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Karstwanderweg (Etappe I)
Innovationsdruck
Verdammt, schon Mittwochabend! Freitagmorgen will ich losfahren und habe keinen Schimmer, wohin! Radtour, das steht fest, und möglichst wenig Asphalt. Und weiter? Soll ich tatsächlich den Märkischen Landweg weiterfahren? So richtig Lust habe ich nicht: kein einziger See liegt mehr auf der letzten Etappe. Hm. Eine Innovation muss her! Und zwar sogleich!
Etwas ratlos klicke ich mich durchs Netz und lande auf einer der hochamtlichen Qualitätswanderzertifikatsvermarkter. Sogar mit AOK-Gütesiegel, hurra! Und Gepäcktransport, alles klar. Aber zugegeben, die Karte kommt mir jetzt gerade recht.
Tja, also. Näheres Umfeld von Berlin scheidet aus, da kann ich auch durch die Uckermark rollen. Schnell erreicht und ohne lange Zugfahrt soll die Sache auch noch sein, das schränkt den Radius doch ziemlich ein. Nämlich gefühlt auf Elbi und Harz. ;) Elbi geht nicht per Rad und da war ich neulich erst. Hexenstieg vielleicht? Kenne ich nur zu Fuss, aber mit dem Trekkingrad auf den Brocken und um die Hohneklippen zirkeln? Muss nicht unbedingt – ausserdem gibt’s da sowieso viel zu viel Asphalt. Eigene Tour planen? Kommt nicht in Frage, keine Zeit!
Verdammt, ich brauche eine Innovation! Aber halt, was lugt da etwas verschüchtert unterm Hexenstieg hervor? „Karstenwanderweg“? Noch nie gehört. Bescheuerter Name, aber „Länge: 233 km, 7 Etappen“ klingt durchaus vielversprechend. Wikipedia kennt Karsten nicht und schlägt freundlichst vor, ob ich nicht vielleicht den „Karstwanderweg“ meinen könnte? Ähem, ok.
Daraufhin weiss Wiki: „Der Karstwanderweg ist ein 254 km langer, ausgeschilderter und markierter Wanderweg im Landkreis Osterode am Harz in Niedersachsen, im Landkreis Nordhausen und im Kyffhäuserkreis in Thüringen sowie im Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt.“
Ah, ja nu.
Und fährt fort: „Der Weg erschließt zahlreiche Naturschönheiten, darunter Höhlen wie die Heimkehle und die Barbarossahöhle, Dolinen, Erdfälle wie den Juessee oder den Beberteich und die Schwimmende Insel, zu- und abflusslose Gewässer wie der Ochsenpfuhl, der Aschenhütter Teich, der Wiedensee und der Kesselsumpf, Moorlandschaften wie die Teufelsbäder, Karstquellen wie die Rhumequelle und das Teufelsloch, Bachschwinden und Flussversinkungen wie der Bauerngraben und die Versickerung der Sieber, sowie zahlreiche Gipsfelsen.“
Ooouuuhhh, ich bin Fan! Mein Weg, klare Sache!
So schnell kanns gehn. ;) Tja, aber kommt man da mit dem Fahrrad lang? Eine kurze Suche im Netz ergibt, dass auf die Idee schon vor mir jemand kam: blitz-schlag-mann. Also flugs per PN nach dem Ergebnis seines Vorhabens gefragt und gleich noch alle anderen Leute im Thread auf Fahrbarkeit angehauen. Nebenher schonmal die GPS-Tracks von der offiziellen Wegseite karstwanderweg.de geladen und dem Betreiber schnell noch eine Mail geschrieben, ob sie vielleicht auch die POIs zum Download hätten. Ach, und nicht vergessen: Zugticket nach Sangerhausen ordern. Dann ab ins Bett weil ist ja spät und nun auch eigentlich alles Wesentliche geplant. ;)
Spätestens am nächsten Morgen habe ich von allen Karstkennern per PN ein ungefähres „sollte klar gehn per Rad“. Schön! Fehlt nur noch die richtige Karte, nämlich dieses Ding: Der offizielle Leporello. Ein Anruf beim Kartendealer ums Eck verläuft in etwa so: „Wie, Karstenwanderweg? Ach so, Karstwanderweg. Im Südharz? Nein, habe ich nicht. Aber den Hexenstieg im Harz kann ich Ihnen anbieten...“. Schnickschnack Hexenstieg! Der Karstwanderweg solls sein!
Auch beim Verlag kennt man keine weiteren Verkäufer in Berlin, aber der Mann hat eine andere brillante Idee...
Deshalb starte ich kurz darauf am Telefon (während der Arbeit, Frechheit!) eine Charme-Offensive bei den Damen der Sangerhäuser Touristen-Information, denn die haben zwar ein Leporello, aber leider am Freitag wegen Feiertag geschlossen. Und so kommt es, dass die Info-Damen eine Karte in den 2km entfernten (und Feiertags geöffneten) Shop des Sangerhäuser Rosariums bringen, um sie dort für mich zu hinterlegen. Und das Ganze auch noch mit telefonischer Vollzugs-Benachrichtigung. Ich bin entzückt und sehr zu Dank verpflichtet!
Damit steht der Abfahrt nun nichts mehr im Wege - bis auf, ach ja, Packen. Das wird direkt nach Abschluss der Bespassung des offiziellen Familienbesuchs erledigt, also Donnerstag ab 23:00 Uhr, uff. Wegen der vorgerückten Uhrzeit scheitere ich dann leider an der Installation der POI-Datei, die ich in der Zwischenzeit vom Karstwanderverein per Mail bekommen habe. Total nett, auch wenn es leider nicht geklappt hat.
Wegfindung
Nach einer Mütze voll Schlaf bin ich diesmal nicht zeitgleich mit dem Zug, sondern bequem vorher da und habe sogar Frühstück von unterwegs im Gepäck. Homerun sozusagen. Pünktlich um 7:20 rollt der IC in den Ostbahnhof und ich kurz darauf meine Karre ins Fahrradabteil. Die Fahrt verläuft trotz 2x Umsteigen sehr entspannt und es bleibt ausreichend Zeit, mein Frühstück zu verputzen. Und zuzuschauen, wie die Sonne den Morgennebel vertreibt. Das sieht dann so aus:

