Werner Herzog: Grizzly man

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  • Ditschi
    Freak

    Liebt das Forum
    • 20.07.2009
    • 13184
    • Privat

    • Meine Reisen

    Werner Herzog: Grizzly man

    Hallo,
    nachdem ich bei „Andreas Kieling“ schon auf den Film hinwies, eröffne ich den Thread einmal selbst.
    Habe die Begriffe vorher in die Suchfunktion eingegeben, aber keinen umfassenden Beitrag gefunden. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich mich irre.
    Zunächst: laßt Euch nicht von dem reißerischen Cover abschrecken.
    Der Film von Werner Herzog ist ein Dokumentarfilm und schildert Leben und Sterben des Amerikaners Timothy Treadwell, der als selbsternannter Bärenschützer von 1990 bis 2003 im Sommer in Alaska Bären mit Zelt und Videokamera buchstäblich auf den Pelz rückte.
    Der Film zeigt nicht nur beeindruckende Naturaufnahmen, sondern ist das einfühlsame Psychogramm eines Verlierers, der nach schwerer Kindheit vom Drogenjunkie zum Survivelhelden aufsteigt. In manischer Besessenheit folgt Treadwell den Bären und kommt ihnen dabei so nahe wie wohl nie ein Mensch vorher oder danach. Seine Besessenheit wird in der Szene deutlich, in der er Bärenkot aufsammelt, an sich drückt und erklärt, das sei das Wunderbarste auf der Welt. Herzog zeichnet die Todessehnsucht nach, die Treadwell veranlaßte, alle Grenzen zu überschreiten. Dabei gelingen Treadwell Aufnahmen, bei denen dem Zuschauer der Atem stockt.
    Bis er nach 13 Jahren im Sommer 2003 an einen humorlosen Bären gerät. Der Bär tötet Treadwell und dessen Freundin, die ihm zu Hilfe eilen wollte. Sie hatte in den letzten Jahren bei ihm gelebt.
    Treadwell hat seinen eigenen Tod und den seiner Freundin mit der Standkamera auf Video aufgenommen. Aus Pietät und mit Rücksicht auf die Nerven der Zuschauer werden diese Szenen nicht gezeigt. Aber Augenzeugen, die die Szenen gesehen haben, berichten davon, und die Erschütterung ist ihnen anzumerken. Der Bär mußte auch dran glauben, und in seinem Magen fand man die Überreste der beiden Menschen. Der Film ist nach meiner Überzeugung ein „ Muß“ für alle Naturliebhaber.
    Gruß Ditschi

  • sjusovaren
    Lebt im Forum
    • 06.07.2006
    • 6043

    • Meine Reisen

    #2
    AW: Werner Herzog: Grizzly man

    Zitat von Ditschi Beitrag anzeigen
    Hallo,
    nachdem ich bei „Andreas Kieling“ schon auf den Film hinwies, eröffne ich den Thread einmal selbst.
    Habe die Begriffe vorher in die Suchfunktion eingegeben, aber keinen umfassenden Beitrag gefunden. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich mich irre.
    Einen umfassenden Thread vielleicht nicht, aber durchaus zum Thema, klick.
    Sowas endet halt leicht im Laberforum.

    Was soll man dazu sagen. Er hat die nötige Distanz zu den Tieren verloren. Und nicht nur im Sinne von räumlicher Entfernung.
    Distanz hat da auch was mit Respekt zu tun, den er bei aller "Bärenliebe" aus meiner Sicht hat vermissen lassen.

    Schlimm finde ich, daß er dadurch ein schlechtes Vorbild abgibt. Seine Freundin hat er ja so gesehen auch auf dem Gewissen.
    Heilig ist die Unterhose, wenn sie sich in Sonn' und Wind,
    frei von ihrem Alltagslose, auf ihr wahres Selbst besinnt.


