernten Historiker interessant, aber zur Wegfindung nicht unbedingt hilfreich. Zum Glück hatte ich noch die Openstreetmap-Karte auf meinem GPS. Die ist zwar alles andere als vollständig; aber es ist die einzige Karte gewesen, in der alle eingezeichneten Wege auch in der Natur anzutreffen waren.

                  Schon beim Verlassen Adorfs wurde ich mit einem Phänomen konfrontiert, das mich die beiden folgenden Tage verfolgen sollte: Die vogtländischen Wegemarkierer haben es geschafft, ausgerechnet an kniffligen Stellen auf Markierungen zu verzichten. So muss man an obskuren Weggabelungen meistens 50 oder 100 Meter in den Weg hineinlaufen, um festzustellen, ob es wirklich der richtige Weg ist. Und selbst dann kann es passieren, dass die erste Markierung erst 120 Meter später auftaucht. Das haben die Tschechen ganz klar besser drauf.

                  Erfreut stellte ich daher fest, dass die alte Bahntrasse von Adorf nach Rossbach/Hranice uneingeschränkt begehbar war. Die OSM-Karte hatte so etwas allerdings schon angedeutet. Bei den bekannten Kurvenradien normalspuriger Eisenbahnen war auch das Risiko plötzlicher Abzweigungen eher gering.


                  Bahnwandern


                  Doch dann kam der Moment des Abschieds, und ich musste durch ein typisches Vogtland-Tal nach Norden abbiegen.



                  In Gettengrün glaubte ich dann meinen Augen nicht zu trauen. Über einen grünen Sichtschutzzaun blickte mich ein periskopartiger Vogelkopf an. Einer? Nein, eine Handvoll... ein Dutzend … einige Dutzend! Eine Straußenfarm. Leider gab es in Gettengrün keinen Gasthof, wo ich nach einem saftig gebratenen Straußensteak hätte fragen können. So wird das nix mit dem Aufschwung Ost.


                  Da guggste, was?


                  Wenige hundert Meter führten mich beide Karten in eine Sackgasse. Drei Höfe und eine resolute Hausdame in Verteidigungshaltung: „Dorf mon frogen, was Sie hier wulln?“ Durchgehen wollte ich - durfte aber nicht. Ich musste die „Schachthäuser“ also südlich auf dem deutsch-tschechischen Grenzweg und dann auf Feld- und Waldpfaden umgehen. Die Alternative wäre ein Zurücksetzen bis zur Straße gewesen – für „Pfad-Finder“ natürlich erst einmal inakzeptabel. OSM-Nutzer werden die Umgehung künftig ohne langes Suchen wiederfinden.



                  Die Skyline von Ebmath

                  In Ebmath gönnte ich mir einen Roster (=Rostbratwurst) vom Grill am Straßenrand. Sehr gute Qualität, selbst die sonst üblichen Aufstößerchen blieben aus. Nicht ganz schlau wurde ich aus dem Ebmather Schloss, das heute offenbar einer Firma Bauer gehört.


                  Kann mich gar nicht daran erinnern, dass der Spruch „Junkerland in Bauer-Hand“ hieß

                  Wenige Kilometer später, in Pabstleithen, wurde ich allerdings daran erinnert, dass Landwirte im ersten Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden auch nicht viel zu melden hatten. Um in der Grenzzone freie Hand zu haben, ließ die DDR noch 1972 Höfe räumen und anschließend niederbrennen. Da sage einer, „clearances“ habe es nur in Schottland gegeben. Übrigens wurden die sächsischen Opfer dieser Räumungen im Gegensatz zu ihren thüringischen Leidensgenossen nach der Wende nicht entschädigt – offenbar mit der Begründung, dass schon zu DDR-Zeiten eine Entschädigung gezahlt worden war. Die erste Welle von Räumungen rollte 1952-1962 durch die Grenzzone. Einer Gedenktafel zufolge verschwanden die Siedlungen Wieden, Gräben im Tal und Hammerleithen vollständig, von Pabstleithen blieb weniger als die Hälfte übrig.

                  Rote Kästchen sind die geräumten Höfe, erhalten gelieben sind die blauen:



                  Auf der Höhe von Pabstleithen begann die befestigte Grenze zwischen DDR und CSSR. Während diese Grenze ansonsten zaunfrei war, unterhielt die DDR hier wie an der Grenze zur "Bäh-Err-Däh" einen breiten baumfreien Streifen und einen Graben, der Kraftfahrzeuge aufhalten sollte. Ob es auch Zäune und weitere Sicherungen gab, war nicht mehr feststellbar. Offenbar gab es Befürchtungen, dass DDR-Bürger hier über die CSSR in den Westen fliehen könnten: Die CSSR bildet hier einen nur ein bis zwei Kilometer breiten Landzipfel. Die Grenze DDR-CSSR war eine "grüne Grenze", die Grenze von der CSSR zur Bundesrepublik war zwar "gesichert", aber nach DDR-Maßstäben nur sehr gering.

                  Anders als in der Karte vorgesehen gab es natürlich schon wieder keinen offiziellen Wanderweg auf dem ehemaligen DDR-Kolonnenweg zum Dreiländereck. Davon ließ ich mich aber nicht irritieren, zumal mir die Luftaufklärung per Google Earth schon Hinweise auf einen Schleichpfad vom Kolonnenweg zum Dreiländereck geliefert hatte. Eigentlich verlief der Pfad durch ein Naturschutzgebiet; aber nachdem dort erst 20 Minuten vorher eine Schafherde mit großem Getöse durchgelaufen war – von den zahlreichen Traktorspuren ganz zu schweigen – war mein Respekt vor dem NSG auf dem Nullpunkt angelangt.


                  Der Hund und sein Hirte


                  Am Dreiländereck begrüßte mich ein gutes Dutzend Grenzsteine aller Art. Um es dem Besucher nicht zu einfach zu machen, hatte man auf einen Gedenkstein oder eine Erläuterungstafel verzichtet. Zudem ist der Grenzverlauf zwischen Bayern und Sachsen recht erratisch. Es dauerte eine Weile, bis ich die Grundstücksbegrenzungen aussortiert hatte, dann die Hilfssteine. Schließlich blieben zwei Hauptsteine, mit der Inschrift D B 1844 beziehungsweise D S 1844 zur deutschen Seite. Die Rückseite schmückte ein einfaches C, an den Seiten stand die Steinnummer "I/1". Die machten mir dann auch klar, warum es am magischen Punkt selbst keinen Gedenkstein gab: Der hätte nämlich mitten im Bach stehen müssen.



                  Schilder zeigen nur an, dass die Grenze ganz in der Nähe verläuft. Verbindlich sind die Steine. Aber hier ist das WAI ganz eindeutig in Bayern:



                  Nun war es schon 16 Uhr und damit höchste Zeit, in Richtung Bad Elster aufzubrechen, wo ich übernachten wollte. Der kürzeste Weg führt über Rossbach/Hranice. Das war auch insofern sinnvoll, als ich sicher war, bei einem freundlichen vietnamesischen Fachhändler meine Vorräte auffüllen zu können. So war es dann auch. Die Tschechen waren noch beim Rasenmähen – bei mir kam das alte Kindheitstrauma sinnlos mit heuschnupfentriefender Nase verbrachter Samstagnachmittage wieder hoch – oder schon beim Biertrinken auf dem gemähten Rasen.

                  Zu sozialistischen Zeiten war es in der CSSR tabu zu erwähnen, dass Westböhmen 1945 nicht von der Ruhmreichen Sowjetarmee befreit worden ist, sondern von der US-Armee unter General Patton. Heute erinnert ein Denkmal in Hranice daran.

                  Ohne einen dokumentarischen Besuch mit dem WAI am Bahnhof ging es aber natürlich nicht. Auf dem demolierten Fahrplanaushang gab es nur noch ein Zugpaar von und nach Cheb/Eger täglich – am späten Nachmittag. Das ist allerdings nicht der Zerstörung des Aushangs geschuldet, sondern der Realität. Welchen verkehrlichen Nutzen eine derartige Bedienungsform haben könnte, ist mir bisher verborgen geblieben.


                  Hier kommt selbst der Mann mit der Mundharmonika nur einmal wöchentlich vorbei.

                  Über einen letzten Bergkamm lief ich dann wieder nach Deutschland. Hinter der Grenze bemerkte ich drei Wohnhäuser, die ich in dieser Art schon mal an diesem Tage gesehen hatte... in Gettengrün. Anscheinend eine Art Typbau aus den zwanziger oder dreißiger Jahren, vielleicht für Zollbeamte?

                  Während des Endspurts nach Bad Elster organisierte ich mir noch schnell ein Bett in einer Pension. Manch eine(-r) wird einwenden, dass das nicht reine Outdoor-Lehre ist. Aber nach reiner Outdoor-Lehre a) und damit großem Gepäck wäre ich bei Temperaturen über 20 Grad gar nicht erst losgezogen und b) hätte ich meine ehrgeizigen kilometermäßigen Vorhaben nicht umsetzen können. Das Auf- und Abbauen des Camps dauert immer länger als man denkt.

                  Außerdem amüsiere ich mich beim Abendessen im Straßenlokal gerne über aufgebrezelte Kurgäste, die „Ming Cheng in Concert“ besuchen – wahrscheinlich ohne zu ahnen, dass er eine Fernost-Kopie von Max Raabe ist. Ein echter Chinese eben. Und ohne die Übernachtung in der Pension hätte ich wahrscheinlich nie erfahren, dass der staatliche Kurbetrieb und die Stadtverwaltung in Bad Elster so was von korrupt sind ... jedenfalls, wenn man der Pensionsbesitzerin glaubt. Und ich glaube ihr, denn die drei Sterne hat ihr Betrieb heute bestimmt nicht mehr verdient. Für neun Stunden Schlaf hat es aber noch gereicht.

                  Technische Daten: 31,6 km in 9h 16'


                  * * *


                  1. August 2010

                  Für den Sonntag hatte ich mir ein weiteres ehrgeiziges Ziel vorgenommen: Den südlichsten Punkt Sachsens. Tante Gugel war diesmal keine Hilfe. Weder das Dorf Schönberg noch der „Säuerling“ - eine Quelle ganz im Südosten – ist der wirklich südlichste Punkt Sachsens. Jedenfalls, wenn man gewisse Qualitätsansprüche an solche Punkte erhebt. Karten- und Luftbildanalyse verrieten mir nur, dass ich im Waldstück zwischen Säuerling und der Bahnlinie an einem Bach fündig werden würde.Offensichtlich hatte ich echte Pionierarbeit zu leisten.

                  Aber zunächst einmal musste ich dorthin gelangen. Ich startete mit einer ausführlichen Fotosession der Schaumstoffente aus dem WAI im Kurbezirk. Warum heißt es eigentlich „Albert Bad“? Und gegenüber „König Albert Theater“? Hatten die sächsischen Monarchen Bindestrich-Allergie? Oder wurden die Bindestriche gehortet, um heute als Deppen-Apostrophen an die Untertanen verteilt zu werden? Fragen, die ich an diesem Tag nicht klären konnte.





                  Bad Elster verließ ich auf dem „grünen“ Wanderweg nach Bad Brambach. Upps, wieso bin ich denn auf dem blauen gelandet? Mit einer kurzen Querwaldein-Session löste ich dieses Problem. Bald überließ ich auch den grünen Weg seinem Verlauf – diesmal absichtlich – und folgte stattdessen dem Grenzweg. Der war nicht nur ungeschottert, sondern auch so idyllisch, wie man sich Waldwege eigentlich immer wünscht. Alle paar Dutzend Meter gab es zudem einen Grenzstein, auf dem man sich setzen, Kekse essen und in den Tag hineinträumen konnte.

