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Gamaschen für Schnee oder Sonnenhut? Als wir im März 2018 für Ende April Schlafwagenkarten in die Slowakei buchten, kehrte der Winter gerade nach Deutschland zurück. Plötzlich erschien der Plan, eine Frühjahrstour von der ostslowakischen Metropole Kosice ins Slowakische Paradies (Slovensky Raj) zu unternehmen und dabei den Slowakischen Karst zu berühren (Slovensky Kras), nicht mehr so vernünftig. Immerhin sollte unser Weg über viele Kilometer zwischen 900m und 1200m hin- und herhüpfen. Vorsorglich legte ich auf mapy.cz noch eine "Wintervariante" unserer Tour an.

Doch am Vormittag des 28. April fielen die Hosenbeine schon auf dem Bahnhofsvorplatz von Kosice. Vorher zogen wir uns am Geldautomaten noch slowakische Euros ... nein, natürlich nicht. Aber irgendwie gehört für uns zum Urlaub immer noch fremde Währung. Kein Wunder, wenn die bevorzugten Reiseziele Polen, Tschechei, Schweden und Schottland sind. Fremde Währung schafft auch etwas Unbefangenheit beim Geldausgeben.

Klamauk mit Überbleibseln der Kulturhauptstadt Europas 2013

Besser nicht krank werden! Das (ehemalige) Empfangsgebäude des Fakultätskrankenhauses

Was haben Wuppertal, Titograd und Stara Zagora gemein? Sie sind oder waren Partnerstädte von Kosice und müssen mit ihrem Namen für Straßen in einem Plattenbauviertel herhalten.
Vorbei am größten nichtindustriellen Arbeitgeber von Kosice, den Callcentern von T-Systems, erreichten wir "by fair means" den Stadtrand. Dort lag eine Tankstelle freundlich-praktisch direkt am Start des Wanderweges. Ein alkoholfreier Zlaty Bazant mit Zitrone-Holunder-Minze-Aroma sorgte allerdings dafür, dass sich die Verzögerung nicht allzu sehr in die Länge zog. Wer zu häufig absetzt, wird nämlich mit Kümmel-Nachgeschmack bestraft. Für alle, die bereit sind, aus Fehlern anderer zu lernen: Citron-Baza-Mäta.

Durch das Gestrüpp des halb zugewachsenen Weges erreichten wir ein Feld, wo gerade Modellflieger ihrem Hobby fröhnten. Einige Kilometer weiter vergnügten sich slowakische Familien mit den berühmt-berüchtigten "Klobasa" an Lagerfeuern im Wald. Für die Nichtkenner: Das sind grobe (Brat-) Würste, bei denen jegliche Zweifel an der Fleischqualität - und seien sie noch so berechtigt! - mit Räucheraroma, Gewürzen und viel rotem Farbstoff ausgetrieben werden.
Aber wir waren ja nicht zum Vergnügen hier, sondern mussten noch ordentlich Strecke machen. Für 133km hatten wir fünf Tage eingeplant. Unser Tagesziel war, bis kurz vor Poproc zu kommen, gut 15km Luftlinie entfernt. Theoretisch sah der Plan vor, einfach markierten Wanderwegen zu folgen. Praktisch hörte die Markierung bei Nizny Klatov auf und ließ drei Wege über den Bergrücken Richtung Bukovec zur Auswahl. Auf gut Glück entschieden wir uns für den westlichsten, weil er die frischesten Fahrspuren aufwies. Oben angekommen stellten wir fest, dass alle drei Wege gleichermaßen zum Ziel führten, nur mit unterschiedlichem Maß an Brombeerverhau. Wir hatten uns unter diesem Aspekt richtig entschieden.

Auch der Abstieg nach Bukovec erwies sich mangels Markierung als unerwartet spannend. Die Wegführung der Karte endete an den rückwärtigen Zäunen einer nicht vorgesehenen Eigenheimsiedlung. Auf Fragmenten eines alten Fahrwegs rumpelten wir am Zaun entlang talwärts und purzelten schließlich auf die Straße. Die Einheimischen an ihren Rasenmähern und Holzspaltern guckten etwas irritiert, verkniffen sich aber jede Bemerkung.

In der "Bukovcanka", einer Kneipe, deren spätsozialistischer Charme nur durch die Sonnenschirme mit Werbung einer tschechischen Brauerei getrübt wurde, gab es die zweite Erfrischung des Tages, aber diesmal ohne Experimente. Es ist faszinierend: 2007 gab es in der Tschecho-Slowakei gerade eine jeweils landesweit erhältliche Sorte alkoholfreies Bier. Heute sind die Bierregale in den Supermärkten zu einem Drittel mit alkoholfreien Bieren in allen möglichen Geschmacksrichtungen gefüllt. Vielleicht liegt es daran, dass es im Gegensatz zu Deutschland nie ein Clausthaler gab, das mit seinem abartigen Geschmack den Markt erstmal kaputtgemacht hat? (Typischer Dialog: "Haben Sie auch alkoholfreies Bier?" "Ja, Clausthaler." "Dann nehme ich eine Spezi.")

