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Land: Deutschland
Reisezeit: November 2009 – März 2010 und Juli 2011
Region/Kontinent: Mitteleuropa
Rheinburgenweg – Gegen den Strom
Linksrheinisch von Rolandswerth nach Bingen
Den Rheinburgenweg bin ich schon im Frühjahr 2005 gegangen, als Tageswanderungen. Meist war meine Frau dabei, manchmal ein Kumpel. Angefangen haben wir damals in Bingen und sind stromabwärts bis nach Koblenz gewandert. Weiter ging der Rheinburgenweg noch nicht. Eine Markierung, die diesen Namen verdient hätte, haben wir noch nicht vorgefunden und bis in die Wanderkarten hatte es der Weg nicht geschafft. Zur Not haben wir ja noch den 100 Jahre alten Rheinhöhenweg, haben wir uns gesagt. So ist es dann auch gekommen: auf so gut wie jeder Etappe haben wir auf den zurückgegriffen, so dass wir im Nachhinein sagen können, wir sind den Rheinburgenhöhenweg gegangen.
Heute ist das nicht mehr nötig. Mittlerweile ist die Markierung sehr gut. Wer eine aktuellere als die erste Ausgabe der Rheinsteig-Wanderkarte hat, wird darin auch den Rheinburgenweg auf der anderen Rheinseite finden und ein brauchbares Wanderbuch findet sich in jeder Buchhandlung am Mittelrhein.
Angefangen habe ich diesmal Anfang November 2009, wieder als Tageswanderungen. Nach 3 Wochen wollte ich mit den 180 Kilometern durch sein. Jetzt, es geht auf Ende Januar 2010 zu, bin ich immer noch nicht durch. Es fehlen noch 2 Etappen bis Bingen und die beiden Klettersteige am Weg auch.
Letztendlich ist es dann Anfang März 2010 geworden, bis ich das Ende des Rheinburgenwegs in Bingerbrück erreicht hatte. Das war der Preis für den Wunsch nach schönem Wetter.
Die Angabe der Stromkilometer in den Etappenbeschreibungen haben nichts mit der Wegdistanz zu tun.
Bad Breisig – Andernach: Irrungen und Wirrungen
Stromkilometer: 623 – 613


Die erste Etappe kannst du mit geschlossenen Augen gehen, so oft wie du die schon gegangen bist, hatte ich mir gesagt. Das war in Irrtum. Die Strecke von Bad Breisig nach Andernach zählt zu meinen Lieblings-vor-der-Haustür-Wanderrouten. Aber nur so rum, andersrum habe ich es noch nie probiert, trotzdem bin ich sicher, dass es mir anders nicht gefallen würde.
Hier war ich auf dem Rheinhöhenweg unterwegs, das zu einer Zeit, in der Weitwanderwege noch Weitwanderwege sein durften und nicht den Messlatten für Tageswanderer gefallen sollten; dann auf dem Europäischen Fernwanderweg E8, weil mir vor Jahren ein Foto für den Wikiartikel gefehlt hat, und noch viel öfter. Bad Breisig – Andernach kann man machen, wenn einem sonst nichts einfällt, wenn man etwas anderes sehen will als Wälder und dunkle Täler. Da gibt es zwei halbfette Anstiege auf felsigen Pfaden, einige schöne Blicke übers Rheintal, oben eine lange Gerade mit weitem Blick in die Eifel, ein einsames Gehöft, dessen Mauern aus Basaltstein so schwarz sind, dass sogar die Fensterscheiben das Licht nicht zurückwerfen, einen alten Steinbruch aus römischen Zeiten; und wenn’s dann sein soll, lässt sich unterwegs einfach abbiegen, hoch ins Brohltal, vielleicht sogar weiter bis Maria Laach.
Auf dem Weg habe ich mich einmal so verlaufen, dass meine Frau sich gefragt hat, ob die Sache mit der Heirat nicht doch ein Fehler war. Hier bin ich an einem grauseligen Regentag hergekommen, weil ich einen Arbeitskollegen zu Fuß besuchen wollte. Bis weit hinter Andernach habe ich durchgehalten. Aufgegeben habe ich erst in der Einöde Weißenthurms.
Am meisten zieht wahrscheinlich der Europäische Fernwanderweg. Ob der Weg nun Rheinhöhenweg oder Rheinburgenweg heißt, was soll’s, für mich ist das in erster Linie der E8. Es ist ein tolles Gefühl unten in Bad Breisig an der rauschenden Bundesstraße zu stehen, sich dabei auszumalen wie das nun wäre, nach rechts, bis zur Irischen See oder nach links, bis zum Schwarzen Meer.
Dass ich den E8 repektive Rheinhöhenweg zum Schluss doch genommen habe, den neuen Rheinburgenweg verlasse musste, hat an der alten Rheinsteigkarte (1. Auflage) und der plötzlich doch äußerst fragwürdigen Markierung gelegen. Beide haben mich am Hüttenhof, noch einer von den einsamen Höfen da oben, dieser hell und neu, im Stich gelassen. Kurzerhand habe ich dann wieder den E8 genommen und bin übers Hochkreuz und die Hütte am Kleinen Stern nach Andernach gegangen. Der schönere Weg ist das allemal. Was soll man an der Burg in Namedy unten im Tal? Die ist jetzt an einen Gebrauchtwagenhändler für Edelkarossen vermietet, wurde mir erzählt.
Am Hochkreuz hat ein alter Mann mit dem Rücken zum Wald auf der Bank unter dem Kreuz gesessen und dabei weltvergessen zu den schwarzen Häusern nach Eich hinübergeschaut. Der war so weit weg, so alleine, dass ich meine Pause verschoben habe.
Rolandswerth – Bad Breisig: Zurück auf Los
Stromkilometer: 641 – 613


