Werkstattbesichtigung Geiger Schuhe – Maßschuhe aus der Manufaktur
Auf der Suche im Netz nach ordentlich bewerteten Wanderschuhen habe ich von einem ultimativ gut verarbeiteten, maßgefertigten, zwiegenähten Stiefel gelesen. Die Berichte über die Schuhe und das Unternehmen waren voll des Lobes und ein jeder schwärmt vom Tragekomfort. Also schnell die Suchmaschine meines Vertrauens mit „Geiger Schuhe“ gefüttert und begonnen den Netzauftritt zu inspizieren.
Mir war klar, solche Bergstiefel müssen her.
Herr Schuhmachermeister Geiger wurde angeschrieben und einige Fragen gestellt, die ich stets freundlich und gut beantwortet bekommen habe.
Aus dem Orthopädiefachgeschäft habe ich Trittschaum besorgt (kostenlos abgegeben) und mit den Falke TK2 Socken Maß genommen und das PDF Maßblatt ausgefüllt. Nun packten mich aber die Zweifel, ob es richtig sei Maßschuhe „fern“zu messen? Was ist, wenn mir ein Fehler unterlaufen ist. Da sollte ganz klar lieber der Profi persönlich ran.
An einem Freitag im September 2009 ging die Fahrt von Bonn nach Frittlingen, mit 440km je Strecke eigentlich unvernünftig aber egal, es ging um die Stiefel für die kommenden vielen Jahre!
Im schnuckeligen Verkaufsraum (4m*3m) im Örtchen Frittlingen angekommen führte mich Herr Geiger erst einmal durch den Betrieb. Grandios den Fertigungsprozess erleben zu können, die alten Maschinen in Aktion zu sehen und die einzelnen Produktionszwischenstufen zu bewundern. Hier wird noch ALLES von Hand mit alten Maschinen gefertigt, gestanzt, genäht etc. Eine Technik wie sie sicherlich früher Standard war, heute aber verdrängt durch billige chinesische Produkte.
Neben Vater und Sohn Geiger hilft nur noch die Ehefrau mit. Es ist also eine kleine feine Manufaktur. Ein Familienbetrieb in der vierten Generation! Sensationell!!
Nun ging es an die Beratung. Die von mir mitgebrachten alten Lowa inspizierte Herr Geiger ausgiebig und erkannte vermutlich schon worauf es ankam, dann vermaß er meine Füße sehr genau, die Wandersocken von Falke TK2 hatte ich natürlich angezogen. Er analysierte die „Problemzonen“ und machte sich Markierungen und Notizen auf seinem Maßblatt. Ein Probeschuh konnte angezogen werden, da kam dann heraus welche Schaftgröße bei mir benötigt wird und mir lieber ist.
Ausgewählt habe ich das Modell Bernina, die Montagna Sohle und das schwarze Nubuk Leder. Hierzu hat er Stapel an Ledermustern aus unterschiedlichen Dicken und Farben. Die Bergstiefel werden in Nubuk mit einer Dicke von bis zu 4mm gefertigt.
Als Schaftabschluß, Laschenfarbe, der untere Teil der Zunge und den Bereich um die Tiefzugösen habe ich tiefdunkelrot (karmesinrot) gewählt.
Beim Modell Bernina sind die Umlenkkugelösen Standard.
Man bedenke, die Herren Geiger nehmen eine Momentaufnahme der zu vermessenden Füße auf. Die untere Extremität verändert über den Tag hinweg, abhängig von der Art der Belastung, der Intensität, der Schwere des Rucksacks, der Beschaffenheit des Terrains, der Umgebungstemperatur etc. ihre Größe. Das Pes wird durch die Beinmuskeln des Unterschenkels und der Fußmuskeln sowie der Fußknochen und der dazwischen liegenden Gelenkflächen gebildet. Die Bänder stabilisieren das Fußgewölbe und halten stramm die Knochen im richtigen Kontakt zueinander. Der Fuß wird gebildet aus: 26 Knochen, 22 Gelenke und 107 Bänder. Die 19 Muskeln ermöglichen die Bewegungen.
Weil jeder Fuß anders reagiert, erschwert dies ungemein einen Maßschuh zu fertigen, der in allen Einsatzsituationen perfekt passen soll.
Letztlich sind auch die Empfindungen des Trägers unterschiedlich. Manch einer kennt gar nicht das Gefühl einen richtig sitzenden Schuh zu tragen. Er ist an die standardisierten Größen der Massenproduzenten gewöhnt. Doch eins ist sicher: Wer einmal einen Maßschuh trug, wird nicht mehr Asienlatschen ertragen wollen.