Hochfloriger Waldteppich

Kein Premiumweg, aber prima markiert.
Die Wanderkarte versprach für die folgenden 15km stumpfes Durch-den-Wald-Latschen, das stellte sich jedoch als falsch heraus. Dort, wo nicht die Wegbeschaffenheit für Abwechslung sorgte, waren es Kahlschlagflächen mit Aussicht.

Schließlich erreichten wir die Wallfahrtskapelle der Hl. Anna. Dort stellte sich heraus, dass wir uns die Wasserschlepperei seit Bukovec hätten sparen können - aus einem Brunnen strömte in großem Bogen bestes Trinkwasser. Aber: Lieber haben als brauchen. Unterwegs hatte es nämlich keine einzige Quelle gegeben.
Kapelle der Hl. Anna...

...mit Brunnen

Kurz hinter der Kapelle schlugen wir uns seitwärts in den Wald und verbrachten eine dort eine erholsame Nacht.
Technische Daten:
30 km und 900hm in 10:05h brutto.
29. April
Poproc war im slowakischen Sonntagsmorgenmodus. Im Gegensatz zu Polen heißt das: Der örtliche Tante-Emma-Laden hatte geschlossen. Die beiden Kneipen übrigens auch. Offensichtlich gab es hier nicht das Verlangen, lange Gottesdienste mit einer Erfrischungspause zu verkürzen. Bedauerlicherweise ergab sich damit auch keine Grund, den Aufbruch zu verzögern.

Kirchlein auf dem Dorfanger

Obstblüte am Straßenrand
Auf der Landstraße erreichten wir nach rund drei Kilometern Jasov. Dort hatte der Supermarkt fünf Minuten vor unserem Eintreffen geschlossen, nämlich um 11.00 Uhr. Das war aber für die örtlichen Roma genug, um sich mit Spirituosen einzudecken und vor dem Laden in verschiedenen Stadien des Nachglühens abzuhängen.

Blick auf Jasov
Passend desolat sah auch das Kloster aus. Nur die Kirche war schmuck hergerichtet, die Seitenflügel waren bei näherer Betrachtung baufällig.

Die folgende Passage auf Waldwegen war ziemlich eintönig. Immerhin begegnete uns aber weiter außerhalb des üblichen Gassigängerradius eine Joggerin. Die Mufflons in einem Gehege hinter einem wolfs- und wilderersicheren Zaun ließen sich dagegen eher erahnen als sehen.
Wenn die Landschaft gar zu eintönig ist, muss man nachhelfen.

Schließlich kamen wir in eine parkähnliche Landschaft. Schilder kündeten davon, dass hier der Nationalpark Slowakischer Karst (NP Slovensky kras) begann, aber Karst trat erst beim steilen Abstieg nach Hacava zutage.




Hacava
Die Annahme, dass die Existenz einer Bushaltestelle namens "Hacava Jednota" auch die Existenz eines Jednota-Lebensmittelladens impliziert, erwies sich als falsch. Auch eine Kneipe konnten wir in dem ansonsten durchaus einer Kneipe würdigen Straßendorf nicht entdecken. Eine Schwengelpumpe am Straßenrand war funktionslos. Jedenfalls bis uns eine Oma aufforderte, etwas energischer zu pumpen. Und tatsächlich: Nach ungefähr zehn hektischen Pumpbewegungen strömte zumindest optisch unbedenkliches Wasser in breitem Strahl aus dem Hahn.

Gut betankt - am nächsten Tag war erst am Abend wieder eine verlässliche Quelle zu erwarten - verließen wir Hacava Richtung Westen. Am Bergsattel oberhalb erwartete uns erneut eine parkartige Landschaft. Da sich inzwischen unüberhörbar ein mächtiges Gewitter näherte, bauten wir das Zelt an einer Lichtung in einer Nische zwischen pubertierenden Birken und Buchen auf. Gerade noch rechtzeitig, denn als wir fertig waren, streifte uns ein erster Schauer. Als er vorbei war, krochen wir wieder heraus und vollstreckten das Abendessen.

Von anschließender Nachtruhe konnte jedoch keine Rede sein. Ein zweites Gewitter zog auf und machte die Nacht zum Tag. Rund eine Stunde dauerte das Getöse, begleitet von beeindruckenden Lichtspielen. Wie heißt es doch in der slowakischen Nationalhymne:
Nad Tatrou sa blýska
hromy divo bijú.
Zastavme ich bratia,
veď sa ony stratia,
Slováci ožijú.
Wörtlich übersetzt:
Es blitzt über der Tatra,
die Donner schlagen wild.
Lasst sie aufhalten, Brüder,
sie werden ja verschwinden,
die Slowaken wachen auf
Wie durch ein Wunder verfehlten uns aber nicht nur die Blitze, sondern auch der Regen - fast. Das Zelt wurde nur soweit nassgespritzt, dass wir es am Morgen nass einpacken mussten. Die Grenze zum Wolkenbruch verlief nur zwei Kilometer westlich von unserer Lichtung, wie wir auf der Etappe am nächsten Tag feststellten. Frau November hat sich übrigens vom Gewitter überhaupt nicht im Schlaf stören lassen.
25,9km und 775hm in 8:55h
30. April
Am nächsten Morgen war es wieder sonnig und warm. Noch fünf Kilometer blieben wir auf dem bequemen gelben Kammweg Richtung Westen.