Zwei Tage später stand ich am Tresen im Kartenshop vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz in Koblenz. Sicher ist sicher. In der neuen Rheinsteig-Karte hat endlich auch der Rheinburgenweg seinen Platz gefunden. Der ist sogar noch gewachsen. Nach Norden hoch, bis an die Landesgrenze mit Nordrhein-Westfalen, kurz vor Bad Godesberg. Für mich war das ein Rückschritt, denn in Gedanken war ich schon auf dem Weg nach Koblenz.
Rheinland-Pfalz streckt sich da oben ein ganz klein wenig nach Norden aus. So wie ein geschwollener Finger, der von einer halb geballten Faust absteht. Rheinland-Pfalz ist so jedenfalls zur Insel Nonnenwerth gekommen.


Dort habe ich dann geparkt, bin hoch zum Rolandsbogen, hab’ mir weiter oben ein kleines Privatrennen mit zwei stockschwingenden Frauen geliefert (verloren) und war nach einer Stunde wieder unten am Rheinufer, am Arp Museum, nur 700 Meter vom geparkten Auto weg. So ist das den ganz Tag weitergegangen. Hoch auf eine Anhöhe, runter in ein Dorf, kurz durch ein Seitental und wieder hoch. Sogar bis ins Ahrtal bin ich gekommen. Das war in Bad Bodendorf. Der Ort ist ungefähr so Bad wie mein Badezimmer Kuranstalt.
Hinten raus wurde mir die Zeit ganz schön knapp. Das lange Stück von Sinzig bis runter nach Bad Breisig war ein Rennen gegen die nahende Dunkelheit. Da blieb keine Zeit für eine kurze Pause, damit das Gesehene sacken kann. Das Rattern harter Skateboard-Rollen, die dem leeren Kirchplatz in Sinzig auch mit Gewalt kein Leben einzuhauchen vermochten, ist geblieben und der Judenfriedhof oben im Wald zwischen Remagen und dem Ahrtal.


