[IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

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    [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Fifty Shades of Grey

    Zu Fuß auf dem Beara Way



    Prolog


    Check. Letzter Haken auf der Ausrüstungsliste. Zufrieden begutachtete ich den netten Haufen an Ausrüstung, den ich um meinen Rucksack drapiert hatte, als es an der Tür klingelte. Das musste er sein. Frederick. Der junge Mann, mit dem ich die nächsten anderthalb Wochen in Südwest-Irland verbringen wollte. Eigentlich hatte ich ursprünglich geplant, drei Wochen allein in Irland zu verbringen. Erst den Kerry Way wandern und dann spontan entweder Dingle oder Beara erkunden. Doch dann fand ich durch Zufall Fredericks Reisepartner-Gesuch hier im Forum für die gleiche Gegend und etwa den gleichen Zeitraum. Prima.
    Vom ersten Kontakt an per PM und Email war direkt Sympathie vorhanden und schnell waren wir uns einig zusammen den Beara Way in Angriff zu nehmen, bevor ich dann alleine den Kerry Way weiter wandern würde. Das war mir sogar ganz recht, da ich bisher nur Tageswanderungen in Irland und Schottland gemacht hatte und Frederick zumindest schon den Kerry Way kannte und somit etwas mehr Erfahrung mit brachte.
    Freunde und Bekannte hatten sich verwundert gezeigt, dass ich mit einem wildfremden Mann durch abgelegene Gegenden wandern wollte. Was wenn er Hintergedanken hätte? Doch ich wies diese Bedenken als grundlos ab. Schließlich würde jemand mit solchen Absichten sicher nicht den Aufwand betreiben und Flugtickets etc. bezahlen. Das könnte man einfacher haben.


    Vorher


    Nachher

    Neugierig öffnete ich also die Tür und musste den Blick zunächst leicht nach oben lenken, um dem hoch aufgeschossenen jungen Mann in die Augen blicken zu können. Nach einer kurzen aber herzlichen Begrüßung führte ich ihn gleich in die Wohnküche, in der er auf einer Klappcouch auch übernachten würde, damit wir morgen vormittag gemeinsam zum Flughafen fahren könnten.
    Ich lächelte kurz, bei dem Gedanken, dass das ja quasi ein Wanderer-Blind-Date war. In diesem Fall zumindest bisher ein äußerst erfolgreiches, denn die schon per Email verspürte Sympathie blieb.
    Zusammen mit zwei Freunden stiefelten wir entspannt zu meinem Lieblingsburgerrestaurant und genossen die vermeintlich letzte anständige Mahlzeit für die nächsten anderthalb Wochen. Auf die Cocktails im Halbliterglas verzichtete ich dieses Mal lieber in Anbetracht der bevorstehenden langen Reise am morgigen Tag.


    Nochmal richtig reinhauen


    Kapitel 1 - Glengarriff?!?!?!


    12. April. Über ein halbes Jahr lang hatte ich diesem Datum entgegen gefiebert. Immer wieder hatte ich Reiseberichte und Guidebooks gelesen, sowie schier endloses Studium diverser Testberichte und Produktbeschreibungen betrieben, um mein Equipment zusammen zu stellen. Bis auf meine Kleidung war alles brandneu und sollte nun auf den Prüfstand. Für drei Wochen hatte ich einen 40+10L Deuter ACT Lite und es passte tatsächlich auch alles rein. Mit Essen für ein paar Tage (Dörrautomat!) kam ich auf 15kg wobei 2L Wasser schon mit eingerechnet waren. Nicht schlecht.
    Frederick hatte da mit 75L eine unwesentlich größere Rückentüte dabei und schleppte ganze 21 kg. Ich staunte nicht schlecht, aber immerhin war er ja größer und stärker und wusste, was er tat. Sagte er.
    Der Plan sah vor, den Flieger nach Dublin zu nehmen, dort in den Bus zu steigen, auf dem Zwischenstopp in Cork entspannt eine Gaskartusche zu kaufen und dann weiter mit dem Bus bis nach Glengarriff und im Hostel übernachten.
    Wie es Pläne so ansich haben - besonders im Reisegeschäft - laufen sie nicht immer so, wie gedacht. Es fing mit einer guten Stunde Verspätung unseres Abflugs an. Wobei... nein. Eigentlich gab es schon Probleme bei der Planung selbst, denn von Dublin nach Cork wollten wir den Zug nehmen. Jedoch waren sämtliche Züge für Freitag und Samstag bereits anderthalb Monate vorher ausgebucht gewesen. Also blieb uns nur eine einzige Busverbindung, um nach der Landung den Anschluss in Cork zu erwischen. Planmäßige Landung: 12:30. Abfahrt Bus: 13:30.
    Richtig. Eine Stunde blieb uns bei pünktlicher Landung zum Umsteigen. Immer unruhiger rutschte ich auf meinem Sitz im Warteraum hin und her und meine Blicke wanderten immer wieder zur Uhr. Als wir eine Stunde zu spät in den Flieger stiegen, hatte ich noch Hoffnung, dass wir es schaffen würden. Vielleicht konnte der Pilot ja etwas schneller fliegen. Landeanflug 12:45. Landung 13:00. Okay. Das war’s. Haben wir einen Plan B?
    Ich stürmte schnellen Schrittes aus der Kabine, machte einen Zwischenstopp auf der nächsten Flughafentoilette und sammelte Frederick, der im Flieger auf einem Sitz einige Reihen weiter hinten gesessen hatte, auf dem Weg zur Passkontrolle ein.
    13:10 standen wir in der Schlange für die Passkontrolle. Okay. Das war’s jetzt aber wirklich. Mist. Fängt ja gut an. Wir beschlossen, erst unser Gepäck zu holen und uns dann Gedanken zu machen, wie wir doch noch nach Glengarriff kommen.
    Die Schlange an der Kontrolle wurde erstaunlich schnell kürzer, direkt dahinter befanden sich die Gepäckbänder und unseres war auch gleich das erste. Wir trauten unseren Augen kaum, als sich keine fünf Sekunden später unsere beiden Rucksäcke auf dem Band auf uns zu bewegten. Die Uhr zeigte 13:24. Können wir es etwa doch noch schaffen? Einen Versuch war es wert. Also Rucksäcke geschultert und im Stechschritt durch das Terminal immer den Schildern Richtung Bushaltestelle nach. Klar hätten wir auch joggen können, aber wir waren ja im Urlaub, da sollte nicht gleich am ersten Tag Hektik aufkommen. Punkt 13:30 Uhr erreichten wir die entsprechende Haltestelle, 13:31 fuhr unser Bus ein. Mit breitem Grinsen konnten wir uns ein High-Five nicht verkneifen, bevor wir die Rucksäcke im Gepäckfach verstauten und in den Bus stiegen. Als der Busfahrer auf meinem ausgedruckten Ticket das Ziel unserer Reise sah, schaute er uns kurz ungläubig an “Glengarriff?!?!”. Scheinbar fährt außer uns sonst keiner durch halb Irland mit dem Bus.

    Wir machten es uns erstmal gemütlich für die nächsten gut drei Stunden, die Dank WLAN im Bus auch nicht allzu langweilig wurden. Richtung Cork wurde das Wetter immer besser. Aus grau wurde grau-blau und schließlich strahlend blau. Als wir uns Cork näherten begann ich wieder unruhig auf meinem Sitz hin und her zu rutschen, was weniger an der nicht vorhandenen Bustoilette lag, sondern eher an der Tatsache, dass wir über eine Stunde Verspätung hatten. Zu spät rief ich einen in Cork lebenden Freund an und schickte ihn auf Gaskartuschensuche. Die beiden Outdoorläden hatten bereits zu.
    Gut. Da wir an der Tatsache eh nichts ändern konnten, nutzten wir die uns verbleibende Zeit für einen Besuch der Bahnhofstoilette und stiegen kurz darauf in den nächsten Bus, der uns vorbei an einem sagenhaft schönen Sonnenuntergang über der Bantry Bay pünktlich kurz vor 21 Uhr in Glengarriff ablieferte.
    Wir konnten kaum fassen, dass wir trotz der knappen Umsteigeaktionen dennoch zum geplanten Zeitpunkt in Glengarriff standen. Doch das Pech sollte noch nicht abreißen. Das Murphy’s Hostel war nicht nur geschlossen, ein Blick durch die teils verglaste Tür offenbarte den Blick auf eine Baustelle. Hier schlief wohl in absehbarer Zeit niemand. Da wir jedoch recht kaputt von der langen Anreise waren, fackelten wir nicht lange und nahmen uns ein Zimmer im B&B auf der anderen Straßenseite. Immerhin gab es für 40€ sogar noch das Abendessen dazu.
    Das Zimmer war zwar winzig, aber sauber und trocken. Ein Luxus der uns wohl die nächsten Tage verwehrt bleiben würde, auch wenn uns das heutige Wetter einigermaßen optimistisch stimmte.


    Sonnenuntergang Bantry Bay (Foto Frederick)
    Zuletzt geändert von RockingKatja; 04.06.2013, 11:01.
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    #2
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    Kapitel 2 - Lasset die Spiele beginnen

    13.04. Glengarriff - Adrigole

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    Graue tief hängende Wolken und mal mehr und mal weniger starker Nieselregen begrüßten uns am nächsten Morgen. Wie ein schöner Traum wirkten die Erinnerungen vom gestrigen Nachmittag und dem strahlenden Sonnenschein. Die Realität des typisch irischen Wetters hatte uns eingeholt. Es half nichts. Wir legten ein “leichtes” Regenoutfit an und machten uns auf die Suche nach einer Gaskartusche. Der gerade öffnende Supermarkt hatte zwar keine, dafür aber ein paar Lebensmittel für die nächsten 2-3 Tage. Vor allem Dosenfisch, Käse, Milch und ein paar Äpfel.
    Auch bei der Tankstelle hatten wir kein Glück, überall nur Kopfschütteln. Also würde es mindestens bis Castletownbere nur kaltes Buffet geben. Wie froh war ich über die vier Tüten selbst gedörrtes Beef Jerky, die ich dabei hatte.
    Zurück im B&B gab es erstmal Frühstück. Wir entschieden uns für ein Full Irish Breakfast und zum ersten Mal schmeckte mir sogar der Blackpudding, obwohl ich sonst Blutwurst überhaupt nicht leiden kann. Wir versuchten ein letztes Mal unser Glück und befragten den Besitzer des B&B, ob er eine Idee hätte, wo wir eine Gaskartusche kaufen könnten. Die einzige Möglichkeit wäre wohl Bantry oder eventuell erst Castletownbere. Nachdem er unsere traurigen ratlosen Gesichter sah, bot er uns an, eben nach Bantry zu fahren (immerhin 40 Minuten hin und wieder zurück) und uns eine Kartusche zu holen. Wir gaben ihm unseren Kocher zur “Anprobe” mit und machten es uns mit reichlich Tee und einer Tageszeitung bequem.