Dann stießen wir auf den roten Weg, seit 1956 offiziell als "Weg der Helden des slowakischen Nationalaufstandes" tituliert (Cesta hrdinov SNP) und außerdem Teil des Europäischen Fernwanderweges E8 (Atlantik-Schwarzes Meer). Jetzt wurde es (mittel-) gebirgig und auch ansonsten deutlich anspruchsvoller: Jungfichten fanden es toll, dass ihnen der Weg Gelegenheit bot, sich einmal so richtig auszubreiten.

Am Osadnik (1186m) erreichten wir erstmals eine vierstellige Höhe. Dass es dort kaum noch Bäume gab, war aber dem Borkenkäfer geschuldet, nicht der natürlichen Baumgrenze. Beeindruckende Schrottfichteln dekorierten die Gipfelkuppe. Einen Vorteil hatten diese Borkenkäfer-Wüsten: Es gab reichlich Aussicht, wenn auch nur auf die anderen entfichteten Kämme.





Beim Abstieg stellten wir fest, dass die Folgen der Herbst- und Winterstürme noch nicht beseitigt worden waren. Umgestürzte Bäume auf den Wegen sollten auch in den Folgetagen unser Tempo bremsen.

Windbruchbeseitigung mit Victorinox
An der Passstraße über das Uhornianske Sedlo (999m) begegneten wir erstmals seit Hacava wieder anderen Menschen. Nicht nur einigen Waldarbeitern, sondern sogar zwei Tagesausflüglern. Oder waren es eher Spaziergänger? Alles unter 20km ist keine Wanderung!
Auch auf dem folgenden Abschnitt hatten wir selbst ohne Almen viel Aussicht. Wo der Borkenkäfer keine Opfer finden konnte, hat sich Hymenoscyphus pseudoalbidus über die Eschen hergemacht. Etwas morbide sieht es schon aus. Aber als Abwechslung zum stundenlangen Wandern durch den Wald ist es nicht schlecht. Den unerwarteten Freiflächen ist es im übrigen zu verdanken, dass wir behutsam vorgebräunt in den Jahrhundertsommer 2018 einsteigen konnten.

Wir arbeiten uns auf den nächsten zehn Kilometern vom Sattel langsam wieder hoch und erreichten schließlich den höchsten Punkt dieser Tour: Skalisko, 1293m. Auch hier keine Spur von Schnee.

Man konnte sogar die Krümmung der Erde erkennen. Gefühlt jedenfalls.

Gipfel mit Tresen
Unser Plan war, in der Berghütte Chata Volovec zu übernachten. Wir kamen jedoch einen Tag zu früh: Die Saison beginnt dort erst am 1. Mai. Davon lässt sich ein ordentlicher slowakischer Beherbungsbetrieb auch nicht durch einen Brückentag 30. April abbringen. Immerhin, die "Wasserleitung" war in Betrieb und es kam schwebstofffreies Wasser heraus. Wir bauten unser Zelt auf der Wiese unterhalb der Grilhütte auf, verzichteten aber darauf, den Grill in Betrieb zu setzen. Natürlich nur wegen des Funkenflugs!

Wer übrigens meint, den Namen "Volovec" schon einmal gehört oder gelesen zu haben, irrt sich nicht. "Vol" oder "Wol" heißt "Ochse", Volovec ist also ein Ochsenort. Mal ein Berg, mal eine Siedlung, und sogar ein Wasserlauf in der Niederen Tatra.
Am späten Abend näherte sich erneut ein Gewitter. Uns beschlich angesichts der vielen umgefallenen Bäume, die wir im Laufe des Tages gesehen hatten, und angesichts der noch nicht umgefallenen Fichten neben dem Zelt ein ungutes Gefühl. Wir zogen also in die Grillhütte um. Wie schon in der Nacht zuvor verfehlte uns das Gewitter knapp, und es fielen nur ein paar Tropfen.

26,8km in 10:10h, 1375hm
1. Mai
In der Nacht kam eine Kolonne von drei Autos an der Berghütte an. Licht ging an und eine ganze Weile war noch lautes Palaver zu hören. Als wir am Morgen aufbrachen, lagen Bettdecken in den Fenstern zum Lüften. Offensichtlich war das Hüttenpersonal pünktlich zum 1. Mai eingetroffen.