Irgendwann gegen 11:00 lande ich in Sangerhausen. Der Bahnhof wirkt etwas trist, aber die Stadt bekennt sich ganz ausdrücklich zur Zweiradkultur:

In Gedanken mache ich kurz das internationale Zeichen für „MIFA forever“ und hoffe sehr, dass sie die Insolvenz irgendwie überleben. Das Wetter ist mittlerweile im Wortsinn: blendend.

Auf dem Vorplatz überlege ich kurz, wen ich nun nach dem Weg zum Rosarium frage, entscheide mich spontan gegen die Alki-Gruppe am Campingtisch und für die Verkäuferin im Kiosk-Rondell und erfahre: „Immer der Rose folgen.“ Was prompt beherzigt wird und auch zum Ziele führt. Und das sieht so aus:

Meinen einstudierten Satz, um mich an der Kasse um den Eintrittspreis und gleich zum Shop zu mogeln, kann ich direkt steckenlassen. Die Kassenfrau ist informiert und drückt mir einen Leporello in die Hand. Mit Infobroschüre. Als sei es das Normalste von der Welt. Ich bin baff. Und bin noch geistesgegenwärtig genug, meinen Dank an die Touristen-Info-Damen auszurichten, bevor ich den Kassenplatz an eine weitere Gruppe Rosenrentner verliere, die drängeln nämlich schon. Was irgendwie auch kein Wunder ist, schliesslich gibt’s hier die grösste Rosensammlung der Welt.
Da mich Rosen persönlich jetzt nicht so interessieren, suche ich möglichst bald das Weite in Form vom kürzesten Weg zum Beginn des Karsten.., ach ja, Karstwanderwegs. Mein alter Freund Garmin ist mir dabei behilflich. Was prompt mal wieder zu Gezanke führt, was genau denn nun die Definition von „kürzeste Strecke“ ist. Ich: „Annähernd Luftlinie!“ Garmin: „Einmal durch die Rabatte und dann in weiiiiiitem Bogen immer die voll super ausgebaute (nur ganz bisschen stark befahrene) B86 entlang!“ Ich gewinne. Was nebenbei dazu führt, dass ich mehrere Strassengräben durchqueren und eine Leitplanke übersteigen muss. Mit Rad versteht sich. Garmin ist beleidigt und schickt mich zur Strafe eine 45°-Böschung hoch, nicht ohne steif und fest zu behaupten, dass das eine ausgebaute Zufahrt sei:

Was soll ich sagen, genau aus diesem Grund mag ich das Ding so sehr: der alte Kasten ist immer für ein Abenteuer gut. Das haben Locus und Osmand irgendwie noch nicht so drauf.
Als ich dann etwas später am offiziellen Beginn des Karstwanderwegs stehe, bin ich eigentlich reif für eine Pause.