    Eine knappe Stunde später war er mit unserem Kocher und einer Kartusche zurück. Wir bedankten uns glücklich und gaben ihm für seine Mühe noch ein Trinkgeld von dem er nur die Hälfte annehmen wollte. Wir hatten schon am ersten Tag die oft zitierte irische Hilfsbereitschaft kennen gelernt und waren dennoch baff, mit welcher einer unaufgeregten Selbstverständlichkeit uns geholfen wurde.
    Wesentlich später als geplant machten wir uns nun in voller Regenmontour gegen 11:30 Uhr endlich auf, die Beara Halbinsel zu umrunden mit dem Tagesziel Adrigole. Zunächst ging es auf schmalen Asphaltstraßen aus dem Ort heraus in ein kleines Wäldchen. Aus dem tief hängenden Einheitsgrau der Wolken prasselte immer wieder mehr oder weniger starker Nieselregen. Von den Bäumen und Büschen am Wegesrand tropfte es, alles war nass und wir waren froh, dass der Weg ein befestigter war.


    Es geht endlich los (Foto Frederick)


    Attacke!

    Als rechts ein Weg abzweigte standen wir das erste Mal ratlos da. Kein Wegweiser, kein gelbes Männchen in Sicht. Das fing ja gut an. Meine 1:50.000 Karte war zu grob, um den Weg überhaupt zu zeigen und wir entschieden uns schlussendlich dafür geradeaus zu laufen, schließlich würde es ja eine Markierung geben, wenn man vom Weg abweichen müsste. Dachten wir uns zumindest.
    Nach 10 Minuten trafen wir auf eine kleine Straße. Links oder rechts? Hm. Wieder kein Wegweiser. Da es natürlich genau jetzt begann stärker zu regnen, stellten wir uns am Straßenrand unter die Bäume ins Gebüsch, um nochmals die Karte zu studieren. Einer Joggerin winkten und riefen wir zu, sie lächelte jedoch nur und lief einfach weiter. Gut, wir hätten wohl auch nicht angehalten, wenn uns zwei dunkle Gestalten aus dem Gebüsch zuriefen.
    Immernoch war die Karte keine große Hilfe, also wurde es Zeit für das GPS. Am ersten Tag machte sich also die Anschaffung gleich bezahlt. Ich hatte zwar im Gegensatz zum Kerry Way den Beara Way nicht als Track auf dem Gerät, wohl aber die benötigten Karten. Zusammen mit dem eingebauten Kompass, war schnell die Richtung klar und wir konnten weiter.
    Kurze Zeit später trafen wir wieder auf den Beara Way. Wir hätten anscheinend vorhin die Abzweigung nehmen sollen. Egal. Jetzt waren wir wieder "on track" und es konnte weiter gehen. Bald zweigte der Weg ab ins Coomerkane Valley, welches ich von einer Tagestour aus dem letzten Jahr schon kannte. Damals sind wir bei ähnlichem Wetter nördlich zum Lough Deereenadarodia gelaufen, heute führte uns ein stetig ansteigender steiniger Weg am südwestlichen Ende Richtung Sugarloaf Mountain aus dem Tal.


    Coomerkane Valley

    Der Blick nach unten ins Tal war wirklich schön, wenn er auch nicht lange hielt, denn schnell waren wir im grau der Wolken verschwunden, während der recht breite Weg zwischen "matschigen Steinen" und "steinigem Matsch" wechselte.
    Wir schraubten uns stetig höher und hatten schnell nur noch die nächsten zwei bis drei Meter im Fokus unserer Aufmerksamkeit, um wie in meditativer Trance einfach nur einen Fuss vor den anderen zu setzen. Frederick war zwar etwas schneller unterwegs, musste hin und wieder aber nur kurz warten, bis ich aufgeschlossen hatte. Unser Tempo passte also recht gut zusammen.
    Ab und an sahen wir uns um, nur im festzustellen, dass wir nichts sahen. Wir konnten gerade die nächste Wegmarkierung erkennen, wenn wir an der vorigen vorbei liefen. Der Anstieg schien nicht enden zu wollen und wurde von uns kurzer Hand in die "nie enden wollende Treppe" getauft. Immer wenn wir kurz vor einer vermeintlichen Kuppe waren, sahen wir, dass es danach direkt in den Anstieg zu einer weiteren Kuppe ging.


    Matschige Steine


    Graue Suppe


    Steiniger Matsch

    Nach einer kleinen Pause erreichten wir dann doch bald den wohl höchsten Punkt und konnten nur vermuten, dass es am linken Wegesrand ziemlich steil bergab ging. Vorbei an einem vermutlich kleinen Lough ging es nun wieder leicht bergab bis zu einem Weidezaun, den wir überquerten. Der Pfad führte links weiter immer bergab am Zaun entlang.
    Von einem Pfad konnte man allerdings nicht wirklich sprechen. Es war ein einziges mehr oder weniger tiefes Schlammloch gespickt mit größeren und kleineren Felsbrocken und Absätzen. Frederick hatte in der Pause seine Gamaschen angelegt. Vorher nie benutzt und nun wertvoller als Goldstaub. Ich hatte bisher nie den Sinn von Gamaschen verstanden. Wenn es regnet zog ich ne Regenhose an, wenn nicht, dann eben nicht. Nachdem ich zum wiederholten Male bis über den Knöchel im Schlamm versank, verstand ich, welchen Sinn Gamaschen auch in Kombination mit einer Regenhose haben.
    Die Plackerei schien nie enden zu wollen. Wir waren froh Trekkingstöcke dabei zu haben. Ohne wäre dieses Stück nahezu unmöglich zu bezwingen gewesen. Nach einem ausgeschilderten Notausgang, der keinen Deut besser aussah, machten wir bald nach unzähligen Beinaheausrutschern und einigen richtigen eine kurze Pause an einer halbwegs wind- und regengeschützten Stelle. Meine Knie begannen sich bereits zu beschweren. Toll. Am ersten Tag. Mit der Unwucht eines großen schweren Rucksacks auf dem Rücken war das hier eine ganz andere Nummer als das leichtfüssige springen von Stein zu Stein mit einem Tagesrucksack.


    Das nenn ich mal Notausgang

    Die Pause tat gut um sich vor allem mental zu erholen. Mit frischer Konzentration machten wir uns kurz darauf wieder auf den Weg und endlich bog der Pfad vom Zaun ab weiter steil nach unten um schließlich in einen befestigen Weg über zu gehen.
    Kurz vor Adrigole war eine Umleitung ausgeschildert, da das vor uns liegende Stück unpassierbar war. Es sah zunächst gar nicht so schlimm aus und nach dem letzten Stück am Zaun dachten wir uns "Wie viel schlimmer kann es kommen?". Wir entschieden uns dann aber doch für den Umweg auf der kleinen Straße.
    Bald passierten wir erste Bauernhäuser. An einem standen zwei ältere Männer,die uns direkt ansprachen und fragten, wo wir denn herkämen. Wir erzählten ein wenig von unserem Weg und dass das Stück am Zaun doch recht anstrengend gewesen war. Ich glaubte anerkennenden Respekt in ihren Augen zu sehen, als sie meinten, dass Stück sei wirklich schlimm. Auch über den abgesperrten Teil unterhielten wir uns und erfuhren, dass es den ganzen Winter und speziell die letzten Wochen extrem viel geregnet hatte, so dass der Boden überall sehr stark aufgeweicht und schlammig war. Auf die Frage wo wir denn übernachten wollten, konnten wir nur mit den Schultern zucken und fragten, ob denn der Campingplatz geöffnet hätte. Nein, meinte einer der beiden, aber wir könnten doch hier einfach auf seiner Wiese übernachten. Vor dem Haus war sogar ein Wasserhahn mit Trinkwasser, den wir nutzen durften. Perfekt.
    Inzwischen hatte der Regen eine Pause eingelegt und wir bauten die Zelte halbwegs windgeschützt am Rande der Wiese neben ein paar Bäumen auf. Auch hier war der Boden weich und der Wind frischte auf. Ich hatte daheim in Berlin mein neues Terra Nova Laser einmal zum Test aufgebaut. Jetzt hatte ich irgendwie leichte Probleme mit dem sauberen Abspannen. Egal was ich tat, es war immer leicht schief. Egal. Ein paar Steine auf die Heringe, dann würde es schon halten.
    Frederick zauberte einen Cappucino und wir stärkten uns bevor wir uns mit allen nassen Klamotten in den Pub des Ortes aufmachten, um sie dort am hoffentlich vorhandenen Kamin zu trocknen und nebenbei ein oder zwei Pints zu genießen. Nach einigem Suchen fanden wir besagten Pub, nur leider war es doch recht kühl drinnen und uns war es etwas peinlich uns mit all den dreckigen nassen Klamotten auszubreiten.
    Nach dem ersten Pint verflogen die Hemmungen langsam und schnell waren Schuhe, Shirts, Handschuhe und allerlei Zeug um und auf dem kleinen Ofen drapiert. Noch ein Pint und ein Kniffelspiel später saßen wir mit den drei anwesenden Locals am Tresen und unterhielten uns über Gott und die Welt.
    Mit halbwegs angetrockneten Sachen machten wir uns im Stockdunkeln mit Stirnlampen ausgestattet auf den Heimweg und kuschelten uns in unsere Schlafsäcke.


    Kapitel 3 – Wo will es denn hin mit uns, das gelbe Männchen?