Der stille unter hohen Baumkronen ruhende Friedhof tief im Wald ist für mich einer der schönsten Friedhöfe meiner Heimat. Dort stehen nur noch die Grabsteine, manche Inschriften sind bis zur Unkenntlichkeit verwittert, auf einigen liegen kleine Steine, die Besucher hinterlassen haben.
Immer wenn ich jüdische Friedhöfe sehe, denke ich, Tote soll man ruhen lassen. Nicht nur für 25 oder 30 Jahre, damit die Grabstätte für teures Geld neu verschachert werden kann, für immer.
Andernach – Koblenz: Ein paar Unfälle mit Folgen
Stromkilometer: 613 – 590


Vor 400.000.000 Jahren, ungefähr, so genau kommt es nicht, ereignete sich ein nicht unbedeutender Unfall. Aus dem Süden machte sich Gondwana auf den Weg nach Norden, da war aber schon Laurasia und der wollte nicht weichen. Beide waren Nachkommen von Pangaea, dem allerersten und bis jetzt einzigen Superkontinent.
Und weil beide nicht weichen wollten, sind die beiden Urkontinente zusammengeprallt. Dabei haben die ihre Knautschzone zu Hilfe genommen, woraus das Rheinische Schiefergebirge entstanden ist. An sich ist das nicht tragisch gewesen, denn es war noch niemand da.
Der nächste Unfall war nicht ganz so folgenreich, hat aber ein Landschaftsbild hinterlassen, das an und für sich nicht hässlich ist, aber doch Probleme macht. Wenn auch sehr viel später und nur für eine ganz spezielle Spezies.


Vor 70.000.000 oder auch vor 20.000.000 Jahren, vielleicht hat es auch die ganze Zeit gedauert, keine Ahnung, hat sich das rheinische Schiefergebirge an einer ganz bestimmten Stelle gesenkt, woraus das Mittelrheinische Becken entstanden ist. Das war zwischen Koblenz und Neuwied. Im Volksmund heißt das heute Neuwieder Becken. Beide Städte waren damals noch nicht auf der Landkarte zu finden, also war diese Absenkung ebenfalls nicht weiter tragisch.
Das nächste Ereignis war weniger ein Unfall, sollte aber viele viele Jahre später ein paar Menschen dazu veranlassen, aktiv zu werden. Vor 10.000.000 Jahren hat sich der Rhein zum ersten Mal auf den Weg nach Norden gemacht und nach etlichen Irrwegen und Neustarts hat er vor 2.000.000 Jahren endgültig das Rheinische Schiefergebirge nach Norden durchbrochen. Zum Beispiel an der Andernacher Pforte.
In der Folgezeit gab es noch mehr Unfälle, die aber nicht ganz so große Auswirkungen hatten, dafür nicht so arg weit in der Vergangenheit liegen. In der Eifel sind die Vulkane entstanden. Angefangen hat das vor 500.000 Jahren und vor 13.000 Jahren erst aufgehört, da ist nämlich mit einem Superknall der Laacher See entstanden. Zufällig war an diesem Tag leichter Westwind von dem die Asche bis ins Neuwieder Becken getragen wurde. Ein Teil ist sehr viel weiter getragen worden, aber das meiste hat sich in meterhohen Schichten als Bims zwischen Mayen, Andernach und Koblenz abgelagert.