Strecke machen
Von dort fräst sich eine planierte Schotterpiste pfeilgerade in den Wald und ich frage mich, ob dieser sogenannte Premiumweg wohl eine weise Entscheidung war. Aber kaum einen Kilometer später geht’s ganz offiziell links ab, und das sieht dann so aus:

Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich auf die Rastbank dort zu setzen und einfach nur zu schauen. Mit einem Schlag bin ich total entspannt. Keine Spur mehr von Alltags- Arbeits- oder Sonstwasstress. Bloss noch Sonne. Und Bäume. Und diese absolut unvergleichliche Frühherbstspätsommerstimmung, die einen einfach nur bekloppt macht vor Glück. Ich sage „Aaaaalter.“, grinse breit und bleibe einfach sitzen.
Irgendwann fahre ich natürlich doch weiter und folge dem Feldweg über sanfte Hügel am Waldrand entlang und durch Wiesen. Gipskarstlandschaft. Sieht so aus:

Nach einer Weile erinnert mich der Weg daran, dass man hier eigentlich zu Fuss unterwegs sein sollte. Ich überlege kurz, die Stufen zu umfahren, entscheide mich dann aber zum hochtragen. Kann der Weg ja nix für, dass ich hier unbedingt mit dem Rad lang muss.

Oben werde ich mit einem Blick über eine Bergbauhalde und einem Hügel voller uralter Streuobstbäume belohnt. An denen Äpfel hängen. Viele Äpfel. Was eine längere Pause mit sich bringt. Die hier lasse ich allerdings stehen (die waren einfach zu schön zum pflücken):

Es geht ein paar Berge runter, durch den Ort Pölsfeld, auf der anderen Seite wieder ein paar Berge hoch. Durch Wald und durch Wiesen. Sauanstrengend und oft so steil, dass mir die Puste ausgeht. Aber immer einfach wunderschön:



Ich lasse die Wüstung, zwei Burgruinen rechts und ein Dutzend alte Bergbauschächte links liegen. Nur für die Infotafeln halte ich an. Für jede einzelne. Was zwar den Tagesschnitt versaut, aber dafür ganz enorm meinen Wissensstand erhöht. Über Gips. Und Karst. Und Gipskarst natürlich. Vom Bergbau mal ganz abgesehen. Gut, dass ich kein Geologe bin, sonst würde ich wahrscheinlich noch langsamer vorankommen.
In Wettelrode begehe ich dann eine kleine Sünde: ich lasse sowohl das Bergbaumuseum, als auch den Röhrigschacht einfach stehen und liegen und rausche dran vorbei. Irgendwie ist mir nicht nach Kupferschiefer-Bergbautätigkeit. Um die Wasserkünste komme ich dann aber nicht drumrum, da muss ich nämlich drüber:

Der Stausee geht mit ca 20 Spaziergängern glatt als Touri-Hotspot durch, was allerdings auch seine angenehmen Seiten hat:

Wo ausser hier gibt’s denn bitte sehr noch Salatbeilage zur Currywurst?! ;) Aber spätestens hier muss ich mir eingestehn, dass das mit dem flott Vorankommen heute irgendwie nicht so recht geklappt hat. Die Schilder sind Schuld! Und die Sonne natürlich! Und vielleicht ganz bisschen die Berge. Vorsorglich bunkere ich Wasser und mache mich auf den Weg Richtung Mooskammer. Das sollte ja wohl noch drin sein! Dahin kann man ganz bequem die Strasse nehmen, aber glücklicherweise führt auch ein furchtbar holperiger Waldweg nebenher. Der gibt mir dann aber auch den Rest. Als ich endlich die Strasse quere, ist klar: weiter geht’s heut nicht. Wie schön, dass sich direkt vor meiner Nase ein durchaus hübscher Wald erstreckt. Und nach etwas drumrum, kreuzundquer und drunterunddrüber sieht meine Aussicht schliesslich so aus:

Zwei Meter nebenan baue ich mein Zelt auf...