    14.04. Adrigole – Castletownbere

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    regen-grau
    sturm-grau
    Aussicht-blockierend-grau


    Ich schlief erstaunlich gut, obwohl ich normalerweise sowohl im Schlafsack als auch mit Isomatte kein Auge zumache. Aber der Cumulus Lite400 war wirklich kuschelig und die NeoAir Xlite entgegen aller Unkenrufe recht robust, knisterte nicht und für mich als Seitenschläfer weder zu hart noch zu weich. Zwei Daumen hoch.
    Der böige Wind vom Vortag schien nicht wirklich abgenommen zu haben, dafür regnete es nicht. Ich machte den Fehler noch gemütlich im Zelt liegen zu bleiben und bissl auf meinem Tablet im Blog zu tippseln. Als ich dann eine Stunde später gegen 8:30 aus dem Zelt kroch, hatte Frederick seines bereits abgebaut und war nahezu abmarschbereit. Schnell packte ich meine Sachen, schlüpfte in die natürlich noch feucht-nassen Stiefel und begann gerade das Zelt abzubauen, als es wieder anfing zu regnen. Klasse. Nasses Zelt einpacken.
    Der Ausflug zum Wasserhahn fiel äußerst kurz aus, da er von einem knurrenden Hund bewacht wurde. Also machten wir uns lieber schnell aus dem Staub. Wir kauften Milch und Schokolade im Dorfladen und die freundliche Dame hinter dem Tresen füllte sogar unsere Trinkblasen mit Leitungswasser.
    Es ging nun zunächst ein ganzes Stück an der Straße entlang mit immer wieder kurz einsetzenden Schauern, bevor wir über einen Zaun wieder in die Irische Wildnis abbogen. Zunächst führte der Pfad in ein schönes kleines Tal mit Wasserfall, dann ging es querfeldein über ein paar Hügelkuppen Richtung Hungry Hill mehr oder weniger parallel in einigem Abstand zur Küstenstraße.


    Morgens in Adrigole




    (Foto Frederick)

    Der Himmel blieb weiter grau verhangen und warf uns immer wieder leichten Regen hinunter. Alle umliegenden Hügel inklusive Hungry Hill versteckten sich in der grauen Masse der Wolken und ließen nur die Füße rausgucken. Der Untergrund stellte uns auch im weglosen Gelände vor keine nennenswerten Schwierigkeiten, wir freuten uns trotzdem über den Landrovertrack, auf dem wir den nächsten Hügel erklommen.
    Kaum oben angelangt erfassten uns wie aus dem nichts plötzlich heftige Sturmböen, die locker Stärke 8-10 haben mussten. Ich hatte in dem Moment gerade den Brustgurt nicht geschlossen und mir wehte es beinahe den Rucksack vom Rücken! Taumelnd kämpften wir gegen den Wind, der uns hin und her schubste und waren froh über den breiten Weg. Ganz nebenbei war die Aussicht wirklich großartig. Wir hatten einen tollen Blick auf das, was von Bear Haven und Bear Island zu sehen war. Trotz des erhöhten Schwierigkeitsgrades versuchten wir ein paar nicht verwackelte Fotos zu schießen und liefen dann weiter den Landrover Track leicht bergab Richtung Hungry Hill.


    Windstärke 10


    Bear Island kaum erkennbar in der Ferne (Foto Frederick)

    Scheinbar war dem kleinen gelben Männchen unsere Freude über den schönen Weg kurze Zeit später zu viel, denn es wollte uns nun wieder Richtung Straße durch mehr oder weniger unwegsames Gelände schicken. Wir waren uns sicher, dass der schöne Weg auf jeden Fall direkter Richtung Castletownbere führte und von meinem Ausflug auf den Knocknagree im letzten Jahr wusste ich, dass der Beara Way auf jeden Fall dort zu Füßen der Hügel entlang führt.
    Dennoch beschlossen wir, keine Experimente einzugehen und folgten dem gelben Männlein, wenn auch etwas widerwillig. Waren wir heute bisher ziemlich direkt Richtung Westen unterwegs gewesen, führte uns der Weg nun südöstlich. Also mehr oder weniger zurück. Dennoch kämpften wir uns weiter durch unwegsames und hauptsächlich extrem schlammiges Gelände und begruben die Hoffnung, den vom Vortag noch nassen Schuhen etwas Erholung zu gönnen.
    Nach scheinbar endlosem Boghole-Jumping erreichten wir endlich die Straße. Jedoch nicht, ohne dass Irland uns noch ein großes unumgehbares Wasser-Schlamm-Loch direkt vor der Stiege über den Zaun präsentierte.


    Boghole Jumping

    Das GPS zeigte unsere Position ca. 2km vor Rossmackowen an. Das war gerade mal die Hälfte des Weges. Den Rest sollten wir wohl anscheinend auf der Straße laufen. Na toll. Wir wollten zumindest bis Rossmackowen laufen und dann eine der kleinen Straßen Richtung Norden nehmen, um wieder auf den eigentlichen Beara Way zu gelangen.
    Gesagt getan, leider funktionierte das genau bis zu einer Weide, deren Tor in einer Weise geschlossen war, die keinen Zweifel daran ließ, dass hier keine Wanderer erwünscht waren. Also zurück zur Straße. Unfreiwillig jagten wir ein Mutterschaf samt zweier Lämmer vor uns her, die zu ängstlich waren, um uns passieren zu lassen. Erst ein ein Schäfer, der uns im Auto entgegen kam, konnte laut hupend die Tiere davon überzeugen und wir mussten uns die Frage gefallen lassen, ob wir vor hatten, die Schafe zu kaufen.
    Wieder an der Straße angekommen machten wir es uns gegenüber einer Kirche auf einer Mauer bequem und versuchten ein Daumentaxi zu organisieren. Immerhin schien sogar die Sonne und zum ersten mal waren die Sachen an unseren Körpern mit Ausnahme der Schuhe trocken. Verwundert stellten wir fest, dass die irischen Fahrer sich beim passieren der Kirche bekreuzigten. Als nach einer guten halben Stunde immer noch niemand angehalten hatte, liefen wir los Richtung Castletownbere.
    Gut drei Kilometer vor dem Ort kamen wir an einem Camping-/Golfplatz vorbei, liefen jedoch weiter, da wir unser Glück zunächst im Ort beim Hostel versuchen und abends noch ins Pub wollten. Ziemlich geschafft und kaputt schleppten wir uns nach Castletownbere. Das Hostel hatte in der Vorsaison noch nicht offen. Wir liefen weiter in den Ort und fragten einfach im Spar Supermarkt nach. Uns blieb nur ein B&B oder weiter laufen und irgendwo am Rand Zelt aufstellen. Beides erschien uns nicht sonderlich attraktiv. Der Campingplatz wäre uns nun doch am liebsten gewesen. Wir fragten einfach frech nach einem Lift, da der Bus heute nicht mehr fuhr und wir wirklich nicht die 3km an der Straße zurück laufen wollten.
    Auch hier zunächst Fehlanzeige. Also kauften wir uns erstmal ein Bier bzw. Cider und machten es uns draußen auf einer Bank bequem. Taxi? Gut, ab in den nächsten Pub. Der Barmann zuckte nur mit den Schultern, aber eine Gruppe junger Leute schrieb uns eine Telefonnummer auf, wobei der Fahrer gewöhnlich in einem Pub auf der anderen Straßenseite sei und wir es dort auch direkt versuchen könnten.
    Also wieder raus in den nächsten Pub. Schlau fragten wir erst nach einem Lift und tatsächlich wollte uns der Besitzer direkt fahren, denn seine Ablösung an der Bar kam gerade herein. Bingo! Geld für das Taxi gespart.
    Fünfzehn Minuten und ein nettes Gespräch im Auto später standen wir auf dem Golf/Campingplatz direkt am Wasser. Und wir waren ganz alleine! Wir bauten unsere Zelte geschützt durch eine kleine Hecke auf einer Anhöhe am Loch 8 auf und freuten uns über diesen wirklich grandiosen Zeltplatz.
    Den Abend verbrachten wir im offenen Vereinshaus auf dem Gelände, nachdem wir artig unsere Campinggebühr in den dafür vorgesehenen Kasten geworfen hatten. Im Haus war es recht kühl, trotzdem versuchten wir unsere Sachen irgendwie trocken zu bekommen, indem wir sie überall ausbreiteten. Es gab sogar Duschen, wir hatten jedoch keine Lust dafür Geld zu bezahlen.
    Aber es gab WLAN und wir kniffelten ein paar Runden auf der Treppe sitzend. Nach dem Zähneputzen traf es mich wie der Blitz. Der Handtrockner!!! Wir holten unsere nassen Sachen und begannen nach und nach alles unter dem Handtrockner trocken zu föhnen. Eine halbe Stunde später hatten wir zwar keine trockenen Stiefel, aber immerhin waren die Socken und Einlegesohlen halbwegs trocken und auch das eine oder andere Shirt. So konnten wir uns zufrieden in unseren Zelten zur Ruhe legen.


    Der tollste Zeltplatz der Tour


    Bear Haven


    Gemütlicher Abend im Golf Club
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      Kapitel 4 – Das ist aber seltsamer Regen

      15.04. Castletownbere - Allihies

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      Suppen-grau
      Atlantik-grau
      Hagel-grau

      Am nächsten Morgen weckte uns das Geschrei der Möven. Ohne uns lange aufzuhalten packten wir im morgendlichen Sonnenschein schnell unsere Sachen zusammen (Hatte ich ja gestern morgen gelernt, dass man das lieber gleich macht.) und legten den Weg zurück bis nach Castletownbere in Rekordzeit zurück, um zumindest das Stück an der Straße schnell hinter uns zu haben.