Da gab es den Menschen schon und die waren begeistert von den fruchtbaren Ackerböden und den Bimsablagerungen. So begeistert, dass immer mehr kamen. Schlussendlich waren es so viele, dass ein so genannter Verdichtungsraum entstanden ist. Ein Verdichtungsraum entsteht, wenn es zur Großstadt nicht reicht, weil die Leute an ihren Dörfern hängen. Im Nachhinein kann das auch als eine Art Unfall angesehen werden, denn dem Landschaftsbild hat das überhaupt nicht gut getan. Und weil die Leute Geld verdienen mussten, haben sie den Bims abgebaut, um daraus zum Beispiel Steine zuformen, die sich gut verkaufen lassen. Das machen heute nicht mehr ganz so viele Menschen, aber ein paar doch noch, und so sieht es an manchen Stellen im Neuwieder Becken nicht nach Bilderbuch aus.
Für sich betrachtet sind das alles keine Unfälle, bis es den Menschen so gut ging, dass sie auf die Idee kamen, Wanderwege müssen her. Das war vor gut 100 Jahren, da wurden die Rheinhöhenwege aus der Taufe gehoben. Einen für die rechten, einen für die linken Rheinhöhen. Unüberwindbare Probleme gab es dabei nicht, bis das Neuwieder Becken an der Reihe war. Man kann es drehen wie man will, der schönste Teil der Welt ist das nicht, unter wandertechnischen Gesichtspunkten schon überhaupt nicht.
Das ist die Gegend wo Rheinsteig und Rheinhöhenweg rechtsrheinisch einen großen Bogen in den Westerwald machen, weil dem Wanderer der Blick auf die Realität erspart werden soll.
Auf der Eifelseite war man direkter, vielleicht auch nur bequemer, höchstwahrscheinlich pragmatischer. Augen zu und durch, war hoffentlich die Devise. Geradeaus, immer entlang der Grenze zwischen der Neuwieder Talweitung und den Andernach Terassenhöhen (mal wieder Fachbegriffe aus der Wikipedia) bis zu den Moselhöhen. Dass der Wanderer dabei nicht nur den Verdichtungsraum im Auge hat, sondern auch das stillgelegte Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich, darf unter Mehrwert verbucht werden.


Heute wird das als fantasielose Wegführung gegeißelt, die man keinen Wanderer mehr zumuten kann und die der sich gefälligst ersparen soll. Für meinen Fall hoffe ich, der Weg bleibt so wie er ist. Und wer hier im tektonischen Senkungsgebiet zur Apfelblüte unterwegs ist, muss nicht mehr nach Japan zum Kirschblütenfest unterm Fuji. Schöner ist es da hinten dann bestimmt nicht.
Das werden sich die kommunalen Macher des Rheinburgenwegs auch gedacht haben. Kurzerhand haben sie die alte Wegführung des Rheinhöhenwegs genommen, bis auf die letzten Kilometer vor Koblenz. Zwischen Rübenach und der Stadt musste Neues her, prompt fehlt die Markierung. Totalausfall.
Seit Frühjahr 2011 gibt es eine neue Wegführung für diese Etappe. Der Wanderbericht dazu.
Reisezeit: November 2009 – März 2010 und Juli 2011
Region/Kontinent: Mitteleuropa
Rheinburgenweg – Gegen den Strom
Linksrheinisch von Rolandswerth nach Bingen
Den Rheinburgenweg bin ich schon im Frühjahr 2005 gegangen, als Tageswanderungen. Meist war meine Frau dabei, manchmal ein Kumpel. Angefangen haben wir damals in Bingen und sind stromabwärts bis nach Koblenz gewandert. Weiter ging der Rheinburgenweg noch nicht. Eine Markierung, die diesen Namen verdient hätte, haben wir noch nicht vorgefunden und bis in die Wanderkarten hatte es der Weg nicht geschafft. Zur Not haben wir ja noch den 100 Jahre alten Rheinhöhenweg, haben wir uns gesagt. So ist es dann auch gekommen: auf so gut wie jeder Etappe haben wir auf den zurückgegriffen, so dass wir im Nachhinein sagen können, wir sind den Rheinburgenhöhenweg gegangen.
Heute ist das nicht mehr nötig. Mittlerweile ist die Markierung sehr gut. Wer eine aktuellere als die erste Ausgabe der Rheinsteig-Wanderkarte hat, wird darin auch den Rheinburgenweg auf der anderen Rheinseite finden und ein brauchbares Wanderbuch findet sich in jeder Buchhandlung am Mittelrhein.
Angefangen habe ich diesmal Anfang November 2009, wieder als Tageswanderungen. Nach 3 Wochen wollte ich mit den 180 Kilometern durch sein. Jetzt, es geht auf Ende Januar 2010 zu, bin ich immer noch nicht durch. Es fehlen noch 2 Etappen bis Bingen und die beiden Klettersteige am Weg auch.
Letztendlich ist es dann Anfang März 2010 geworden, bis ich das Ende des Rheinburgenwegs in Bingerbrück erreicht hatte. Das war der Preis für den Wunsch nach schönem Wetter.
Die Angabe der Stromkilometer in den Etappenbeschreibungen haben nichts mit der Wegdistanz zu tun.
Bad Breisig – Andernach: Irrungen und Wirrungen
Stromkilometer: 623 – 613