...bloss um Sekundenbruchteile später wieder am Feldrand zu sitzen. Diesmal in Begleitung eines Bechers Rotwein. Die Abendvorstellung ist zugegeben ziemlich kitschig. Ich finde sie einfach absoluter Hammer...
Innovationsdruck
Verdammt, schon Mittwochabend! Freitagmorgen will ich losfahren und habe keinen Schimmer, wohin! Radtour, das steht fest, und möglichst wenig Asphalt. Und weiter? Soll ich tatsächlich den Märkischen Landweg weiterfahren? So richtig Lust habe ich nicht: kein einziger See liegt mehr auf der letzten Etappe. Hm. Eine Innovation muss her! Und zwar sogleich!
Etwas ratlos klicke ich mich durchs Netz und lande auf einer der hochamtlichen Qualitätswanderzertifikatsvermarkter. Sogar mit AOK-Gütesiegel, hurra! Und Gepäcktransport, alles klar. Aber zugegeben, die Karte kommt mir jetzt gerade recht.
Tja, also. Näheres Umfeld von Berlin scheidet aus, da kann ich auch durch die Uckermark rollen. Schnell erreicht und ohne lange Zugfahrt soll die Sache auch noch sein, das schränkt den Radius doch ziemlich ein. Nämlich gefühlt auf Elbi und Harz. ;) Elbi geht nicht per Rad und da war ich neulich erst. Hexenstieg vielleicht? Kenne ich nur zu Fuss, aber mit dem Trekkingrad auf den Brocken und um die Hohneklippen zirkeln? Muss nicht unbedingt – ausserdem gibt’s da sowieso viel zu viel Asphalt. Eigene Tour planen? Kommt nicht in Frage, keine Zeit!

Daraufhin weiss Wiki: „Der Karstwanderweg ist ein 254 km langer, ausgeschilderter und markierter Wanderweg im Landkreis Osterode am Harz in Niedersachsen, im Landkreis Nordhausen und im Kyffhäuserkreis in Thüringen sowie im Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt.“
Ah, ja nu.
Und fährt fort: „Der Weg erschließt zahlreiche Naturschönheiten, darunter Höhlen wie die Heimkehle und die Barbarossahöhle, Dolinen, Erdfälle wie den Juessee oder den Beberteich und die Schwimmende Insel, zu- und abflusslose Gewässer wie der Ochsenpfuhl, der Aschenhütter Teich, der Wiedensee und der Kesselsumpf, Moorlandschaften wie die Teufelsbäder, Karstquellen wie die Rhumequelle und das Teufelsloch, Bachschwinden und Flussversinkungen wie der Bauerngraben und die Versickerung der Sieber, sowie zahlreiche Gipsfelsen.“
Ooouuuhhh, ich bin Fan! Mein Weg, klare Sache!
So schnell kanns gehn. ;) Tja, aber kommt man da mit dem Fahrrad lang? Eine kurze Suche im Netz ergibt, dass auf die Idee schon vor mir jemand kam: blitz-schlag-mann. Also flugs per PN nach dem Ergebnis seines Vorhabens gefragt und gleich noch alle anderen Leute im Thread auf Fahrbarkeit angehauen. Nebenher schonmal die GPS-Tracks von der offiziellen Wegseite karstwanderweg.de geladen und dem Betreiber schnell noch eine Mail geschrieben, ob sie vielleicht auch die POIs zum Download hätten. Ach, und nicht vergessen: Zugticket nach Sangerhausen ordern. Dann ab ins Bett weil ist ja spät und nun auch eigentlich alles Wesentliche geplant. ;)
Spätestens am nächsten Morgen habe ich von allen Karstkennern per PN ein ungefähres „sollte klar gehn per Rad“. Schön! Fehlt nur noch die richtige Karte, nämlich dieses Ding: Der offizielle Leporello. Ein Anruf beim Kartendealer ums Eck verläuft in etwa so: „Wie, Karstenwanderweg? Ach so, Karstwanderweg. Im Südharz? Nein, habe ich nicht. Aber den Hexenstieg im Harz kann ich Ihnen anbieten...“. Schnickschnack Hexenstieg! Der Karstwanderweg solls sein!
Auch beim Verlag kennt man keine weiteren Verkäufer in Berlin, aber der Mann hat eine andere brillante Idee...
Deshalb starte ich kurz darauf am Telefon (während der Arbeit, Frechheit!) eine Charme-Offensive bei den Damen der Sangerhäuser Touristen-Information, denn die haben zwar ein Leporello, aber leider am Freitag wegen Feiertag geschlossen. Und so kommt es, dass die Info-Damen eine Karte in den 2km entfernten (und Feiertags geöffneten) Shop des Sangerhäuser Rosariums bringen, um sie dort für mich zu hinterlegen. Und das Ganze auch noch mit telefonischer Vollzugs-Benachrichtigung. Ich bin entzückt und sehr zu Dank verpflichtet!
Damit steht der Abfahrt nun nichts mehr im Wege - bis auf, ach ja, Packen. Das wird direkt nach Abschluss der Bespassung des offiziellen Familienbesuchs erledigt, also Donnerstag ab 23:00 Uhr, uff. Wegen der vorgerückten Uhrzeit scheitere ich dann leider an der Installation der POI-Datei, die ich in der Zwischenzeit vom Karstwanderverein per Mail bekommen habe. Total nett, auch wenn es leider nicht geklappt hat.