      Blick vom Golf Platz Richtung Castletownbere



      Im Spar trafen wir die gleiche Verkäuferin vom Vortag wieder, die sich leicht besorgt zeigte und fragte, wo wir denn nun genächtigt hätten. Zur Not hätte sie uns in Ihrem Haus schlafen lassen. Wirklich hilfsbereit diese Iren. Wir versorgten uns mit ein paar Kleinigkeiten und fröhnten draußen auf der Bank unserem morgendlichen Ritual mit Milch und Schokolade.
      Ein gut ausgebauter Landrover Track führte uns dann am Ende des Ortes grob Nordwest in Richtung Allihies vorbei an unserem ersten Steinkreis. Beara ist ansich gespickt mit Standing Stones und ähnlichen Überbleibseln. Bisher hatten wir jedoch nichts davon gesehen.
      Die schöne Sonne vom Morgen verzog sich sehr schnell und wich dem bestens bekannten grauen tief hängenden Teppich. Wenigstens blieb es zumindest von oben bisher trocken, so dass wir das in einem Anfall von Optimismus im Rucksack verstaute Regenoutfit an seinem Ort lassen konnten. Wieder waren alle nennenswerten Erhebungen in der grauen Suppe versteckt. So auch der Miskish Mountain dessen Flanke wir entlang eines Weidezaunes erklommen und mit erneut starken Windböen wieder hinab stiegen ohne auch nur irgendeine Art von Aussicht genießen zu dürfen.


      Miskish Mountain... irgendwo da vorne




      Aussichtslos

      An den Schlamm, durch den wir uns entlang des Zaunes kämpften, hatten wir uns in den letzten Tagen schon so gewöhnt, dass es uns fast nicht mehr besonders auffiel. Routiniert umgingen wir die Bogholes und Schlammfelder soweit möglich und zollten dem immer mal knöcheltiefen Versinken darin kaum Beachtung.
      Wir machten eine kurze Pause im Ort Knockoura, der immerhin auf der Karte verzeichnet war, aber nur aus einer handvoll ziemlich verlassen aussehender Häuser bestand. Dabei musste ich leider feststellen, dass das Beef Jerky, welches ich fröhlich mampfte zum Teil begann zu schimmeln. Shit. Vakuumieren mit Handpumpe kann ich also nicht empfehlen. Die Tüten ziehen leider zu schnell wieder Luft und in dem Fall Feuchtigkeit. Werde mir wohl doch einen Vakuumierautomaten zulegen müssen. Das Beef Jerky wanderte ins Gebüsch und wir weiter Richtung Allihies.

      Wir durchquerten einen kleinen Nadelwald und tauchten ein in eine andere Welt. Die dicht stehenden Bäume sorgten nahezu für Windstille und hielten genug vom Tageslicht fern, um die Szenerie in ein fast magisches Zwielicht zu tauchen. Vorbei an einer ganzen Reihe entwurzelter Bäume kämpften wir uns leicht fluchend erneut durch ein unumgehbares Schlammfeld, bevor sich der Wald lichtete und den Blick auf den letzten dafür jedoch sehr steilen Anstieg des Tages frei gab.






      Erfolgreich durch die Matschepampe


      In Knockoura

      Innerhalb kurzer Zeit ging es über 250 Höhenmeter hinauf. Wir kamen mächtig ins Schwitzen. Kurz vor dem höchsten Punkt meldete sich mein Unterbewusstsein. Es war den ganzen Tag grau in grau gewesen, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich sofort die Regenhose anziehen sollte. Gesagt getan. Drei Minuten später begann es ordentlich zu regnen und auch der Wind war zurück.
      Irgendwann fühlte sich der Regen im Gesicht seltsam an. Die Tropfen waren wie Nadelstiche auf der Haut. Stricknadeln! Ein Blick Richtung Boden offenbarte die Lösung. Das war Hagel. Zusammen mit starkem Wind ist das keine wirklich angenehme Kombination.
      Wir kämpften uns mit tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen weiter bis uns einige Bäume auf der linken Seite wieder etwas Schutz gaben. Kurz darauf ließ der Niederschlag wieder nach und es ging bergab in Richtung Küste mit einem wundervollen Blick auf Allihies und den Atlantik. Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht wussten wir nun, wozu all die Plackerei gut gewesen war.


      Allihies und Atlantik




      Prädikat: Empfehlenswert

      Entspannt schlenderten wir noch fast eine ganze Stunde hinunter bis wir schließlich im Ort selbst ankamen. Im Postoffice trafen wir direkt ein deutsches Geschwisterpaar, welches uns den Weg zum Hostel wies. Nach dem Check-in entledigten wir uns der nassen Klamotten und genossen eine lange warme Dusche. Die beiden Deutschen – Vanessa und Pascal - waren inzwischen zurück. Sie hatten tatsächlich im Murphy's Hostel in Glengarriff übernachtet, nachdem sie jemanden gefunden hatten, der ihnen aufgeschlossen hatte. Allerdings hatten sie nur kaltes Wasser gehabt und mussten die Baustelle auch um 7 Uhr früh wieder verlassen, da dann die Handwerker kämen. Wir waren so im Nachhinein recht froh, dass wir uns für das B&B entschieden hatten.
      Wir verbrachten den Abend gemeinsam im Pub nebenan und beschlossen am nächsten Tag zusammen nach Dursey Island zu fahren. Wie uns der Herbergsvater erzählt hatte, fährt jeden Dienstag ein Rural Bus um Beara und sammelt hauptsächlich ältere Leute in den größeren Ortschaften ein, um ihnen die Möglichkeit zu geben einzukaufen und sich mit Lebensmitteln zu versorgen. Wie es der Zufall so wollte, war morgen Dienstag. Ein Anruf beim Busfahrer genügte und er würde morgen um 9:30Uhr vor dem Postoffice halten und uns vier zum Cable Car am Dursey Sound fahren. Glück muss man haben.
      Kate-ventures - My adventures on the road

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      • Borderli
        Fuchs
        • 08.02.2009
        • 1737
        • Privat

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        #4
        AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

        Schöner Bericht! Macht Lust, auch mal in Irland wandern zu gehen.
        Ich sehe schon, du hattest das gleiche Wetter wie ich in Schottland - grau mit unterschiedlichen Formen an Niederschlag, unterstützt durch starken Wind.

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        • Schorsch74
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          • 10.10.2012
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          #5
          AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

          Oje, da scheint ihr ja richtig Pech gehabt zu haben.....

          Aber wenn ich mal fragen darf (ich trau mich kaum), hüstel...: "habt ihr euch am 2.Tag evtl. verlaufen?

          Waren wir heute bisher ziemlich direkt Richtung Westen unterwegs gewesen, führte uns der Weg nun südöstlich. Also mehr oder weniger zurück........

          .....Nach scheinbar endlosem Boghole-Jumping erreichten wir endlich die Straße. Jedoch nicht, ohne dass Irland uns noch ein großes unumgehbares Wasser-Schlamm-Loch direkt vor der Stiege über den Zaun präsentierte.
          Und genau von dem Loch hab ich ja auch ein Foto,
          nur dass wir alle in die andere Richtung laufen und (immer den gelben Männchen nach) über den Beara Way in Castletownbere ankamen....



          Der gleiche Felsen, die gleiche Pfütze, hinten rechts die gleichen Kiefern.
          Und kurz vor den Kiefern gehts auf die Strasse?

          Dass ist die Stelle, wo wir erst von der Strasse auf den Beara Way abgebogen sind. Der auf der Karte eingezeichnete Abzweig war gesperrt, private property, und die ausgeschilderte Umleitung führte uns nach dort.
          Ihr seid dann wohl über die alte Route von oben auf den Landrovertrack gestossen und ihm nach unten gefolgt, wir gingen die neue Route, kamen nachher auch auf den Track und gingen ihn von unten nach oben...
          Auf alle Fälle zweigt auf dem Track in einigen Serpentinen - sehr klein und unscheinbar - der Beara Way als kaum erkennbarer Trampelpfad über Felsplatten nach Westen ab.

          Habt ihr in dem Sch....Wetter wohl übersehen, war bei dem Sch.... Wetter aber wohl auch besser so, den der Weg war nicht ohne...

          Ich freu mich aber trotzdem auf den weiteren Bericht und hoffe für Euch, ihr hattet auch mal Sonne
          Zuletzt geändert von Schorsch74; 05.06.2013, 20:51.
          Die Leber wächst mit ihren Aufgaben

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          • RockingKatja
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            • 21.03.2012
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            #6
            AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

            Gute Frage Schorsch. Mir scheint es fast, dass sich die Route durchaus spontan je nach Wetter und Laune der Farmer ändern kann. Wir sind jedenfalls immer dem gelben Männchen nach und recht zeitig von der Straße kurz nach Adrigole in die Pampa gelaufen um dann wie du schreibst von oben auf den Landrovertrack zu stoßen. Bei uns war der Abzeig halt nicht gesperrt. Haben uns dann nur gewundert, dass der Weg eigentlich in die falsche Richtung wieder nach unten auf die Straße führt, wollten aber kein Risiko eingehen und dachten uns, das Männchen wird es wissen, hehe.
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            • RockingKatja
              Erfahren
              • 21.03.2012
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              #7
              AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

              Kapitel 5 – Urlaub vom Urlaub

              16.04. Dursey Island

              morgen-grau
              blau-grau
              gar-kein-grau

              Am Morgen erwartete uns ein absolutes Novum der Tour. Trockende Wanderstiefel!!! Auch sonst waren alle Sachen soweit trocken. Was für ein herrliches Gefühl. Nach einem selbst gemachten Full Irish Breakfast standen wir pünktlich um 9:30 Uhr am Postoffice um genauso pünktlich vom Rural Bus abgeholt zu werden.
              Vor dem Frühstück hatte es noch leicht genieselt, jetzt schien die Sonne durch immer mehr blaue Flecken in der Wolkendecke, so dass wir nach einer guten halben Stunde Fahrt einen herrlichen blauen mit einigen Wolken gespickten Himmel hatten.
              Die Aussicht auf die Küsten und das Meer während der Fahrt war atemberaubend schön und wir plauderten ein wenig mit dem Busfahrer. Er erzählte zum einen von den Problemen, die der viele Regen in den letzten Wochen verursacht hatte. Die Viehbauern konnten bisher ihre Kühe nicht auf die Weiden stellen und mussten so Futter nachkaufen, damit die Tiere nicht verhungerten, was viele der Bauern inzwischen an den Rande des Ruins gebracht hatte.
              Er erzählte uns auch davon, dass sehr viele der jungen Iren auswanderten, da sie keine Perspektive in ihrer Heimat hätten. Seine Kinder und Enkel lebten alle in den USA bzw. Australien, so dass er sie höchstens einmal im Jahr sah. Vielen seiner Freunden und Bekannten ging es ähnlich. Berührt von der Traurigkeit in seiner Stimme wurde uns langsam klar, dass das irische Leben zumindest auf dem Lande alles andere als einfach war. Etwas, das man als Bus-/Hoteltourist wohl kaum mitbekommen hätte.
              Er setzte uns am Cable Car ab und meinte, er würde 14 Uhr wieder hier vorbei kommen. Das Cable Car würde allerdings erst ab 14:30 Uhr wieder zurück fahren. Wir sollten mit dem Operator reden, ob er uns eventuell etwas eher wieder zurück fahren könnte. Zur Sicherheit gab uns der Fahrer noch seine Handynummer.
              Der Operator wollte uns nicht eher als 14:30 Uhr zurück fahren, da hätten wir dann wohl Pech gehabt und müssten eben nach Allihies zurück laufen oder versuchen einen Lift zu bekommen. Nichts da, nach der Überfahrt in der nicht sehr vertrauenserweckenden Gondel riefen wir den Busfahrer an, der meinte, er könne ruhig die halbe Stunde nachher am Cable Car warten. Toll.


