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Mitreisende | |
Land: Deutschland
Reisezeit: Mitte Februar
Region/Kontinent: Mitteleuropa
Pfad-Finder: Wir wollten Euch mal berichten, wie es Ixylon und mir auf unserer Harztour letztes Wochenende ergangen ist. „Todeszone Harz“, Ihr wisst schon, jede Menge Schnee und Kälte. Ich hatte am Donnerstag vorher die Berliner angebeamt, die auch schon beim Wintertreffen in Schierke dabei waren, aber nur Ixylon hatte Zeit. Und so trafen wir uns am Samstagmorgen in Magdeburg im „Harz-Berlin-Express“. Ich fragte Ixylon, ob wir in Wernigerode in die Schmalspurbahn umsteigen und zum Beispiel bis Drei Annen-Hohne hochfahren wollen, oder von Ilsenburg den ganzen Weg aufsteigen wollen. Er votierte für Ilsenburg.

Entlang der Ilse
Ixylon: Na, ich wusste ja noch nicht, worauf ich mich da eingelassen hatte. Ich dachte mir, mit dem Riesenrucksack wird Pfad-Finder sicherlich nur vernünftige Wege laufen.
Pfad-Finder: Das waren doch höchstens 20 Kilo. Ich dachte mir: Ixylon wird mit seinem Ultralight-Pack ja wohl auch ein paar anspruchsvolle Passagen bewältigen können. Selbst mit den Schneeschuhen hatte er höchstens zwölf Kilo. Ich hatte deshalb auch keine Bedenken, vom Sandtal statt der Straße den steilen Aufstieg auf den Höhenweg kurz vor der Plessenburg zu nehmen. Der ist in älteren Karten noch drin. Bin den auch schon zwei- oder dreimal gelaufen, im Sommer allerdings.

"Im Sommer war hier noch ein Weg, ehrlich."
Ixylon: Mir war das ziemlich bald ein Rätsel, wie Pfad-Finder da den Weg erkennen wollte. Aber er wirkte ziemlich sicher. Bis wir dann vor einem ziemlichen Stapel umgekippter Bäume standen. Pfad-Finder meinte dann, hier wäre eine Serpentinenkurve... ich war mir da nicht so sicher. Bald stolperten wir über Totholz und überschneite Felsen. Und plötzlich ist es passiert: Ich bin ausgerutscht und beim Abstützen mit den Händen habe ich mir an irgendwas da unten im Schnee den Daumen aufgerissen. Warum habe ich Trottel auch kurz vorher die Handschuhe ausgezogen?
Pfad-Finder: Tolle Sauerei. Hat ziemlich geblutet, sah aber schlimmer aus als es letztlich war. Großkotzig habe ich dann ein Pflaster angeboten – nur um dann festzustellen, dass ich keins dabei hatte. Ixylon aber auch nicht.
Ixylon: Immerhin konnte ich noch genau sagen wo ich das Erste-Hilfe-Set zu Hause liegen gelassen habe.
Pfad-Finder: Zum Glück habe ich immer ein paar Sachen dabei, die man ganz bestimmt nicht braucht. Zum Beispiel etwas Textilklebeband, das gute alte Panzerband. Daraus haben wir dann ein Notpflaster gebastelt.
Ixylon: Hat die ganze Zeit super gehalten, wohlmöglich sogar besser als ein richtiges Pflaster, nur atmungsaktiv war es nicht gerade.
Pfad-Finder: Überhaupt nicht, aber dafür wasserdicht.
Ixylon: Irgendwie erreichten wir dann doch den Höhenweg. Pfad-Finder bog dann aber erst mal in der falschen Richtung ab, was er dann aber „schon“ nach 500 Metern merkte.
Pfad-Finder: Ähem. Sah eben alles anders aus als im Sommer. Hätte vielleicht doch einmal öfter in die Karte gucken sollen. Auf dem Weg zum richtigen Abzweig Richtung Oberer Gebbertsberg fanden wir dann übrigens noch einen Wegweiser für den steilen Abstieg, den wir vorher eigentlich aufsteigen wollten. Wahrscheinlich lagen die umgekippten Bäume, an denen wir dann abgedriftet waren, doch quer über den Weg. Und ohne den Umweg hätte Ixylon nicht sein Bob-Ross-Kitschbild fotografieren können.

Bob Ross malt keinen Kitsch, das sieht wirklich so aus.
Ixylon: Ist ja schon gut. Hier oben wurde der Neuschnee immer dicker, und das Laufen immer schwieriger. Als wir dann eine Futterraufe auf einem freien Feld erreichten, schnallten wir die Schneeschuhe an. Pfad-Finder hatte mir seine Tchibo-Schneeschuhe zur Verfügung gestellt. Ich hatte noch nie welche benutzt und stürzte mich also ins Abenteuer.
Pfad-Finder: Um Ixylon gleich mal einen Eindruck von der Geländegängigkeit der Schneeschuhe zu vermitteln, lotste ich uns geradewegs zur Forsthütte am Oberen Gebbertsberg hoch, statt den sanft ansteigenden Forstweg zu nehmen.
Ixylon: Das war echt steil und mir kamen Zweifel, ob diese Abkürzung nun unbedingt so viel schneller war.
Pfad-Finder: Stell Dich nicht so an.
Ixylon: Und gleich dahinter gings auch noch wieder bergab.
Pfad-Finder: Der Eindruck täuschte. Die vorherrschende Windrichtung hat nur die Bäume so schräg wachsen lassen.
Ixylon: Irgendwann kamen wir dann zu einem Schild, das sagte „Molkenhausstern 0,5 km“. Da gings wirklich noch mal bergauf.
Pfad-Finder: Das war der Soldansweg. Hier trafen wir zum ersten Mal seit bestimmt zwei Stunden wieder andere Menschen. Erst kamen uns drei Langläufer entgegen, und dann standen noch so ein paar Fußgänger oben an der Hütte. Fußgänger, nicht Wanderer. „Ey guck mal, die sind richtig ausgerüstet“ und so weiter. Halbschuhe, Jeans, Socken über der Hose ... wozu auch immer das gut sein soll. Um blöde Fragen gleich abzublocken, fragte ich „Sind wir wieder in Deutschland?“ Das half aber nichts. Die wollten von uns dann wissen, wie sie zum Brocken kommen. Kurz vor drei Uhr nachmittags und dann vom Molkenhausstern zum Brocken. Und natürlich zurück zum Auto nach Drei Annen-Hohne. Ehrlicherweise sagte ich ihnen, dass sie es nicht schaffen werden. Immerhin zeigten sie sich einsichtig.