Wegfindung
Nach einer Mütze voll Schlaf bin ich diesmal nicht zeitgleich mit dem Zug, sondern bequem vorher da und habe sogar Frühstück von unterwegs im Gepäck. Homerun sozusagen. Pünktlich um 7:20 rollt der IC in den Ostbahnhof und ich kurz darauf meine Karre ins Fahrradabteil. Die Fahrt verläuft trotz 2x Umsteigen sehr entspannt und es bleibt ausreichend Zeit, mein Frühstück zu verputzen. Und zuzuschauen, wie die Sonne den Morgennebel vertreibt. Das sieht dann so aus:

Irgendwann gegen 11:00 lande ich in Sangerhausen. Der Bahnhof wirkt etwas trist, aber die Stadt bekennt sich ganz ausdrücklich zur Zweiradkultur:

In Gedanken mache ich kurz das internationale Zeichen für „MIFA forever“ und hoffe sehr, dass sie die Insolvenz irgendwie überleben. Das Wetter ist mittlerweile im Wortsinn: blendend.

Auf dem Vorplatz überlege ich kurz, wen ich nun nach dem Weg zum Rosarium frage, entscheide mich spontan gegen die Alki-Gruppe am Campingtisch und für die Verkäuferin im Kiosk-Rondell und erfahre: „Immer der Rose folgen.“ Was prompt beherzigt wird und auch zum Ziele führt. Und das sieht so aus:

Meinen einstudierten Satz, um mich an der Kasse um den Eintrittspreis und gleich zum Shop zu mogeln, kann ich direkt steckenlassen. Die Kassenfrau ist informiert und drückt mir einen Leporello in die Hand. Mit Infobroschüre. Als sei es das Normalste von der Welt. Ich bin baff. Und bin noch geistesgegenwärtig genug, meinen Dank an die Touristen-Info-Damen auszurichten, bevor ich den Kassenplatz an eine weitere Gruppe Rosenrentner verliere, die drängeln nämlich schon. Was irgendwie auch kein Wunder ist, schliesslich gibt’s hier die grösste Rosensammlung der Welt.
Da mich Rosen persönlich jetzt nicht so interessieren, suche ich möglichst bald das Weite in Form vom kürzesten Weg zum Beginn des Karsten.., ach ja, Karstwanderwegs. Mein alter Freund Garmin ist mir dabei behilflich. Was prompt mal wieder zu Gezanke führt, was genau denn nun die Definition von „kürzeste Strecke“ ist. Ich: „Annähernd Luftlinie!“ Garmin: „Einmal durch die Rabatte und dann in weiiiiiitem Bogen immer die voll super ausgebaute (nur ganz bisschen stark befahrene) B86 entlang!“ Ich gewinne. Was nebenbei dazu führt, dass ich mehrere Strassengräben durchqueren und eine Leitplanke übersteigen muss. Mit Rad versteht sich. Garmin ist beleidigt und schickt mich zur Strafe eine 45°-Böschung hoch, nicht ohne steif und fest zu behaupten, dass das eine ausgebaute Zufahrt sei:

Was soll ich sagen, genau aus diesem Grund mag ich das Ding so sehr: der alte Kasten ist immer für ein Abenteuer gut. Das haben Locus und Osmand irgendwie noch nicht so drauf.