              Nächstes Jahr dann zu Fuß nach New York?


              Im Cable Car. Der Fahrbetrieb soll wohl leider bald eingestellt werden.

              Bei herrlichstem Wetter erklommen wir den ersten Hügel in Sichtweite und genossen einen wahnsinnigen Ausblick auf Beara und Kerry. Ich glaube, ich hatte die ganze Zeit ein leicht debiles Grinsen im Gesicht und konnte dieses Kaiserwetter noch gar nicht so recht fassen nach den letzten drei Tagen. Das türkisblaue Meer glitzerte unter der strahlenden Sonne und immer wieder brachen schäumend weiße Wellen an den schwarzen schroffen Küstenfelsen.


              Besser geht's nicht


              Rock 'n Roll!!!!

              Entspannt wanderten wir zum weithin sichtbaren alten Signalturm auf dem nächsten Hügel, machten oben eine lange Pause und genossen die fantastische Aussicht. Gemütlich schlenderten wir dann zurück, machten noch einen Abstecher zu den steilen Felsen an der Küste, um den Wellen zuzuschauen und waren pünktlich zurück am Cable Car. Auf der anderen Seite des Dursey Sound sahen wir schon unseren Busfahrer in der Sonne eine Zigarette rauchen.


              Es leben noch eine handvoll Menschen auf der Insel


              Auf diesem Bild ist ein Mitwanderer versteckt




              Hier hätten wir stundenlang sitzen können






              Auch Schafe wohnen auf Dursey. Wer hätte das gedacht.


              (Foto Frederick)


              (Foto Frederick)


              (Foto Frederick)

              Angekommen auf der anderen Seite bedankten wir uns artig, ließen uns in Allihies bereits am Strand absetzen und bezahlten gern die fälligen 6 Euro pro Nase. Entspannt genossen wir die Nachmittagssonne, kletterten ein wenig auf den Felsen herum und fotografierten.


              Allihies Strand


              Allihies

              Zurück in Allihies genossen wir nach so einem tollen Tag erstmal ein Eis auf der Mauer gegenüber des Village Shops und zauberten uns abends im Hostel pro Nase zwei fette Burger mit Bacon und Käse. Musste ja ausgenutzt werden, dass es einen Grillaufsatz auf dem Gasherd gab.
              Bei einem Pint im Pub machte Frederick dann weiter fleißig Werbung bei Vanessa und Pascal für die ODS Community und wir beschlossen auch den nächsten Tag wieder gemeinsam weiterzuwandern. Ziel war Eyeries. Dort würden die beiden dann weiterlaufen nach Castletownbere, wo sie ein B&B gebucht hatten. Frederick und ich wollten in Eyeries irgendwo übernachten.
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              • kletterling
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                • 30.07.2012
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                #8
                AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

                Klasse Bericht, sehr lustig und kurzweilig geschrieben, ich freue mich auf die Fortsetzung!

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                • MIH
                  Erfahren
                  • 28.09.2010
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                  #9
                  AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013



                  Er ist also online.
                  Es ist nicht alles GoLd was glänzt!

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                  • joeyyy
                    Erfahren
                    • 10.01.2010
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                    #10
                    AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

                    Wunderbar, will auch dahin

                    Danke für den Text und die Bilder.
                    www.gondermann.net
                    Reisen - Denken - Leben

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                    • RockingKatja
                      Erfahren
                      • 21.03.2012
                      • 215
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                      #11
                      AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

                      Kapitel 6 – Irische Hilfsbereitschaft Level 2

                      17.04. Allihies – Ardgroom

                      garstig-grau
                      grusel-grau
                      schon-wieder-grau
                      niesel-grau
                      gemütlich-grau


                      Das irische Wetter schlug am nächsten Morgen zurück. Welch ein Unterschied zum Vortag! Aus der tief hängenden grauen Masse der Wolken schüttete es uns immer wieder Wasser in Form von Niesel und Regen hinunter.
                      Unser Herbergsvater hatte uns noch geraten, nicht den ausgeschilderten Weg zu nehmen, sondern das erste Stück auf der Straße zu gehen bis wir wieder am alten Turm der Mine auf den Beara Way trafen. Außerdem gäbe es in Eyeries einen Hausbesitzer, der Hikern erlaubte, in seinem Garten zu campen. Wir sollten einfach unsere Zelte im Garten aufstellen, wenn er nicht da wäre und später bezahlen.
                      Beim Packen am abend hatte Frederick sein SmartPhone. vermisst. Wir suchten alle Stellen ab, fragten auch im Pub nach, konnten es jedoch nicht finden. Hatte es die andere Deutsche, die mit uns im Dorm geschlafen hatte wohl gestohlen? Wir wollten das nicht glauben, so dass Frederick den Herbergsvater bat, ihn zu kontaktieren, falls er es doch finden sollte.
                      Nach erster Begutachtung des Weges, den wir nicht nehmen sollten, beschlossen wir, dass er gar nicht so schlimm aussah und hatten damit zumindest teilweise recht. Er war nicht schlimmer als einige der Pfade, durch die wir uns auf den bisherigen Etappen gekämpft hatten. Das heißt kaum mehr als knöcheltiefer Schlamm. Wir liefen stetig bergan und sahen auf der Kuppe in der grauen Suppe dunkel ein altes Gebäude der stillgelegten Mine stehen. Von uns wurde es kurzerhand Barad-Dûr getauft, was wir in der düsteren Atmosphäre recht passend fanden.


                      Barad-Dûr

                      Oben an der Straße trafen wir direkt auf unseren Herbergsvater, der uns im Auto nachgefahren war und kopfschüttelnd feststellte, dass wir ja genau den Weg genommen hatten, von dem er uns abgeraten hatte. Er überreichte Frederick sein SmartPhone, welches er in einer Sesselritze gefunden hatte. Wir hatten diese zwar auch kontrolliert, wohl jedoch nicht tief genug gegraben.
                      Glücklich und dankbar setzten wir mit zum Teil starken Sturmböen den Weg durch die düstere Szenerie fort. Aus einem Landrover Track wurde ein steiniger Weg und schließlich ein Trampelpfad entlang der Nord-Flanke des ziemlich aufgeweichten Miskish Mountain. Der Blick auf die Küste war nett, aber doch von den dichten dunklen Wolken recht getrübt.
                      Vorbei an einer Weide mit gut drei Dutzend Schafen, die uns blökend hinterher liefen, ging es bald den nächsten Hügel wieder hinauf. Jeder von uns war zu dem Zeitpunkt mindestens einmal auf dem Hosenboden im Dreck gelandet und unzählige Male gerutscht, die Stimmung war trotzdem recht gut und wir waren ziemlich flott voran gekommen.


                      Wanderung durch Mordor


                      Ein bischen Aussicht


                      Schrankwand-Rückentüte


                      Erster Fanclub


                      Und die Fanclub Chefin

                      Auf der letzten Anhöhe vor dem Abstieg Richtung Küste erwischte es Vanessa. Sie rutschte unglücklich aus und verdrehte sich äußerst schmerzvoll das Knie. Zum Glück konnte sie zwar nach ein paar Minuten halbwegs mit Hilfe ihrer Trekkingstöcke weiter humpeln, an den schweren Rucksack war jedoch nicht mehr zu denken. Diesen schnallte sich Pascal vor die Brust und lief langsam mit ihr hinunter, während Frederick und ich vor eilten, um unten an der Straße eine Autofahrt für die beiden für den Rest des Weges zu organisieren.
                      Direkt an der Stelle, wo der Weg auf die Straße traf, stand ein großes Einfamilienhaus. Wir klopfen und liefen - als niemand antwortete - einmal um das Haus herum. Dabei sahen wir einen Mann in Arbeitskleidung und Gummistiefeln auf das Haus zulaufen und als wir wieder vorne waren, parkte direkt eine Frau ihr Auto vor dem Tor.
                      Wir entschuldigten uns gleich, dass wir einfach auf dem Grundstück herum gelaufen waren und erklärten ihr, was los war. Sofort war sie bereit uns zu helfen und wollte die beiden gleich nach Castletownbere fahren. Der Mann in den Gummistiefeln hatte uns inzwischen erreicht und stellte sich als ihr Ehemann heraus. Frederick eilte nun zurück den Hügel hoch, um Pascal den zweiten Rucksack abzunehmen und der Mann, um eines der Tore unterwegs zu öffnen, damit Vanessa nicht über die enge Stiege klettern musste.
                      Ich wurde inzwischen in das Haus gebeten und kaum hatte ich am Küchentisch Platz genommen, stand schon ein Teller mit Keksen und ein Pott heißer Tee vor mir. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Mir war es eigentlich recht unangenehm, so verdreckt wie ich war, doch die Irin lachte nur und meinte, sie hätte fünf Jungs und sei einiges gewohnt. Wir plauschten eine gute Viertelstunde und ich erfuhr von den großen Problemen, die das nasse Wetter verursacht hatte. Die Viehbauern mussten einen Kredit nach dem anderen aufnehmen, um das Futter für die Kühe zu kaufen und einer hatte in seiner Verzweiflung, nachdem er keinen weiteren Kredit mehr bekommen hatte, erst seine Tiere und dann sich erschossen. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Sie warnte mich auch vor dem Sturm, der am Abend und in der Nacht aufkommen sollte und riet mir, lieber nicht zu zelten.