Die erste Etappe kannst du mit geschlossenen Augen gehen, so oft wie du die schon gegangen bist, hatte ich mir gesagt. Das war in Irrtum. Die Strecke von Bad Breisig nach Andernach zählt zu meinen Lieblings-vor-der-Haustür-Wanderrouten. Aber nur so rum, andersrum habe ich es noch nie probiert, trotzdem bin ich sicher, dass es mir anders nicht gefallen würde.
Hier war ich auf dem Rheinhöhenweg unterwegs, das zu einer Zeit, in der Weitwanderwege noch Weitwanderwege sein durften und nicht den Messlatten für Tageswanderer gefallen sollten; dann auf dem Europäischen Fernwanderweg E8, weil mir vor Jahren ein Foto für den Wikiartikel gefehlt hat, und noch viel öfter. Bad Breisig – Andernach kann man machen, wenn einem sonst nichts einfällt, wenn man etwas anderes sehen will als Wälder und dunkle Täler. Da gibt es zwei halbfette Anstiege auf felsigen Pfaden, einige schöne Blicke übers Rheintal, oben eine lange Gerade mit weitem Blick in die Eifel, ein einsames Gehöft, dessen Mauern aus Basaltstein so schwarz sind, dass sogar die Fensterscheiben das Licht nicht zurückwerfen, einen alten Steinbruch aus römischen Zeiten; und wenn’s dann sein soll, lässt sich unterwegs einfach abbiegen, hoch ins Brohltal, vielleicht sogar weiter bis Maria Laach.
Auf dem Weg habe ich mich einmal so verlaufen, dass meine Frau sich gefragt hat, ob die Sache mit der Heirat nicht doch ein Fehler war. Hier bin ich an einem grauseligen Regentag hergekommen, weil ich einen Arbeitskollegen zu Fuß besuchen wollte. Bis weit hinter Andernach habe ich durchgehalten. Aufgegeben habe ich erst in der Einöde Weißenthurms.
Am meisten zieht wahrscheinlich der Europäische Fernwanderweg. Ob der Weg nun Rheinhöhenweg oder Rheinburgenweg heißt, was soll’s, für mich ist das in erster Linie der E8. Es ist ein tolles Gefühl unten in Bad Breisig an der rauschenden Bundesstraße zu stehen, sich dabei auszumalen wie das nun wäre, nach rechts, bis zur Irischen See oder nach links, bis zum Schwarzen Meer.
Dass ich den E8 repektive Rheinhöhenweg zum Schluss doch genommen habe, den neuen Rheinburgenweg verlasse musste, hat an der alten Rheinsteigkarte (1. Auflage) und der plötzlich doch äußerst fragwürdigen Markierung gelegen. Beide haben mich am Hüttenhof, noch einer von den einsamen Höfen da oben, dieser hell und neu, im Stich gelassen. Kurzerhand habe ich dann wieder den E8 genommen und bin übers Hochkreuz und die Hütte am Kleinen Stern nach Andernach gegangen. Der schönere Weg ist das allemal. Was soll man an der Burg in Namedy unten im Tal? Die ist jetzt an einen Gebrauchtwagenhändler für Edelkarossen vermietet, wurde mir erzählt.
Am Hochkreuz hat ein alter Mann mit dem Rücken zum Wald auf der Bank unter dem Kreuz gesessen und dabei weltvergessen zu den schwarzen Häusern nach Eich hinübergeschaut. Der war so weit weg, so alleine, dass ich meine Pause verschoben habe.
Rolandswerth – Bad Breisig: Zurück auf Los
Stromkilometer: 641 – 613


Zwei Tage später stand ich am Tresen im Kartenshop vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz in Koblenz. Sicher ist sicher. In der neuen Rheinsteig-Karte hat endlich auch der Rheinburgenweg seinen Platz gefunden. Der ist sogar noch gewachsen. Nach Norden hoch, bis an die Landesgrenze mit Nordrhein-Westfalen, kurz vor Bad Godesberg. Für mich war das ein Rückschritt, denn in Gedanken war ich schon auf dem Weg nach Koblenz.
Rheinland-Pfalz streckt sich da oben ein ganz klein wenig nach Norden aus. So wie ein geschwollener Finger, der von einer halb geballten Faust absteht. Rheinland-Pfalz ist so jedenfalls zur Insel Nonnenwerth gekommen.