Der Schuhmacher gibt sein Bestes und wenn die Geiger Schuhe wiedererwartend nicht perfekt passen, kann jederzeit nachgearbeitet werden.
Frage: Kann man eigentlich die Chinaschlappen in die Fabrik zurückschicken, um sie umarbeiten zu lassen? Pardon, umkleben zu lassen?
Fazit: Ich empfehle dringend jedem persönlich zum Maßnehmen in den kleinen sehr sauberen und gepflegten Ort Frittlingen (südlich von Stuttgart) zu fahren, sei es auf einer Urlaubsfahrt, Wochenendausflug oder Shoppingtour in die Fabrikverkaufstadt Metzingen (dann ist die Frau gnädig gestimmt). Wer unter der Woche sehr früh an/ durch Stuttgart vorbeikommen will, muss wie ich sehr früh das Haus verlassen. Belohnt von der Gewissheit beim Bergstiefelkauf alles richtig gemacht zu haben lässt es sich die vielen Monate der Wartezeit auf die einzigartigen Schuhe besser aushalten.
Als zweiten festeren Stiefel habe ich mir den Bernina in Vollrindleder auf links gedreht (Juchtenleder) in Naturfarbe mit ebenfalls der Montagna Sohle gegönnt. Die werden allerdings erst nach Einlaufen der ersten Stiefel gefertigt. Hier wartet Herr Geiger Senior auf die Freigabe.
Anmerkung zu den Kosten:
Geiger Schuhe haben ihren Preis und ihre einzigartige Qualität. Sie sind nur deshalb bezahlbar weil jegliche Art des Zwischenhandels, der teure „Showroom“, das Hochglanz Marketing etc. entfällt. Auch wird, wie andere Hersteller es tun, kein Expeditionsteam ausgestattet…
An Geigers Vertriebssystem kann sehr gut veranschaulicht werden, dass handgemachte Qualität Made in Germany absolut bezahlbar ist, solange nicht unzählige Zwischenhändler davon leben wollen. Sie alle halten die Hand auf und verteuern das Produkt massiv.
Dadurch werden selbst Plastik Treter aus China zu überteuerten Produkten. Umgelegt auf die Haltbarkeit erfüllen diese dann preislich den Tatbestand des Wuchers.
Frage: Wann gibt es Nähereien / Manufakturen die Ausrüstungsgegenstände (Rucksäcke oder 3lagige Gore Jacken etc.) fertigen und per Direktvertrieb anbieten?
Das Können ist in diesem Lande. Der Markt sicher auch!
Vor sechs Wochen habe ich meine Schuhe geliefert bekommen! Nach einer sno-seal Pflege habe ich erstmalig begonnen die Bernina „einzutragen“. Aber von Eintragen im herkömmlichen Sinne braucht hier nicht gesprochen zu werden. Denn sie passten vom ersten Augenblick an!
Direkt reingeschlüpft, zugeschnürt und losgelaufen. Der perfekt verarbeitete Bergstiefel ist vom Gewicht her sehr angenehm, schmiegt sich an meinen Fuß, wie auch der Schaft mit seinem weich gepolsterten Abschluss. Er passt wie angegossen!
Gelaufen bin ich mittellange Stecken: tagsüber im städtischen Terrain und mit den Kindern im Mittelgebirge. In der zurückliegenden Woche durfte ich Freunden meine Bergstiefel auch im Wallis vorführen. Die Gebirgstouren waren herrlich. Die Bernina laufen sich auch im Hochgebirge mit ordentlich bepacktem Rucksack vorzüglich!
Mitleid habe ich mit meinen Freunden und den Lesern dieses Artikels die sich spätestens jetzt entschieden haben die besten Wanderstiefel massfertigen zu lassen. Die Wartezeit von mittlerweile 12 Monaten ist ganz besonders lang, wenn man bedenkt, dass Schuhe so bequem passen können und darin laufen so angenehm sein kann!
Es lohnt sich aber mit absoluter Gewissheit nach Frittlingen zu fahren- niemand wird es jemals bereuen, im Gegenteil.
Übrigens habe ich mir jetzt auch Haferlschuhe und „Stadtschuhe“ bestellt!
Ich veröffentliche diesen Bericht, auch auf die Gefahr hin die Wartezeiten noch weiter in die Höhe zu treiben. Die Herren Geiger bieten hier ein rundum perfektes Produkt und grandiosen Kundendienst an. Diese Einzigartigkeit muss publik gemacht werden.
