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Neunzehnter Tag: Camping vier Punkt null
Ruhetag in Vias Plage
Canal du Midi bei Vias
Nach drei Wochen auf Tour fällt das Ausschlafen schwer. Wie andere Menschen das unterwegs geregelt bekommen, ist mir ein Rätsel. Tag für Tag früh aufstehen und dann kommt der eine zum Ruhetag auserkorene Tag, und man ändert von einer Nacht auf den nächsten Morgen seinen Rhythmus. Wie geht das? Zu den Glücklichen gehöre ich nicht. Immerhin bleibe ich so lange liegen, bis Schritte vorne auf dem Weg zu hören sind. Badeschlappen auf dem Weg zur Dusche.
Gemütliches Frühstücken mit der F.A.Z. und der „Zeit“. Bildungsvormittag mit den Zeitungen der Vorwoche. Nach vielen Jahren halte ich wieder die „Zeit“ in den Händen. Was ist die betulich geworden! Und bunt, und Leser schreiben Stussbeiträge. Eine ganze Seite hat man denen gegeben. Journalisten verfassen Artikel, die das pralle Leben von allen Seiten beleuchten wollen, und dabei so viel Licht verbreiten, dass vom prallen Leben nichts mehr bleibt. Gähnende Ausgewogenheit. Politische Beiträge, die keinem Politiker weh tun. Okay, die „Zeit“ hat noch nie die Revolution ausgerufen. Doch so lahm kann sie vor Jahrzehnten nicht gewesen sein. Etwa doch? Vertragen pensionierte, verwitwete Oberamtsratsgattinnen keine klaren Worte? Ab in den Mülleimer - so gut wie ungelesen. Dagegen ist die „Frankfurter“ das reinste Revolverblatt.
Die große Wäsche dauert nur Minuten. Die Mutter mit zwei Kindern an den Bändseln der Bikinihose beneidet mich. Nicht ums Radfahren, um die Aldi-Tüte mit meiner Schmutzwäsche. Sieben Teile in Polypropylen-Color. Sie werden trocken sein, noch bevor die zweifache Mutter ihre Wäscheberge auf der Leine hängen hat.
Camping 4.0
Das Campen hat sich geändert. Früher ist mir das nie aufgefallen. Auf dem Platz hier ist das schwerlich zu übersehen. Hunderte Plastikhäuser, Mobilhomes, haben aus dem Campingplatz eine Siedlung gemacht, Fahrgestelle unten drunter hin oder her. Die Stars heißen nicht mehr Hymer, Concorida, Detlefs oder Bürstner. Der Camper muss sich an neue Namen gewöhnen: O'HARA, IRM, SUN ROLLER. Hütten aus Plastik, in jedem gewünschten Look und jeder Größe. Transportiert wird schließlich nur einmal. Wer es ganz groß haben will, kombiniert die Häuser. Schon im Frühjahr ist uns aufgefallen, dass die Platzbetreiber in Südfrankreich auf diesen Urlaubstrend bauen. Viele haben das Komplettangebot am Zaun hängen: Dauerplätze mit Parzelle und Haus aus einer Hand. Ob ein Zusammenhang mit den Billigfliegern besteht? Rund um den wirklich schnuckeligen Miniflughafen von Béziers kommt kein Camping mehr ohne diese Hütten aus. Ratternde Rollkoffer im Ryanair-Handgepäckmaß hätte ich niemals mit Campingplatz in Verbindung gebracht. Hier gehören sie dazu. Der Campingplatz hat ungezählte Hütten; und mit den Hütten wird das Urlaubsgefühl verkauft. Ohne Themenviertel und -landschaften geht es offenkundig nicht: Louisiane, Chardonnay, Patio und Tropica, Bali, Piraten und Prestige Beach Farret. Und vorne am Strand hat TUI ein Viertel. Wer hätte gedacht, dass Campingurlaub im Reisekatalog Platz findet. Hütten, meist aufwertend als „Bungalows“ beschrieben, waren schon immer auf den Campingplätzen zu sehen, doch dass Zelte, Wohnwagen, sogar Wohnmobile auf immer mehr Plätzen keinen Stellplatz mehr finden, ist neu. Mal sehen, wie lange der hier noch aufs überkommende Camping baut.
Canal du Midi bei Vias - Hochwasserdurchlass des Libron (der nicht zu sehen ist)
Abends kann ich nicht einschlafen. Lange höre ich der Musik zu, die von der Hauptstraße aus den offenen Kneipen den Campingplatz beschallt. Um Mitternacht ist Schluss. Wenig später hört man Schlüssel klirren, gefolgt vom dumpfen Schlagen der Plastiktüren. Meine Nachbarn von den Hütten gegenüber sind nun auch da. Acht feierfreudige Polinnen mit Rollkoffern.
Neunzehnter Tag: Camping vier Punkt null
Ruhetag in Vias Plage

Nach drei Wochen auf Tour fällt das Ausschlafen schwer. Wie andere Menschen das unterwegs geregelt bekommen, ist mir ein Rätsel. Tag für Tag früh aufstehen und dann kommt der eine zum Ruhetag auserkorene Tag, und man ändert von einer Nacht auf den nächsten Morgen seinen Rhythmus. Wie geht das? Zu den Glücklichen gehöre ich nicht. Immerhin bleibe ich so lange liegen, bis Schritte vorne auf dem Weg zu hören sind. Badeschlappen auf dem Weg zur Dusche.

