Kaufdatum: Ende Februar 2021
Preis: 350 Euro, für Nach- und Umrüstungen weitere 125 Euro
Bisher zurückgelegte Kilometer: 220 km in sechs Touren von 20 bis 52 km Länge
Das Fatbike ist der Lada Niva unter den Fahrrädern. Es steht wie ein Klotz im Wind, ist laut, verschlingt Energie ohne Ende und lenkt gerne selbst. Aber es kommt überall durch.
Damit ist eigentlich alles Wesentliche gesagt. Wofür braucht "man" ein Fatbike? Ideal ist es auf Sandwegen, von denen es in Brandenburg nicht wenige gibt und auf Konversionsflächen noch mehr. Aber auch bei bei weicher Erde, Matsch oder Gras schlägt es sich wacker. All das begegnet mir regelmäßig bei meinen "Feierabendradtouren" an langen Sommerabenden. Man kann natürlich auch ein handelsübliches Mountainbike mit reduzierten Reifendruck fahren, aber dann stellt sich immer die Frage, wann eine Wurzel oder ein Stein doch bis zur Felge durchschlägt.
Deswegen "musste" also ein Fatbike her. Auf keinen Fall elektrisch. Nicht nur deshalb, weil ich mir ein Budget von maximal 500 Euro gesetzt hatte (mehr wäre bei einer geschätzten Fahrleistung von 500 km pro Jahr Verschwendung), sondern auch, weil in den typischen Zielgebieten regelmäßig umgestürzte Bäume querliegen, über die ich das Fahrrad heben muss.
Relativ schnell verengte sich in Frage kommende Angebot auf das "Galano Fatman 4.0" von einem deutschen Internet-Fahrradhändler: 350 Euro "out of the Box", damit blieb auch noch genügend Budget für Nachrüstung. Die Box kam binnen drei Tagen per DHL. Das Fahrrad war weitgehend vormontiert, ich musste nur noch den Lenker an- und das Vorderrad einbauen sowie etwas Luft nachpumpen. Das Gewicht gibt der Händler mit 22,4 kg an, ich komme aber auch bei wiederholtem Nachmessen nur auf rund 16 kg. Vielleicht wiegt der Händler den Karton mit?
Wie bei dem Preis zu erwarten, ist die Ausstattung am unteren Ende angesiedelt:
Schon bei der ersten Tour zwischen Jüterbog und Baruth zeigte sich, dass mit dem Fatbike Sandwege ihren Schrecken verlieren. Ich fuhr im Sitzen einen Weg hoch, wo ich im Vorjahr mühsam geschoben hatte. Ein Mountainbiker, der vielleicht zehn Minuten vor mir dieselbe Strecke gefahren war, hatte trotz ziemlich breiter Reifen tiefe Furchen im losen Sand hinterlassen, während ich einfach "drüberbügeln" konnte, ohne nennenswert einzusinken. Grenzen zeigten sich erst, wo es im Sand etwas steiler bergauf ging. Dafür war die Übersetzung des ersten Gangs einfach noch zu lang. Aber auch im Gefecht mit Heidekraut und Ginster, die schon Jäger plattgefahren hatten, schlugen sich die breiten Reifen wacker. Sie rollten einfach drüber, ohne sich von einzelnen Zweigen aus der Bahn werfen zu lassen, wie ich es mit dem Mountainbike immer wieder erlebt hatte.
Links Fatbike, rechts Mountainbike
Im üblichen Schlussspurt zum Bahnhof auf dem Fläming-Skate-Radweg zeigte sich der Lada Niva von seiner anderen Seite: Die grobstolligen Reifen heulten auf dem Asphalt vor sich hin, und trotz Windstille erreichte ich auf der rund zehn Kilometer langen Strecke nur einen Schnitt von rund 17 km/h. Die Übersetzung war angesichts von Luft- und Rollwiderstand selbst hier zu lang - der siebte Gang kam nur selten zum Einsatz. Und noch etwas: Freihändiges Fahren verbietet sich. Während sich „normale“ Fahrräder selbst stabilisieren, saugt sich das Fatbike in die kleinste Lenkbewegung förmlich hinein und will die Kurve noch enger nehmen. Die Fatbiker-Szene spricht vom „Self-Steering-Effekt“.
Bei der zweiten Tour hatte ich mit aufgeschnittenen Tetrapaks und Panzerband provisorische Schutzbleche montiert, denn die bestellten Schutzbleche (45 Euro) ließen noch auf sich warten. Wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn es ging diesmal nur um Sand, wenn auch noch eine Nummer schärfer. Ich wollte endlich eine bereits von Enduro-Fahrern zerwühlte Binnendüne erklimmen. Sand und Steigung waren aber für die Übersetzung zu viel, so dass ich am Ende doch schieben musste.