    Christian Morgenstern

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    • Ditschi
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      • 20.07.2009
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: Werner Herzog: Grizzly man

      Hallo sjusovaren,
      danke für den klick. Habe ich nicht gefunden, obwohl ich gesucht hatte.
      Sonst hätte ich den neuen thread unterlassen.
      Aber vielleicht geht es anderen neuen Usern wie mir. Dann werden eben auch sie noch einmal auf einen sehenswerten Naturfilm hingewiesen.
      Schaden kann es nicht.
      Gruß Ditschi

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      • Ditschi
        Freak

        Liebt das Forum
        • 20.07.2009
        • 13184
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        • Meine Reisen

        #4
        AW: Werner Herzog: Grizzly man

        Hallo,
        habe heute den Film noch einmal gesehen nach längerer Zeit und muß mich in einem Punkt korrigieren, um nichts Falsches zu verbreiten.
        Treadwell hat seinen eigenen Tod nicht gefilmt. Er ist ja von dem Angriff überrascht worden. Der Objektivdeckel war noch auf der Kamera, aber der Ton lieft mit. Es gibt daher nur ein Tondokument und Ohrenzeugen, die das Band abhörten. Das reichte aber auch schon!
        Gruß Ditschi

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        • Thomasi
          Erfahren
          • 27.04.2009
          • 204
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: Werner Herzog: Grizzly man

          GrizzlyMan

          Man muss Werner Herzog für diesen Film danken.
          Er hat TT einer kuriosen Zeitungsmeldung unter 'Vermischtes' entrissen
          und eine Heimstatt gegeben,
          Dauer und Andenken.

          TT hat 13 Sommer unter Bären verbracht,
          zur Erinnerung,
          und wurde am letzen Tag, kurz vor Abholung durch Wasserflugzeug,
          von einem Bären angefallen.
          Getötet er und getötet seine Freundin durch wildes Tier,
          dokumentiert durch Tonspur in laufender Kamera.

          Herzog hat das von TT gefilmte Material kompiliert
          hauptsächlich mit Interviews von Freunden und Experten,
          wobei die Freunde wohlwollend über TT urteilen und die Experten abfällig.

          Wer den Film sieht,
          hält TT bestenfalls für einen naiven Spinner und schlimmstenfalls für einen neurotischen Schwachkopf,
          dem zu Recht geschieht,
          gefressen zu werden,
          hat er schließlich lange genug herausgefordert.

          Aber man muss trennen.
          Trennen zwischen Film und Inhalt.
          Das Bild des TT, das im Betrachter entsteht,
          es ist das Bild des Werner Herzog von TT,
          es ist nicht TT,
          höchstens die Selbstinszenierung von TT.

          Ich frage mich also,
          warum macht Herzog einen Film über einen Naturburschen,
          dessen Lebenseinstellung er nicht teilt,
          dessen Naturauffassung ihm zuwider ist,
          dessen Bärenbegegnungen er ablehnend gegenüber steht.

          Für Herzog, er spricht das aus im Film,
          ist die Natur gleichgültig, grausam und fortwährender Kampf.
          Für TT ist Natur offensichtlich das Gegenteil:
          Innige Anteilnahme, Verbindung, Austausch, Kommunikation.

          Herzog zieht scharfe Grenzen,
          wo TT Grenzen überschreitet.
          Warum also macht Herzog einen Film über einen, in seinen Augen, 'Spinner',
          und läßt ihn schlecht aussehen?

          Es gibt da diese Szene mit dem toten Hummel,
          der von TT inniglich beklagt wird,
          als Klage wider das teilnahmslose Sterben in der Natur,
          und als sich der Hummel regt,
          stutzt TT und murmelt: Oh, er lebt?
          Dieses 'Oh, er lebt?' sind zwei Sekunden.
          Man hätte diese zwei Sekunden wegschneiden können vom Material
          und TT wäre nicht dagestanden als einer,
          der seine eigenen Sentimentalitäten ungeprüft einer Natur überstülpt,
          die als seine eigene Schöpfung erscheint,
          also psychotisch womöglich, mindestens borderline.
          Herzog aber schneidet nicht.

          Also:
          Wo hat er geschnitten,
          wo hat er nicht geschnitten.
          Wo hat er absichtlich stehengelassen.
          Wo hat er weggenommen.
          Man weiß es nicht.

          Ich habe viele Kommentare zu diesem Film gelesen,
          auf den Kinoseiten, auf Amazon, wo auch immer:
          TT kommt nicht gut weg dabei.
          Man unterstellt ihm Täuschung, Betrug, Irrsinn, Grenzüberschreitung (bei Messner, Reinhold ist das legitimes Lebensprogramm...), Anmaßung und Größenwahn.