Blick vom Moltkenhausstern nach Ilsenburg
Ixylon: Der Problematik bewusst werdend ließ ich mir dann noch mal von Pfad-Finder die Karte zeigen und fragte, wo wir denn eigentlich heute noch hinwollten – Er meinte bis zur Wolfswarte. Das kam mir ziemlich ambitioniert vor. Er rechnete dann mal nach und gab zu, dass 15 Kilometer wirklich weit sind. Aber man könne auch in der Nähe vom Dreieckigen Pfahl übernachten. Das waren nur so zehn Kilometer.
Pfad-Finder: War ein bisschen ehrgeizig. Aber die Wolfswarte ist ja offenbar schon so etwas wie ein Stammplatz für das Forum, deswegen wollte ich da ursprünglich hin. Wir latschten erstmal zu den Zeterklippen hoch.

Untere Zeterklippen
Ixylon: Meine Kompass-„Karte“ war sich allerdings nicht so sicher, welche die unteren und welche die oberen Zeterklippen waren
Pfad-Finder: Ja klar. Da dürfen die „unteren“ Zeterklippen schon mal 930 Meter hoch sein und die „oberen“ 827 Meter. Knalltüten!
Ixylon: Fürs nächste Mal besorge ich mir andere Karten.
Pfad-Finder: Dann kam der Aufstieg vom Hauptweg zu den Oberen Zeterklippen. Da war seit dem Neuschnee noch niemand gelaufen. Wer das nicht kennt: Man läuft erst 200 Meter über eine Lichtung mit jungen Bäumen, und dann geht es ganz steil durch einige Fichtenreihen zum Hochplateau.
Ixylon: Auf der Lichtung verschwand dann plötzlich mein linkes Bein im Schnee.
Pfad-Finder: Ok, das mit den jungen Bäumen hätte ich Ixylon vorher sagen sollen: Unter den Ästen bleibt es häufig schneefrei, was aber bei 40 Zentimeter Neuschnee von oben nicht immer zu sehen ist, und wenn man dort hintritt, fällt man manchmal in ein tiefes Loch. Zum Glück hatte Ixylon ja seine Trekkingstöcke dabei. Nur benutzt hat er sie nicht.
Ixylon: Ich wusste ja nicht, ob ich sie denn fürs Schneeschuhlaufen brauchen würde. Ging auch ohne ganz gut, ich habe sie zumindest nicht vermisst. Bei dem Aufstieg durch die Fichten hatte ich aber irgendwie nicht den Eindruck, dass Du Dir des Weges ganz sicher warst.
Pfad-Finder: Habe ich aber auch gleich gesagt: „Ich kann nicht garantieren, dass wir exakt auf dem Weg laufen, aber wir kommen ganz bestimmt an.“ War selbst erstaunt, dass wir am Ende des Waldes dann sogar direkt an einer Wegmarkierung rauskamen.

Anstieg zu den oberen Zeterklippen

Kurz vor den oberen Zeterklippen
Ixylon: Da oben war es traumhaft. Unberührter Schnee, Sonne, die Brockenspitze ein wenig in Nebel gehüllt. Und dann klettert Pfad-Finder mit den Schneeschuhen die Leiter zu den Klippen hoch!
Pfad-Finder: Das Aus- und Anziehen ist bei diesen Museumsdingern von 2001 eine ewige Fummelei. Anders als bei den Tchibos, wo Du viermal ratsch-ratsch machst – fertig!

Brockenblick

Brockenblick

Obere Zeterklippen
Ixylon: Irgendwann lichtete sich mal kurz der Nebel um den Brockengipfel, und dann konnte man sogar einen vor sich hin qualmenden Zug erkennen. Pfad-Finder war plötzlich richtig elektrisiert, schaffte aber kein Foto, bevor sich die Nebeldecke wieder schloss. Während ich schon wieder auf dem Weg nach unten war, lungerte er immer noch da oben rum und wartete wohl darauf, dass sich der Nebel noch mal lichtete.

Warten auf den richtigen Augenblick
Pfad-Finder: Na klar. Das war der grüne HSB-Traditionszug mit der uralten Mallet-Lok, Achsfolge B'B. Sieht man nicht alle Tage, wird nur für Sonderfahrten eingesetzt.
Ixylon: Na dann, du musst es ja wissen.

Sonderzug auf dem Brocken

Auf dem Weg zum Brockenbett
Pfad-Finder: Zum Brockenbett liefen wir dann ein Stück querwaldein, um den Höhenverlust zum Gelben Weg und den Wiederanstieg zu sparen. Immer am oberen Rand des alten Schonungszaunes lang, da war früher auch ein Weg, wie an der baumfreien Trasse zu erkennen ist.
Ixylon: Pfad-Finder sieht manchmal Wege... ich weiß ja nicht.
Pfad-Finder: Aber wir sind ganz genau am Brockenbett rausgekommen!
Ixylon: War das Zufall oder Planung?
Pfad-Finder: Ich habe wenigstens nicht gefragt, ob man auf der Brockenstraße die Schneeschuhe braucht.
Ixylon: Als ich das gefragt habe, weil du dir mitten im Wald die Schneeschuhe abgeschnallt hast, wusste ich ja noch nicht, dass wir da schon an der Brockenstraße waren!
Pfad-Finder: Kurz vor dem Bahnübergang kamen wir dann in den Nebel. Wie üblich. Und kalt war es dann plötzlich auch. Erst -9 Grad, dann auf dem Gipfel -11,4. Also kurz am Brockenstein angeschlagen und Zielfoto gemacht, und dann schnell wieder weg. Aber wohin? Die Gastronomie war schon geschlossen, um 16:30 wird da im Winter alles zugeklappt. Wir haben uns dann in einer windarmen Nische hinter dem Bahnhof etwas wärmer verpackt.