Abstrakte Buchenkunst

Ein erster Blick auf die Hohe Tatra
Nun lag die längste Etappe vor uns: Rund 29km hatte uns Mapy.cz in Aussicht gestellt. Ziel war, am Abend im Tourismus-Hotspot Dedinky Schmutzkruste abzuwerfen und Futter aufzunehmen. Ein beachtlicher Teil der Entfernung war gar keine, sondern entfiel auf sinnlos anmutende Wegschlingen südlich von Rakovec. Ich konnte das nicht recht glauben - keine Direttissima? Meine Wanderkarte von 1986 sagte etwas anderes. Aber mein Versuch, den Weg von damals ausfindig zu machen, verlief im Sande, pardon, im Unterholz. Borkenkäfer und Pionierwald hatten die Weglandschaft deutlich umgebaut.
Das sollte aber nicht zur Annahme verleiten, dass die heutigen Wege geschmeidig begehbar sind. Erneut lagen an vielen Stellen Purzelbäume quer und verlangten nach akrobatischen Fähigkeiten beim Umgehen, Übersteigen oder Unterlaufen. Am Ende waren wir gar nicht so unglücklich über die Wegschlingen, denn das waren wenigstens beräumte Forstautobahnen - wenn auch ohne Forst. Dafür entfaltete sich vor uns die Hohe Tatra in ihrer ganzen Schönheit.

Mal drüber, mal drunter

Frisch geschlüpfte Weihnachtsbaumkerzen tragen ein schuppiges Kleid und nehmen erst später eine gerade Körperform ein.
Auf den letzten Kilometern vor Dedinky zeigte der Kammweg uns noch einmal seine Zinken, bevor er dann über Wiesen zur Passhöhe oberhalb des Ortes herunterglitt. Dort verließen wir den E8.

"Nur noch einen Katzensprung entfernt", zeigt der Wegweiser an.
Auf dem Weg um den kleinen Stausee erreichten wir Dedinky. Der "Campingplatz" hatte natürlich noch nicht geöffnet. Es handelte sich aber auch eher um eine umbehandelte Wiese, die man nicht schief ansehen musste, um eine beachtliches Gefälle auszumachen. Einziges sichtbares Campingplatz-Element war das Kassenhäuschen.


Wir quartierten uns in der Pension Erika ein, in unmittelbarer Nachbarschaft der Pensionen Zuzana und Jozefina. Offensichtlich ist die slowakische Gesellschaft matriarchalischer als das Imponiergehabe und Balzverhalten der Männchen vermuten lässt.

29,8km und 1000hm
2. Mai
Der Dorfladen hatte nach dem Maifeiertag wieder geöffnet, aber auf das Warenangebot im Ort hatte das keinen großen Einfluss. Nach bester spätsozialistischer Manier waren die wenigen Waren so in die Regale gestellt, dass zumindest auf den ersten Blick nicht auffiel, wie wenig Auswahl es eigentlich gab. Was für ein Gegensatz zu Polen, wo der typische Ladenbesitzer seinen ganzen Stolz darin legt, sogar noch im Hochsommer Winterhandschuhe der Größe 10 1/2 aus einer Ecke ziehen zu können!

"Genossen, es ist höchste Zeit, mit dem Alkohol aufzuhören!"
Aber eigentlich brauchten wir auch gar nichts mehr, denn jetzt stand nur noch ein kurzer Sprung von weniger als 20km über den Berg zu unserem Zielort Podlesok im Slowakischen Paradies an.

Buche mit Anlehnungsbedürfnis
Aber kaum drei Kilometer nach dem Start und 250 Meter höher stellte sich uns ein unüberwindbares Hindernis in den Weg: Die Berghütte Geravy (1032m). Erst nachdem wir unsere inneren Schweinehunde in einem Birell und einem Cappucino ertränkt hatten, konnten wir weitergehen.

Berghütte Geravy. Der Skilift ist nicht erst seit der Schneeschmelze 2018 außer Betrieb.
Ereignisarme Forstautobahnen führten uns nach Podlesok. Interessant war allerdings der Kontrast in der touristischen Frequentierung: In den vier Tagen zuvor waren wir außerhalb des Gassigeher- und Jogger-Radius um die Orte herum gerade einmal vier Menschen begegnet. Jetzt strömten wahre Massen aus den Schlüchten des Slowakischen Paradieses und bewegten sich wieder talwärts.

Idylle am Fuß des Slowakischen Paradieses
Mit Blick auf das abermals grummelige Wetter nahmen wir Abstand von der ursprünglichen Idee, uns für die nächsten drei Nächte auf dem Campingplatz Podlesok einzunisten. Unser erstes Ziel war eine Pension etwas östlich. In bemerkenswerter Offenheit riet uns die Dame an der Rezeption, noch einen Kilometer weiter ins "Turisticky Raj" ("Touristisches Paradies") zu gehen, "da gibt es auch viel bessere Preise".
Sie hatte recht: Für weniger als 20 Euro gab es in der Baracke des ehemaligen Pionierlagers ein Zweibettzimmer mit Frühstück. Original Retro inklusive Drehschaltern für das Licht, aber tipptopp sauber (und mit einem vermutlich nicht-originalen Mückengitter). Das Konzept des Eigentümers: Der Generation 40+ eine Reise zu ihren Jugenderinnerungen zu ermöglichen.

Als Sahnehäubchen hat er eine sowjetische Baracke organisiert, in der tschechoslowakische Jugendbrigaden beim Eisenbahnbau in Sibirien untergebracht waren.