Strecke machen
Von dort fräst sich eine planierte Schotterpiste pfeilgerade in den Wald und ich frage mich, ob dieser sogenannte Premiumweg wohl eine weise Entscheidung war. Aber kaum einen Kilometer später geht’s ganz offiziell links ab, und das sieht dann so aus:

Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich auf die Rastbank dort zu setzen und einfach nur zu schauen. Mit einem Schlag bin ich total entspannt. Keine Spur mehr von Alltags- Arbeits- oder Sonstwasstress. Bloss noch Sonne. Und Bäume. Und diese absolut unvergleichliche Frühherbstspätsommerstimmung, die einen einfach nur bekloppt macht vor Glück. Ich sage „Aaaaalter.“, grinse breit und bleibe einfach sitzen.
Irgendwann fahre ich natürlich doch weiter und folge dem Feldweg über sanfte Hügel am Waldrand entlang und durch Wiesen. Gipskarstlandschaft. Sieht so aus:

Nach einer Weile erinnert mich der Weg daran, dass man hier eigentlich zu Fuss unterwegs sein sollte. Ich überlege kurz, die Stufen zu umfahren, entscheide mich dann aber zum hochtragen. Kann der Weg ja nix für, dass ich hier unbedingt mit dem Rad lang muss.

Oben werde ich mit einem Blick über eine Bergbauhalde und einem Hügel voller uralter Streuobstbäume belohnt. An denen Äpfel hängen. Viele Äpfel. Was eine längere Pause mit sich bringt. Die hier lasse ich allerdings stehen (die waren einfach zu schön zum pflücken):

Es geht ein paar Berge runter, durch den Ort Pölsfeld, auf der anderen Seite wieder ein paar Berge hoch. Durch Wald und durch Wiesen. Sauanstrengend und oft so steil, dass mir die Puste ausgeht. Aber immer einfach wunderschön:



Ich lasse die Wüstung, zwei Burgruinen rechts und ein Dutzend alte Bergbauschächte links liegen. Nur für die Infotafeln halte ich an. Für jede einzelne. Was zwar den Tagesschnitt versaut, aber dafür ganz enorm meinen Wissensstand erhöht. Über Gips. Und Karst. Und Gipskarst natürlich. Vom Bergbau mal ganz abgesehen. Gut, dass ich kein Geologe bin, sonst würde ich wahrscheinlich noch langsamer vorankommen.
In Wettelrode begehe ich dann eine kleine Sünde: ich lasse sowohl das Bergbaumuseum, als auch den Röhrigschacht einfach stehen und liegen und rausche dran vorbei. Irgendwie ist mir nicht nach Kupferschiefer-Bergbautätigkeit. Um die Wasserkünste komme ich dann aber nicht drumrum, da muss ich nämlich drüber:

Der Stausee geht mit ca 20 Spaziergängern glatt als Touri-Hotspot durch, was allerdings auch seine angenehmen Seiten hat:

Wo ausser hier gibt’s denn bitte sehr noch Salatbeilage zur Currywurst?! ;) Aber spätestens hier muss ich mir eingestehn, dass das mit dem flott Vorankommen heute irgendwie nicht so recht geklappt hat. Die Schilder sind Schuld! Und die Sonne natürlich! Und vielleicht ganz bisschen die Berge. Vorsorglich bunkere ich Wasser und mache mich auf den Weg Richtung Mooskammer. Das sollte ja wohl noch drin sein! Dahin kann man ganz bequem die Strasse nehmen, aber glücklicherweise führt auch ein furchtbar holperiger Waldweg nebenher. Der gibt mir dann aber auch den Rest. Als ich endlich die Strasse quere, ist klar: weiter geht’s heut nicht. Wie schön, dass sich direkt vor meiner Nase ein durchaus hübscher Wald erstreckt. Und nach etwas drumrum, kreuzundquer und drunterunddrüber sieht meine Aussicht schliesslich so aus:

Zwei Meter nebenan baue ich mein Zelt auf...

...bloss um Sekundenbruchteile später wieder am Feldrand zu sitzen. Diesmal in Begleitung eines Bechers Rotwein. Die Abendvorstellung ist zugegeben ziemlich kitschig. Ich finde sie einfach absoluter Hammer...

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