                  Hinter dem Gürther Kreuz hörte die Idylle leider auf. Schotter und immer wieder Lichtungen – keine gute Idee bei 25 Grad Lufttemperatur und praller Sonne. An diversen Kurkliniken vorbei schlich ich in Zeitlupe nach Bad Brambach hinein. Auf dem Marktplatz wechselte ich erst einmal die durchgeschwitzten Socken und Einlegesohlen. Die Eingeborenen oder Kurgäste, die ich hätte irritieren können, hatten sich alle zur Siesta zurückgezogen.


                  Ente gut, alles gut!


                  Bad Brambach wirkte wesentlich bodenständiger als Bad Elster, aber keineswegs ärmlich. Und im Gegensatz zu Bad Elster hat es sogar einen Bahnhof im Ort. Der wirkt dann aber doch ärmlich – heute jedenfalls: Das Bahnhofsgebäude ist zugenagelt, die einzige Serviceeinrichtung das Wartehäuschen auf dem Bahnsteig.

                  In Bad Brambach wechselte ich auf die Weg an der Ostgrenze. Wieder einmal versäumte ich es, an der richtigen Stelle abzubiegen. Ich wurde aber dadurch entschädigt, dass ich die Bahnlinie genau an der Stelle traf, wo einer der Korridorabschnitte durch Böhmen beginnt.

                  Zwischen Bad Elster und dem offiziellen Grenzbahnhof Vojtanov/Foitersreuth durchquert die Bahn drei Mal Böhmen – und hält dort sogar einmal, nämlich in Plesna. Als die Strecke im 19. Jahrhundert gebaut wurde, war die Grenze zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn kein Hindernis. Dass man zum Überqueren der Grenze überhaupt Personaldokumente benötigt, ist eine Erfindung aus dem Ersten Weltkrieg; Angst vor Spionen war der Anlass. Über 90 Jahre hat es gedauert, bis an der deutsch-tschechischen Grenze wieder vergleichbare Zustände hergestellt waren. Zum paranoiden Grenzzirkus unserer Freunde im angelsächsischen Kulturkreis seit 2001 sage ich mal nichts.


                  Schneller als erwartet erreichte ich die Ecke, wo sich Sachsens Südpol versteckte. Keine der Karten war jetzt noch eine Hilfe. Mit ganz konventioneller Gitternetz-Arbeit am GPS stolperte ich über einen Jägerpfad und dann einen schon ziemlich zugewachsenen Waldweg. Ellbogenhohe Brennnesseln verrieten mir, dass ich mich dem Bach näherte. Auf 300 Meter Länge folgte ich dem Ufer, aber schnell war klar, dass sich der Südpol an einer besonders prominenten Bachschleife in Richtung Süden befand. Oder genauer: In der Bachschleife, denn die Grenze verläuft in der Mitte des Baches. Nächster unverwechselbarer Orientierungspunkt ist der Grenzstein 22/7 auf deutscher Seite. Nach den obligatorischen Dokumentationsfotos und dem Abspeichern des Wegpunktes trat ich den Rückweg an.

                  Am Punkt 50° 10' 16.4'' N 12° 19' 55.7'' E:






                  Die Suche hatte nun doch etwas länger gedauert als erwartet. Mein Zauberkasten kalkulierte mir bis zum Bahnhof Vojtanov eine Entfernung, die ein zügiges Lauftempo verlangte, wenn ich den Zug um 16:24 noch erreichen wollte. Zum Glück konnte ich am stillgelegten Lkw-Grenzabfertigungsparkplatz einige Abkürzungen einlegen, so dass ich sogar noch Zeit für einen Fotostopp am alten tschechischen Grenzkontrollpunkt fand.


                  „Wo war dieser Unabhängigkeitskrieg auf dem Balkan nochmal? Slowakien und Tschechenien?“

                  Am servicefreien Bahnhof von Vojtanov musste ich nur noch vier Minuten warten, bis mein Zug kam. "Keine Zeit am Bahnhof vertrödeln", lautet meine Devise.


                  Technische Daten: 26,7 km in 7h 11'.

                  Pfad-Finder
                  Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                    #69
                    AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                    Die Elbe abwärts zum Nordpol Sachsens


                    Freitag, 6.August 2010
                    Schmilka – Dresden-Mickten

                    Freitag Mittag. Es regnet, dazu ist es warm, die Luftfeuchtigkeit ist enorm; eine Waschküche sozusagen, da draußen. Das WAI könnte so gemütlich auf dem Fensterbrett stehen, die Welt da draußen grinsend betrachten und sich auf seinen letzten Einsatz in Sachsen am nächsten Wochenende freuen.
                    Aber ich habe bereits einen erneuten Ausflug angekündigt und möchte mich nun nicht als WAIchei bezeichnen lassen. Zudem lockt der sächsische Nordpol, nachdem der Pfad-Finder vor kurzem schon den Südpol bezwungen hat. Das WAI hat keine Chance; es muß seinen Platz auf dem Fensterbrett räumen und in meiner Radtasche verschwinden - immerhin wasserdicht.

                    Ich steige samt Fahrrad in Dresden-Trachau in die S-Bahn ein und in Schmilka-Hirschmühle wieder aus. Es ist kurz nach zwei Uhr, der Regen hat nachgelassen. Am Ufer legt gerade die Fähre hinüber nach Schmilka ab. Doch das interessiert mich jetzt nur als Photomotiv. Auf gehts, auf der linken Uferseite den Elberadweg abwärts.






                    Ich muß zugeben, die Kulisse ist beeindruckend, gerade durch diese weichen, verwaschenen Farben. Es ist auch ungewöhnlich still, so als ob diese wabbelige Luft alle Geräusche dämpft. Die Sandsteinfelsen stechen nicht scharf heraus, sondern verlieren sich undeutlich im Nebel.


                    In Bad Schandau wechsele ich auf der Brücke die Elbseite, da ich keine Lust habe, auf der Fernverkehrsstraße von eilig dahinbrausenden Autos bedrängt zu werden. In Halbestadt lasse ich mich mittels Fähre motorisiert (ja ich weiß, das ist nicht ganz regelkonform) wieder ans linke Elbufer zurückbringen. Das gute Stück steht schon abfahrbereit da und legt ab sobald ich drauf bin, so daß ich in Windeseile das WAI aus der Tasche herauszerre, um noch ein schnelles Photoshooting hinzulegen: WAI mit Fähre, Elbe, Elbdampfer und im Hintergrund ganz deutlich zu erkennen: die Festung Königstein.



                    Ich strampele weiter durch den weiß-grauen Wabber bis ich zu dem winzigen Dorf mit dem verheißungsvollen Ortsschild komme: Strand. Typisches Badewetter ist heute allerdings nicht und auch am Moldaustrand, wo dieser Zug gerade hinrast, dürfte es nicht viel anders aussehen.



                    Rathen mit seinen Felswänden und der Bastei samt berühmter Brücke, heute im Sprühregen kaum auszumachen. Vor einigen Wochen, als Doncato mit dem WAI hier einen Gipfel bezwang, sah das noch ganz anders aus. (in der Schleimspur hier bitte den Link auf Doncatos Bericht setzen.)

                    Pirna – das Tor zur Sächsischen Schweiz; im meinem Falle aber nicht hinein, sondern hinaus. Ich biege vom Radweg ab und fahre für einen Kurzbesuch ins Zentrum. Pirna ist eine sehenswerte alte Stadt – bei anderem Wetter und bei mehr Zeit. Viel Geduld habe ich heute jedoch nicht und so reduziere ich die gesamte Stadt auf drei Photos.


                    Den Markt - Die Festung Sonnenstein - Hochwassermarke




                    Bald erreiche ich mit Zschieren und Kleinzschachwitz die östlichen Stadtteile Dresdens und damit auch Schloß Pillnitz. Ich bin ungemein froh, daß es auf der anderen Elbseite liegt, sonst würde ich mich vielleicht noch zu einer Besichtigung verpflichtet fühlen, aber der Blick aus der Ferne tut es genauso. Das WAI ist der gleichen Meinung und will sofort wieder hinein in die trockene Tasche, denn inzwischen regnet es wieder heftiger.



                    Der Ortsteil Wachwitz mit Blick (soweit dieses Wort heute berechtigt ist) auf den Dresdner Fernsehturm und die Niederpoyritzer Fähre, in früheren Zeiten gerne und häufig genutzt.



                    Das Blaue Wunder grau in grau.



                    Den Dampfer Dresden einmal im Visier, lasse ich mich nicht mehr von ihm abhängen. Auf diese Weise rausche ich in ordentlichem Tempo durch die östlichen Stadtteile und drücke während der Fahrt ein paar mal auf den Auslöser meiner Knipse:


                    Schloß Albrechtsburg - die Johannstadt - die zukünftige Waldschlößchenbrücke - die Albertbrücke

                    Hier lasse ich die Dresden ziehen, sie legt ohnehin gleich am Terrassenufer an. Ich wechsele an der Albertbrücke das letzte mal für heute das Elbufer, ignoriere das Zentrum, dem das WAI an einem heißen Sommertag ja schon einen Besuch gewidmet hat (in der Schleimspur hier bitte den Link auf Karlienes Bericht setzen.) und rolle unter der Marienbrücke hindurch. Damit lasse ich den ganzen barocken Zuckerguß hinter mir und kann wieder frei durchatmen. Hier am Pieschener Hafen beginnt meine Heimstrecke.





                    Der Lastenträger. Hoffentlich hebt er sich an unserem WAI keinen Bruch.



                    Der Citybeach. Heute ist allerdings nichts mit lustigem Strandleben. Die Sonnenliegen sind übereinandergestapelt, die Strandkörbe verwaist. Nicht einmal die sonst nicht unterzukriegenden Volleyballspieler tummeln sich heute. Nur Becks ist als heimlicher Beobachter immer mit dabei.



                    Als letzte Attraktion des Tages wartet eine weitere Brücke. Gut, 99,9% der Leser dürfte sich nicht im geringsten dafür interessieren, aber darum geht es jetzt nicht. Da das WAI bei der endgültigen Fertigstellung längst im fernen Bayern weilt (immerhin ist der Bau inzwischen so weit fortgeschritten, daß ich nicht BAWÜ oder gar das Saarland anbieten muß), muß der Phototermin heute stattfinden. Jahrelang haben wir auf diese Brücke gewartet, die den Elberadweg nun über die Pieschener Mole und nicht mehr über die Leipziger Straße führen wird. Sieht sie nicht schick aus? (Und vor allem verschwindet demnächst diese nervende Baustelle.)



                    Mickten – Einbiegen auf die Zielgerade.

                    57 km



                    Samstag, 7.August 2010
                    Dresden-Mickten – Bennewitz

                    Am frühen Morgen drischt der Regen nur so vom Himmel herunter. Genau wie schon gestern frage ich mich: warum mache ich das eigentlich? Hier bleibt mir nur noch übrig, einen Ausspruch Ixylons zu klauen, den ich selber erst vor kurzem hier gelesen habe: „Frage nicht, was Du für das WAI tun kannst“, frage, was das WAI mit Dir macht!“ So ist es!
                    Und da wider Erwarten und vor allem wider allen Vorhersagen sämtlicher Wetterdienste der Regen bald nachläßt und später sogar ganz aufhört, schwinge ich mich gegen halb 10 Uhr auf mein Rad uns setze auf der gestrigen Strecke wieder ein, jedoch vorerst nicht auf dem offiziellen Elberadweg.