Passend dazu sprach der Wirt mit uns nicht slowakisch, sondern in putziger "federalština" ("Föderalsprache"). Zum Beispiel nannte er das Frühstück konsequent "snídanie", die slowakisierte Version des tschechischen "snídaní", statt ordentlich slowakisch von "raňajky" zu sprechen.
Doch am Vormittag des 28. April fielen die Hosenbeine schon auf dem Bahnhofsvorplatz von Kosice. Vorher zogen wir uns am Geldautomaten noch slowakische Euros ... nein, natürlich nicht. Aber irgendwie gehört für uns zum Urlaub immer noch fremde Währung. Kein Wunder, wenn die bevorzugten Reiseziele Polen, Tschechei, Schweden und Schottland sind. Fremde Währung schafft auch etwas Unbefangenheit beim Geldausgeben.
Klamauk mit Überbleibseln der Kulturhauptstadt Europas 2013
Besser nicht krank werden! Das (ehemalige) Empfangsgebäude des Fakultätskrankenhauses
Was haben Wuppertal, Titograd und Stara Zagora gemein? Sie sind oder waren Partnerstädte von Kosice und müssen mit ihrem Namen für Straßen in einem Plattenbauviertel herhalten.
Vorbei am größten nichtindustriellen Arbeitgeber von Kosice, den Callcentern von T-Systems, erreichten wir "by fair means" den Stadtrand. Dort lag eine Tankstelle freundlich-praktisch direkt am Start des Wanderweges. Ein alkoholfreier Zlaty Bazant mit Zitrone-Holunder-Minze-Aroma sorgte allerdings dafür, dass sich die Verzögerung nicht allzu sehr in die Länge zog. Wer zu häufig absetzt, wird nämlich mit Kümmel-Nachgeschmack bestraft. Für alle, die bereit sind, aus Fehlern anderer zu lernen: Citron-Baza-Mäta.
Durch das Gestrüpp des halb zugewachsenen Weges erreichten wir ein Feld, wo gerade Modellflieger ihrem Hobby fröhnten. Einige Kilometer weiter vergnügten sich slowakische Familien mit den berühmt-berüchtigten "Klobasa" an Lagerfeuern im Wald. Für die Nichtkenner: Das sind grobe (Brat-) Würste, bei denen jegliche Zweifel an der Fleischqualität - und seien sie noch so berechtigt! - mit Räucheraroma, Gewürzen und viel rotem Farbstoff ausgetrieben werden.
Aber wir waren ja nicht zum Vergnügen hier, sondern mussten noch ordentlich Strecke machen. Für 133km hatten wir fünf Tage eingeplant. Unser Tagesziel war, bis kurz vor Poproc zu kommen, gut 15km Luftlinie entfernt. Theoretisch sah der Plan vor, einfach markierten Wanderwegen zu folgen. Praktisch hörte die Markierung bei Nizny Klatov auf und ließ drei Wege über den Bergrücken Richtung Bukovec zur Auswahl. Auf gut Glück entschieden wir uns für den westlichsten, weil er die frischesten Fahrspuren aufwies. Oben angekommen stellten wir fest, dass alle drei Wege gleichermaßen zum Ziel führten, nur mit unterschiedlichem Maß an Brombeerverhau. Wir hatten uns unter diesem Aspekt richtig entschieden.
Auch der Abstieg nach Bukovec erwies sich mangels Markierung als unerwartet spannend. Die Wegführung der Karte endete an den rückwärtigen Zäunen einer nicht vorgesehenen Eigenheimsiedlung. Auf Fragmenten eines alten Fahrwegs rumpelten wir am Zaun entlang talwärts und purzelten schließlich auf die Straße. Die Einheimischen an ihren Rasenmähern und Holzspaltern guckten etwas irritiert, verkniffen sich aber jede Bemerkung.
In der "Bukovcanka", einer Kneipe, deren spätsozialistischer Charme nur durch die Sonnenschirme mit Werbung einer tschechischen Brauerei getrübt wurde, gab es die zweite Erfrischung des Tages, aber diesmal ohne Experimente. Es ist faszinierend: 2007 gab es in der Tschecho-Slowakei gerade eine jeweils landesweit erhältliche Sorte alkoholfreies Bier. Heute sind die Bierregale in den Supermärkten zu einem Drittel mit alkoholfreien Bieren in allen möglichen Geschmacksrichtungen gefüllt. Vielleicht liegt es daran, dass es im Gegensatz zu Deutschland nie ein Clausthaler gab, das mit seinem abartigen Geschmack den Markt erstmal kaputtgemacht hat? (Typischer Dialog: "Haben Sie auch alkoholfreies Bier?" "Ja, Clausthaler." "Dann nehme ich eine Spezi.")
Hochfloriger Waldteppich
Kein Premiumweg, aber prima markiert.
Die Wanderkarte versprach für die folgenden 15km stumpfes Durch-den-Wald-Latschen, das stellte sich jedoch als falsch heraus. Dort, wo nicht die Wegbeschaffenheit für Abwechslung sorgte, waren es Kahlschlagflächen mit Aussicht.
Schließlich erreichten wir die Wallfahrtskapelle der Hl. Anna. Dort stellte sich heraus, dass wir uns die Wasserschlepperei seit Bukovec hätten sparen können - aus einem Brunnen strömte in großem Bogen bestes Trinkwasser. Aber: Lieber haben als brauchen. Unterwegs hatte es nämlich keine einzige Quelle gegeben.
Kapelle der Hl. Anna...
...mit Brunnen
Kurz hinter der Kapelle schlugen wir uns seitwärts in den Wald und verbrachten eine dort eine erholsame Nacht.
Technische Daten:
30 km und 900hm in 10:05h brutto.
29. April