          Sein furchtbarer Tod erscheint als logische Konsequenz,
          als gottgemäße Sanktion für sein sündiges Tun,
          ein Knievel von Bio-Schicksal, der einen Sprung zu weit tat.

          Man könnte TT jedoch auch als Sucher darstellen,
          als Forscher,
          der sich aufmacht,
          Neuland zu betreten.
          Einen Selbstversucher,
          der sein bio-medizinisches Experiment in guter Tradition mit dem Leben bezahlt.
          Herzog aber tut das nicht.
          Für Herzog ist TT ein Depp.

          Man könnte TT auch als Mystiker darstellen,
          als Heiligen,
          als einen,
          der sich weiland Franziskus aufmacht,
          die Sprache der Bären zu erlernen,
          der sich müht,
          den Abgrund zwischen Kreatur und Gottgleichen zu überwinden.
          Herzog aber tut das nicht.
          Für Herzog ist TT ein Blender, Lügner und schwarzmodischer Egozentriker.

          Was wir in 'GrizzlyMan' über TT erfahren,
          ist das Bild des Werner Herzog,
          das er sich über TT gemacht hat.
          'GrizzlyMan', das ist mehr WH als TT.

          Ich frage mich also,
          ob Herzog mit diesem Bild des TT den TT nicht ein zweites Mal gefressen hat,
          ihn sich einverleibt,
          anmaßend, besserwisserisch und voller Vorurteile.
          Ich frage mich,
          ob jemand,
          der den TT mehr gemocht,
          ihn vielleicht in seinen Beweggründen verstanden,
          nicht einen gänzlich anderen Film zustande gebracht hätte.

          Einen Film, in dem TT zwar skurril,
          aber nicht als Idiot dasteht,
          einen Film,
          der zeigt, wie notwendig Verständigung und Würdigung
          einer Natur ist,
          die gegenwärtig global zerstört und niedergewalzt wird.

          Aber was macht Herzog?
          Er hackt auf TT herum.
          Das ist primitiv.
          TT gibt jeden Anlass hierfür.
          Um den Weg zu gehen,
          den mir ein anderer vorgebahnt hat,
          um die Schwächen eines Anderen
          plakativ auszustellen,
          bedarf es keiner kreativen Intelligenz.
          Herzog doppelt also das Bild.
          Das ist keine Leistung.
          Das ist schändlich.
          Es ist Disrespekt,
          dieselbe Grenzübergehung,
          die er dem TT vorwirft,
          dieselbe Naivität,
          dasselbe Sich-Nicht-Selbst-Hinterfragen
          der eigenen Motive.
          Er macht TT zu seinem eigenen Tanzbären,
          nur im Unterschied: TT kann sich nicht mehr wehren.

          Wie sich TT den Bären in Begeisterung genähert hat,
          so nähert sich Herzog dem TT in Ablehnung.
          Dasselbe Muster - spiegelverkehrt.
          Grenzenlose Huldigung da - grenzenlose Verachtung hier.

          Man sollte das Filmmaterial des TT
          einem anderen Filmemacher überlassen.
          TT hat das Recht auf einen anderen Film.

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          • Boreas
            Erfahren
            • 13.08.2010
            • 202
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            • Meine Reisen

            #6
            AW: Werner Herzog: Grizzly man

            Sicher dass Du nicht eher meinst: DU hättest lieber einen anderen Film über TT gesehen?

            Ich finde es immer drollig wenn jemandem der etwas gemacht hat vorgeworfen wird dass er es eben so und nicht anders tat.

            Ich mag Herzogs Filme gerne, und zwar weil er eines sehr gut kann: heroische Spinner ohne Rücksicht auf Verluste porträtieren. Man kann sich daran heften dass er diesen Spinner in den Leuten so deutlich zeigt, aber ich finde eigentlich dass er das durchaus nicht ohne Empathie tut. Guck Dir nur mal seine Spielfilme an, was er da für Aufwand getrieben hat war genau so abgedreht und grössenwahnsinnig wie die Figuren die er gezeigt hat. Er kann diese Anteile deshalb so deutlich machen weil er selber solche Sachen abzieht, und er ist ein Meister darin die Momente heraus zu streichen in denen der Aberwitz sich offen zeigt.