                    Ich will dem WAI vorher noch den Ortsteil Übigau zeigen.



                    Da wäre das Schloß, einst Lustschloß August des Starken, inzwischen nur noch stark heruntergekommen und von besseren Zeiten träumend. Besonders wichtig: auf der verborgenen und ein wenig einladender aussehenden Rückseite des Schlosses fand in der dortigen Sommerwirtschaft der Gründungsstammtisch Sachsen statt.



                    Übigau gehört unbedingt zur Industriegeschichte Dresdens. Am wichtigsten waren die Binnenschiffswerft und der Dampfmaschinenbau. Auch die Reste aus der DDR sind nicht unterzukriegen: VEB Transformatoren- und Röntgenwerk Hermann Matern.


                    Nicht zu vergessen: die Erinnerung an das Elbhochwasser vom Sommer 2002, von dem auch Übigau und die umliegenden Stadtteile stark betroffen waren.




                    So, noch immer folge ich einem Schleichweg direkt an der Elbe, schon allein wegen des Blickes auf die Kaditzer Kirche und die Radebeuler Weinberge. In Kaditz begebe ich mich nun aber ganz ordentlich auf den Elbefernradweg und werde ihn bis zu Sachsens nördlichstem Dorf nicht mehr verlassen.

                    An dieser Stelle verweise ich auf den Bericht von masc (In der Schleimspur hier bitte den Link auf den Bericht von masc setzen.), der die Strecke Kötzschenbroda – Niederau bereits gefahren ist und vor allem auch Meißen einen Besuch abgestattet hat. Letzteres freut mich besonders, ansonsten würde ich mich dazu doch verpflichtet fühlen und darauf habe ich jetzt so was von keine Lust.
                    Nur ein Bild von der Meißener Burg stelle ich noch hinein. Die Elbe ist bereits leicht über die Ufer getreten, der Radweg führt ansonsten weiter links entlang.






                    Diesbar-Seußlitz. Bekannt wegen seines Barockschlosses und wegen seines Weines. Auf das Schloß verzichte ich, davon hatten wir schon genug und weitere werden noch folgen.

                    Der Wein aber muß festgehalten werden.

                    WAI am WAInberg - WAI mit WAInbergschnecke



                    Von der anderen Elbseite grüßt Schloß Hirschstein.



                    Symbol der neuen Zeit hingegen ist das Chemiewerk Nünchritz.



                    Eigentlich bin ich schon fast in Riesa, werde aber von den kleinen gelben Bällchen noch zu einer längeren Pause genötigt.




                    Riesa. Genaugenommen war ich hier noch nie und auch heute werde ich an dieser Stadt wieder nur vorbeifahren. Riesa, das ist für mich die Elbbrücke, die ich schon unzählige male mit dem Zug überquert habe und der Bahnhof, an dem ich aber kaum jemals ausgestiegen bin, und wenn, dann auch nur, um sofort wieder in einen anderen Zug einzusteigen; nicht etwa, um der Stadt einen Besuch abzustatten. Riesa nennt sich gerne Stadt des Sportes. Früher war es einmal Stadt des Stahls, weswegen seine Fußballmannschaft den wohlklingenden Namen Stahl Riesa trug.

                    Sonst noch was? Ach ja! Riesaer Nudeln! Sie werden mich demnächst wieder bis nach Lappland begleiten und mit Riesaer Sicherheitszündhölzern werde ich heute Abend den Spiritus für meine Tee entzünden. Das reicht nun aber.



                    Viele km weiter: Das Dörfchen Gaitzsch, auf den meisten Karten einfach als Gaitzschhäuser verzeichnet. Ist das etwa was besonderes? Aber sicher! Deutlich zuerkennen gewesen wäre es an den vielen Kiefern kurz vorher, die ich aber dummerweise nicht photographiert habe. Gaitzsch liegt nämlich nicht mehr in Sachsen, sondern bereits im Bundesland Brandenburg, durch das ich ein kleines Stück fahren werde. Auf diese Weise kann ich für die Berlin-Brandenburger Staffelläufer auch noch einige wenige Kilometer beisteuern. Immerhin haben sie uns bei der Sachsenstaffel auch geholfen.





                    Mühlberg an der Elbe, eines der vielen Mühlberge in Deutschland. Das Städtchen hat das Glück, am brandenburgischen Stadterneuerungsprogramm teilhaben zu dürfen und so sind viele Gebäude wieder hübsch hergerichtet. Teile des Klosters und des Schlosses warten hingegen noch auf bessere Zeiten.



                    Die moderne Brücke über die Elbe. Mit ihrer Einweihung im Dezember 2008 wurde die Fährverbindung eingestellt. Egal wie man aber hinüberkommt, auf der anderen Seite betritt man wieder sächsischen Boden.



                    Blick von der Elbbrücke. Die Wege zu den Fähranlegern sind noch zu erkennen.

                    Ich hätte ja Lust auf den Campingplatz hier in Mühlberg, aber zum einen ist es erst vier Uhr und an meiner Gesamtstrecke fehlen noch etliche Kilometer, zum anderen gibt es den Platz hier gar nicht mehr. Geschlossen, obwohl er noch auf allen öffentlichen Karten und Hinweisschildern verzeichnet ist.

                    Überhaupt ist es seltsam, daß am Elberadweg fast keine Campingplätze vorhanden sind. Eine Übersättigung herrscht dagegen an Pensionen, allesamt radfahrerfreundlich (was immer das sein mag). Die Werbeschilder dafür findet man an allen möglichen und unmöglichen Stellen. Als Zelter aber scheint man hier nicht sonderlich erwünscht zu sein, so daß dann eben nur ein Platz in der freien Natur übrig bleibt.
                    Radfahrer gibt es übrigens sehr, sehr viele hier. Angeblich ist der Elberadweg von Schöna nach Hamburg der beliebteste Radweg Deutschlands.

                    Nächster Halt: Belgern (Hier muß früher alten Schildern zufolge übrigens auch mal ein Zeltplatz gewesen sein). Habt ihr den Namen Belgern schon mal gehört? Wenn ihr aufmerksame „Wo bin ich?“-Spieler seid, dann schon. Vor einiger Zeit war dort mal eine Postmeilensäule mit deutlich sichtbarem sächsischem Wappen zu erraten. Was einige Übereifrige nicht davon abhielt, verschiedene norddeutsche Städte vorzuschlagen. Bis dahin sagte auch mir der Name Belgern nichts. „Wo bin ich?“ bildet!

                    Die Rolandstatue von Belgern. Unser WAI kommt sich da richtig winzig vor.



                    Noch knapp 43 Stunden bis Hof. Ob das WAI das noch packt?

                    Im Eiscafe am Markt kaufe ich mir noch zwei Kugeln Eis und fülle auf der dortigen Toilette meine Trinkwasservorräte auf.

                    Ich mag nicht mehr fahren, will endlich mein Zelt aufstellen und mir was zu essen kochen, habe nämlich mächtigen Hunger. Nur ist das hier nicht ganz so einfach. Kein Wald oder ein anderes passables verstecktes Plätzchen, nur freie Landschaft, dazu ist es immer noch recht hell. Erst als ich an die Bennewitzer Teiche komme ändert sich das und ich überlege nicht lange. Beim Zeltaufbau merke ich, daß ich mein Mückenmittel vergessen habe, was lästige Folgen hat. Vergessen habe ich auch mein Buch und da ich lange nicht einschlafen kann muß ich mit dem WAI-Tagebuch Vorlieb nehmen, obwohl ich das nun schon zur Genüge kenne.
                    Ich bekomme noch eine kurze Nachricht über die Hochwassersituation in Südostsachsen, nehme das aber nicht so richtig ernst. Das Ausmaß der Überschwemmungen in den Gebieten, wo das WAI vor kurzem noch durchgereist ist bekomme ich erst zu Hause so richtig mit.

                    111 km


                    Sonntag, 8.August 2010
                    Bennewitz – Nordpol Sachsens

                    Am frühen Morgen hängen dunkle Wolken am Himmel, also schlafe ich wieder ein und lasse mich eine Weile später durch die aufs Zelt brennende Sonne wecken. Überhaupt ist heute noch weniger als gestern etwas von dem vorhergesagten Regen zu spüren. Im Gegenteil, es gibt etliche Momente, wo ich bereue, meine Sonnenbrille nicht dabei zu haben. Schwülwarm ist es ohnehin.



                    Von Bennewitz aus sind es nur noch wenige Kilometer bis ich Torgau vor mir liegen sehe. Der Radweg führt mich in die Stadt hinein. Ich mache aber nur eine kurze Pause und fahre lieber erst mal weiter Richtung Norden; die Bezwingung des Pols ist zunächst wichtiger als eine Stadtbesichtigung, die ich mir für später aufhebe.

                    Der Weg führt von hier ab nicht mehr an der Elbe entlang, sondern schlängelt sich ein Stück entfernt von ihr über die Dörfer.



                    Es wird Herbst.



                    Das Was Auch Immer auf dem Weg nach (N)Irgendwo.

                    Bei Dommitzsch treffe ich wieder auf den Fluß, setze mich auf den Deich, esse und trinke etwas und beobachte die Fähre beim rüber- und nüberfahren. Dabei fällt mir auf, wie heftig die Strömung hier ist. Und in diesem Moment bin ich sehr froh darüber, nicht mit dem Paddelboot, sondern mit dem Rad unterwegs zu sein. Ich hätte mich zu stark aufs paddeln konzentrieren müssen, was meiner Neigung zur Tagträumerei gar nicht entgegenkommt. Auch schnelles anlanden wäre recht schwierig geworden.
                    Kurzzeitig hatte ich im Vorfeld ja auch mein schickes rotes Boot in Erwägung gezogen, aber da das WAI von Land aus viel mehr sieht, habe ich es letztlich bleiben lassen. Mit dem Boot hätte ich allerdings den echten sächsischen Nordpunkt erreichen können, da dieser mitten in der Elbe liegt. Tja, hätte.



                    Mit Greudnitz erreiche ich das nördlichste Dorf in Sachsen. Kurz dahinter beginnt die Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt. Und dort beginnt auch das Querfeldeinabenteuer. Ich halte auf einem Wiesenweg direkt auf die Elbe zu und holpere an ihrem Ufer noch einige hundert Meter flußabwärts. Irgendwo hier muß er sein, der Nordpol Sachsens. Mein kleines gelbes EtrexH liegt wohlbehütet zu Hause in der Schublade. Aber wozu brauche ich schon Koordinaten? Ich vergleiche die hiesige Gegend mit meinen für solche Zwecke recht ungeeigneten Karten und bestimme aus dem Bauch heraus eine Stelle, die ich zum Nordpol Sachsens erkläre. Und da niemand dabei ist, der mir widersprechen könnte, bleibt es auch dabei. Ausschlaggebend waren der Ausblick und das Vorhandensein eines Baumstumpfes, der sich hervorragend als Picknickplatz eignete. Was macht es schon aus, wo ich stehe? Hundert Meter flußauf und flußab sieht es fast genauso aus und den eigentlichen Pol ereiche ich ohnehin nicht, der liegt mitten im Wasser.



                    Ist hier der Nordpol?



                    Oder hier?

                    Hier am fiktiven Nordpol endet die offizielle Reise für das WAI.

                    Ich selbst fahre jetzt zwar nicht sonderlich schön aber dafür schnell auf der B182 die etwa 20 km zurück bis Torgau. An einem Sonntag um die Mittagszeit ist ohnehin nichts los auf den Straßen. Ich habe auf dem Radweg deutlich mehr Fahrräder gesehen als hier auf der Hauptverkehrsstraße Autos.