Poproc war im slowakischen Sonntagsmorgenmodus. Im Gegensatz zu Polen heißt das: Der örtliche Tante-Emma-Laden hatte geschlossen. Die beiden Kneipen übrigens auch. Offensichtlich gab es hier nicht das Verlangen, lange Gottesdienste mit einer Erfrischungspause zu verkürzen. Bedauerlicherweise ergab sich damit auch keine Grund, den Aufbruch zu verzögern.
Kirchlein auf dem Dorfanger
Obstblüte am Straßenrand
Auf der Landstraße erreichten wir nach rund drei Kilometern Jasov. Dort hatte der Supermarkt fünf Minuten vor unserem Eintreffen geschlossen, nämlich um 11.00 Uhr. Das war aber für die örtlichen Roma genug, um sich mit Spirituosen einzudecken und vor dem Laden in verschiedenen Stadien des Nachglühens abzuhängen.
Blick auf Jasov
Passend desolat sah auch das Kloster aus. Nur die Kirche war schmuck hergerichtet, die Seitenflügel waren bei näherer Betrachtung baufällig.
Die folgende Passage auf Waldwegen war ziemlich eintönig. Immerhin begegnete uns aber weiter außerhalb des üblichen Gassigängerradius eine Joggerin. Die Mufflons in einem Gehege hinter einem wolfs- und wilderersicheren Zaun ließen sich dagegen eher erahnen als sehen.
Wenn die Landschaft gar zu eintönig ist, muss man nachhelfen.
Schließlich kamen wir in eine parkähnliche Landschaft. Schilder kündeten davon, dass hier der Nationalpark Slowakischer Karst (NP Slovensky kras) begann, aber Karst trat erst beim steilen Abstieg nach Hacava zutage.
Hacava
Die Annahme, dass die Existenz einer Bushaltestelle namens "Hacava Jednota" auch die Existenz eines Jednota-Lebensmittelladens impliziert, erwies sich als falsch. Auch eine Kneipe konnten wir in dem ansonsten durchaus einer Kneipe würdigen Straßendorf nicht entdecken. Eine Schwengelpumpe am Straßenrand war funktionslos. Jedenfalls bis uns eine Oma aufforderte, etwas energischer zu pumpen. Und tatsächlich: Nach ungefähr zehn hektischen Pumpbewegungen strömte zumindest optisch unbedenkliches Wasser in breitem Strahl aus dem Hahn.
Gut betankt - am nächsten Tag war erst am Abend wieder eine verlässliche Quelle zu erwarten - verließen wir Hacava Richtung Westen. Am Bergsattel oberhalb erwartete uns erneut eine parkartige Landschaft. Da sich inzwischen unüberhörbar ein mächtiges Gewitter näherte, bauten wir das Zelt an einer Lichtung in einer Nische zwischen pubertierenden Birken und Buchen auf. Gerade noch rechtzeitig, denn als wir fertig waren, streifte uns ein erster Schauer. Als er vorbei war, krochen wir wieder heraus und vollstreckten das Abendessen.
Von anschließender Nachtruhe konnte jedoch keine Rede sein. Ein zweites Gewitter zog auf und machte die Nacht zum Tag. Rund eine Stunde dauerte das Getöse, begleitet von beeindruckenden Lichtspielen. Wie heißt es doch in der slowakischen Nationalhymne:
Nad Tatrou sa blýska
hromy divo bijú.
Zastavme ich bratia,
veď sa ony stratia,
Slováci ožijú.
Wörtlich übersetzt:
Es blitzt über der Tatra,
die Donner schlagen wild.
Lasst sie aufhalten, Brüder,
sie werden ja verschwinden,
die Slowaken wachen auf
Wie durch ein Wunder verfehlten uns aber nicht nur die Blitze, sondern auch der Regen - fast. Das Zelt wurde nur soweit nassgespritzt, dass wir es am Morgen nass einpacken mussten. Die Grenze zum Wolkenbruch verlief nur zwei Kilometer westlich von unserer Lichtung, wie wir auf der Etappe am nächsten Tag feststellten. Frau November hat sich übrigens vom Gewitter überhaupt nicht im Schlaf stören lassen.
25,9km und 775hm in 8:55h
30. April
Am nächsten Morgen war es wieder sonnig und warm. Noch fünf Kilometer blieben wir auf dem bequemen gelben Kammweg Richtung Westen.
Dann stießen wir auf den roten Weg, seit 1956 offiziell als "Weg der Helden des slowakischen Nationalaufstandes" tituliert (Cesta hrdinov SNP) und außerdem Teil des Europäischen Fernwanderweges E8 (Atlantik-Schwarzes Meer). Jetzt wurde es (mittel-) gebirgig und auch ansonsten deutlich anspruchsvoller: Jungfichten fanden es toll, dass ihnen der Weg Gelegenheit bot, sich einmal so richtig auszubreiten.
Am Osadnik (1186m) erreichten wir erstmals eine vierstellige Höhe. Dass es dort kaum noch Bäume gab, war aber dem Borkenkäfer geschuldet, nicht der natürlichen Baumgrenze. Beeindruckende Schrottfichteln dekorierten die Gipfelkuppe. Einen Vorteil hatten diese Borkenkäfer-Wüsten: Es gab reichlich Aussicht, wenn auch nur auf die anderen entfichteten Kämme.
Beim Abstieg stellten wir fest, dass die Folgen der Herbst- und Winterstürme noch nicht beseitigt worden waren. Umgestürzte Bäume auf den Wegen sollten auch in den Folgetagen unser Tempo bremsen.
Windbruchbeseitigung mit Victorinox
An der Passstraße über das Uhornianske Sedlo (999m) begegneten wir erstmals seit Hacava wieder anderen Menschen. Nicht nur einigen Waldarbeitern, sondern sogar zwei Tagesausflüglern. Oder waren es eher Spaziergänger? Alles unter 20km ist keine Wanderung!