Gipfelfoto

Brockenwetter

Vorbereitungen für den Abstieg
Ixylon: Ich denk mir, was kramt Pfad-Finder da im Schlafsackfach seines Rucksacks rum? Erst holt er dicke Winterhandschuhe raus - „Sind von Tchibo!“, sagt er stolz – und dann Schneeketten für seine Schuhe. Jetzt wundert es mich nicht mehr, dass er so einen großen Rucksack durch die Gegend trägt. Wer weiß, was er da noch alles drin hatte.
Pfad-Finder: „Rechne mit allem, und Du wirst nicht überrascht werden!“ Ich hatte zum Beispiel auch noch eine Skibrille dabei, falls es da oben wieder stürmt und gleichzeitig schneit.
Ixylon: Ist klar.
Pfad-Finder: Ich gebe zu, diesmal habe ich sie nicht gebraucht.
Ixylon: Dann sind wir über den Goetheweg runter in Richtung Dreieckiger Pfahl. Der Weg war ziemlich rutschig, weil tagsüber offenbar viele Leute dort gelaufen waren. Die Sonne war da schon längst untergegangen, aber das war uns im Nebel auch nicht weiter aufgefallen. Es wurde zunehmend schwieriger, Konturen im Schnee zu erkennen, aber Pfad-Finder wurde vom Gewicht seines Rucksacks so schnell in Richtung Tal gezogen, dass ich Mühe hatte, Schritt zu halten.
Pfad-Finder: Als wir dann eine geeignete Stelle am Waldrand gefunden hatten, wollte ich eine „Pinkelschleife“ legen, damit die Ranger nicht gleich sehen, dass das jemand im Wald hockt.
Ixylon: Ich dachte – was will er jetzt? „Pinkelschleife“?
Pfad-Finder: Ganz simpel: Einmal in den Wald reingehen, eine Schleife um einen Baum drehen, wieder zum Weg rauskommen. Dann in den alten Spuren wieder in den Wald rein. Zumindest der oberflächliche Spurenleser bekommt dann den Eindruck, hier wäre jemand nur kurz zum Pinkeln in den Wald gegangen.
Ixylon: Die Lichtung, die wir uns dann so 30 Meter waldeinwärts ausgesucht hatten, stellte sich später als nicht so ideal heraus. Erstens war sie für unsere zwei Zelte etwas klein, und zweitens war der Schnee sehr uneben. Von oben sah es Ok aus, aber die eigentlich tragende Altschneedecke unter dem Neuschnee war angeschrägt und von sehr unterschiedlicher Qualität.

Zeltplatz
Pfad-Finder: Das kann man wohl sagen. Neben meinem Zelt bildete sich bald ein Laufgraben, weil der Schnee so weich war. An Abspannen war da kaum zu denken. Zum Glück ist Hogan die Schildkröte selbsttragend. Und Wind wehte auch nicht. Die gelben Plastikheringe hielten im Altschnee übrigens ganz gut.
Ixylon: Meine selbstgebauten Schneeheringe auch, obwohl Pfad-Finder am Abend mit seinen steifgefrorenen Beinen nach dem Kochen jede einzelne Abspannleine meines Zelts mitgenommen hat.
Pfad-Finder: Drumrumgehen war ja auf der kleinen Lichtung nicht möglich.
Ixylon: Vielleicht bringst Du Dir nächstes Mal ein größeres Stück Isomatte als Sitzpolster mit, dann frieren die Beine beim Kochen auch nicht ein.
Pfad-Finder: Ich hatte ja noch ein größeres Stück dabei, aber das hattest Du Dir als Kocherunterlage gegriffen.
Ixylon: Sonst wäre der Kocher im Schnee versunken.
Pfad-Finder: Das mit dem Schneetauen üben wir auch noch mal. Es ist wirklich zweckmäßiger, erst ein bisschen Wasser einzufüllen, es zu erhitzen und dann schrittweise Schnee nachzuwerfen. Ich hatte den Schnee einfach so in meinen Edelstahltopftassentrinkbecher reingestopft und ihn dann auf den Esbitkocher gestellt. Bis ich meine Instantnudeln essen konnte, hatte ich rund zwei Drittel der Packung verfeuert.
Ixylon: Mein Spirituskocher hat keinen Stress gemacht. Aber das Wasser in meinem Platypus war „crispy“, hat beim Schütteln fröhlich geraschelt. Und nachdem ich dem Eispfropf im Flaschenhals mit einem Hering zu Leibe gerückt war, bin ich sogar rangekommen.

Kampf der Winterbrennstoffe: Esbit vs. Spiritus

Schneeschmelzen mit dem Esbit-Kocher
Pfad-Finder: Gegen zehn Uhr sind wir dann schlafen gegangen. Aber bis ich eine halbwegs erträgliche Lage zwischen den Eisbergen unter meiner Isomatte gefunden hatte, hat es eine Weile gedauert.
Ixylon: Wie hat eigentlich Dein neuer Schlafsack funktioniert?
Pfad-Finder: Stimmt, das könnte ich noch berichten. Nach dem Wochenende in Schierke hatte ich den Eindruck, dass mein Ajungilak Kompakt Shelter nicht mehr bis -7 Grad taugt, so wie früher. Und weil für dieses Wochenende Temperaturen im Bereich eher um -10 Grad angesagt waren, habe ich dann am Freitagabend noch mal schnell nachgerüstet, mit einem Mountain Equipment Classic Dragon 1000. Irre, wie schnell die Füße wieder warm waren. Auch der Wärmekragen und die Kapuze sind klasse. Nur der Reißverschluss ist spürbar eine Kältebrücke. Da er sich aber auf der Seite befindet, auf der ich bevorzugt schlafe, konnte ich ihn problemlos unter meinen Körper drücken. Mir ist nur schleierhaft, wie die ME-Leute den Schlafsack – zumindest die Zweimeter-Version – in ihren Packsack kriegen wollen. Ich habe es nicht geschafft.
Ixylon: Deswegen der unverkennbare gelborange Ajungilak-Packsack.
Pfad-Finder: Genau. Und wie hast Du geschlafen?
Ixylon: Hatte auch eine Hügellandschaft unter meiner Isomatte. Habe dann aber eine recht bequeme Position gefunden in der ich nicht mehr im Schlafsack gen Tal gerutscht bin

Im Zelt wars immerhin zwei Grad wärmer.