Gemütliches Frühstücken mit der F.A.Z. und der „Zeit“. Bildungsvormittag mit den Zeitungen der Vorwoche. Nach vielen Jahren halte ich wieder die „Zeit“ in den Händen. Was ist die betulich geworden! Und bunt, und Leser schreiben Stussbeiträge. Eine ganze Seite hat man denen gegeben. Journalisten verfassen Artikel, die das pralle Leben von allen Seiten beleuchten wollen, und dabei so viel Licht verbreiten, dass vom prallen Leben nichts mehr bleibt. Gähnende Ausgewogenheit. Politische Beiträge, die keinem Politiker weh tun. Okay, die „Zeit“ hat noch nie die Revolution ausgerufen. Doch so lahm kann sie vor Jahrzehnten nicht gewesen sein. Etwa doch? Vertragen pensionierte, verwitwete Oberamtsratsgattinnen keine klaren Worte? Ab in den Mülleimer - so gut wie ungelesen. Dagegen ist die „Frankfurter“ das reinste Revolverblatt.
Die große Wäsche dauert nur Minuten. Die Mutter mit zwei Kindern an den Bändseln der Bikinihose beneidet mich. Nicht ums Radfahren, um die Aldi-Tüte mit meiner Schmutzwäsche. Sieben Teile in Polypropylen-Color. Sie werden trocken sein, noch bevor die zweifache Mutter ihre Wäscheberge auf der Leine hängen hat.

Das Campen hat sich geändert. Früher ist mir das nie aufgefallen. Auf dem Platz hier ist das schwerlich zu übersehen. Hunderte Plastikhäuser, Mobilhomes, haben aus dem Campingplatz eine Siedlung gemacht, Fahrgestelle unten drunter hin oder her. Die Stars heißen nicht mehr Hymer, Concorida, Detlefs oder Bürstner. Der Camper muss sich an neue Namen gewöhnen: O'HARA, IRM, SUN ROLLER. Hütten aus Plastik, in jedem gewünschten Look und jeder Größe. Transportiert wird schließlich nur einmal. Wer es ganz groß haben will, kombiniert die Häuser. Schon im Frühjahr ist uns aufgefallen, dass die Platzbetreiber in Südfrankreich auf diesen Urlaubstrend bauen. Viele haben das Komplettangebot am Zaun hängen: Dauerplätze mit Parzelle und Haus aus einer Hand. Ob ein Zusammenhang mit den Billigfliegern besteht? Rund um den wirklich schnuckeligen Miniflughafen von Béziers kommt kein Camping mehr ohne diese Hütten aus. Ratternde Rollkoffer im Ryanair-Handgepäckmaß hätte ich niemals mit Campingplatz in Verbindung gebracht. Hier gehören sie dazu. Der Campingplatz hat ungezählte Hütten; und mit den Hütten wird das Urlaubsgefühl verkauft. Ohne Themenviertel und -landschaften geht es offenkundig nicht: Louisiane, Chardonnay, Patio und Tropica, Bali, Piraten und Prestige Beach Farret. Und vorne am Strand hat TUI ein Viertel. Wer hätte gedacht, dass Campingurlaub im Reisekatalog Platz findet. Hütten, meist aufwertend als „Bungalows“ beschrieben, waren schon immer auf den Campingplätzen zu sehen, doch dass Zelte, Wohnwagen, sogar Wohnmobile auf immer mehr Plätzen keinen Stellplatz mehr finden, ist neu. Mal sehen, wie lange der hier noch aufs überkommende Camping baut.

Canal du Midi bei Vias - Hochwasserdurchlass des Libron (der nicht zu sehen ist)
Abends kann ich nicht einschlafen. Lange höre ich der Musik zu, die von der Hauptstraße aus den offenen Kneipen den Campingplatz beschallt. Um Mitternacht ist Schluss. Wenig später hört man Schlüssel klirren, gefolgt vom dumpfen Schlagen der Plastiktüren. Meine Nachbarn von den Hütten gegenüber sind nun auch da. Acht feierfreudige Polinnen mit Rollkoffern.
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