Gruß Bo Nn
Auf der Suche im Netz nach ordentlich bewerteten Wanderschuhen habe ich von einem ultimativ gut verarbeiteten, maßgefertigten, zwiegenähten Stiefel gelesen. Die Berichte über die Schuhe und das Unternehmen waren voll des Lobes und ein jeder schwärmt vom Tragekomfort. Also schnell die Suchmaschine meines Vertrauens mit „Geiger Schuhe“ gefüttert und begonnen den Netzauftritt zu inspizieren.
Mir war klar, solche Bergstiefel müssen her.
Herr Schuhmachermeister Geiger wurde angeschrieben und einige Fragen gestellt, die ich stets freundlich und gut beantwortet bekommen habe.
Aus dem Orthopädiefachgeschäft habe ich Trittschaum besorgt (kostenlos abgegeben) und mit den Falke TK2 Socken Maß genommen und das PDF Maßblatt ausgefüllt. Nun packten mich aber die Zweifel, ob es richtig sei Maßschuhe „fern“zu messen? Was ist, wenn mir ein Fehler unterlaufen ist. Da sollte ganz klar lieber der Profi persönlich ran.
An einem Freitag im September 2009 ging die Fahrt von Bonn nach Frittlingen, mit 440km je Strecke eigentlich unvernünftig aber egal, es ging um die Stiefel für die kommenden vielen Jahre!
Im schnuckeligen Verkaufsraum (4m*3m) im Örtchen Frittlingen angekommen führte mich Herr Geiger erst einmal durch den Betrieb. Grandios den Fertigungsprozess erleben zu können, die alten Maschinen in Aktion zu sehen und die einzelnen Produktionszwischenstufen zu bewundern. Hier wird noch ALLES von Hand mit alten Maschinen gefertigt, gestanzt, genäht etc. Eine Technik wie sie sicherlich früher Standard war, heute aber verdrängt durch billige chinesische Produkte.
Neben Vater und Sohn Geiger hilft nur noch die Ehefrau mit. Es ist also eine kleine feine Manufaktur. Ein Familienbetrieb in der vierten Generation! Sensationell!!
Nun ging es an die Beratung. Die von mir mitgebrachten alten Lowa inspizierte Herr Geiger ausgiebig und erkannte vermutlich schon worauf es ankam, dann vermaß er meine Füße sehr genau, die Wandersocken von Falke TK2 hatte ich natürlich angezogen. Er analysierte die „Problemzonen“ und machte sich Markierungen und Notizen auf seinem Maßblatt. Ein Probeschuh konnte angezogen werden, da kam dann heraus welche Schaftgröße bei mir benötigt wird und mir lieber ist.
Ausgewählt habe ich das Modell Bernina, die Montagna Sohle und das schwarze Nubuk Leder. Hierzu hat er Stapel an Ledermustern aus unterschiedlichen Dicken und Farben. Die Bergstiefel werden in Nubuk mit einer Dicke von bis zu 4mm gefertigt.
Als Schaftabschluß, Laschenfarbe, der untere Teil der Zunge und den Bereich um die Tiefzugösen habe ich tiefdunkelrot (karmesinrot) gewählt.
Beim Modell Bernina sind die Umlenkkugelösen Standard.
Man bedenke, die Herren Geiger nehmen eine Momentaufnahme der zu vermessenden Füße auf. Die untere Extremität verändert über den Tag hinweg, abhängig von der Art der Belastung, der Intensität, der Schwere des Rucksacks, der Beschaffenheit des Terrains, der Umgebungstemperatur etc. ihre Größe. Das Pes wird durch die Beinmuskeln des Unterschenkels und der Fußmuskeln sowie der Fußknochen und der dazwischen liegenden Gelenkflächen gebildet. Die Bänder stabilisieren das Fußgewölbe und halten stramm die Knochen im richtigen Kontakt zueinander. Der Fuß wird gebildet aus: 26 Knochen, 22 Gelenke und 107 Bänder. Die 19 Muskeln ermöglichen die Bewegungen.
Weil jeder Fuß anders reagiert, erschwert dies ungemein einen Maßschuh zu fertigen, der in allen Einsatzsituationen perfekt passen soll.
Letztlich sind auch die Empfindungen des Trägers unterschiedlich. Manch einer kennt gar nicht das Gefühl einen richtig sitzenden Schuh zu tragen. Er ist an die standardisierten Größen der Massenproduzenten gewöhnt. Doch eins ist sicher: Wer einmal einen Maßschuh trug, wird nicht mehr Asienlatschen ertragen wollen.