Zeltplatz bei Tageslicht
Pfad-Finder: Ich habe gar nicht mitbekommen, wie Du gefrühstückt hast.
Ixylon: Wenn Du im Schlafsack liegst und mit Deinen Schokoladenkeksen rumkrümelst, bekommst Du natürlich nichts mit. Und so ein Spirituskocher taugt nun mal nicht als Wecker für die Mitreisenden.
Pfad-Finder: Um halb neun Uhr morgens sind wir dann wieder losgegangen. Morgens hatte ich zweimal Fahrzeuge gehört, jetzt konnten wir sehen, dass die Loipen frisch gespurt waren. Aber ein Fußgänger war offenbar auch schon unterwegs gewesen. Also: Immer schön leise sein beim Wildcampen. Am Eckersprung bogen wir nach Norden ab. Upps! Wir sind den falschen Spuren gefolgt und so auf einem Weg entlang der Höhenlinien gelandet, den es laut Karte gar nicht gibt.
Ixylon: Was heißt hier „Upps!“ Pfad-Finder wusste ganz genau, dass das nicht der offizielle Weg entlang der Ecker und dann zum Scharfenstein ist, sondern dass man dort an der Hermannsklippe rauskommt.
Pfad-Finder: Dazu sage ich nichts. Ich muss mich ja wohl nicht selbst belasten. Aber schön war der Weg. Mindestens zwei Langläufer und abschnittsweise auch Schneeschuhwanderer hatten eine Spur hinterlassen, so dass wir dort recht bequem laufen konnten. Das dollste war, dass eine Spur auf steilstem Wege direkt vom Brocken kommend den Weg kreuzte und sich dann zum Eckertal runterstürzte.

Tief verschneit sind Weg und Pfad...
Ixylon: Der Weg zog sich ziemlich hin. Irgendwo hier muss ich dann auch die Muttern von Pfad-Finders Tchibo-Schneeschuhen verloren haben. Das ist uns aber auch erst an der Scharfenstein-Hütte beim Wegpacken der Schneeschuhe aufgefallen. Danach haben wir die Schuhe eh nicht mehr gebraucht, und Pfadfinder hat nun endlich einen Grund, sich die Nietzange zu kaufen, um die er schon so lange im Baumarkt rumgeschlichen ist.
Pfad-Finder: In der Hütte haben wir uns erstmal vom Wirt verwöhnen lassen. Capucchino zu Schmalzbrot und Gurke ist zwar eine etwas schräge Kombination, ich fands aber gut. Außerdem konnte ich so etwas Zeit schinden, um die Eisflocken in meiner Wasserflasche aufzutauen.
Ixylon: Der Wirt, der nach Pfad-Finders Meinung zur Nationalparkverwaltung gehört, hat uns gefragt, ob wir im Wald übernachtet hätten. Pfad-Finder hat dann sehr überzeugend die Geschichte vorgebracht, die wir schon den ganzen Vormittag eingeübt hatten. Wir wären in Schierke auf dem Campingplatz gewesen und heute morgen sehr früh aufgebrochen. Aber später hat der Wirt etwas von einem Wanderer-Trio erzählt, das an den Zeterklippen übernachtet hat, und hat da offenbar gar nichts Anstößiges drin gesehen.
Pfad-Finder: Wir hatten jetzt ein Problem: Zu viel Zeit bis zur Abfahrt vom Harz-Berlin-Express in Ilsenburg. Das wäre mir nie passiert, wenn ich allein unterwegs gewesen wäre.
Ixylon: Das kann ich mir lebhaft vorstellen, du wärst ja gestern noch im Dunkeln bis zur Wolfswarte gerannt: „Oh, 35 km von der Wolfswarte bis Ilsenburg, das schaffen wir locker in sieben Stunden.“ Liegt ja nur so ein bisschen Schnee.
Pfad-Finder: Aber 8 Kilometer auf fünf Stunden zu verteilen ist auch nicht einfach.
Ixylon: Deswegen sind wir dann eine etwas längere Variante gelaufen, erst runter zum Eckerstausee und über Kruzifix zum Suental. So hatten wir wenigstens 12 Kilometer.

Blick auf die Eckertalsperre
Pfad-Finder: Am Kruzifix begegneten uns noch so ein paar Jack-Wolfskin-Halbschuhtouristen. Der eine hat rumgemault, dass er unter seiner PU-Regenhose schwitzt, und dass seine Füße vom Schnee klatschnass seien. Manchen Leuten ist echt nicht zu helfen.
Ixylon: Das Wegstück war nicht besonders schön. Nur breite Forstwege, und immer wieder komplett abgeholzte Hänge. Fast wie in Schottland.
Pfad-Finder: Nur das man in Schottland alle Äste liegengelassen hätte.
Ixylon: Der Abstieg ins Suental war noch mal eine Herausforderung. Unter einer dünnen Neuschneedecke versteckte sich meistens reines Eis. Pfad-Finder ließ sich mehr am Geländer herab als dass er ging, obwohl er noch mal seine Schneeketten angelegt hatte. Einmal bin ich dann doch ausgerutscht, aber dank der Isomatte, die unterm Rucksack hing, weich gelandet.
Pfad-Finder: Nicht ohne Grund sahen wir keine Spuren von anderen Menschen, die dort bergab gegangen waren. Nur welche bergauf.

Abstieg ins Suental
Ixylon: Trotzdem waren wir viel zu schnell. Wir waren um zwei Uhr nachmittags in Ilsenburg und hatten noch mehr als drei Stunden Zeit bis zur Abfahrt des Zuges. Pfad-Finder schlug dann vor, in das Café am Marktplatz einzukehren. Das war keine schlechte Idee.
Pfad-Finder: Die Bedienung fand es auch keine schlechte Idee, nehme ich an. Ich fing mit Bockwurst und Kartoffelsalat an und ging dann zum Kuchen über.
Ixylon: Ich habe mich mit der Menüreihenfolge nach aufsteigender Temperatur gerichtet und mit Eis und Apfelstrudel angefangen und dann eine Waldpilzsuppe genommen.
Pfad-Finder: Aber damit haben wir auch nur zwei Stunden weggekriegt. Ich habe dann vorgeschlagen, dass wir uns noch das Schloss anschauen.
Ixylon: Na ja, „Schloss“ ist wohl übertrieben.
Pfad-Finder: Für ein Foto hat es Dir ja offenbar noch gereicht.

Kloster Ilsenburg
Ixylon: Um kurz vor fünf waren wir dann am Bahnhof. Endlich konnte ich Pfad-Finder seine Schneeschuhe zurückgeben und meinen Rucksack von „UM“ wieder auf „UL“ umstellen.
Pfad-Finder: Und ich hatte trotz der verbrauchten Vorräte wieder das Gefühl, UH zu tragen. Welcome home!