Dort habe ich dann geparkt, bin hoch zum Rolandsbogen, hab’ mir weiter oben ein kleines Privatrennen mit zwei stockschwingenden Frauen geliefert (verloren) und war nach einer Stunde wieder unten am Rheinufer, am Arp Museum, nur 700 Meter vom geparkten Auto weg. So ist das den ganz Tag weitergegangen. Hoch auf eine Anhöhe, runter in ein Dorf, kurz durch ein Seitental und wieder hoch. Sogar bis ins Ahrtal bin ich gekommen. Das war in Bad Bodendorf. Der Ort ist ungefähr so Bad wie mein Badezimmer Kuranstalt.
Hinten raus wurde mir die Zeit ganz schön knapp. Das lange Stück von Sinzig bis runter nach Bad Breisig war ein Rennen gegen die nahende Dunkelheit. Da blieb keine Zeit für eine kurze Pause, damit das Gesehene sacken kann. Das Rattern harter Skateboard-Rollen, die dem leeren Kirchplatz in Sinzig auch mit Gewalt kein Leben einzuhauchen vermochten, ist geblieben und der Judenfriedhof oben im Wald zwischen Remagen und dem Ahrtal.


Der stille unter hohen Baumkronen ruhende Friedhof tief im Wald ist für mich einer der schönsten Friedhöfe meiner Heimat. Dort stehen nur noch die Grabsteine, manche Inschriften sind bis zur Unkenntlichkeit verwittert, auf einigen liegen kleine Steine, die Besucher hinterlassen haben.
Immer wenn ich jüdische Friedhöfe sehe, denke ich, Tote soll man ruhen lassen. Nicht nur für 25 oder 30 Jahre, damit die Grabstätte für teures Geld neu verschachert werden kann, für immer.
Andernach – Koblenz: Ein paar Unfälle mit Folgen
Stromkilometer: 613 – 590


Vor 400.000.000 Jahren, ungefähr, so genau kommt es nicht, ereignete sich ein nicht unbedeutender Unfall. Aus dem Süden machte sich Gondwana auf den Weg nach Norden, da war aber schon Laurasia und der wollte nicht weichen. Beide waren Nachkommen von Pangaea, dem allerersten und bis jetzt einzigen Superkontinent.
Und weil beide nicht weichen wollten, sind die beiden Urkontinente zusammengeprallt. Dabei haben die ihre Knautschzone zu Hilfe genommen, woraus das Rheinische Schiefergebirge entstanden ist. An sich ist das nicht tragisch gewesen, denn es war noch niemand da.
Der nächste Unfall war nicht ganz so folgenreich, hat aber ein Landschaftsbild hinterlassen, das an und für sich nicht hässlich ist, aber doch Probleme macht. Wenn auch sehr viel später und nur für eine ganz spezielle Spezies.