Auch auf dem folgenden Abschnitt hatten wir selbst ohne Almen viel Aussicht. Wo der Borkenkäfer keine Opfer finden konnte, hat sich Hymenoscyphus pseudoalbidus über die Eschen hergemacht. Etwas morbide sieht es schon aus. Aber als Abwechslung zum stundenlangen Wandern durch den Wald ist es nicht schlecht. Den unerwarteten Freiflächen ist es im übrigen zu verdanken, dass wir behutsam vorgebräunt in den Jahrhundertsommer 2018 einsteigen konnten.
Wir arbeiten uns auf den nächsten zehn Kilometern vom Sattel langsam wieder hoch und erreichten schließlich den höchsten Punkt dieser Tour: Skalisko, 1293m. Auch hier keine Spur von Schnee.

Man konnte sogar die Krümmung der Erde erkennen. Gefühlt jedenfalls.
Gipfel mit Tresen

Unser Plan war, in der Berghütte Chata Volovec zu übernachten. Wir kamen jedoch einen Tag zu früh: Die Saison beginnt dort erst am 1. Mai. Davon lässt sich ein ordentlicher slowakischer Beherbungsbetrieb auch nicht durch einen Brückentag 30. April abbringen. Immerhin, die "Wasserleitung" war in Betrieb und es kam schwebstofffreies Wasser heraus. Wir bauten unser Zelt auf der Wiese unterhalb der Grilhütte auf, verzichteten aber darauf, den Grill in Betrieb zu setzen. Natürlich nur wegen des Funkenflugs!
Wer übrigens meint, den Namen "Volovec" schon einmal gehört oder gelesen zu haben, irrt sich nicht. "Vol" oder "Wol" heißt "Ochse", Volovec ist also ein Ochsenort. Mal ein Berg, mal eine Siedlung, und sogar ein Wasserlauf in der Niederen Tatra.
Am späten Abend näherte sich erneut ein Gewitter. Uns beschlich angesichts der vielen umgefallenen Bäume, die wir im Laufe des Tages gesehen hatten, und angesichts der noch nicht umgefallenen Fichten neben dem Zelt ein ungutes Gefühl. Wir zogen also in die Grillhütte um. Wie schon in der Nacht zuvor verfehlte uns das Gewitter knapp, und es fielen nur ein paar Tropfen.
26,8km in 10:10h, 1375hm
1. Mai
In der Nacht kam eine Kolonne von drei Autos an der Berghütte an. Licht ging an und eine ganze Weile war noch lautes Palaver zu hören. Als wir am Morgen aufbrachen, lagen Bettdecken in den Fenstern zum Lüften. Offensichtlich war das Hüttenpersonal pünktlich zum 1. Mai eingetroffen.
Abstrakte Buchenkunst
Ein erster Blick auf die Hohe Tatra
Nun lag die längste Etappe vor uns: Rund 29km hatte uns Mapy.cz in Aussicht gestellt. Ziel war, am Abend im Tourismus-Hotspot Dedinky Schmutzkruste abzuwerfen und Futter aufzunehmen. Ein beachtlicher Teil der Entfernung war gar keine, sondern entfiel auf sinnlos anmutende Wegschlingen südlich von Rakovec. Ich konnte das nicht recht glauben - keine Direttissima? Meine Wanderkarte von 1986 sagte etwas anderes. Aber mein Versuch, den Weg von damals ausfindig zu machen, verlief im Sande, pardon, im Unterholz. Borkenkäfer und Pionierwald hatten die Weglandschaft deutlich umgebaut.
Das sollte aber nicht zur Annahme verleiten, dass die heutigen Wege geschmeidig begehbar sind. Erneut lagen an vielen Stellen Purzelbäume quer und verlangten nach akrobatischen Fähigkeiten beim Umgehen, Übersteigen oder Unterlaufen. Am Ende waren wir gar nicht so unglücklich über die Wegschlingen, denn das waren wenigstens beräumte Forstautobahnen - wenn auch ohne Forst. Dafür entfaltete sich vor uns die Hohe Tatra in ihrer ganzen Schönheit.
Mal drüber, mal drunter
Frisch geschlüpfte Weihnachtsbaumkerzen tragen ein schuppiges Kleid und nehmen erst später eine gerade Körperform ein.
Auf den letzten Kilometern vor Dedinky zeigte der Kammweg uns noch einmal seine Zinken, bevor er dann über Wiesen zur Passhöhe oberhalb des Ortes herunterglitt. Dort verließen wir den E8.