                    In Torgau angelangt, hole ich die auf dem Hinweg ausgelassene Stadtbesichtigung nach.



                    Torgau ist Lutherland. Und da noch nicht abzusehen ist, ob die Sachsen-Anhaltiner sich eventuell nur auf den Harz beschränken und somit Wittenberg außen vor bleibt, muß eben bis dahin Torgau für die Ausbreitung der Reformation herhalten. Unter anderem weihte Martin Luther mit der Kapelle auf Schloß Hartenfels den ersten protestantischen Kirchenneubau.



                    In späteren Jahrhunderten machte Torgau eher durch militärische Handlungen von sich reden. Torgau steht für das erste Aufeinandertreffen der sowjetischen und US-amerikanischen Armee an der Elbe am 25.April 1945. Genaugenommen haben sich die zwei schon vorher ein Stück elbaufwärts in Strehla getroffen (wo ich heute ebenfalls schon dran vorbeigefahren bin) und einen Tag später wurde das Ereignis noch einmal öffentlichkeitswirksam für die Kamera an der zerstörten Elbbrücke in Szene gesetzt. Egal, die Symbolkraft bleibt trotzdem bestehen.





                    Nun, Torgau ist nicht Olbernhau und ich könnte mich sicher noch eine Weile hier aufhalten. Trotzdem habe ich für heute genug und nehme lieber den Zug um 14:53, als noch länger hier in der Stadt herumzustromern. Die Zeit reicht gerade noch, um mir ein wenig Wegzehrung in Form einiger Stückchen Kuchen zu kaufen, den Bahnhof zu finden und eine Fahrkarte zurück in die sächsische Landeshauptstadt zu erwerben.

                    30 (offizielle) km
                    Gesamt: 194 km
                    Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.

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                      #70
                      AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                      Oelsnitz (Vogtland)-Campingplatz Pirk

                      Nacht vom 13. auf den 14.7.2010
                      Teilnehmer: november, Pfad-Finder, Sternenstaub


                      „Eine Nachtwanderung mit dem WAI? Wie bekloppt - da sieht es doch gar nichts!“

                      Doch es blieb keine andere Wahl: Die letzte Etappe hatte am Bahnhof Oelsnitz (Vogtland) geendet, rund 6 km vor dem Campingplatz Pirk. Und von dort wollten wir am Samstag zur letzten Etappe in Sachsen starten. Der raffinierte Schlachtplan sah vor, am Freitagabend nach der Ankunft auf dem Campingplatz nur schnell die Zelte aufzubauen und dann mit dem Auto zum Bahnhof Oelsnitz zu fahren, dieses dort zu deponieren, die Nachtwanderung zu starten und das Auto am Samstag im Zuge der Rückkehr von der letzten Sachsenetappe wieder einzusammeln.

                      So geschah es aus. Der Zeltaufbau wurde durch einen lockeren Landregen nicht unwesentlich beschleunigt. Versuche von Klippenkuckuck, das verbliebene Nachtwanderteam aus november, Pfad-Finder und Sternenstaub durch flüssiges Gold aufzuhalten, scheiterten schon im Ansatz. Nach einem erbitterten Kampf mit einer beschlagenen Frontscheibe erreichte das Kraftfahrzeug mit den Nachtwanderern kurz vor 23 Uhr Oelsnitz.

                      Obligatorisches Startfoto am Bahnhof, dann ging es los durch die ausgestorbenen Straßen dieser angegrauten Perle des Vogtlands. OT: Mal schauen, ob sich auf diese Frechheit hin ein Oelsnitzer outet

                      Überraschend komplikationslos fanden wir den Einstieg in den Wanderweg am Nordufer der Talsperre. Dass es der Fernwanderweg Eisenach-Budapest ist, wurde mir erst später bewusst. Übrigens hat sich hier die OSM-Karte auf dem GPS wirklich bewährt. So konnte ich immer wieder auf die Schnelle die Richtigkeit des Weges kontrollieren, ohne die Karte aus ihrem regensicheren Versteck herauswurschteln zu müssen.

                      Meine Fuji 100FS war bei dieser Nachtwanderung in ihrem Element. Die vermeintlich nur akademisch bedeutsamen Iso-Stufen 6400 und 10000 kamen hier mehrfach zum Einsatz. Die Bildschärfe erinnert zwar an alte holländische Meister nach einem Säureattentat ... aber lieber ein "schlechtes" Bild als gar kein Bild. Und eine gewissen atmosphärischen Reiz haben die Bilder allemal.





                      Allerdings verdanke ich der Tatsache, dass man so auch im Dunkeln fotografieren kann, die Flutung meiner Stiefel: Als ich an einem Pumpenkasten am Ufer nach einem geeigneten Auflagepunkt für WAI und Kamera suchte, traf ich einmal nicht den Steg, sondern das Wasser seitlich davon. Wenigstens war es nur knietief. Freitag, der Dreizehnte? Könnte schon sein. Denn ein Ohrring ist auch verlorengegangen (allerdings nicht mir).

                      An der Jugendherberge Dobeneck vorbei und durch die Dauercamper-Siedlung des Sportvereins hindurch erreichten wir schließlich den Campingplatz, wo uns die einzige Geräuschquelle bestehend aus Klippenkuckuck und unserem arzgebirg'schen Sonnenschein den Weg wies. Um 0:45 erreichten wir den Blauen Tempel des Flüssigen Goldes.


                      Technische Daten: 6,9 km in 1h 45‘

                      Pfad-Finder
                      Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                        #71
                        AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                        Abschied von Sachsen
                        Unterwegs von Pirk zum Drei-Freistaaten-Stein


                        Samstag, 14.August 2010

                        Nachdem alle potentiellen Staffelläufer bereits freiwillig aufgestanden waren oder aber noch sanft geweckt werden mußten, widmeten wir uns einem ausgiebigem Frühstück; der Tag versprach schließlich lang und anstrengend zu werden.
                        Scrat meldet seine Ankunft für kurz vor 10 Uhr an. Nachdem er sein Zelt aufgebaut hat, machen sich die Sachsen Karliene, Klippenkuckkuck, november und Rhodan76, die Berliner Pfad-Finder und Sternenstaub und der Franke Scrat um viertel elf auf den Weg zum Drei-Freistaaten-Stein.
                        Geplant ist eine Ankunft etwa um drei Uhr.



                        Nach einem kurzen Stück entlang des Ufers, bei dem zu sehen war, daß es durchaus schönere Ecken an der Talsperre gibt als ausgerechnet den Campingplatz, wollten wir laut auf der Karte eingezeichneten Wanderweg den Staudamm überqueren. Wegen Bauarbeiten standen wir aber vor einem Zaun: Schluß Aus Ende. Also ein Umweg über verschiedene Straßen, bis wir wieder auf den Wanderweg stoßen.



                        An einem besonders lauschigen Plätzchen auf einer dieser Asphaltpisten stoppte unser Troß vor einer Weinbergschnecke, die sogleich von allen bewundert und umsorgt wurde und die außerdem noch ein umfangreiches Photoshooting über sich ergehen lassen mußte. Die weiteren Ereignisse auf diesem Fleckchen Straße sorgten unverständlicherweise während des Rests des Tages für einen running gag. Also ich weiß nicht, was die alle hatten!



                        Bahnhof Pirk – zwar recht nahe beim Dorf Pirk gelegen, aber nicht am Campingplatz. Bis hierher hatten wir schon einen guten Teil der Strecke geschafft.





                        Wir unterqueren die imposante Autobahnbrücke und kommen endlich runter vom Asphalt. Als Ausgleich dürfen wir dafür ein ganzes Stück entlang der Autobahn laufen. Das WAI ist beeindruckt ob der vielen schnellen Flitzer, bleibt aber dennoch lieber bei uns. So viel Lärm und so hohe Geschwindigkeit sind ihm einfach unheimlich.





                        Nachdem auch das geschafft ist, zeigt sich das Vogtland von seiner schönen Seite. Selbst Sternenstaub kann den Eindruck ihrer letzten Tour revidieren und sieht recht zufrieden aus.
                        Schon lange, eigentlich von Anfang an, ist der Ruf nach einer zünftigen Wirtschaft, wo wir einkehren, Schweinebraten mit Klößen zu uns nehmen und natürlich einige Bierchen kippen können, nicht zu überhören. An der Neumühle kommen wir noch vorbei; schließlich haben wir noch eine gute Strecke Weg vor uns.



                        Die Bäche entlang unserer Wege führen immer noch leichtes Hochwasser und es ist deutlich zu sehen, wie verheerend es hier vor kurzem noch ausgesehen haben muß. Imposant sind die dahinrauschenden Wassermassen aber dennoch anzusehen. Des öfteren ist der Bach der Weg und wir werden auf diese Weise zu Wasserwanderern. Selbst knöcheltief zu durchwatende Wiesen nehmen wir klaglos hin. Was bleibt uns auch anders übrig? Ausschlußreich ist auch die Schuhwahl der Staffelläufer, von Lundhagsstiefeln über schwere Bergschuhe (mit oder ohne GTX) und Turnschuhe bis hin zu Sandalen ist alles dabei.





                        Atze1407 ruft an und klingt ganz traurig. Er muß doch länger arbeiten und kann nun nicht zu uns nach Pirk kommen. Schade.
                        Melli135 meldet, daß sie unterwegs sind und bisher alles nach Plan läuft. Schön. Nur die angefragten Semmeln wird sie auf dem Campingplatz nicht kriegen; in Sachsen gibt es Brötchen.

                        Ruderitz, zumindest was wir davon sehen, ist ein hübsches kleines verschlafenes Dorf. Einen Gasthof gibt es auch und Begehrlichkeiten werden geweckt. Aber inzwischen ist auch klar, daß eine Einkehr nicht mehr drin ist, wenn wir wenigstens einigermaßen pünktlich im vereinbarten Ort sein wollen.
                        Dem Zeitplan fällt leider auch die Burgruine Burgstein zum Opfer, die ich mir sonst gerne angesehen hätte.





                        Dafür findet sich auf einer Waldlichtung ein überdachter Rastplatz – fast genauso gut wie jedes Wirtshaus. Zeit für Brot, Kekse und amerikanische Armeenotrationen. Scrat zaubert sogar noch eine Flasche Bier aus seinem Rucksack.
                        Wo wir gerade beim essen waren: Jemand droht einem der Kälber mit einer sofortigen Verarbeitung zu einem Schnitzel, nur weil es sie nicht freudig begrüßt hat, sondern (wahrscheinlich in böser Vorahnung) blökend davongelaufen ist.



                        Dreiviertel drei. Mephisto ruft an und teilt mit, daß bereits drei Forumanen am magischen Stein warten. Ich kündige unsere Ankunft für halb vier an.
                        Inzwischen ist der Drei-Freistaaten-Stein auch auf den Wegweisern ausgeschildert, die noch zu bewältigenden Kilometer lassen aber noch nicht aufatmen. Noch ist weiterhin straffes wandern angesagt.



                        Der ehemalige Kolonnenweg beginnt. WAS AUCH IMMER es gewesen sein mag, vermutlich eine unbekannte Macht: von hier ab spurte ich los. Unaufhaltsam enteile ich, das WAI im Gepäck, den anderen und komme mit reichlich Vorsprung am Drei-Freistaaten-Stein an, übrigens genau um halb vier. Blauloke und Mephisto können es kaum erwarten, das WAI in die Hände zu bekommen. Also dürfen sie es schon mal zur Probe begutachten und staunend auspacken. Masc betrachtet das Getue gelassen; schließlich hat er schon zwei WAI-Etappen hinter sich.