UH-Wandern vs. UM-Wandern
Was wir gelernt haben:
Reisezeit: Mitte Februar
Region/Kontinent: Mitteleuropa
Pfad-Finder: Wir wollten Euch mal berichten, wie es Ixylon und mir auf unserer Harztour letztes Wochenende ergangen ist. „Todeszone Harz“, Ihr wisst schon, jede Menge Schnee und Kälte. Ich hatte am Donnerstag vorher die Berliner angebeamt, die auch schon beim Wintertreffen in Schierke dabei waren, aber nur Ixylon hatte Zeit. Und so trafen wir uns am Samstagmorgen in Magdeburg im „Harz-Berlin-Express“. Ich fragte Ixylon, ob wir in Wernigerode in die Schmalspurbahn umsteigen und zum Beispiel bis Drei Annen-Hohne hochfahren wollen, oder von Ilsenburg den ganzen Weg aufsteigen wollen. Er votierte für Ilsenburg.
Entlang der Ilse
Ixylon: Na, ich wusste ja noch nicht, worauf ich mich da eingelassen hatte. Ich dachte mir, mit dem Riesenrucksack wird Pfad-Finder sicherlich nur vernünftige Wege laufen.
Pfad-Finder: Das waren doch höchstens 20 Kilo. Ich dachte mir: Ixylon wird mit seinem Ultralight-Pack ja wohl auch ein paar anspruchsvolle Passagen bewältigen können. Selbst mit den Schneeschuhen hatte er höchstens zwölf Kilo. Ich hatte deshalb auch keine Bedenken, vom Sandtal statt der Straße den steilen Aufstieg auf den Höhenweg kurz vor der Plessenburg zu nehmen. Der ist in älteren Karten noch drin. Bin den auch schon zwei- oder dreimal gelaufen, im Sommer allerdings.
"Im Sommer war hier noch ein Weg, ehrlich."
Ixylon: Mir war das ziemlich bald ein Rätsel, wie Pfad-Finder da den Weg erkennen wollte. Aber er wirkte ziemlich sicher. Bis wir dann vor einem ziemlichen Stapel umgekippter Bäume standen. Pfad-Finder meinte dann, hier wäre eine Serpentinenkurve... ich war mir da nicht so sicher. Bald stolperten wir über Totholz und überschneite Felsen. Und plötzlich ist es passiert: Ich bin ausgerutscht und beim Abstützen mit den Händen habe ich mir an irgendwas da unten im Schnee den Daumen aufgerissen. Warum habe ich Trottel auch kurz vorher die Handschuhe ausgezogen?
Pfad-Finder: Tolle Sauerei. Hat ziemlich geblutet, sah aber schlimmer aus als es letztlich war. Großkotzig habe ich dann ein Pflaster angeboten – nur um dann festzustellen, dass ich keins dabei hatte. Ixylon aber auch nicht.
Ixylon: Immerhin konnte ich noch genau sagen wo ich das Erste-Hilfe-Set zu Hause liegen gelassen habe.
Pfad-Finder: Zum Glück habe ich immer ein paar Sachen dabei, die man ganz bestimmt nicht braucht. Zum Beispiel etwas Textilklebeband, das gute alte Panzerband. Daraus haben wir dann ein Notpflaster gebastelt.
Ixylon: Hat die ganze Zeit super gehalten, wohlmöglich sogar besser als ein richtiges Pflaster, nur atmungsaktiv war es nicht gerade.
Pfad-Finder: Überhaupt nicht, aber dafür wasserdicht.
Ixylon: Irgendwie erreichten wir dann doch den Höhenweg. Pfad-Finder bog dann aber erst mal in der falschen Richtung ab, was er dann aber „schon“ nach 500 Metern merkte.
Pfad-Finder: Ähem. Sah eben alles anders aus als im Sommer. Hätte vielleicht doch einmal öfter in die Karte gucken sollen. Auf dem Weg zum richtigen Abzweig Richtung Oberer Gebbertsberg fanden wir dann übrigens noch einen Wegweiser für den steilen Abstieg, den wir vorher eigentlich aufsteigen wollten. Wahrscheinlich lagen die umgekippten Bäume, an denen wir dann abgedriftet waren, doch quer über den Weg. Und ohne den Umweg hätte Ixylon nicht sein Bob-Ross-Kitschbild fotografieren können.
Bob Ross malt keinen Kitsch, das sieht wirklich so aus.
Ixylon: Ist ja schon gut. Hier oben wurde der Neuschnee immer dicker, und das Laufen immer schwieriger. Als wir dann eine Futterraufe auf einem freien Feld erreichten, schnallten wir die Schneeschuhe an. Pfad-Finder hatte mir seine Tchibo-Schneeschuhe zur Verfügung gestellt. Ich hatte noch nie welche benutzt und stürzte mich also ins Abenteuer.
Pfad-Finder: Um Ixylon gleich mal einen Eindruck von der Geländegängigkeit der Schneeschuhe zu vermitteln, lotste ich uns geradewegs zur Forsthütte am Oberen Gebbertsberg hoch, statt den sanft ansteigenden Forstweg zu nehmen.
Ixylon: Das war echt steil und mir kamen Zweifel, ob diese Abkürzung nun unbedingt so viel schneller war.
Pfad-Finder: Stell Dich nicht so an.
Ixylon: Und gleich dahinter gings auch noch wieder bergab.
Pfad-Finder: Der Eindruck täuschte. Die vorherrschende Windrichtung hat nur die Bäume so schräg wachsen lassen.
Ixylon: Irgendwann kamen wir dann zu einem Schild, das sagte „Molkenhausstern 0,5 km“. Da gings wirklich noch mal bergauf.
Pfad-Finder: Das war der Soldansweg. Hier trafen wir zum ersten Mal seit bestimmt zwei Stunden wieder andere Menschen. Erst kamen uns drei Langläufer entgegen, und dann standen noch so ein paar Fußgänger oben an der Hütte. Fußgänger, nicht Wanderer. „Ey guck mal, die sind richtig ausgerüstet“ und so weiter. Halbschuhe, Jeans, Socken über der Hose ... wozu auch immer das gut sein soll. Um blöde Fragen gleich abzublocken, fragte ich „Sind wir wieder in Deutschland?“ Das half aber nichts. Die wollten von uns dann wissen, wie sie zum Brocken kommen. Kurz vor drei Uhr nachmittags und dann vom Molkenhausstern zum Brocken. Und natürlich zurück zum Auto nach Drei Annen-Hohne. Ehrlicherweise sagte ich ihnen, dass sie es nicht schaffen werden. Immerhin zeigten sie sich einsichtig.