                      Vanessa - Milch, Kekse und Knie

                      Die anderen traten eine Viertelstunde später durch die Tür und wurden genauso gleich mit Keksen und Tee versorgt. Wir sahen uns grinsend an und konnten es kaum fassen. Eben standen wir noch oben auf dem Hügel, jetzt saßen wir komplett versorgt in einer warmen Küche. Das war wirklich die Krönung der bisher ausnahmslos hilfsbereiten irischen Landbevölkerung.

                      Frederick und ich verabschiedeten uns von Vanessa und Pascal, die dann Richtung Castletownbere gefahren wurden mit einem kleinen Umweg über Eyeries, damit sie auch unser eigentliches Tagesziel zumindest kurz sehen konnten. Unglaublich. Wir liefen weiter zu Fuß und mussten fast darauf bestehen, nicht mit ins Auto gepackt zu werden.
                      Unterwegs hatten wir einen Abzweig des Weges nicht bemerkt, aber ein freundlicher Ire hielt mit seinem Transporter neben uns an und machte uns darauf aufmerksam. Großartig! Wir liefen also das kurze Stück auf der Straße zurück und fanden tatsächlich den verpassten Abzweig.
                      Hinter einem der zu überquerenden Weidezäune hatte es sich eine Gruppe schwarzer Kühe gemütlich gemacht und schaute uns neugierig an. Ich habe dann doch gehörigen Respekt vor den großen Tieren, wenn ich direkt vor ihnen stehe und sie auch noch ganz neugierig auf mich zu kommen, aber wir mussten da jetzt durch. Frederick kletterte als erster über den Zaun und passierte die Gruppe in einem kleinen Bogen. Mit leichtem Herzklopfen folgte ich. Die Kühe allerdings auch. Als wir um eine Ecke bogen, gingen sie in einen Trab über, da sie uns ja nicht mehr sehen konnten und holten schnell wieder auf. Zumindest zu meiner Erleichterung kletterten wir eine Minute später über den nächsten Zaun und die Ladies mussten leider enttäuscht muhend zurück bleiben. Tja.


                      Zweiter Fanclub


                      Böse Vorahnung bei diesem Schild


                      Ich hab's gewusst. Immerhin gibt's Stepping Stones

                      Kurze Zeit später erreichten wir 14:30 Uhr recht früh unser Tagesziel Eyeries. Was nun? Weiter laufen? Oder doch hier bleiben? Zelt aufbauen oder B&B suchen? Der Wind wurde zwar stärker, wir hatten jedoch keine Ahnung wie stark er wirklich in der Nacht werden würde. Die Zelte würden schon nicht wegfliegen - zumindest nicht mit uns drin - aber einen Schaden am Zelt mussten wir auch nicht unbedingt riskieren.
                      Wir beschlossen zunächst die Zeltmöglichkeit im Garten des einen Hausbesitzers anzusehen. Vielleicht war es ja dort halbwegs geschützt. Das Haus liegt direkt an der Hauptstraße Richtung Postoffice auf der linken Seite. Wir liefen um das Haus herum und setzten uns zunächst im Garten auf die Bank, nachdem wir niemanden im Haus gesehen hatten, um Kriegsrat zuhalten. Zwar gab es eine kleine Mauer, aber da wir die Zelte ja abspannen mussten, konnten wir nicht wirklich nah an der Mauer aufbauen und waren dann nur unwesentlich vom Wind geschützt. Der nächste größere Ort wäre Ardgroom. Das könnten wir heute wohl noch schaffen, jedoch hatte ich bei meinen Recherchen kein Hostel in der Nähe gefunden und es war fraglich, ob wir dort einen besser geschützten Zeltplatz finden würden.
                      Während wir beratschlagten, kam der Hausbesitzer auf uns zu und zeigte sich leicht verärgert darüber, dass wir einfach sein Grundstück betreten hatten. Schließlich war das hier ja sein Garten und wie würden wir es denn finden, wenn einfach jemand auf unser Grundstück käme und sich im Garten auf die Bank setzte. Ich konnte sein Argument zwar nachvollziehen, war dann aber doch etwas überrascht, da uns die Familie vorhin gesagt hatte, dass wir einfach unsere Zelte aufstellen sollten, wenn niemand da wäre.
                      Wir entschuldigten uns also, sagten wir hatten gehört, dass er in seinem Garten die Möglichkeit zum Zelten anböte, wir aber niemanden gesehen und deshalb auf der Bank gewartet hatten.
                      Er bot uns an, heute Nacht im Garten zu zelten für 15 Euro pro Nase und wir könnten dann auch unsere Rucksäcke in seinen Schuppen stellen. Ansich eine gute Idee, aber aufgrund des aufziehenden Sturmes wollten wir das nochmal überdenken. Also ließen wir die Rucksäcke zunächst dort und stiefelten zum Post Office/ village shop, um uns nach Alternativen zu erkundigen. Wir kauften ein paar Kleinigkeiten und die freundliche Dame am Counter verschwand nach unserer Frage nach möglichen Hostels und günstigen Übernachtungen in der Nähe erstmal im Hinterzimmer, jedoch nicht ohne uns vorher dringend davon abzuraten, heute Nacht irgendwo zu zelten.
                      Wir sahen sie durch die offene Tür telefonieren und zehn Minuten später war sie mit einem Zettel in der Hand wieder da, darauf eine handvoll möglicher Übernachtungen. Ein B&B in Eyeries, ein Pub am Pier in Lauragh, bei dem man wohl hinten auf der Wiese zelten könnte, ein Campingplatz ein paar Kilometer nördlich von Tuosist. Sie könnte auch noch ein B&B in Ardgroom anrufen. Wir entschieden uns schlussendlich für das B&B in Ardgroom und hatten Mary - die Dame des Hauses - eine Minute später am Telefon.
                      Wir bedankten uns bei der netten Post Office Angestellten, holten unsere Rucksäcke aus dem Garten und wurden 15 Minuten später vor dem Post Office von Marys Mann John abgeholt. Leider war im Transporter nur noch ein Beifahrersitz frei, also wanderten die Rucksäcke und Frederick in den Laderaum, alles kein Problem. Eine Viertelstunde später waren wir am B&B und bereuten unsere Entscheidung keineswegs. John stellte unsere dreckigen Stiefel in den Schuppen und bestand darauf, unsere Rucksäcke ins Haus zu tragen. Wir bekamen ein herrlich gemütlich eingerichtetes Zimmer und saßen ein paar Minuten später mit Tee und Scones am Fenster im Esszimmer, während es draußen inzwischen ganz gut stürmte und regnete. Gemütlicher ging es nicht.
                      Dennoch entschieden wir uns für einen Nachmittagsspaziergang zum Strand, auf dessen Rückweg wir uns doch tatsächlich einmal verliefen. Irgendwie hatte keiner von uns beiden wirklich auf den Weg geachtet und auf dem Rückweg konnten wir uns nicht mehr so recht erinnern, wo wir überall entlang gelaufen waren. Da wandern wir tagelang über die Halbinsel und verlaufen uns auf einem simplen Spaziergang


                      Frederick trotzt Sturm und Regen


                      Sea Villa - Das beste B&B ever!!!

                      Wir fanden dann doch zurück und ließen den Ausflug auf einen nahen Hügel wegen des Wetters dann doch sein. Zurück im B&B zauberte Mary uns ein paar Sandwiches und wir ließen den Abend über die Karte sinnierend mit Whiskey und Bier ausklingen.
                      Für morgen sah der Plan vor in Lauragh eine längere Pause zu machen und irgendwo nach dem Abzeig des Beara Way Richtung Tuosist unsere Zelte aufzuschlagen. Wir wollten das Tempo allerdings eher moderat halten, so dass wir eventuell noch genügend Reserven hätten, um es bis Kenmare zu schaffen.
                      Kate-ventures - My adventures on the road

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                      • Maximiliane
                        Erfahren
                        • 05.02.2013
                        • 210
                        • Privat

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                        #12
                        AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

                        Hi, Katja,

                        habe Deinen Bericht mit breitem Grinsen im Gesicht verschlungen. Wie geht es weiter????? Bin schon sehr gespannt.

                        Maximilliane

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                        • RockingKatja
                          Erfahren
                          • 21.03.2012
                          • 215
                          • Privat

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                          #13
                          AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

                          Kapitel 7 – Schlafplatz-Organisation für Fortgeschrittene

                          18.04. Ardgroom – Kenmare

                          dreckig-grau
                          feucht-grau
                          hell-grau
                          keine-Lust-mehr-grau


                          Da uns das Full Irish Breakfast bisher stets gut auf den Tag vorbereitet hatte, mussten wir gar nicht lange überlegen, was wir uns von John zum Frühstück wünschen sollten. Obwohl wir schon recht früh auf waren und einen langen Tag vor uns hatten, plauschten wir über alles Mögliche mit ihm von Amerikanischen Touristen bis zur Muschelaufzucht. Als es schließlich schon 10 Uhr war, mussten wir dann doch langsam los. Wir trugen uns in das Gästebuch des Hauses ein und ließen uns ein Stück die Straße entlang fahren, bis der Beara Way wieder in die Wildnis führte. Nach einer herzlichen Verabschiedung waren wir nun wieder mit uns und der irischen Natur allein. Der Himmel war immer noch verhangen und der Wind zum Teil recht frisch, der Pfad bestand hauptsächlich aus Steinen, etwas Gras und Matsch und es nieselte hier und da. Inzwischen waren wir das ja gewohnt und machten uns auf den Weg. Zum ersten Mal hatten wir heute nicht wirklich ein festes Ziel und liefen erstmal drauf los. Ohne es direkt anzusprechen hatten wir wohl beide insgeheim die Hoffnung, es bis nach Kenmare zu schaffen, auch wenn das wohl ein ganz schöner Gewaltmarsch werden würde, der gut und gerne bis zum Einbruch der Dunkelheit gehen könnte.
                          Direkt auf dem ersten Hügel erwischte uns ein heftiger Hagelschauer, der uns sogar zwang Schutz hinter bzw. unter großen Felsbrocken zu suchen. Zusammen mit starkem Wind sind die kleinen fiesen Eiskügelchen wirklich nicht lustig.