                        Währenddessen stoßen die beiden Bayern Melli135 und umeier zu uns, die vor kurzem vom Bahnhof Grobau losgelaufen sind. Bereits von weitem werden sie aufmerksam mit der Kamera verfolgt. Auf diesem Weg ist ein unbeobachteter Grenzübertritt einfach nicht möglich.



                        Als nach einer Weile der Rest der Truppe ankommt, erfolgt die feierliche offizielle Übergabe des WAI von den Sachsen an die Bayern und Franken.



                        Scrat läßt sich foppen und springt auf den Hinweis hin, im Bach unter dem Stein sei ein cache zu finden, in den eiskalten Bach. Zu finden war dort (natürlich) nichts, er macht aber dennoch gute Mine zu Mephistos bösem Spiel.



                        Nach ein wenig Rumgeplänkele verteilt sich ein Teil der Meute auf die vorhandenen Autos. Lediglich drei Gestalten lassen sich zum Bahnhof Grobau fahren, um von dort den Zug über Plauen nach Oelsnitz zu nehmen, wo sie mit Pfad-Finders gestern dort abgestelltem Auto ebenfalls zum Campingplatz nach Pirk zurückkehren.



                        Der Rest des Abends folgt dem üblichen Schema eines ods-Treffens.


                        Abschiedsphoto vor der Feuerlöschwand
                        Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.

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                        • blauloke

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                          #72
                          AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                          15.8.2010
                          Drei-Freistaaten-Stein - Saale bei Hirschberg



                          Nachdem mich Mephisto zum Drei-Freistaaten-Stein gebracht hatte marschierte ich mit dem WAI los.


                          Zunächst ging es entlang der Grenze auf thüringischer Seite bis Mödlareuth. Dieses ehemals, wie Berlin, durch eine Mauer geteilte Dorf beherbergt das Deutsch-Deutsche-Museum.
                          Es schildert die Trennung des Dorfes wärend der deutschen Teilung.
                          Wegen dem einsetzenden Regen besichtigte ich zuerst die Fahrzeughalle und sah mir den Informationsfilm an. Als der Regen vorbei war ging ich über das Freigelände, dass die ehemaligen Sperranlagen in verschiedenen Ausbaustufen zeigt.













                          Durch hügeliges Gelände kam ich durch das idylische Dorf Isaar.



                          Weiter auf schmalem Pfad das Steilufer der Saale abwärts erreichte ich diese bei Joditz.






                          Hier bestellte ich dem WAI erst mal das fränkische Nationalgericht "Schäufele mit Knödel" und ein frisches Pils. OT: Es sind dann doch zwei Pils geworden Das WAI hatte bedenken dass es noch mehr an Gewicht zulegt und so opferte ich mich und verzehrte das Schäufele an Stelle des WAI.





                          Joditz selbst ist ein hübsch heraus geputzter Ort.





                          So gestärkt trug ich das WAI bei herrlichem weiß-blauem bayerischen Himmel weiter. Selbst den Weg versperrende, böswillige Wurzelstöcke konnten mich nicht aufhalten.





                          Immer wieder auf die Saale treffend erreichte ich die Brücke nach Hirschberg.



                          Davor bog ich ab und ein paar Kilometer weiter fand ich einen guten Platz im Wald, nahe der Saale wo ich eine ruhige Nacht verbrachte.
                          Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                            • 22.08.2008
                            • 8911
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                            #73
                            AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                            16.8.2010
                            Saale bei Hirschberg - Steinbruch bei Horwagen



                            Nach meinem Frühstück packte ich zusammen und stieg vom Fluss den Hang hoch zur schmalen Teerstraße. Dort ist die riesige Abraumhalde eines Schieferbruchs. Hier befand ich mich im Gebiet des thüringischen Schiefergebirges. Die Halde, sowie der Bruch, stehen unter Naturschutz und dürfen nicht betreten werden. Der Schieferbruch ist bereits lange nicht mehr in Betrieb. Die Natur hat sich das Gelände zurück geholt. Früher wurden mit den Schieferschindeln die Häuser gedeckt.

                            Dem Sträßchen folgend hatte ich bald einen Blick über das Saaletal zur A9.



                            Die A9 unterquerend erreichte ich die Saale wieder bei Sparnberg. Das schöne Ortsbild wird durch die Schieferdächer bestimmt.
                            Hier wechselte ich über den Holzsteg auf das thüringische Ufer der Saale weil auf dieser Seite der Weg näher am Fluss verläuft.



                            Bald darauf erreichte ich die Wüstung Saalbach. Dieses Dorf wurde in den Jahren 1955 - 1960 abgerissen, weil es direkt am Fluss lag und die DDR das Grenzgebiet räumte. Später wurde bei einer Bohrung eine Mineralquelle erbohrt. Das Wasser schmecht auch sehr mineralhaltig. Meine Wasserflaschen habe ich damit nicht aufgefüllt. Ein Steg führt zum bayrischen Ufer. Eine vorhandene Sitzgruppe nutzte ich für eine Rast und kochte mir eine Nudelsuppe.







                            Gestärkt ging ich bei sonnigen Wetter weiter. Gegenüber der Blumenaumühle fand ich noch dieses aufgelassene Alaunbergwerk. Das Betreten ist verboten und das herausfliesende Wasser sieht schön giftig aus.



                            Zunächst auf dem Kolonnenweg führte mich der weitere Weg bald über die Schmalspurgleise einer früheren Werksbahn, unterhalb von Blankenberg, direkt an der Saale entlang.





                            Die Bahn verband zwei Werke einer Papierfabrik. Heute wird sie noch touristisch als Pferdebahn genutzt.


                            In Blankenstein füllte ich meine Vorräte auf. Hier beginnt auch der Rennsteig, den können die Thüringer machen. Ich verlies über die Selbitzbrücke endgültig Thüringen. Ab hier wanderte ich auf dem Frankenweg.




                            Zunächst stand am Beginn des Höllentalsdieser alte Zug. Mit ihm wurde Zellulose aus einem Werk im Tal transportiert.



                            In der Wirtschaft beim Schaubergwerk Friedrich-Wilhelm-Stollen, in der Nähe des Talausgangs, gab es die nächste Biersorte für das WAI.



                            Der Weg durch das Höllental ist ein breiter Schotterweg der bequem zu gehen ist. Die Selbitz hat sich hier tief in das harte Diabasgestein geschnitten und imposante Felsen freigelegt, wie den Hirschsprung. Im Flussbett liegen immer wieder Steine die der ganzen Szenerie einen romantischen Anstrich geben.





                            Kurz vor Marxgrün schlief ich etwas auf einer Bank. Beginnender Regen weckte mich. Bald steigerte er sich, so dass ich den Ort bei strömenden Regen durchschritt. Im Wald verlies ich den Frankenweg um zum Marmorsteinbruch Horwagen zu gelangen. Der andauernde Regen steigerte sich zum Wolkenbruch. Schlieslich fand ich eine Bushaltestelle in der ich den stärksten Schauer abwarten konnte. Nachdem der Regen schlieslich aufhörte ging ich weiter zum Steinbruch. Leider ist der Marmorsteinbruch Horwagen, der zu den schönsten Geotopen Bayerns zählt nur an einer Stelle zugänglich.



                            Bei wieder einsetzenden Regen und immer wieder starken Windböen fand ich eine überdachte Bank auf der ich mein Nachtlager errichtete.

                            Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                              • 22.08.2008
                              • 8911
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                              #74
                              AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                              17.8.2010
                              Steinbruch bei Horwagen - Oberehesberg


                              Nach einer windigen Nacht und bei ständigem Regen setze ich meinen Weg fort. Zunächst suche ich mir eine Strecke auf geschotterten, breiten Forstwegen. Bei starkem Regen lassen sich diese Wege doch besser gehen als die schmalen Waldwege die ich sonst bevorzuge. Durch den Gerlaser Forst erreiche ich einen Aussichtspunkt über dem Lamnitztal.



                              Beim Abstieg ins Tal komme ich an einem Felsen mit gelb leuchtenden Flechten vorbei. Denen scheint der Regen gut zu bekommen.



                              Bald erreiche ich den Talgrund. Da es immer leicht abwärts geht komme ich gut voran. Der Regen steigert sich immer mehr. Schlieslich suche ich Schutz in einem überdachten Jägerstand und mache erst mal Rast. Offenbar hat der Jäger vor dem Stand eine Suhle für Wildschweine angelegt. Leider bekomme ich wärend der Stunde, die ich vom Jägerstand blicke, kein Tier zu Gesicht.



                              Trotz anhaltendem Regen gehe ich weiter. Bald steige ich auf einem schmalen Waldweg den Talhang hoch. Oben wechsle ich erst mal meine nassen Socken gegen mein zweites, einigermasen trockenes, Paar. Auf der Hochfläche kommt jetzt auch noch Wind dazu. Hier kann er frei über die Felder blasen.
                              Typisch für den Frankenwald ist die Dreiteilung in die Wiesen am Talgrund, die Wälder an den Hängen und die Felder oben auf den Höhen.
                              Endlich erreiche ich Wolfersgrün, wo ich bei strömenden Regen in der Gaststätte "Neue Welt" einkehre. Ich bestelle mir etwas zu essen und das WAI bekommt diesmel ein dunkles Bier.



                              Den heutigen Tag hatte ich als Aussichtstag geplant. Deswegen werde ich heute auch insgesamt vier mal auf die Berge des Frankenwaldes steigen und dazwischen immer wieder in die Täler absteigen. Die geplante Aussicht viel dabei buchstäblich ins Wasser.







                              Nach dem steilen Abstieg nach Schnappenhammer ging es bald wieder lange aufwärts zum Diabasbruch am Galgenberg. Einem vor vielen millionen Jahren erfolgtem, untermeerischen Vulkanausbruch. Die dabei entstandenen kissenförmigen Lavabrocken sind noch gut zu erkennen.



                              Der Regen hatte mal etwas nachgelassen. Der Blick in den Rodachgrund öffnete sich.



                              In Bernstein am Wald füllte ich meine Vorräte in einem kleinem Laden wieder auf. Außerdem gab es dort einen saftigen Zwetschgenkuchen, den ich gleich im Laden verspeißte.



                              Vorbei am imposanten Gasthof "Fels" stieß ich wieder auf den Frankenweg, dem ich dem restlichen Tag folgte.



                              Wieder setzte starker Regen ein. Abwechslungsreich führte der Weg auf und ab und über Felder und durch Wälder. Zwischendurch suchte ich noch einmal Schutz in einem Jägerstand. Aussicht gab es nur noch auf den Hinweisschildern.



                              Unterwegs hatte ich ein Schild einer Wanderpension gesehen. Diese lag zwar hinter meinem heutigen Tagesziel, aber auf die paar Kilometer mehr kam es auch nicht mehr an. Total nass und bei einbrechender Dunkelheit kam ich an und klingelte. Die Familie Ziegler war überrascht dass bei diesem Regenwetter jemand unterwegs war, nahmen mich aber, trotz gerade laufender Umbauarbeiten in der großen Ferienwohnung, auf. Im Heizungskeller konnte ich meine nasse Ausrüstung zum Trocknen ausbreiten. Eine Dusche tat mir auch gut und zum Abschluss gab es noch hausgemachte Sulz mit Musik und ein Weizen.