Blick vom Moltkenhausstern nach Ilsenburg
Ixylon: Der Problematik bewusst werdend ließ ich mir dann noch mal von Pfad-Finder die Karte zeigen und fragte, wo wir denn eigentlich heute noch hinwollten – Er meinte bis zur Wolfswarte. Das kam mir ziemlich ambitioniert vor. Er rechnete dann mal nach und gab zu, dass 15 Kilometer wirklich weit sind. Aber man könne auch in der Nähe vom Dreieckigen Pfahl übernachten. Das waren nur so zehn Kilometer.
Pfad-Finder: War ein bisschen ehrgeizig. Aber die Wolfswarte ist ja offenbar schon so etwas wie ein Stammplatz für das Forum, deswegen wollte ich da ursprünglich hin. Wir latschten erstmal zu den Zeterklippen hoch.

Untere Zeterklippen
Ixylon: Meine Kompass-„Karte“ war sich allerdings nicht so sicher, welche die unteren und welche die oberen Zeterklippen waren
Pfad-Finder: Ja klar. Da dürfen die „unteren“ Zeterklippen schon mal 930 Meter hoch sein und die „oberen“ 827 Meter. Knalltüten!
Ixylon: Fürs nächste Mal besorge ich mir andere Karten.
Pfad-Finder: Dann kam der Aufstieg vom Hauptweg zu den Oberen Zeterklippen. Da war seit dem Neuschnee noch niemand gelaufen. Wer das nicht kennt: Man läuft erst 200 Meter über eine Lichtung mit jungen Bäumen, und dann geht es ganz steil durch einige Fichtenreihen zum Hochplateau.
Ixylon: Auf der Lichtung verschwand dann plötzlich mein linkes Bein im Schnee.
Pfad-Finder: Ok, das mit den jungen Bäumen hätte ich Ixylon vorher sagen sollen: Unter den Ästen bleibt es häufig schneefrei, was aber bei 40 Zentimeter Neuschnee von oben nicht immer zu sehen ist, und wenn man dort hintritt, fällt man manchmal in ein tiefes Loch. Zum Glück hatte Ixylon ja seine Trekkingstöcke dabei. Nur benutzt hat er sie nicht.
Ixylon: Ich wusste ja nicht, ob ich sie denn fürs Schneeschuhlaufen brauchen würde. Ging auch ohne ganz gut, ich habe sie zumindest nicht vermisst. Bei dem Aufstieg durch die Fichten hatte ich aber irgendwie nicht den Eindruck, dass Du Dir des Weges ganz sicher warst.
Pfad-Finder: Habe ich aber auch gleich gesagt: „Ich kann nicht garantieren, dass wir exakt auf dem Weg laufen, aber wir kommen ganz bestimmt an.“ War selbst erstaunt, dass wir am Ende des Waldes dann sogar direkt an einer Wegmarkierung rauskamen.

Anstieg zu den oberen Zeterklippen
Kurz vor den oberen Zeterklippen
Ixylon: Da oben war es traumhaft. Unberührter Schnee, Sonne, die Brockenspitze ein wenig in Nebel gehüllt. Und dann klettert Pfad-Finder mit den Schneeschuhen die Leiter zu den Klippen hoch!
Pfad-Finder: Das Aus- und Anziehen ist bei diesen Museumsdingern von 2001 eine ewige Fummelei. Anders als bei den Tchibos, wo Du viermal ratsch-ratsch machst – fertig!
Brockenblick
Brockenblick
Obere Zeterklippen
Ixylon: Irgendwann lichtete sich mal kurz der Nebel um den Brockengipfel, und dann konnte man sogar einen vor sich hin qualmenden Zug erkennen. Pfad-Finder war plötzlich richtig elektrisiert, schaffte aber kein Foto, bevor sich die Nebeldecke wieder schloss. Während ich schon wieder auf dem Weg nach unten war, lungerte er immer noch da oben rum und wartete wohl darauf, dass sich der Nebel noch mal lichtete.