Man beachte die Tetrapack-Schutz"bleche". Noch ist die ab Werk verbaute Kettenradgarnitur im Einsatz.
Als Konsequenz wollte ich zunächst ein Ritzel mit einer kürzeren Übersetzung kaufen, doch die einzige Option im Siebengang-Bereich machte im entscheidenden Bereich einen Riesensprung von 24 auf 34 Zähne. Blieb eine neue Kettenradgarnitur. Shimano hatte etwas mit 33 Zähnen (statt 40) im Angebot. Bei der Anprobe stellte sich aber heraus, dass die ab Werk verbaute Prowheel-Garnitur nach innen gekröpft war, Shimano aber nicht. Folge: Die Kette lief vom größten Ritzel nicht sauber auf das vordere Zahnrad auf. Mein findiger Fahrradhändler stöberte noch einmal in seinem Hinterkopf und bestellte mir eine 33-Zähne-Garnitur von M-Wave, die sofort perfekt passte (30 Euro) - nicht nur vom Lauf der Kette, sondern auch von der Übersetzung. Sand und Steigung dürfen jetzt auch gemeinsam kommen. Und beim Fahren auf Asphalt gibt es keinen nennenswerten Tempoverlust; der jetzige siebte Gang ist nur minimal kürzer als der "alte" sechste Gang. Keine Ahnung, warum der Hersteller nicht gleich eine kleinere Kettenradgarnitur montiert.
Hier schon mit der neuen Kettenradgarnitur und den Schutzblechen, dafür diesmal ohne Gepäckträger.
Ein durchweichter Matschweg, auf dem ich mit einem normalen Mountainbike keine Chance gehabt hätte.
Echte Glaubenskriege scheint es in der Fatbike-Szene um den richtigen Luftdruck zu geben. Sofern mein primitiver Luftdruckmesser richtig anzeigt, habe ich jetzt hinten 0,8 bar und vorne 0,6 bar. Das liegt eher am oberen Ende des Fatbike-Glaubensspektrums. Ist der Druck geringer, vergrößert sich zwar die Aufliegefläche - gut im Sand - aber das Fahren auf Asphalt wird mühsamer. Ab einem bestimmten Punkt schaukelt sich das Rad dann sogar unangenehm auf. Ich fahre auf jeden Fall mit hohem Druck los. Unterwegs Luft abzulassen ist einfacher als das Nachpumpen, speziell bei derart großvolumigen Reifen.
Für einen hohen Luftdruck gibt es noch einen weiteren Grund: Die Bodenfreiheit unter den Pedalen ist mit 10 cm für ein designiertes Geländefahrrad eher gering. Das gilt erst recht mit Blick auf die Fatbike-Geometrie mit dem breitem Tretlager, die dafür sorgt, dass die Pedalen schon bei moderater Neigung in der Kurve den Boden berühren. Den Blechschaden verdanke ich allerdings einem Findling, der im Gras versteckt war. Apropos Pedalen: Die Lager scheinen mit einem winterstarren Fett geschmiert zu sein. Bei Temperaturen zwischen 0 und 10 Grad zeigen sie nicht besonders drehfreudig.
Nach Grundberührung.
Dem Fatbike verdanke ich es im übrigen, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben mit (eigenen) Scheibenbremsen unterwegs bin. Richtig toll sind die verbauten Bremsen nicht. Bei "längeren" Abfahrten - in Brandenburg geht es dann um 30 bis 50 Höhenmeter - glaube ich ein leichtes Fading wahrzunehmen. Nerviger ist aber, dass sie immer wieder schleifen. Muss das sein?
Fazit:
Als Ausgangspunkt für Gelegenheitstäter wie mich ist das Galano Fatman durchaus geeignet. Sandwege und andere fahrradresistente Geländeformen werden damit beherrschbar. Einziges konstruktives Defizit ist aus meiner Sicht die Übersetzung, was sich aber für 30 Euro beheben lässt. Weitere Defizite wie Bremsen und Pedalen sowie eine eigentlich unnötig, aber dafür schlecht lackierte Sattelstütze sind wohl dem Preis geschuldet. Für Poser ist dieses Modell denkbar ungeeignet, sie dürfen erst ab 1800 Euro mitreden. Und da ist ein Schummelantrieb noch nicht dabei.
Die Sattelstütze. Naturbelassenes Metall wäre ehrlicher als schlecht lackiert.
Preis: 350 Euro, für Nach- und Umrüstungen weitere 125 Euro
Bisher zurückgelegte Kilometer: 220 km in sechs Touren von 20 bis 52 km Länge
Das Fatbike ist der Lada Niva unter den Fahrrädern. Es steht wie ein Klotz im Wind, ist laut, verschlingt Energie ohne Ende und lenkt gerne selbst. Aber es kommt überall durch.