                              Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                                • 22.08.2008
                                • 8911
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                                #75
                                AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                                18.8.2010
                                Oberehesberg - Wald bei Mitwitz


                                Es ist einfach angenehm Morgens trockene Kleidung anzuziehen. Die selbstgemachten Marmeladen der Frau Ziegler schmeckten sehr gut beim Frühstück. Herr Ziegler sagte mir noch dass in Kronach gerade das Schützenfest ist und so hatte ich für heute ein weiteres Ziel anzusteuern. Frisch gestärkt verabschiedete ich mich von der freundlichen Familie.
                                Der Regen hatte über Nacht aufgehört, aber die Wolken hingen noch tief über der Landschaft. Den Aussichtsturm auf der Radspitz bestieg ich nicht. Das hätte auch nichts gebracht.



                                Ich bewegte mich weiterhin auf dem Frankenweg. Dieser ist gut markiert, führt über abwechslungreiche Wege und immer wieder gibt es Wirtschaften unterwegs. Heute geleitete er mich direkt zur Festung Rosenberg in Kronach.



                                An dieser Kapelle kam etwas später vorbei. Sie steht auf dem Gelände einer Wüstung. Leider habe ich versäumt den Namen des untergegangenen Dorfes aufzuschreiben.



                                Der Muschelkalkaufschluss "Zeyerner Wand" ist leider ziemlich eingewachsen. Vor ein paar Jahren war noch die gesamte Wand sichtbar. OT: Ich hoffe ich habe nicht zu stark mit meinen geologischen Besichtigungen genervt. Ich interessiere mich halt dafür. Das meiste ist jetzt auch vorbei.



                                Über das Rodachtal blickte ich zurück in den Frankenwald der durch die fränkische Linie begrenzt wird. Aus diesen Wäldern bin ich heute gekommen.



                                Eine Bank am Aussichtspunkt nutze ich gleich zum Rasten und CousCous kochen.



                                Die nun offene Landschaft gibt immer wieder Blicke in die Gegend frei.





                                Kronach erreiche ich direkt an der Festung Rosenberg. Im Festungsgraben sind moderne Bildhauerarbeiten ausgestellt, u.a. dieser Torwächter.



                                Die Festung selber ist ein imposantes Bauwerk. Zunächst schaue ich mir die Anlage von außen an.









                                Weil die Führung erst später beginnt besichtige ich noch die "Fränkische Galerie". In dieser sind Kunstwerke aus dem Mittelalter und der Renaissance ausgestellt. Darunter auch einige Werke von Lucas Cranach dem Älteren. Das ist der berühmteste Sohn dieser Stadt, nach der er sich auch benannte. Eine Austellung über die frühere Gewehrherstellung in Kronach schloss sich an und eine derzeitige Sonderaustellung von Otmar Alt. Dieser schafft sehr bunte Bilder und Figuren.



                                Die Führung durch die Festung zeigt die wehrhaftigkeit der Anlage. Man besichtigt die ganzen Befestigungen und Wälle. Der enge Gang unter den Basteien wird nur durch Kerzen erhellt, von denen jeder Besucher eine bekommt.





                                Die Festung wurde dreimal belagert, aber nie erobert. Wie die "Kronacher Hosnkuh" die Schweden zum Abzug veranlasste habe ich auf der Rückseite der Eintrittskarte beschrieben und diese in die Dose des WAI gelegt. Diese Geschichte ist exclusiv für die Träger des WAI und wird hier nicht veröffentlich.

                                Inzwischen hatte es wieder leicht zu regnen begonnen. Ein kurzer Rundgang durch die Kronacher Altstadt musste noch sein.











                                Auf dem Kronacher Schützenfest zeigte ich dem WAI was eine bayerische Maß ist. Durch die frühe Tageszeit und den Regen waren nicht viele Besucher anwesend. In den Bierhallen gibt es nur etwas zum Trinken, aber kein Essen. Das kann man sich von den außerhalb liegenden Ständen mitbringen. Ein Brauch den ich von den Bierzelten her so nicht kenne.





                                Nach dem Kauf von gebrannten Mandeln, als weiter Wegzehrung, bewegte ich mich mal wieder lange aufwärts. Schlieslich erreichte ich die Heunischenburg westlich von Kronach. Diese bronzezeitliche Befestigungsanlage wurde bereits im 9 Jh. vor C. zerstört.
                                Ein Modell in der "Fränkischen Galerie" zeigt den früheren Bauzustand. Der Abschnitt mit der Zufahrt und der Eingangspforte sind rekonstruiert.







                                Von der Burgmauer aus sah ich nach mehreren Tagen auch mal wieder die Sonne scheinen.



                                Eigentlich wollte ich innerhalb des Burggeländes übernachten. Aber der Hofhund vom nahe gelegenen Bauerhof bellte ständig. Ich bin dann noch vom Burgberg abgestiegen und habe mir im nächsten größeren Wald einen Zeltplatz gesucht.
                                Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                                  • 22.08.2008
                                  • 8911
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                                  #76
                                  AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                                  19.8.2010
                                  Wald bei Mitwitz - Pfarrwald bei Isling


                                  So gut war mein Zeltplatz nicht gewählt. In der Nacht hat mich niemand gestört, aber gegen sechs Uhr in der Früh fangen Forstarbeiter in der Nähe mit ihren Motorsägen das Bäume fällen an. Schnell packe ich meine Sachen zusammen und verschwinde.
                                  Zunächst muss ich lange auf einer schmalen Asphaltstraße gehen und hole oberhalb von Beikheim mein Frühstück nach. Nach Beikheim kann ich wieder Feld- und Waldwege benutzen.



                                  Nach der Durchquerung des nächsten Waldes komme ich nach Oberlangenstadt. Hier entdecke ich dieses kleine Schloß das noch bewohnt wird.



                                  Von Hummenberg aus habe ich einen Überblick über einen Teil meiner heute zurück gelegten Strecke. Das Wetter wird auch besser. Es regnet nicht mehr. Die dichte Bewölkung verschwindet und ab Mittag scheint die Sonne.



                                  Wieder führt mich mein Weg in den Wald. Zuerst ein normaler Waldweg, wird er bald zu einem Pfad der mich durch felsiges Gelände aus Buntsandstein führt. Zeitweise habe ich keine Ahnung mehr wo ich eigentlich bin. Solange die allgemeine Richtung stimmt wandere ich weiter und finde am Schluss aus dem Wald.







                                  Am Waldrand treffe ich auf den alten jüdischen Friedhof von Burgkunstadt.





                                  Von dort aus habe ich auch einen schönen Blick über das obere Maintal.



                                  In Burgkunstadt angekommen frage ich mich erst nach einem Gasthof durch. Dort angekommen gibt es erst mal einen Kellertrunk und einen fränkischen Sauerbraten. Es rasten auch viele Radfahrer hier, die den Maintal-Radweg fahren.



                                  Nach der Mittagspause besichtige ich Burgkunstadt. Die Altstadt auf dem Berg ist frisch renoviert und zeigt viele Häuser mit Fachwerk, besonders um den Marktplatz.







                                  Die Unterstadt wird von den Gebäuden des Baur Versands dominiert.



                                  Am Bahnübergang nach Burgkunstadt bremst mich dieser Zug aus.



                                  Nach den Geleisen gehe ich am großen Strössendorfer Weiher entlang.Da inzwischen die Sonne scheint und es recht warm ist suche ich mir eine ruhige Stelle zum Baden und Sonnen.
                                  Eine Stunde später breche ich wieder auf. Strössendorf hat ebenfals ein noch bewohntes Schloß und einige Fachwerkhäuser. Auch sind Wirtschaften vorhanden an denen ich tapfer vorbei marschiere ohne einzukehren.





                                  Hinter dem Ort kommt wieder Wald. Im Schatten geht es aufwärts. Am Waldende begrüßt mich weiß-blauer bayerischer Himmel.



                                  Entlang eines Hügelrückens wandernd habe ich weite Ausblicke ins Land und eine mächtige, alte Eiche steht am Wegesrand.





                                  Im nächsten Wald sind viele Biker unterwegs. Hier ist ein Franken-Bike-Marathon ausgeschildert der am Wochenende statt finden soll. Es wird anscheinend fleißig trainiert.
                                  Schlieslich finde ich einen ruhigen Platz für mein Lager. Weil ich heute relativ früh Schluss gemacht habe sitze ich noch lange außerhalb des Zeltes und schaue dem Wald beim Dunkel werden zu.

                                  Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                                    • 22.08.2008
                                    • 8911
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                                    #77
                                    AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                                    20.8.2010
                                    Pfarrwald bei Isling - Lichtenfels


                                    Bald nach meinem Aufbruch komme ich aus dem Wald und halte erst mal auf den Friedhof von Isling zu. Ich habe nämlich kein Wasser mehr und im Friedhof fülle ich meine Wasserflaschen wieder auf.



                                    Dann überlege ich ob ich Isling umgehe oder durch den Ort wandere. Schlieslich entscheide ich mich für die Strecke durch das Dorf. Zum Glück. Isling ist eines der schönsten Dörfer die ich bis jetzt gesehen habe. Die alten Gebäude sind alle renoviert, alte große Bäume wachsen im Dorf verteilt. Auf dieses Dorf trifft der Spruch zu:

                                    „Franken ist wie ein Zauberschrank immer neue Schubfächer thun sich auf und zeigen bunte, glänzende Kleinodien,. Wer Deutschlands geheimste jungfräuliche Reize genießen will, muß nach Franken reisen.“

                                    Karl Immermann, fränkische Reise, Herbst 1837







                                    Bereits in der Kirche von Burgkunstadt ist mir aufgefallen, dass die Heiligenfiguren nur weiße Gewänder mit goldenem Saum anhaben. Hier ist es das gleiche. Anscheinend ist das in dieser Gegend so. Wo ich herkomme sind die Heiligen immer bunt angemalt.



                                    Nach dem Dorf kommt bald wieder Wald. Ein größeres Gebiet mit Buchen steht unter Naturschutz. Draußen brennt die Sonne vom Himmel. Ich trage das WAI durch den kühlen Buchenwald.





                                    Mein Weg führt weiter nach Klosterlangheim. Gerade als ich die Ortschaft erreiche öffnet der "Klosterhof". Somit mache ich erst mal Frühschoppen.
                                    Ein Seidel Bier und der Klosterteller sind genau richtig.



                                    Der Wirt erzählt mir dass, das Kloster früher immer einen Taler reicher als das Bistum Bamberg war. Wärend der Säkularisation wurden die größten Teile der Bauten abgerissen, der Rest verkauft. Die noch stehenden Gebäude befinden sich in Privatbesitz und können nur von außen besichtigt werden. Einen Eindruck von der früheren Größe bekommt man auf jeden Fall durch die im ganzen Ort verteilten Gebäude.



                                    Dem Prälatenweg folgend bewege ich mich Richtung Lichtenfels, weiter durch schattigen Wald. Links und rechts des Weges sind immer wieder alte Steinbrüche. Am Gretchenbrunnen, einer sprudelnden Wasserquelle im Wald, mache ich Mittag.
                                    Danach steige ich nach Lichtenfels ab. Lichtenfels ist eine Kreisstadt im sogenannten "fränkischen Gottesacker". Außerdem existiert hier eine alte Korbmachertradition, die immer noch lebendig ist. Im ganzen Stadtgebiet sehe ich immer wieder Schaustücke die geflochten sind. Vor dem Rathhaus steht der größte Präsentkorb der Welt.







                                    Zum Abschluss der Tour gab es für das WAI noch ein original "Bamberger Schlenkerla Rauchbier". Ein Bier mit einem intensiven Rauchgeschmack.