Warten auf den richtigen Augenblick
Pfad-Finder: Na klar. Das war der grüne HSB-Traditionszug mit der uralten Mallet-Lok, Achsfolge B'B. Sieht man nicht alle Tage, wird nur für Sonderfahrten eingesetzt.
Ixylon: Na dann, du musst es ja wissen.
Sonderzug auf dem Brocken
Auf dem Weg zum Brockenbett
Pfad-Finder: Zum Brockenbett liefen wir dann ein Stück querwaldein, um den Höhenverlust zum Gelben Weg und den Wiederanstieg zu sparen. Immer am oberen Rand des alten Schonungszaunes lang, da war früher auch ein Weg, wie an der baumfreien Trasse zu erkennen ist.
Ixylon: Pfad-Finder sieht manchmal Wege... ich weiß ja nicht.
Pfad-Finder: Aber wir sind ganz genau am Brockenbett rausgekommen!
Ixylon: War das Zufall oder Planung?
Pfad-Finder: Ich habe wenigstens nicht gefragt, ob man auf der Brockenstraße die Schneeschuhe braucht.
Ixylon: Als ich das gefragt habe, weil du dir mitten im Wald die Schneeschuhe abgeschnallt hast, wusste ich ja noch nicht, dass wir da schon an der Brockenstraße waren!
Pfad-Finder: Kurz vor dem Bahnübergang kamen wir dann in den Nebel. Wie üblich. Und kalt war es dann plötzlich auch. Erst -9 Grad, dann auf dem Gipfel -11,4. Also kurz am Brockenstein angeschlagen und Zielfoto gemacht, und dann schnell wieder weg. Aber wohin? Die Gastronomie war schon geschlossen, um 16:30 wird da im Winter alles zugeklappt. Wir haben uns dann in einer windarmen Nische hinter dem Bahnhof etwas wärmer verpackt.
Gipfelfoto
Brockenwetter
Vorbereitungen für den Abstieg
Ixylon: Ich denk mir, was kramt Pfad-Finder da im Schlafsackfach seines Rucksacks rum? Erst holt er dicke Winterhandschuhe raus - „Sind von Tchibo!“, sagt er stolz – und dann Schneeketten für seine Schuhe. Jetzt wundert es mich nicht mehr, dass er so einen großen Rucksack durch die Gegend trägt. Wer weiß, was er da noch alles drin hatte.
Pfad-Finder: „Rechne mit allem, und Du wirst nicht überrascht werden!“ Ich hatte zum Beispiel auch noch eine Skibrille dabei, falls es da oben wieder stürmt und gleichzeitig schneit.
Ixylon: Ist klar.
Pfad-Finder: Ich gebe zu, diesmal habe ich sie nicht gebraucht.
Ixylon: Dann sind wir über den Goetheweg runter in Richtung Dreieckiger Pfahl. Der Weg war ziemlich rutschig, weil tagsüber offenbar viele Leute dort gelaufen waren. Die Sonne war da schon längst untergegangen, aber das war uns im Nebel auch nicht weiter aufgefallen. Es wurde zunehmend schwieriger, Konturen im Schnee zu erkennen, aber Pfad-Finder wurde vom Gewicht seines Rucksacks so schnell in Richtung Tal gezogen, dass ich Mühe hatte, Schritt zu halten.
Pfad-Finder: Als wir dann eine geeignete Stelle am Waldrand gefunden hatten, wollte ich eine „Pinkelschleife“ legen, damit die Ranger nicht gleich sehen, dass das jemand im Wald hockt.
Ixylon: Ich dachte – was will er jetzt? „Pinkelschleife“?
Pfad-Finder: Ganz simpel: Einmal in den Wald reingehen, eine Schleife um einen Baum drehen, wieder zum Weg rauskommen. Dann in den alten Spuren wieder in den Wald rein. Zumindest der oberflächliche Spurenleser bekommt dann den Eindruck, hier wäre jemand nur kurz zum Pinkeln in den Wald gegangen.
Ixylon: Die Lichtung, die wir uns dann so 30 Meter waldeinwärts ausgesucht hatten, stellte sich später als nicht so ideal heraus. Erstens war sie für unsere zwei Zelte etwas klein, und zweitens war der Schnee sehr uneben. Von oben sah es Ok aus, aber die eigentlich tragende Altschneedecke unter dem Neuschnee war angeschrägt und von sehr unterschiedlicher Qualität.
Zeltplatz
Pfad-Finder: Das kann man wohl sagen. Neben meinem Zelt bildete sich bald ein Laufgraben, weil der Schnee so weich war. An Abspannen war da kaum zu denken. Zum Glück ist Hogan die Schildkröte selbsttragend. Und Wind wehte auch nicht. Die gelben Plastikheringe hielten im Altschnee übrigens ganz gut.
Ixylon: Meine selbstgebauten Schneeheringe auch, obwohl Pfad-Finder am Abend mit seinen steifgefrorenen Beinen nach dem Kochen jede einzelne Abspannleine meines Zelts mitgenommen hat.
Pfad-Finder: Drumrumgehen war ja auf der kleinen Lichtung nicht möglich.
Ixylon: Vielleicht bringst Du Dir nächstes Mal ein größeres Stück Isomatte als Sitzpolster mit, dann frieren die Beine beim Kochen auch nicht ein.
Pfad-Finder: Ich hatte ja noch ein größeres Stück dabei, aber das hattest Du Dir als Kocherunterlage gegriffen.
Ixylon: Sonst wäre der Kocher im Schnee versunken.
Pfad-Finder: Das mit dem Schneetauen üben wir auch noch mal. Es ist wirklich zweckmäßiger, erst ein bisschen Wasser einzufüllen, es zu erhitzen und dann schrittweise Schnee nachzuwerfen. Ich hatte den Schnee einfach so in meinen Edelstahltopftassentrinkbecher reingestopft und ihn dann auf den Esbitkocher gestellt. Bis ich meine Instantnudeln essen konnte, hatte ich rund zwei Drittel der Packung verfeuert.
Ixylon: Mein Spirituskocher hat keinen Stress gemacht. Aber das Wasser in meinem Platypus war „crispy“, hat beim Schütteln fröhlich geraschelt. Und nachdem ich dem Eispfropf im Flaschenhals mit einem Hering zu Leibe gerückt war, bin ich sogar rangekommen.
Kampf der Winterbrennstoffe: Esbit vs. Spiritus
Schneeschmelzen mit dem Esbit-Kocher
Pfad-Finder: Gegen zehn Uhr sind wir dann schlafen gegangen. Aber bis ich eine halbwegs erträgliche Lage zwischen den Eisbergen unter meiner Isomatte gefunden hatte, hat es eine Weile gedauert.
Ixylon: Wie hat eigentlich Dein neuer Schlafsack funktioniert?
Pfad-Finder: Stimmt, das könnte ich noch berichten. Nach dem Wochenende in Schierke hatte ich den Eindruck, dass mein Ajungilak Kompakt Shelter nicht mehr bis -7 Grad taugt, so wie früher. Und weil für dieses Wochenende Temperaturen im Bereich eher um -10 Grad angesagt waren, habe ich dann am Freitagabend noch mal schnell nachgerüstet, mit einem Mountain Equipment Classic Dragon 1000. Irre, wie schnell die Füße wieder warm waren. Auch der Wärmekragen und die Kapuze sind klasse. Nur der Reißverschluss ist spürbar eine Kältebrücke. Da er sich aber auf der Seite befindet, auf der ich bevorzugt schlafe, konnte ich ihn problemlos unter meinen Körper drücken. Mir ist nur schleierhaft, wie die ME-Leute den Schlafsack – zumindest die Zweimeter-Version – in ihren Packsack kriegen wollen. Ich habe es nicht geschafft.
Ixylon: Deswegen der unverkennbare gelborange Ajungilak-Packsack.
Pfad-Finder: Genau. Und wie hast Du geschlafen?