Damit ist eigentlich alles Wesentliche gesagt. Wofür braucht "man" ein Fatbike? Ideal ist es auf Sandwegen, von denen es in Brandenburg nicht wenige gibt und auf Konversionsflächen noch mehr. Aber auch bei bei weicher Erde, Matsch oder Gras schlägt es sich wacker. All das begegnet mir regelmäßig bei meinen "Feierabendradtouren" an langen Sommerabenden. Man kann natürlich auch ein handelsübliches Mountainbike mit reduzierten Reifendruck fahren, aber dann stellt sich immer die Frage, wann eine Wurzel oder ein Stein doch bis zur Felge durchschlägt.
Deswegen "musste" also ein Fatbike her. Auf keinen Fall elektrisch. Nicht nur deshalb, weil ich mir ein Budget von maximal 500 Euro gesetzt hatte (mehr wäre bei einer geschätzten Fahrleistung von 500 km pro Jahr Verschwendung), sondern auch, weil in den typischen Zielgebieten regelmäßig umgestürzte Bäume querliegen, über die ich das Fahrrad heben muss.
Relativ schnell verengte sich in Frage kommende Angebot auf das "Galano Fatman 4.0" von einem deutschen Internet-Fahrradhändler: 350 Euro "out of the Box", damit blieb auch noch genügend Budget für Nachrüstung. Die Box kam binnen drei Tagen per DHL. Das Fahrrad war weitgehend vormontiert, ich musste nur noch den Lenker an- und das Vorderrad einbauen sowie etwas Luft nachpumpen. Das Gewicht gibt der Händler mit 22,4 kg an, ich komme aber auch bei wiederholtem Nachmessen nur auf rund 16 kg. Vielleicht wiegt der Händler den Karton mit?
Wie bei dem Preis zu erwarten, ist die Ausstattung am unteren Ende angesiedelt:
- Shimano Tourney-Schaltung hinten mit 7 Gängen, Ritzel mit 14-16-18-21-24-28 Zähnen (und wirklich keine Schaltung vorne!)
- Prowheel-Kurbelradgarnitur mit 40 Zähnen und No-Name-Tretlager
- No-Name-Pedale
- Mechanische Radius-Scheibenbremsen
- Ein einfacher Kunststoff-Sattel aus der MTB-Ecke
- Aber: Immerhin eine vollständige Reflektorausrüstung
Schon bei der ersten Tour zwischen Jüterbog und Baruth zeigte sich, dass mit dem Fatbike Sandwege ihren Schrecken verlieren. Ich fuhr im Sitzen einen Weg hoch, wo ich im Vorjahr mühsam geschoben hatte. Ein Mountainbiker, der vielleicht zehn Minuten vor mir dieselbe Strecke gefahren war, hatte trotz ziemlich breiter Reifen tiefe Furchen im losen Sand hinterlassen, während ich einfach "drüberbügeln" konnte, ohne nennenswert einzusinken. Grenzen zeigten sich erst, wo es im Sand etwas steiler bergauf ging. Dafür war die Übersetzung des ersten Gangs einfach noch zu lang. Aber auch im Gefecht mit Heidekraut und Ginster, die schon Jäger plattgefahren hatten, schlugen sich die breiten Reifen wacker. Sie rollten einfach drüber, ohne sich von einzelnen Zweigen aus der Bahn werfen zu lassen, wie ich es mit dem Mountainbike immer wieder erlebt hatte.
Links Fatbike, rechts Mountainbike
Im üblichen Schlussspurt zum Bahnhof auf dem Fläming-Skate-Radweg zeigte sich der Lada Niva von seiner anderen Seite: Die grobstolligen Reifen heulten auf dem Asphalt vor sich hin, und trotz Windstille erreichte ich auf der rund zehn Kilometer langen Strecke nur einen Schnitt von rund 17 km/h. Die Übersetzung war angesichts von Luft- und Rollwiderstand selbst hier zu lang - der siebte Gang kam nur selten zum Einsatz. Und noch etwas: Freihändiges Fahren verbietet sich. Während sich „normale“ Fahrräder selbst stabilisieren, saugt sich das Fatbike in die kleinste Lenkbewegung förmlich hinein und will die Kurve noch enger nehmen. Die Fatbiker-Szene spricht vom „Self-Steering-Effekt“.