                                    Mit dem Zug ging es dann nach Erlangen wo ich das WAI an Scrat79 überreichte.
                                    Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                                    • Scrat79
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                                      Liebt das Forum
                                      • 11.07.2008
                                      • 12533
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      #78
                                      AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch
                                      Sonntag 22.08.2010

                                      Eine Tour wo wie sie sein sollte.
                                      Toll begonnen, toll geendet.
                                      …und dazwischen ein bisschen Chaos…


                                      Franken, Bike und WAI - ein gutes Team

                                      Alles begann, als Gott die Erde, äh, nein. Ich spul lieber mal vor. Freitagabend. Ich fahre erst meinen Puter runter und anschließend mich nach Erlangen. Dort warte ich erst mal auf Blauloke.
                                      Da ich einige Minuten zuvor da bin entschließe ich mich oben am Bahngleis zu warten… Der Zug kommt. Leider mit Verspätung. Aber geht ja noch. Aussteigen seh ich ihn schon mal nicht. Also doch lieber anrufen. Sein Anschlusszug geht ja auch in ein paar Minuten ab. Völlig verdutzt finden wir uns und überreichen hecktisch das WAI. Viel Zeit haben wir nicht. Und die wenige Zeit werde ich noch mit erwartungsvollen Augen von nem zersausten Gesellen angepumpt. Könnte jemand von ODS sein. Einer von den Survivlern vielleicht...
                                      Hermann wimmelt ihn mit den Worten: „Da brauchst nix mehr rausrücken Bernd, den hab ich schon bezahlt…“
                                      Quasi mit diesen Worten verabschieden wir uns auch schon voneinander. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Hermann schon nen Zug eher gekommen ist und ich ne halbe Stunde am Bahnsteig und er unten gewartet haben…
                                      Wenigstens das WAI haben wir erfolgreich übergeben. Und ich weis wo es wieder eingesetzt werden muss. Lichtenfels. Aber heute ists eh schon zu spät. Und zuhause warten ein paar hungrige Tiger, auf ihren Dosenöffner.

                                      Am Sonntag den 22.08.2010 geht’s auch schon los. Die Wegplanung hab ich ein wenig spärlich betrieben. Hab ja noch zwei Stunden Zugfahrt vor mir. Da hätt ich ja sonst Langeweile. Tourplanung wird sowieso überschätz!
                                      Das Abenteuer ruft.
                                      Schnell noch alle Vortags zusammen gesammelten Utensilien im Rucksack verstaut.
                                      Beim Frühstück fällt mir auf, dass der favorisierte Zug, schon weg ist. Mist. Um ne Stunde vertan. Also nochmal Netbook an und neue Verbindung gesucht und die Zugverbindung vorsichtshalber ausgedruckt. Immer gut zu wissen, auf welchen Gleis es weiter geht. Ist ja nicht viel Zeit zum Umsteigen…
                                      Kurz bevor ich meinen Ar*** zum Bahnhof schwingen will, melden sich natürlich noch zwei verhungerte Gestalten auf vier Pfoten an. Dadurch wird’s schon ein wenig knapp um den Zug noch zu erreichen. Auf der hektischen Fahrt zum Bahnhof der erste Schreck: Ist die Karte mit dabei??? Sonst wird die Navigation doch ein wenig schwierig. Aber Entwarnung! Karte ist drin und das GPS-Gerät schlummert auch schön vor sich hin. Da zahlt sich halt die gute Vorbereitung aus!


                                      (Lieber Leser, dieses Bild entstand nach der Tour)

                                      Abgekämpft sitze ich zusammen mit nem Bayernticket Single (welches mir vom Namen her schon zuwider ist) und nem Glückslos der DB im Zug. Ich weis zwar bis heute nicht, warum die DB zwischen Singles und Pärchen unterscheidet, aber wenn die unbedingt meinen derzeitigen Verbandelungszustand wissen wollen, sollen se des doch ruhig erfahren…
                                      Ich sitze im Zug und die Nervosität legt sich je näher ich Nürnberg komme. Doch halt! Wo ist der verflixte Zettel, mit den Angaben wann und wo es in Nbg. weiter geht??? Suchen hilft nix. Der muss wohl zuhause auf dem Küchentisch liegen. Zusammen mit den Katzen. Na die werden sich freuen…
                                      Zum Glück hatte ich in der heimlichen Hauptstadt Mittelfrankens doch noch ein paar Minuten um zum nächsten Bahnsteig zu kommen. So ist zumindest dies kein Problem.
                                      Dem Ziel näher kommend befreie ich das WAI aus seinem dunklen Versteck. Die Reise will gut Dokumentiert sein! So ein Fahrrad im Zugabteil mit der reichlich beklebten Dose macht schon was her.
                                      AAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHHHRRRRRRRRRRRRRRRRRRGGGGGGGGGGGHHHHHHHHHH!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
                                      Himmelkreizdunnerweddernommalnah! Su a verflixde Sauerei! Herschafdzeiden nommalna! Des kann doch ned wahr sei! A so a drum Doldi der dammische Sgräd! A Debb von där Dulln wech! Had des Rindviech von Bernd ned doch den bläidn Foddo daham glassn??????
                                      Däi Duur fängt ja scho amol goud oh! Und da habd ihr etz den Dregg im Schächdala! Iich schreib edz nämlich auf Frängisch waider! Aus drotz! So.

                                      OK. Jetzt ist natürlich die Frage, ob ihr des ausbaden sollt. Gut. Damit ah die Preisn hier im Forum ;-P was verstehn, halt ich mich a wenig zurück. Aber komplett versprechen werd ichs ganz bestimmd net..
                                      Nachdem ich zuvor mal bei Guuglörs nachgemessen hab und zum Entschluss gekommen bin, dass es Luftlinie von Lichtenfels zum Walberla knapp 30km sein müssten steht der Entschluss, über Dörfer, Landstraßen und Wanderwege Richtung Aufseßtal zu fahren. Schöne Gegend dort. Mit Kurven, und dem ganzen drumrum fahren wird’s dann halt auf 60 Klicks kommen.
                                      Am Lichtenfelser Bahnhof zum Wegloggen noch die Wunderkiste eingeschaltet und auf kürzestem Weg die Stadt verlassen. Den Burgberg links liegen gelassen näherte ich mich Mistelfeld. Der Fahrradweg, auf dem ich dahin rollte verlangte mir schon einiges ab. Immerhin hatte ich ein vollgefedertes Mountainbike unterm Allerwertesten. Und die Dinger vertragen natürlich nicht all zu viel Teer. Hier ist mit erhöhtem Verschleiß zu rechnen! Denn wer genau hinhört, wird solch Fahrradtype leise weinen hören, da sie abseits von ihren natürlichen Lebensraum, dem Gelände, genutzt werden. Und was salziges Tränenwasser so anrichtet, könnt ihr euch ja vorstellen. Ihr glaubt mir die Geschichte mit dem weinenden Fahrrädern abseits ihres natürlichen Zuhauses nicht?? Dann fahrt mal mit nem Rennrad ne Downhill-Strecke runter, deren weinen hört dann sogar ihr.
                                      Gemächlich zieht sich der Fahrradweg durch Klosterlangheim. Vom Namen her wohl ein Ort, den Göga lieben wird. Als meine Augen erblicken, dass es hier auch ein Roth gibt, entschließe ich mich natürlich die paar Kilometer mehr auf mich zu nehmen. Immerhin sollte das WAI auch mal in Roth sein. Besonders spektakulär wars dann zwar doch nicht, weswegen ich mich entschloss hier keine Fotos zu machen… :-O
                                      Meine unglaubliche Reise führte weiter durch Mönchkröttendorf. Ein Dorf wie es im Buche steht. Die Häuser waren wohl meist schon älter als ihre Bewohner. Und diese waren vom jugendlichen Alter wohl durch die Bank weit entfernt. Vor den Häusern erblickte ich ein Mütterchen, welches in Gebrüder Grimms Märchenwelt wohl einen Ehrenplatz unter den guten Mütterchen einnehmen konnte. Ihre grauen Haare von einem Kopftuch bedeckt, saß sie da und ließ den Herrgott einen guten Mann sein. Ruhig auf ihrem kleinen Bänkchen vor ihrem alten Bauernhof. Daneben ein schöner Lindenbaum. Der Misthaufen dekorativ mitten im Hof. Dahinter sie. Eine junge Katze streunte durch den Hof und im Hintergrund hörte man die Kühe aus dem Stall. Die Schubkarre zeigte, dass hier noch nicht all die Arbeit von unpersönlichen Maschinen erledigt wurde. Dies war einer der Bauernhöfe, für die Romantiker sterben würden, und wirtschaftlich Denkende schnell die Flucht ergreifen.
                                      Allein dafür, dass ich dieses Bild nicht mit von der Tour bringen kann, hätte ich mich Ohrfeigen können. Aber auf dem Foto wäre diese Idylle wohl kaum so gut rüber gekommen. Keine Chance! So strengt euch an und lasst eure Phantasie spielen, dann könnt ihr vielleicht sogar die gute Landluft riechen.

                                      Nun wie diese liebe Welt nun ist, kommt nach dem Vergnügen stets die Arbeit. Wars anders rum? Nee. Kann nicht sein.
                                      Die nächsten 172 Höhenmeter, die sich auf knappen zweieinhalb Kilometer verteilten sollten nun wirklich in Arbeit ausarten. Oben angekommen wurde ich schon von einem wirklich passenden Ortschild empfangen.
                                      Ich bin in „Lahm“ angekommen. Der erste Einheimische meinte nur spöttelnd ich sollte doch einfach in den untersten Gang schalten. Klugsch****! Was meint der Kerl warum bereits mein vorderes kleines Ritzel glüht?? Gut mags nicht der erste sondern der dritte Gang gewesen sein. Wurscht! Hätte ich noch Luft in meinen Lungen gehabt, hätte ich vor mich hin geflucht…
                                      Um etwas Strecke zu machen fuhr ich weiter auf geteerter Straße. An einer kleinen Steigung durfte ich auf offener Straße noch zwei Reisebusse überholen, die hier Jugendliche an ihrem Zeltplatz abluden. Faule Bande! Mit dem Bus. Und dann noch soooooo viel Gepäck! Püh!
                                      Die Abfahrt nach Rothmannsthal genoss ich dagegen. Nachdem ich mit voller Geschwindigkeit in den Ort gedüst bin, dachte mir nur noch „hoffentlich steht jetzt kein Blitzer da“. Und prompt wurde ich von einer Polizeimotoradstreife überholt. Ähm. Hubs. Wohl etwas zu schnell?? Ich legte mir bereits Ausreden zurecht und setzte mein nettestes Chaotenlächeln auf, bis ich merkte, dass der Polüzüst wohl eher hinter spinnenden Motorradjunkies her war.
                                      Glück gehabt!
                                      Das es nach Mährenhüll nun wieder den Berg rauf ging brauche ich wohl nicht mehr zu erwähnen. Ab dort dann aber erstmals über echte Wege. Kein Asphalt. Kein Teer. Zwar auch kein großes Gelände aber immerhin ein schöner Waldweg.
                                      In Schederndorf konnte ich doch gerade noch die Bremse reinhaun. Währe ich doch fast an der Brauereiwirtschaft vorbei gedüst! Hach! Aber eine innere Stimme hielt mich wohl davon ab. „Wer Rastet, der Isst.“ Oder so..
                                      Ne Vesperplatte mit geräucherten Schinken und Ziebelkäse. Dazu noch Butter und Zwiebeln. Grad richtig so! Ziebelkäse ist ein recht weiches Gebapp. Geht eher Richtung Quark als Käse. Aber lecker! Zusammen mit dem Radler war des ne recht schöne Stärkung. Und nicht zu viel. Hab schon schlechte Erfahrungen mit Schäufele und sportlicher Betätigung gemacht. Gschmeckt hätts mir heut bestimmt auch. Aber die Vernunft hat einfach gesiegt. Drum auch nur ein Radler und kein Bier. Wer weis wie viele Kilometer ich –bei gleicher Strecke- sonst so auf den Tacho gebracht hätte …
                                      Nachdem ich dann auch mal meinen Kilometerstand abgeglichen hab und die Karte etwas genauer studiert habe, bemerkte ich, dass meine Guuglörs-Recherche wohl oder übel einfach nur Mist war!
                                      Ich weis bis heute nicht, was ich gemessen habe. Aber 30km Luftlinie kommen noch nicht mal hin, wenn ich den Raum zwischen Lichtenfels und Walberla falte und mittels Wurmloch durchquere! Verflixte Technik. Hätte ich nicht soviel Vorplanung betrieben! Dann wäre ich nicht mit solch falscher Vorstellung gestartet.
                                      Frustriert erklomm ich den Sattel der Schmerzen. Wie sich so eine kleine Pause auf die Muskulatur auswirken kann! Nach Gräfenhäusling gings dann auch recht langsam. Wir wollen ja nicht übertreiben. Roßdorf zeigte mir dann auch wo ich bin. Immerhin heißt es voll ausgeschrieben „Roßdorf am Berg“.
                                      Berge. Hier? Hier in der Fränkischen? Klar war mir schon vor der Tour bewusst, dass die Fränkische kein preußischer Pfannkuchen ist. Aber dass wirklich zwischen JEDEM Kaff mindestens ein Berg oder ein kleines Tal liegt muss ich wohl bisher verdrängt haben.