"Nur noch einen Katzensprung entfernt", zeigt der Wegweiser an.
Auf dem Weg um den kleinen Stausee erreichten wir Dedinky. Der "Campingplatz" hatte natürlich noch nicht geöffnet. Es handelte sich aber auch eher um eine umbehandelte Wiese, die man nicht schief ansehen musste, um eine beachtliches Gefälle auszumachen. Einziges sichtbares Campingplatz-Element war das Kassenhäuschen.
Wir quartierten uns in der Pension Erika ein, in unmittelbarer Nachbarschaft der Pensionen Zuzana und Jozefina. Offensichtlich ist die slowakische Gesellschaft matriarchalischer als das Imponiergehabe und Balzverhalten der Männchen vermuten lässt.
29,8km und 1000hm
2. Mai
Der Dorfladen hatte nach dem Maifeiertag wieder geöffnet, aber auf das Warenangebot im Ort hatte das keinen großen Einfluss. Nach bester spätsozialistischer Manier waren die wenigen Waren so in die Regale gestellt, dass zumindest auf den ersten Blick nicht auffiel, wie wenig Auswahl es eigentlich gab. Was für ein Gegensatz zu Polen, wo der typische Ladenbesitzer seinen ganzen Stolz darin legt, sogar noch im Hochsommer Winterhandschuhe der Größe 10 1/2 aus einer Ecke ziehen zu können!
"Genossen, es ist höchste Zeit, mit dem Alkohol aufzuhören!"
Aber eigentlich brauchten wir auch gar nichts mehr, denn jetzt stand nur noch ein kurzer Sprung von weniger als 20km über den Berg zu unserem Zielort Podlesok im Slowakischen Paradies an.
Buche mit Anlehnungsbedürfnis
Aber kaum drei Kilometer nach dem Start und 250 Meter höher stellte sich uns ein unüberwindbares Hindernis in den Weg: Die Berghütte Geravy (1032m). Erst nachdem wir unsere inneren Schweinehunde in einem Birell und einem Cappucino ertränkt hatten, konnten wir weitergehen.
Berghütte Geravy. Der Skilift ist nicht erst seit der Schneeschmelze 2018 außer Betrieb.
Ereignisarme Forstautobahnen führten uns nach Podlesok. Interessant war allerdings der Kontrast in der touristischen Frequentierung: In den vier Tagen zuvor waren wir außerhalb des Gassigeher- und Jogger-Radius um die Orte herum gerade einmal vier Menschen begegnet. Jetzt strömten wahre Massen aus den Schlüchten des Slowakischen Paradieses und bewegten sich wieder talwärts.
Idylle am Fuß des Slowakischen Paradieses
Mit Blick auf das abermals grummelige Wetter nahmen wir Abstand von der ursprünglichen Idee, uns für die nächsten drei Nächte auf dem Campingplatz Podlesok einzunisten. Unser erstes Ziel war eine Pension etwas östlich. In bemerkenswerter Offenheit riet uns die Dame an der Rezeption, noch einen Kilometer weiter ins "Turisticky Raj" ("Touristisches Paradies") zu gehen, "da gibt es auch viel bessere Preise".
Sie hatte recht: Für weniger als 20 Euro gab es in der Baracke des ehemaligen Pionierlagers ein Zweibettzimmer mit Frühstück. Original Retro inklusive Drehschaltern für das Licht, aber tipptopp sauber (und mit einem vermutlich nicht-originalen Mückengitter). Das Konzept des Eigentümers: Der Generation 40+ eine Reise zu ihren Jugenderinnerungen zu ermöglichen.
Als Sahnehäubchen hat er eine sowjetische Baracke organisiert, in der tschechoslowakische Jugendbrigaden beim Eisenbahnbau in Sibirien untergebracht waren.
Passend dazu sprach der Wirt mit uns nicht slowakisch, sondern in putziger "federalština" ("Föderalsprache"). Zum Beispiel nannte er das Frühstück konsequent "snídanie", die slowakisierte Version des tschechischen "snídaní", statt ordentlich slowakisch von "raňajky" zu sprechen.
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