Bei der zweiten Tour hatte ich mit aufgeschnittenen Tetrapaks und Panzerband provisorische Schutzbleche montiert, denn die bestellten Schutzbleche (45 Euro) ließen noch auf sich warten. Wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn es ging diesmal nur um Sand, wenn auch noch eine Nummer schärfer. Ich wollte endlich eine bereits von Enduro-Fahrern zerwühlte Binnendüne erklimmen. Sand und Steigung waren aber für die Übersetzung zu viel, so dass ich am Ende doch schieben musste.
Man beachte die Tetrapack-Schutz"bleche". Noch ist die ab Werk verbaute Kettenradgarnitur im Einsatz.
Als Konsequenz wollte ich zunächst ein Ritzel mit einer kürzeren Übersetzung kaufen, doch die einzige Option im Siebengang-Bereich machte im entscheidenden Bereich einen Riesensprung von 24 auf 34 Zähne. Blieb eine neue Kettenradgarnitur. Shimano hatte etwas mit 33 Zähnen (statt 40) im Angebot. Bei der Anprobe stellte sich aber heraus, dass die ab Werk verbaute Prowheel-Garnitur nach innen gekröpft war, Shimano aber nicht. Folge: Die Kette lief vom größten Ritzel nicht sauber auf das vordere Zahnrad auf. Mein findiger Fahrradhändler stöberte noch einmal in seinem Hinterkopf und bestellte mir eine 33-Zähne-Garnitur von M-Wave, die sofort perfekt passte (30 Euro) - nicht nur vom Lauf der Kette, sondern auch von der Übersetzung. Sand und Steigung dürfen jetzt auch gemeinsam kommen. Und beim Fahren auf Asphalt gibt es keinen nennenswerten Tempoverlust; der jetzige siebte Gang ist nur minimal kürzer als der "alte" sechste Gang. Keine Ahnung, warum der Hersteller nicht gleich eine kleinere Kettenradgarnitur montiert.
Hier schon mit der neuen Kettenradgarnitur und den Schutzblechen, dafür diesmal ohne Gepäckträger.
Ein durchweichter Matschweg, auf dem ich mit einem normalen Mountainbike keine Chance gehabt hätte.
Echte Glaubenskriege scheint es in der Fatbike-Szene um den richtigen Luftdruck zu geben. Sofern mein primitiver Luftdruckmesser richtig anzeigt, habe ich jetzt hinten 0,8 bar und vorne 0,6 bar. Das liegt eher am oberen Ende des Fatbike-Glaubensspektrums. Ist der Druck geringer, vergrößert sich zwar die Aufliegefläche - gut im Sand - aber das Fahren auf Asphalt wird mühsamer. Ab einem bestimmten Punkt schaukelt sich das Rad dann sogar unangenehm auf. Ich fahre auf jeden Fall mit hohem Druck los. Unterwegs Luft abzulassen ist einfacher als das Nachpumpen, speziell bei derart großvolumigen Reifen.
Für einen hohen Luftdruck gibt es noch einen weiteren Grund: Die Bodenfreiheit unter den Pedalen ist mit 10 cm für ein designiertes Geländefahrrad eher gering. Das gilt erst recht mit Blick auf die Fatbike-Geometrie mit dem breitem Tretlager, die dafür sorgt, dass die Pedalen schon bei moderater Neigung in der Kurve den Boden berühren. Den Blechschaden verdanke ich allerdings einem Findling, der im Gras versteckt war. Apropos Pedalen: Die Lager scheinen mit einem winterstarren Fett geschmiert zu sein. Bei Temperaturen zwischen 0 und 10 Grad zeigen sie nicht besonders drehfreudig.
Nach Grundberührung.
Dem Fatbike verdanke ich es im übrigen, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben mit (eigenen) Scheibenbremsen unterwegs bin. Richtig toll sind die verbauten Bremsen nicht. Bei "längeren" Abfahrten - in Brandenburg geht es dann um 30 bis 50 Höhenmeter - glaube ich ein leichtes Fading wahrzunehmen. Nerviger ist aber, dass sie immer wieder schleifen. Muss das sein?
Fazit:
Als Ausgangspunkt für Gelegenheitstäter wie mich ist das Galano Fatman durchaus geeignet. Sandwege und andere fahrradresistente Geländeformen werden damit beherrschbar. Einziges konstruktives Defizit ist aus meiner Sicht die Übersetzung, was sich aber für 30 Euro beheben lässt. Weitere Defizite wie Bremsen und Pedalen sowie eine eigentlich unnötig, aber dafür schlecht lackierte Sattelstütze sind wohl dem Preis geschuldet. Für Poser ist dieses Modell denkbar ungeeignet, sie dürfen erst ab 1800 Euro mitreden. Und da ist ein Schummelantrieb noch nicht dabei.
Die Sattelstütze. Naturbelassenes Metall wäre ehrlicher als schlecht lackiert.
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