Ixylon: Hatte auch eine Hügellandschaft unter meiner Isomatte. Habe dann aber eine recht bequeme Position gefunden in der ich nicht mehr im Schlafsack gen Tal gerutscht bin
Im Zelt wars immerhin zwei Grad wärmer.
Zeltplatz bei Tageslicht
Pfad-Finder: Ich habe gar nicht mitbekommen, wie Du gefrühstückt hast.
Ixylon: Wenn Du im Schlafsack liegst und mit Deinen Schokoladenkeksen rumkrümelst, bekommst Du natürlich nichts mit. Und so ein Spirituskocher taugt nun mal nicht als Wecker für die Mitreisenden.
Pfad-Finder: Um halb neun Uhr morgens sind wir dann wieder losgegangen. Morgens hatte ich zweimal Fahrzeuge gehört, jetzt konnten wir sehen, dass die Loipen frisch gespurt waren. Aber ein Fußgänger war offenbar auch schon unterwegs gewesen. Also: Immer schön leise sein beim Wildcampen. Am Eckersprung bogen wir nach Norden ab. Upps! Wir sind den falschen Spuren gefolgt und so auf einem Weg entlang der Höhenlinien gelandet, den es laut Karte gar nicht gibt.
Ixylon: Was heißt hier „Upps!“ Pfad-Finder wusste ganz genau, dass das nicht der offizielle Weg entlang der Ecker und dann zum Scharfenstein ist, sondern dass man dort an der Hermannsklippe rauskommt.
Pfad-Finder: Dazu sage ich nichts. Ich muss mich ja wohl nicht selbst belasten. Aber schön war der Weg. Mindestens zwei Langläufer und abschnittsweise auch Schneeschuhwanderer hatten eine Spur hinterlassen, so dass wir dort recht bequem laufen konnten. Das dollste war, dass eine Spur auf steilstem Wege direkt vom Brocken kommend den Weg kreuzte und sich dann zum Eckertal runterstürzte.
Tief verschneit sind Weg und Pfad...
Ixylon: Der Weg zog sich ziemlich hin. Irgendwo hier muss ich dann auch die Muttern von Pfad-Finders Tchibo-Schneeschuhen verloren haben. Das ist uns aber auch erst an der Scharfenstein-Hütte beim Wegpacken der Schneeschuhe aufgefallen. Danach haben wir die Schuhe eh nicht mehr gebraucht, und Pfadfinder hat nun endlich einen Grund, sich die Nietzange zu kaufen, um die er schon so lange im Baumarkt rumgeschlichen ist.
Pfad-Finder: In der Hütte haben wir uns erstmal vom Wirt verwöhnen lassen. Capucchino zu Schmalzbrot und Gurke ist zwar eine etwas schräge Kombination, ich fands aber gut. Außerdem konnte ich so etwas Zeit schinden, um die Eisflocken in meiner Wasserflasche aufzutauen.
Ixylon: Der Wirt, der nach Pfad-Finders Meinung zur Nationalparkverwaltung gehört, hat uns gefragt, ob wir im Wald übernachtet hätten. Pfad-Finder hat dann sehr überzeugend die Geschichte vorgebracht, die wir schon den ganzen Vormittag eingeübt hatten. Wir wären in Schierke auf dem Campingplatz gewesen und heute morgen sehr früh aufgebrochen. Aber später hat der Wirt etwas von einem Wanderer-Trio erzählt, das an den Zeterklippen übernachtet hat, und hat da offenbar gar nichts Anstößiges drin gesehen.
Pfad-Finder: Wir hatten jetzt ein Problem: Zu viel Zeit bis zur Abfahrt vom Harz-Berlin-Express in Ilsenburg. Das wäre mir nie passiert, wenn ich allein unterwegs gewesen wäre.
Ixylon: Das kann ich mir lebhaft vorstellen, du wärst ja gestern noch im Dunkeln bis zur Wolfswarte gerannt: „Oh, 35 km von der Wolfswarte bis Ilsenburg, das schaffen wir locker in sieben Stunden.“ Liegt ja nur so ein bisschen Schnee.
Pfad-Finder: Aber 8 Kilometer auf fünf Stunden zu verteilen ist auch nicht einfach.
Ixylon: Deswegen sind wir dann eine etwas längere Variante gelaufen, erst runter zum Eckerstausee und über Kruzifix zum Suental. So hatten wir wenigstens 12 Kilometer.
Blick auf die Eckertalsperre
Pfad-Finder: Am Kruzifix begegneten uns noch so ein paar Jack-Wolfskin-Halbschuhtouristen. Der eine hat rumgemault, dass er unter seiner PU-Regenhose schwitzt, und dass seine Füße vom Schnee klatschnass seien. Manchen Leuten ist echt nicht zu helfen.
Ixylon: Das Wegstück war nicht besonders schön. Nur breite Forstwege, und immer wieder komplett abgeholzte Hänge. Fast wie in Schottland.
Pfad-Finder: Nur das man in Schottland alle Äste liegengelassen hätte.
Ixylon: Der Abstieg ins Suental war noch mal eine Herausforderung. Unter einer dünnen Neuschneedecke versteckte sich meistens reines Eis. Pfad-Finder ließ sich mehr am Geländer herab als dass er ging, obwohl er noch mal seine Schneeketten angelegt hatte. Einmal bin ich dann doch ausgerutscht, aber dank der Isomatte, die unterm Rucksack hing, weich gelandet.
Pfad-Finder: Nicht ohne Grund sahen wir keine Spuren von anderen Menschen, die dort bergab gegangen waren. Nur welche bergauf.
Abstieg ins Suental
Ixylon: Trotzdem waren wir viel zu schnell. Wir waren um zwei Uhr nachmittags in Ilsenburg und hatten noch mehr als drei Stunden Zeit bis zur Abfahrt des Zuges. Pfad-Finder schlug dann vor, in das Café am Marktplatz einzukehren. Das war keine schlechte Idee.
Pfad-Finder: Die Bedienung fand es auch keine schlechte Idee, nehme ich an. Ich fing mit Bockwurst und Kartoffelsalat an und ging dann zum Kuchen über.
Ixylon: Ich habe mich mit der Menüreihenfolge nach aufsteigender Temperatur gerichtet und mit Eis und Apfelstrudel angefangen und dann eine Waldpilzsuppe genommen.
Pfad-Finder: Aber damit haben wir auch nur zwei Stunden weggekriegt. Ich habe dann vorgeschlagen, dass wir uns noch das Schloss anschauen.
Ixylon: Na ja, „Schloss“ ist wohl übertrieben.
Pfad-Finder: Für ein Foto hat es Dir ja offenbar noch gereicht.
Kloster Ilsenburg
Ixylon: Um kurz vor fünf waren wir dann am Bahnhof. Endlich konnte ich Pfad-Finder seine Schneeschuhe zurückgeben und meinen Rucksack von „UM“ wieder auf „UL“ umstellen.
Pfad-Finder: Und ich hatte trotz der verbrauchten Vorräte wieder das Gefühl, UH zu tragen. Welcome home!
UH-Wandern vs. UM-Wandern
Was wir gelernt haben:
- Pflaster/Erste-Hilfe-Set an ein Ausrüstungsteil binden, das man bestimmt nicht vergisst
- Lieber ein paar Mal häufiger auf die Karte schauen (außer wenn es eine Kompass-Karte ist)
- Entfernungen auf der Karte messen, nicht schätzen
- Vor dem Schließen der Gastronomie auf dem Brocken ankommen
- Beim Wildcampen mehr Zeit in die Suche des richtigen Stellplatzes investieren
- Schnee ist nicht mehr weich, wenn man erst einmal drauf geschlafen hat.
- Erst etwas Wasser in den Topf gießen, dann Schnee schmelzen
- An Sitzpolster und Kocherunterlage denken
- Ab und zu kritische Ausrüstungsteile auf lockere Befestigungselemente überprüfen
- Auch Zeitschinden will geplant sein.
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