Vor 70.000.000 oder auch vor 20.000.000 Jahren, vielleicht hat es auch die ganze Zeit gedauert, keine Ahnung, hat sich das rheinische Schiefergebirge an einer ganz bestimmten Stelle gesenkt, woraus das Mittelrheinische Becken entstanden ist. Das war zwischen Koblenz und Neuwied. Im Volksmund heißt das heute Neuwieder Becken. Beide Städte waren damals noch nicht auf der Landkarte zu finden, also war diese Absenkung ebenfalls nicht weiter tragisch.
Das nächste Ereignis war weniger ein Unfall, sollte aber viele viele Jahre später ein paar Menschen dazu veranlassen, aktiv zu werden. Vor 10.000.000 Jahren hat sich der Rhein zum ersten Mal auf den Weg nach Norden gemacht und nach etlichen Irrwegen und Neustarts hat er vor 2.000.000 Jahren endgültig das Rheinische Schiefergebirge nach Norden durchbrochen. Zum Beispiel an der Andernacher Pforte.
In der Folgezeit gab es noch mehr Unfälle, die aber nicht ganz so große Auswirkungen hatten, dafür nicht so arg weit in der Vergangenheit liegen. In der Eifel sind die Vulkane entstanden. Angefangen hat das vor 500.000 Jahren und vor 13.000 Jahren erst aufgehört, da ist nämlich mit einem Superknall der Laacher See entstanden. Zufällig war an diesem Tag leichter Westwind von dem die Asche bis ins Neuwieder Becken getragen wurde. Ein Teil ist sehr viel weiter getragen worden, aber das meiste hat sich in meterhohen Schichten als Bims zwischen Mayen, Andernach und Koblenz abgelagert.


Da gab es den Menschen schon und die waren begeistert von den fruchtbaren Ackerböden und den Bimsablagerungen. So begeistert, dass immer mehr kamen. Schlussendlich waren es so viele, dass ein so genannter Verdichtungsraum entstanden ist. Ein Verdichtungsraum entsteht, wenn es zur Großstadt nicht reicht, weil die Leute an ihren Dörfern hängen. Im Nachhinein kann das auch als eine Art Unfall angesehen werden, denn dem Landschaftsbild hat das überhaupt nicht gut getan. Und weil die Leute Geld verdienen mussten, haben sie den Bims abgebaut, um daraus zum Beispiel Steine zuformen, die sich gut verkaufen lassen. Das machen heute nicht mehr ganz so viele Menschen, aber ein paar doch noch, und so sieht es an manchen Stellen im Neuwieder Becken nicht nach Bilderbuch aus.
Für sich betrachtet sind das alles keine Unfälle, bis es den Menschen so gut ging, dass sie auf die Idee kamen, Wanderwege müssen her. Das war vor gut 100 Jahren, da wurden die Rheinhöhenwege aus der Taufe gehoben. Einen für die rechten, einen für die linken Rheinhöhen. Unüberwindbare Probleme gab es dabei nicht, bis das Neuwieder Becken an der Reihe war. Man kann es drehen wie man will, der schönste Teil der Welt ist das nicht, unter wandertechnischen Gesichtspunkten schon überhaupt nicht.
Das ist die Gegend wo Rheinsteig und Rheinhöhenweg rechtsrheinisch einen großen Bogen in den Westerwald machen, weil dem Wanderer der Blick auf die Realität erspart werden soll.
Auf der Eifelseite war man direkter, vielleicht auch nur bequemer, höchstwahrscheinlich pragmatischer. Augen zu und durch, war hoffentlich die Devise. Geradeaus, immer entlang der Grenze zwischen der Neuwieder Talweitung und den Andernach Terassenhöhen (mal wieder Fachbegriffe aus der Wikipedia) bis zu den Moselhöhen. Dass der Wanderer dabei nicht nur den Verdichtungsraum im Auge hat, sondern auch das stillgelegte Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich, darf unter Mehrwert verbucht werden.


Heute wird das als fantasielose Wegführung gegeißelt, die man keinen Wanderer mehr zumuten kann und die der sich gefälligst ersparen soll. Für meinen Fall hoffe ich, der Weg bleibt so wie er ist. Und wer hier im tektonischen Senkungsgebiet zur Apfelblüte unterwegs ist, muss nicht mehr nach Japan zum Kirschblütenfest unterm Fuji. Schöner ist es da hinten dann bestimmt nicht.
Das werden sich die kommunalen Macher des Rheinburgenwegs auch gedacht haben. Kurzerhand haben sie die alte Wegführung des Rheinhöhenwegs genommen, bis auf die letzten Kilometer vor Koblenz. Zwischen Rübenach und der Stadt musste Neues her, prompt fehlt die Markierung. Totalausfall.
Seit Frühjahr 2011 gibt es eine neue Wegführung für diese Etappe. Der Wanderbericht dazu.
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