                                      Hier habe ich doch noch ein Bild gefunden, das ein unbekannter Künstler von mir gemacht hat. Man beachte die Fahne: Ich hatte GEGENWIND!!!

                                      Auch hier muss ich ein weiteres Mal sagen, dass sich exakte Tourplanung, wie ich sei hier wieder in vorbildlichster Art und Weise betreibe lohnt!
                                      Steinfeld bergauf. Dann wieder runter ums nach Königsfeld bei Huppendorf sogleich wieder rauf zu strampeln. Dabei muss ich erwähnen, dass das Huppendorfer Bier schon einen Abstecher wert gewesen wäre. Leider nicht für mich. Eiserne Disziplin hielt mich davon ab. Und das Wissen, dass ich dann wohl nicht mehr Heim gekommen währe!
                                      Die Vernunft kehrte ein und entschloss nach Hirschaid zu reisen. Sollte zumindest heute noch zu schaffen sein. Die Sonne brannte auf meine müden Knochen und das Wasser das ich hier Kilometer für Kilometer mitschleppte, wollte so gar nicht schmecken. Was mache ich hier nur? Fahre durch Gegenden, die von der Brauereidichte her eher dem Himmel gleichen und ignoriere dies derart eisern? Hier wäre ein trinkfester Mitstreiter geeigneter. Ein Mitstreiter sowie ein Zelt. Ein einfach aufzubauendes Zelt! Nur für den Fall der Fälle. Vielleicht auch einfach nur ein warmer Kittel.
                                      Laibarös, Herzogenreuth und Lindach. Kleine Dörfer wie sie hier überall zu finden sind. Viele Felder um sie, durchzogen von kleinen Wäldchen. Unermüdlich dröhnen die Traktoren über die nahen und fernen Felder. Mähdrescher verrichten fleißig ihre Arbeit und die Pfarrer freuen sich wohl eher über schuldbewusste Opfergaben, denn an Schäfchen, die sonntags ruhen.
                                      Habe ich bereits erwähnt, dass auch zwischen diesen Dörchfchen das lustige Auf- und Abspiel stattgefunden hat?? Darüber konnte mich die rasante Downhilabfahrt schon fast vertrösten. Hier mal für 30 Sekunden das Bike voll ausfahren können. Saftige Schlaglöcher und tolle Spurrillen im Schotterweg machten bei jenseits der 30 Sachen Richtig Spaß! Die wohl einzige Abfahrt des Tages, bei der ich den darauf folgenden Aufstieg vergaß!
                                      Mittlerweile mehr kämpfend als Fahrend –habe ich bereits meinen desolaten Trainingszustand erwähnt?- verlief die Strecke eher angenehm durch Tiefenhöchstadt (allein dieser Name widerspricht sich selbst) gen Frankendorf.
                                      Nicht nur dass mir dieses Dorf schon allein des Namens sehr gefiel. Nööö! Schöne Fachwerkhäuser die idyllisch im Tale lagen. Im Tale lagen. Ja. Der aufmerksame Leser hat‘s erfasst! Um nach Hirschaid zu gelangen bedarf es diesmal einer kleinen Schiebung. Dieser Anstieg währe wohl auch nicht mit Kraftreserven von statten gegangen. Hier gings nur zu Fuß hinauf. Mit Schweißperlen im Gesicht konnte ich zur Dehydration das erste Mal des Tages nicht meine Poren nutzen. Ich vermute dennoch, dass ich bisher weit mehr als nur die 4 Liter Wasser verloren habe, die ich zu mir genommen hab.
                                      In rasanter Abfahrt durch Ketschendorf regelrecht durchgeschossen. Die dortige Baustelle sollte ich wohl zwei Wochen später noch einmal sehen. Berg nauf, Berg noh. Seigendorf, Berg nauf, Berg noh. Und eh ichs mich versah, war ich doch auch schon in Hirschaid.


                                      Da hat mich das WAI hingeführt

                                      Den heißesten Tag im August ausgesucht, dafür auf die Tourenplanung komplett verzichtet, untrainiert und fertig stand ich da und wartete auf den Zug.
                                      Freude strahlend mit dem Drahtesel, meinen Rucksack und dem WAI galoppierte ich Richtung Fahrradabteil des einlaufenden Zuges und wurde in bester fränkischer Höflichkeit mit den Worten: „Ihr brauchts mir ezt gar net hier nei! Der Zug is vull! Schaut, dass ihr den näxdn graichd!“ vom Schaffner empfangen!
                                      Da standen wir jetzt. 8 Leut mit Fahrrad in den Händen und großen Augen im Kopf. Des wars wohl. Neeee. Mit dem Rad jetzt nochmal 30km am Kanal entlang nach Nürnberch? Des glaubst aber wirkli net!
                                      Und wie ich da so steh, fällt mir des Gsichd von dem einen Radfahrer auf und der Scrat denkts sich noch: „Den kennste doch.“
                                      Und jep. Des war er auch. Der Klaus Karl Kraus.
                                      Jetzt werden die Franken sagen: Nee wirklich? Die Bayern: „Ach des is doch der“ und die Preisn: „Wer???“
                                      Der Klaus Karl Kraus ist ein „fränkischer Mundart-Komödiant“. Zumindest hier a kleine Berühmtheit!
                                      Soviel in Kürze: Die Idee mit dem WAI fand er (quasi von Spinner zu Spinner ) ne super nette Idee. Und ins WAI hat er dann sogleich auch noch ein paar Wörtchen eintragen können. Somit steht im Büchlein das Ende meiner Chaos-Reise zuerst drin.


                                      Nette Worte von nem Netten Menschen

                                      Euer Scrat. Ohne viel Plan, aber trotzdem mit viel Spaß an der Freud durch die Fränkische!

                                      PS. Der nächste Zug hat uns dann doch noch mitgenommen..
                                      Der Mensch wurde nicht zum Denken geschaffen.
                                      Wenn viele Menschen wenige Menschen kontrollieren können, stirbt die Freiheit.

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                                      • Tobby
                                        Erfahren
                                        • 22.07.2007
                                        • 370
                                        • Privat

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                                        #79
                                        AW: Die Schnecke kriecht - Das Tourtagebuch

                                        02.10.2010
                                        Wiesenthau - Moritz (29 km)


                                        Getreu dem Motto „ Was lange währt wird endlich Gut“ möchte ich nun meine kleine Reise mit dem WAI quer durch die Fränkische Schweiz beschreiben.

                                        Aufgrund der gebührend gefeierten Semestereröffungparty der Maschinenbauer am Donnerstagabend, verschob sich mein Start dann nun doch auf Samstagvormittag. Von Nürnberg über Forchheim direkt nach Wiensthau brachte mich die Deutsche Bahn.

                                        Von kleinen Bahnsteig ging sofort vorbei am Renaissanceschloss hinauf zum Walberla.




                                        Renaissanceschloss in Wiesenthau


                                        Obstwiesen auf dem Weg zum Gipfel



                                        Im weiteren Verlauf dieses regnerischen Tages wanderte ich gemütlich Richtung Norden zur Burgruine Neideck. Auf dem Weg gibt es noch allerhand zu entdecken, wie einen alten versteckten Friedhof im Wald bei Pretzfeld, die Wallerwarte oder auf die ruine Streiberg, westlich der Wiesent.


                                        Forstautobahn


                                        Viele Gefahren lauerten auf dem Weg


                                        Burgruine Neideck

                                        Blick Richtung Norden in das Wiesenttal

                                        Ich habe leider den Fehler gemacht und bin südlich der Wiesent weiter gegangen und bin größtenteils neben den alten Bahngleisen gelaufen. Der Weg nördlich des Flusses ist viel interessanter, da man auf dem Weg viele kleine und große Höhlen erkunden kann




                                        Selbst der Osten ist nicht fern


                                        Süppchen kochen auf dem Zeltplatz in Moritz

                                        Kurz nach Sonnenuntergang gehe ich als Einziger auf der großen Zeltwiese in meinen Schlafsack um schlummere innerhalb von Minuten friedlich wie ein Baby
                                        Der größte Reichtum ist der Mangel an Bedürfnissen

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                                        • Tobby
                                          Erfahren
                                          • 22.07.2007
                                          • 370
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                                          03.10.2010
                                          Moritz - Pegnitz (26 km)


                                          Einfach herrlich, wenn man am nächsten Morgen durch die Sonne geweckt wird.




                                          Blick Richtung Westen

                                          Nach dem Frühstück gehts immer weiter Richtung Osten nach Pegnitz. Gleich hinter dem Zeltplatz steht der Pfaffenstein, der einem einen Schönes ausblick über die schon leicht herbstlich angehauchten Wälder bietet.


                                          Vom Pfaffenstein


                                          Wallfahrtsbasilika und Burg von Gössweinstein


                                          Weiter durch herbstliche Wälder...


                                          ...und vorbei an Felsen


                                          Weg der Erleuchtung


                                          Burg Pottenstein




                                          Oben auf der Burg wurde erstmal lecker was gekocht und das schöne Wetter genossen.





                                          Burgruine Hollenberg bei Pegnitz


                                          Was auch Immer dort wohnt...


                                          Und plötzlich war der Weg zu Ende


                                          Ziel erreicht


                                          Ich kann jedem die Fränkische Schweiz als Wandergebiet nur empfehlen. Es gibt so viel zu entdecken, wie alte Burgruinen oder mystische Plätze, wie den Druidenhain. Ich werde dort auch noch viele Wochenende verbringen. Bin kein kreativer Schreiber, deswegen ist das Ganze eher ein bilderbuch. Ich hoffe es gefällt trotzdem
                                          Der größte Reichtum ist der Mangel an Bedürfnissen

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