            Meine Meinung: wenn er das alles ganz neutral und ausgewogen abgefilmt und dann in diesem Sinne abgemischt hätte wäre der Film stinklangweilig geworden. So ist es ein "echter Herzog" - das präzise und gemässigte können andere besser. Und btw. untersagt niemand es diesen anderen, so einen Film auch noch zu drehen.

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            • CODY
              Alter Hase
              • 04.07.2008
              • 3594
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              • Meine Reisen

              #7
              AW: Werner Herzog: Grizzly man

              http://imageshack.us/photo/my-images...man001xf9.jpg/

              Die Geschichte war eine völlig andere.

              LG. Cody
              WATCH THE RAVEN.FOLLOW YOUR VISIONS AND YOUR DREAMS AND MAY THE GOOD SPIRITS TRAVEL WITH YOU.
              I WILL LEAVE NO MAN BEHIND
              http://omega-force-survival-group.org/index.php

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              • Ditschi
                Freak

                Liebt das Forum
                • 20.07.2009
                • 13184
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                • Meine Reisen

                #8
                AW: Werner Herzog: Grizzly man

                Zitat von CODY Beitrag anzeigen
                http://imageshack.us/photo/my-images...man001xf9.jpg/

                Die Geschichte war eine völlig andere.

                LG. Cody
                Kannst Du sie uns in angemessener Kurzform erzählen?

                Gruß Ditschi

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                • Stephan Kiste

                  Vorstand
                  Lebt im Forum
                  • 17.01.2006
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                  #9
                  AW: Werner Herzog: Grizzly man

                  Zitat von CODY Beitrag anzeigen
                  http://imageshack.us/photo/my-images...man001xf9.jpg/

                  Die Geschichte war eine völlig andere.

                  LG. Cody
                  hej Cody,
                  ist das Bild von Dir, hast du dei beiden getroffen?
                  Würde gerne mal Deine Sicht hören?
                  Also ich steh ja nicht auf diese Art Typen, die aus Ihrer
                  Persönlichkeitsstörung ultimative Dinge erleben/ schaffen
                  weil es sich nach einem Zwang anhört, also mal ganz algemein
                  warum ich den Film bis jetzt habe links liegen lassen.
                  Allerdings hat mich die KRitik an Herzog aufhorchen lassen
                  und auch neugierig gemacht.

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                  • Feurio
                    Dauerbesucher
                    • 16.06.2009
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                    #10
                    AW: Werner Herzog: Grizzly man

                    Jetzt greif ich das Thema auch nochmal auf.

                    Thomasi:
                    Mir gefällt dein Kommentar sehr: Anstatt der Fremdheit der Natur den emphatischen Versuch einer Sprachfindung über die scheinbar unüberwindbare Grenze des Anderen hinweg zum Thema zu machen.
                    Nur muss man dem Herzog doch zugute halten: das grundsätzlich Andere der Natur, die Fremdheit eines Nichtidentischen überhaupt erst thematisch, dieses Nichts greifbar zu machen - das ist schon etwas. Dass die sich verbergende Natur als ein ganz grundsätzlich anderes erfahren wird scheint mir keineswegs selbstverständlich. Dass das "Draußen" übersehen wird, weil man es in seinem Outdoor-Konsumismus schon als Innen erschlossen und damit verdeckt hat, hast du in anderen Threads ja auch schon gesagt.

                    Vielleicht aber wird Herzog mit seiner lächerlich machenden Darstellung dem Wahnsinn des Grizzly Man indirekt noch gerechter, als es eine direkte Bemühung um diesen "Franziskus" könnte. Stellen wir uns doch mal eine Disney-verfilmung dieses Mannes vor. Herzog zeigt ihn stattdessen gnadenlos als Deppen, aber der muss er für uns vielleicht auch sein, weil alle Grenzüberschreitung aus der Immanenz betrachtet Irrsinn ist.
                    Ein neues Lob der Torheit sozusagen.

                    Aber dafür müsste man den Film wohl schon ziemlich gegen den Strich lesen.
                    Für mehr Natur vor der Haustür!

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