                          Ein "Abschiedsfoto" bevor es in die Wildnis geht


                          Und los geht's


                          Verstecken vorm Hagel

                          Nach vielleicht fünf Minuten war der Spuk auch schon wieder vorbei und wir stapften weiter einen gewohnt matschigen Pfad hinauf. Oben angekommen überraschte uns Irland mit einer fantastischen Aussicht auf die Kenmare Bay. Nach den Tagen auf der Beara Halbinsel dachten wir eigentlich, schon alles an möglichen Landschaftsszenerie-Kombinationen gesehen zu haben, doch auch diesmal konnte uns Irland etwas neues faszinierendes bieten. Toll. Wir genossen den Blick, fotografierten ein wenig und machten uns weiter durch mehr oder weniger unwegsames Gelände. Auf der linken Seite stets die Kenmare Bay mit den recht gut erkennbaren Hügelkuppen Kerrys auf der anderen Wasserseite.


                          Wow!


                          Kenmare Bay mit Kerry auf der anderen Seite


                          (Foto Frederick)

                          Das Wetter wurde immer besser - heißt: zwischen den Regenschauern lies sich tatsächlich immer mal die Sonne blicken. Gegen Mittag stießen wir auf eine Asphaltstraße, die uns nach Lauragh führte. Allerdings hätten wir an einer Kreuzung vom Beara Way abbiegen und 2km bis in den eigentlichen Ortskern laufen müssen. Hin und zurück 4km auf unser Tagespensum? Nö. Also verzichteten wir auf die Milch -und-Schoki-Pause und machten ein Stück weiter eine längere Pause. Die Rucksäcke gaben noch die eine oder andere Stärkung in Form von Äpfeln, Nüssen und Schokoriegeln her.
                          Ein einsetzender Regenschauer scheuchte uns dann weiter und bald begann das nächste lange Stück durch die irische Pampa mit reichlich Schlamm und den erwähnten großartigen Ausblicken auf den Hügelkuppen. Da wir doch recht früh an unserem möglichen Schlafplatz vorbei kamen, liefen wir erstmal weiter durch das nächste Stück Wildnis.




                          Und immer weiter läuft das gelbe Männchen


                          Nahe Lauragh


                          Ein Blick zurück


                          Kenmare Bay

                          Nachmittags erreichten wir Lough Inchiquin und Cloonee Lough, die malerisch zwischen zwei Hügelgruppen liegen. Hier war unser Plan B in Sachen Zeltplatzsuche. Wir stiegen im auffrischenden Wind hinab und machten direkt am See an einem ausgewiesenen Picknickplatz Rast, auch um zu beratschlagen.
                          Hier irgendwo zelten? Eine schöne Ecke zu finden wäre nicht schwierig gewesen, allerdings war der Wind doch recht stark, so dass wir das schnell ausschlossen. Weiterlaufen über die nächsten schätzungsweise 3km Wildnis? Würde locker 2,5 Stunden dauern. Außerdem hatte ich für die letzten paar Kilomenter keine Karte mehr und wir hatten keine Ahnung, ob die Beara Way Kreuzung Kenmare <-> Glengarriff erst in Bonane war oder vorher und wie weit es genau bis Bonane oder Kenmare war.


                          Cloonee Lough Upper

                          Schließlich beschlossen wir mindestens die 2km auf der kleinen Asphaltstraße bis vor an die R571 zu laufen. Dort sollte ein Campingplatz sein. Wir wollten dann entweder zelten, falls es geschützter war oder unser Glück an der R571 Richtung Kenmare er Anhalter versuchen.
                          Wir waren kaum 10 Minuten auf der Straße unterwegs als hinter uns ein Landrover auftauchte. Na dann gleich mal Daumen raus und er hielt tatsächlich an. Drinnen zwei junge Mädels. wir fragten, ob sie uns vor bis zum Campingplatz fahren könnten. Klar, kein Problem. Also Rucksäcke auf die Ladefläche verfrachtet und ab auf den Rücksitz.
                          Beim Plaudern mit den beiden stellte sich heraus, dass die Fahrerin ein französisches Au-pair war, die ihrer Freundin gerade ein wenig Irland zeigte. Wie praktisch, dass sie in Kenmare wohnte und uns nach meiner Frage auch gerne dort absetzen könnte, allerdings müssten wir dann noch etwa ne Stunde mit im Auto bleiben, dass sie noch die Rundtour mit ihrer Freundin beenden wollte. Frederick und ich schauten und kurz an, grinsten und meinten, dass das überhaupt gar kein Problem sei.
                          So bekamen wir noch eine kleine einstündige Beara Rundtour inklusive Healy Pass und wurden direkt an der Main Road Kenmare abgesetzt. Haha, bingo! Da standen wir dann 18 Uhr in Kenmare und konnten unser Glück kaum fassen.
                          Wir hatten von den Mädels noch einen Pub mit möglichst vielen Locals erfragt und was nun folgte, kann man getrost als Übernachtungsorganisation für fortgeschrittene Irland Wanderer bezeichnen. Diesmal hatten wir nämlich einen Plan.
                          • Wunschergebnis: Lift nach Killarney noch heute Abend
                          • Absolut-in-Ordnung-Ergebnis: Irgendwo im Ort Zelt aufstellen und morgen früh den Bus nach Killarney nehmen.
                          • Traum-Ergebnis-mit-Sahnehäubchen-und-Kirsche-drauf: War das, was wir bekamen.

                          Wir also rein in den Pub und erstmal entspannt jeder ein Pint geordert und getrunken. Lage gecheckt: Der ganze Tresen voller Locals. Perfekte Bedingungen für unseren Plan. Ganz entspannt das Glas geleert und zu Phase zwei übergegangen. Bei der Bestellung der zweiten Runde an der Bar den Barmann nach dem Bus Richtung Killarney gefragt. (Der fuhr nicht mehr, das wussten wir.) Der Bus fuhr heute nicht mehr. Die Locals begannen untereinander zu diskutieren. Der Bus würde morgen erst wieder fahren. 8:30 Uhr. Einer erklärte uns noch, wo der Bus abfahren würde. Trauriges Gesicht aufgelegt und gefragt, ob es die Möglichkeit für einen Lift gäbe. Weitere Diskussionen. Dann Kopfschütteln, niemand kannte jemanden, der heute noch nach Killarney fuhr und die Männer am Tresen hatten schon zu viel getrunken.
                          Gefragt, ob es irgendwo ne Möglichkeit gäbe, unsere Zelte aufzustellen. Der Campingplatz war doch recht weit außerhalb des Ortes und das Hostel hatte noch zu. Wieder wurde beratschlagt und einer der Männer meinte schließlich, wir könnten doch einfach am Pier die Zelte aufschlagen, das würde so früh im Jahr keinen stören und wir keinen Ärger bekommen. Prima. Damit hatten wir unser Absolut-in-Ordnung-Ergebnis, bedankten uns und stiefelten mit unseren Getränken wieder an unseren Tisch zurück.
                          Eine Viertelstunde später gesellte sich einer der Männer von der Theke zu uns und meinte, er würde morgen früh gegen 8:30 eh nach Kenmare fahren und könnte und auch mitnehmen. Ja prima! Wir nahmen das Angebot sehr gerne an (Busgeld gespart) und begannen mit Andrew - so stellte er sich vor - ein wenig zu plaudern. Nach der nächsten Runde Kaltgetränke bot er an, dass wir auch bei ihm im Garten zelten könnten. Das wäre ja viel einfacher, dann könnten wir morgen früh gleich zusammen losfahren und er müsste uns nicht erst an der Bushaltestelle auflesen. Auch das nahmen wir sehr gerne an und bedankten uns schon im Voraus. Allerdings musste er dann auch gleich gehen, was uns doch ganz recht war.
                          Mit strammem Schritt ging es durch die Gassen und keine 15 Minuten später waren wir auch schon an seinem recht großen zweistöckigen Haus mit großem Garten angelangt. Wow. Da es so langsam dämmerte, fragte ich direkt, wo wir denn die Zelte aufstellen könnten, denn im Dunkeln wäre das eher ungünstig.
                          Er lächtelte nur und bat uns, erstmal mit ins Haus zu kommen. Schulterzuckend folgten wir, stellten die Rucksäcke und dreckigen Stiefel im Flur ab und wurden ins Gästezimmer mit eigenem Badezimmer geführt! Traum-Ergebnis-mit-Sahnehäubchen-und-Kirsche-drauf!!! Wir wussten gar nicht so recht, was wir noch dazu sagen sollten und bedankten uns so gut wir konnten, auch wenn uns das recht wenig erschien.
                          Wir verbrachten den Abend zu dritt in der Küche mit Tee und Keksen über Politik, Geschichte, Wirtschaft, Irland und Tauchen plaudernd, bis wir schließlich totmüde gegen Mitternacht ins Bett gingen.
                          An dem Abend war es uns vielleicht noch nicht so ganz bewusst, aber wir hatten ihm seine Gastfreundschaft in angemessener Weise gedankt. Mit den Kindern aus dem Hause lebte er von seiner Frau geschieden inzwischen ganz alleine hier und mit unserer ungezwungenen, angeregten und spannenden Plauderei haben wir ihm den ganzen Abend Gesellschaft geleistet und so einfach alle etwas gewonnen. Danke Andrew!
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                          • nicki1005
                            Erfahren
                            • 30.04.2011
                            • 376
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                            #14
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                            Wenn man sich nur die Fotos ansieht, neigt man eventuell dazu zu denken, oje so viel grau und Nebel, das ist ja schade! (Zumindest war es bei mir so) Dann habe ich die Texte dazu gelesen Dein/Euer Urlaub hört sich einfach klasse an! Und die gar-kein-grau Momente von Tag 5 vergönnt man euch beim Lesen von ganzem Herzen! Ich habe mich jedes Mal richtig gefreut, wenn ihr Glück hattet und/oder so nette Menschen auf eurem Weg getroffen habt.
                            Bei den tierischen Einwohnern scheint ihr ja auch sehr beliebt zu sein, wenn euch gleich ganze Tierherden verfolgen

                            DANKE für deinen tollen Bericht!