Der Schuhmacher gibt sein Bestes und wenn die Geiger Schuhe wiedererwartend nicht perfekt passen, kann jederzeit nachgearbeitet werden.
Frage: Kann man eigentlich die Chinaschlappen in die Fabrik zurückschicken, um sie umarbeiten zu lassen? Pardon, umkleben zu lassen?
Fazit: Ich empfehle dringend jedem persönlich zum Maßnehmen in den kleinen sehr sauberen und gepflegten Ort Frittlingen (südlich von Stuttgart) zu fahren, sei es auf einer Urlaubsfahrt, Wochenendausflug oder Shoppingtour in die Fabrikverkaufstadt Metzingen (dann ist die Frau gnädig gestimmt). Wer unter der Woche sehr früh an/ durch Stuttgart vorbeikommen will, muss wie ich sehr früh das Haus verlassen. Belohnt von der Gewissheit beim Bergstiefelkauf alles richtig gemacht zu haben lässt es sich die vielen Monate der Wartezeit auf die einzigartigen Schuhe besser aushalten.
Als zweiten festeren Stiefel habe ich mir den Bernina in Vollrindleder auf links gedreht (Juchtenleder) in Naturfarbe mit ebenfalls der Montagna Sohle gegönnt. Die werden allerdings erst nach Einlaufen der ersten Stiefel gefertigt. Hier wartet Herr Geiger Senior auf die Freigabe.
Anmerkung zu den Kosten:
Geiger Schuhe haben ihren Preis und ihre einzigartige Qualität. Sie sind nur deshalb bezahlbar weil jegliche Art des Zwischenhandels, der teure „Showroom“, das Hochglanz Marketing etc. entfällt. Auch wird, wie andere Hersteller es tun, kein Expeditionsteam ausgestattet…
An Geigers Vertriebssystem kann sehr gut veranschaulicht werden, dass handgemachte Qualität Made in Germany absolut bezahlbar ist, solange nicht unzählige Zwischenhändler davon leben wollen. Sie alle halten die Hand auf und verteuern das Produkt massiv.
Dadurch werden selbst Plastik Treter aus China zu überteuerten Produkten. Umgelegt auf die Haltbarkeit erfüllen diese dann preislich den Tatbestand des Wuchers.
Frage: Wann gibt es Nähereien / Manufakturen die Ausrüstungsgegenstände (Rucksäcke oder 3lagige Gore Jacken etc.) fertigen und per Direktvertrieb anbieten?
Das Können ist in diesem Lande. Der Markt sicher auch!
Vor sechs Wochen habe ich meine Schuhe geliefert bekommen! Nach einer sno-seal Pflege habe ich erstmalig begonnen die Bernina „einzutragen“. Aber von Eintragen im herkömmlichen Sinne braucht hier nicht gesprochen zu werden. Denn sie passten vom ersten Augenblick an!
Direkt reingeschlüpft, zugeschnürt und losgelaufen. Der perfekt verarbeitete Bergstiefel ist vom Gewicht her sehr angenehm, schmiegt sich an meinen Fuß, wie auch der Schaft mit seinem weich gepolsterten Abschluss. Er passt wie angegossen!
Gelaufen bin ich mittellange Stecken: tagsüber im städtischen Terrain und mit den Kindern im Mittelgebirge. In der zurückliegenden Woche durfte ich Freunden meine Bergstiefel auch im Wallis vorführen. Die Gebirgstouren waren herrlich. Die Bernina laufen sich auch im Hochgebirge mit ordentlich bepacktem Rucksack vorzüglich!
Mitleid habe ich mit meinen Freunden und den Lesern dieses Artikels die sich spätestens jetzt entschieden haben die besten Wanderstiefel massfertigen zu lassen. Die Wartezeit von mittlerweile 12 Monaten ist ganz besonders lang, wenn man bedenkt, dass Schuhe so bequem passen können und darin laufen so angenehm sein kann!
Es lohnt sich aber mit absoluter Gewissheit nach Frittlingen zu fahren- niemand wird es jemals bereuen, im Gegenteil.
Übrigens habe ich mir jetzt auch Haferlschuhe und „Stadtschuhe“ bestellt!
Ich veröffentliche diesen Bericht, auch auf die Gefahr hin die Wartezeiten noch weiter in die Höhe zu treiben. Die Herren Geiger bieten hier ein rundum perfektes Produkt und grandiosen Kundendienst an. Diese Einzigartigkeit muss publik gemacht werden.
Gruß Bo Nn
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