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                            • MIH
                              Erfahren
                              • 28.09.2010
                              • 271
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                              #15
                              AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

                              Für mich waren es auf diesem Trip gerade die Menschen und Stories das Besondere nicht das Wandern an sich.
                              Es ist nicht alles GoLd was glänzt!

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                              • RockingKatja
                                Erfahren
                                • 21.03.2012
                                • 215
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                                Kapitel 8 – Entspannter Ausklang

                                19.04. Kenmare – Killarney

                                so-la-la-grau
                                bisschen-grau
                                uns-egal-grau


                                Der Morgen startete mit Tee und Andrew bot uns sogar etwas Porridge an. Pünktlich stiegen wir ins Auto und genossen mit der Nase fast am Fenster klebend die Fahrt nach Killarney durch wirklich unglaublich schöne Landschaft. Das toppte den Ausflug zum Healy Pass vom Vortag auf jeden Fall. Viertel nach neun standen wir dann in Killarney mit zumindest niederschlagsfreiem Wetter. Wahnsinn. Gestern um die gleiche Zeit hatten wir noch nach einer stürmischen Nacht in Ardgroom gefrühstückt. Zu der Zeit hätten wir nie gedacht, dass wir am nächsten Morgen schon in Killarney stehen.
                                Frederick war seine Freude über die Rückkehr nach Killarney deutlich anzusehen und er führte mich etwas herum auf dem Weg zum Sugan Hostel, schließlich hatten wir alle Zeit der Welt und ich war ja noch nie hier gewesen.
                                Kurz vor 10 Uhr klingelten wir erfolglos am Hostel und stiefelten dann erstmal ins Outlet Center in der Nähe für WLAN und einen Besuch des Outdoorshops ohne etwas zu kaufen, auch wenn ich mit ein paar Gamaschen liebäugelte. Die sollten es dann aber doch nicht sein, denn ich kannte die Marke nicht und war mir nicht so sicher, ob die bei dem Preis auch wirklich halbwegs atmungsaktiv waren.
                                Eine halbe Stunde später zurück am Sugan trafen wir dann auch Michael in kompletter FC Liverpool Fanmontour (T-Shirt, Jogginghose und Schweißband am Handgelenk), der sich in Abwesenheit der Besitzer um alles kümmerte. Wir ließen uns alles zeigen, checkten im Dorm ein, Dusche, Körperpflege, Wäsche aufhängen. Das Übliche eben.
                                Den Tag verbrachten wir gemütlich bummelnd bei weitestgehend sonnigem Wetter mit Zwischenstationen in den anderen Outdoorläden des Ortes und dem Tesco sowie einem Kaltgetränk auf der Mauer davor.
                                Ich kam mir ein bischen wie ein Penner vor so auf der Mauer mit Plastik Tesco Tüten und Alkohol trinkend und es war noch nicht mal Nachmittag. Daheim in Berlin sehe ich zu jeder Tages- und Nachtzeit Leute mit Bierflaschen entspannt irgendwo sitzen. Hier in Irland und auch in Großbritannien ist das total unüblich, so dass ich mir eben bissl blöd und wie ein Penner vorkam und mir gar nicht so sicher war, ob es nicht sogar verboten war. Egal. Das hatten wir uns verdient!


                                Killarney

                                Wir checkten Zug und Busverbindungen und Frederick organisierte sich ein Busticket nach Dublin für den nächsten Morgen. Dort wollte er noch ein paar Tage bleiben, bevor es für ihn zurück in die Heimat ging. Ich wollte morgen noch einen Off-Day einlegen, bevor ich mich auf den Kerry Way machte und die Möglichkeiten die erste Etappe abzukürzen ausloten. Den Abschnitt von Muckross House bis Galway’s Bridge kannte ich nämlich schon und wollte ihn nicht zwingend nochmal laufen.
                                Am Abend zauberte ich für uns ein fürstliches indisches Lammcurry mit einem kleinen Salat während Frederick packte und im Netz nach einem Hostel in Dublin suchte. Danach ging es in den uns empfohlenen O’Connell’s Pub, der brechend voll war. Wir merkten schnell, dass wir nach der Beara Umrundung doch noch nicht so richtig in der Zivilisation wieder angekommen waren. Das war uns einfach zu voll, zu laut und zu viel, so dass wir zwar noch ein wenig der Live Musik lauschten, uns dann aber doch recht schnell wieder verzogen.

                                20.04. Killarney

                                Am nächsten Morgen checkte ich bei Michael für eine weitere Nacht im wirklich netten Sugan Hostel ein und brachte dann Frederick noch zum Busbahnhof. Zuende war unsere gemeinsame Reise. Von nun an würde ich alleine den Kerry Way bereisen. Nach einer herzlichen Verabschiedung trennten sich nun unsere Wege. Doch sicher nicht für immer.


                                Epilog

                                Wie intensiv man doch ein Land oder eine Gegend erlebt, wenn man sie zu Fuß bereist. Dabei ist es gar nicht mal die schöne Landschaft, die man in aller Ruhe genießen kann oder das Wetter, welchem man nahezu ungeschützt ausgesetzt ist. Es sind vor allem die Menschen, die man so viel näher kennen lernt.
                                Wie schnell müssen die Eindrücke einer Reise verblassen, die man hinter der Scheibe eines Busses erlebt. Wenn ich daran denke, wie sich jeden Sommer die Busse den Ring of Kerry entlang schieben, kann ich nur mitleidig mit dem Kopf schütteln. Während die Touristen wie Kinder an der Scheibe eines Spielzeugladens kleben, waren wir drinnen und haben nahezu alles ausprobiert.
                                Unsere Reise wird durch die Fotos natürlich immer wieder Erinnerungen an die einzelnen Orte hervor rufen. Aber viel länger werden wir noch an unsere Begegnungen denken. An den Busfahrer, der seine Kinder nicht sehen kann, an den Farmer, der sich selbst erschoss, an Vanessa und Pascal, an Andrew.

                                Auf dem Beara Way waren wir in der Regel ganz alleine unterwegs. Auch wenn er sehr gut ausgeschildert ist und selbst in den querfeldein Passagen immer das nächste gelbe Männchen zu sehen war, kam echtes Wildnis-Feeling auf. Hostels und Campingplätze waren zum Teil noch zu. Mit etwas Fantasie und Glück findet man jedoch immer einen Schlafplatz und wenn alle Stricke reißen, gibt es immer noch in erreichbarer Nähe ein B&B.
                                Der Beara Way ist auch als reine B&B Tour machbar, wenn man denn die finanziellen Mittel hat. Die Preise beginnen etwa bei 30-40€ pro Nacht.

                                Aus unserer Sicht empfehlenswerte Unterkünfte:
                                • Golf Club /Camping Ground Castletownbere. Ca. 3km vor dem Ort von Allihies kommend
                                • Allihies Hostel
                                • Sea Villa B&B Ardgroom. Das beste! Ehrlich.

                                Was bleibt? Der Beara Way war toll! Man sollte wetterfest sein und Regen, Sturm und Matsch sollten einem nicht gleich die Laune vermiesen. Irland kann natürlich auch mit Sonnenschein und milder Wärme glänzen. Im Verlaufe einer mehrtägigen Wanderung ist jedoch schlechtes Wetter quasi garantiert.
                                Doch dieses Land - zumindest der Südwesten - haben einfach in jedem Wetter einen ganz speziellen Charme. Von mystisch und rau im Nebel und Regen bis freundlich und grün im strahlenden Sonnenschein ist alles vertreten. Gepaart mit der abwechslungsreichen Landschaft gibt es einfach so viele Facetten, dass man auch nach Tagen “on-the-road” um die nächste Ecke biegt und wieder etwas völlig neues sieht.


                                PS: Meinen Kerry Way Reisebericht gibt es HIER.
                                Zuletzt geändert von RockingKatja; 14.06.2013, 09:02.
                                Kate-ventures - My adventures on the road

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                                • nicki1005
                                  Erfahren
                                  • 30.04.2011
                                  • 376
                                  • Privat

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                                  #17
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                                  Zitat von RockingKatja Beitrag anzeigen
                                  Wie schnell müssen die Eindrücke einer Reise verblassen, die man hinter der Scheibe eines Busses erlebt. Wenn ich daran denke, wie sich jeden Sommer die Busse den Ring of Kerry entlang schieben, kann ich nur mitleidig mit dem Kopf schütteln. Während die Touristen wie Kinder an der Scheibe eines Spielzeugladens kleben, waren wir drinnen und haben nahezu alles ausprobiert.
                                  Wie wahr! Danke nochmals für das Teilen eurer wunderbaren Reise!

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                                  • Survivor85
                                    Anfänger im Forum
                                    • 13.05.2013
                                    • 25
                                    • Privat

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                                    Einfach nur wow was ihr da für Leute erlebt habt... echt super
                                    Vielen Dank für den super Bericht
                                    Macht lust es selber zu machen... wird mal in die Planung für nächstes Jahr aufgenommen.

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                                    • theslayer
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                                      #19
                                      AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

                                      Habe grade den Bericht auch mit großer Begeisterung gelesen, also kommt der wieder Hoch, dann haben noch ein paar Andere was davon!

                                      Toller Schreibstil, wunderbare Monochrome Photos und nett zu lesen.
                                      Danke!

                                      Daniel
                                      Auf meinem Blog Longing for the Horizon:
                                      Pamir Highway 2019 / Sarek 2018 / Padjelantaleden 2017 / 4500km Radtour Berlin-Nordkapp 2017 / Kungsleden 2015 / Kungsleden 2014 / Israel-Hike 2014 und viele kleinere Radtouren (Berlin - Kopenhagen / Prag - Berlin etc.)

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                                        Alter Hase
                                        • 27.02.2007
                                        • 3373

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        AW: [IE] Fifty Shades of Grey - Zu Fuß auf dem Beara Way April 2013

                                        Ein schoener Bericht.

                                        Meine Frau und ich waren mal vor fast zwanzig Jahren auf dem Weg.
                                        Je suis Charlie

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