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Hallo,
hier ensteht in den nächsten Tagen der Reisebericht unserer Reise auf dem Trockensteinmauerweg. Wir, das sind Momo und Lewis, wobei zweiterer den Bericht geschrieben hat. Kommentare von Momo sind eingearbeitet und kenntlich gemacht. Viel Spaß beim Lesen
Prolog:
Kennt ihr das eigentlich auch? Dieses Gefühl manchmal, wenn man so gar kein Bock hat? Wenn man lieber zu Hause wäre, eine Otis Redding Platte auflegt und dazu auf seinem Balkon zwei kühle Bayreuther Zwickl zischt?
Ich befinde mich in der Zentralbibliothek meiner Uni, an meinen schwitzigen Unterarmen bleiben ständig die Blätter meines Folienskripts hängen, dem nun eigentlich meine volle Konzentration gelten soll. Doch die Tatsache, dass der OLS-Schätzer der „best unbiased linear estimator“ ist, also quasi BLUE, beeindruckt mich nur mäßig. Meine Gedanken schweifen ab und ich beobachte immer häufiger das rege Treiben vor den Fenstern, in einer Welt also, in der die Luft nicht steht, sondern ein angenehmer Westwind die 36°C erträglicher macht. Ich lasse meinem mangelnden Willen freie Hand und schnell geleitet er mich in die tiefen des Internets und keine zwei Minuten später schaue ich eine Dokumentation des SWR über den Trockensteinmauerweg auf Mallorca.
Mallorca also. Warum eigentlich nicht. Meine Freunde fahren meistens nach Lloret oder an den Goldstrand, deshalb überwiegen bei mir die Erinnerungen an Erzählungen von Bekann-ten, die diese Insel nicht zum Zwecke des exzessiven Feierrausches besuchten. Beides, Erzählungen und Doku, hinterlassen bei mir einen bleibenden Eindruck.
Im Herbst, auf der Schluchtensteigwanderung – es muss gleich am Anfang am Ufer der Wutach gewesen sein – unterhalten meine Mitwandererin Momo und ich uns noch euphorisiert vom Beginn unserer Wanderung über mögliche Ziele für die (nahe) Zukunft. Locker und ohne groß zu ahnen, welche Konsequenzen mein Vorschlag haben könnte, werfe ich den GR 221 in unseren belanglosen Brainstorm. Im Wettstreit mehrerer Alternativen und nach Abwägung sämtlicher Argumente steht der GR 221 als strahlender Gewinner unseres komplizierten Auswahlalgorithmus fest.
Nach unserem Abenteuer auf dem Schluchtensteig sind wir bereits ein eingespieltes Team. Jeder weiß, wo sein Platz ist im Zelt. Mitte Dezember buche ich die Flugtickets über easyjet ab Basel, Momo reserviert uns Unterkünfte für den Tag der Ankunft und den vor dem Abflug. Ich mache mich an die Streckenplanung und Momo tüftelt an kulinarischen Experimenten für die Tour. Ich weiß nicht, wovon er redet…
Die Empirische Wirtschaftsforschung Klausur ist schon lange Geschichte. Der heiße Sommer ist einem zwar milden, aber zumindest hier sehr wolkigen Winter gewichen. Es ist Ostermontag. Zeit, dass es endlich losgeht.
Tag 1 Abflug und Ankunft
Gegen 14:00 Uhr klingelt es an der Haustür. Ein sehr guter Freund, Gönner und Unterstützer unserer Reise kümmert sich freiwilligerweise um unseren Transport hin zum Flughafen. Als eher gemütlich veranlagte Menschen und ohne großartig Erfahrungen in den Gepflogenheiten bei Flugreisen zu besitzen, haben wir großzügig Zeit eingeplant und bekommen leicht feuchte Hände, als wir die Grenzkontrollen an der französischen Grenze sehen. Wir dürfen aber passieren und sind gegen 15:15 Uhr am Flughafen, wo wir auf dem Parkplatz zum Abschied das von Momos Mama gebackene Osterlämmli schmausen und uns dann verabschieden.
Wir spüren die Blicke in unserem Rücken, man sieht uns wohl zehn Meter gegen den Wind an, dass wir keine Ahnung haben, was wir tun müssen. Als ob es heutzutage keine Menschen mehr gäbe, die nicht dreimal im Jahr um die halbe Welt jetten. Schlussendlich schaffen wir es aber doch problemlos und unversehrt in den Flieger und leisten die nächsten anderthalb Stunden unserer CO2-Bilanz einen Riesendienst. Bei Momo steigt die Aufregung ziemlich bevor wir abheben und ihr entfährt auch ein kleiner Ausruf des Schreckens (oder der Begeisterung? auch hier: keinerlei Erinnerung, ich glaube, Sie flunkern Herr Tolleni;)). Wild Kaugummi kauend sitzt sie neben mir, das soll man machen, haben ihr Freundinnen gesagt.
In Palma angekommen werden wir in den schier endlosen Gängen des Flughafens schon empfangen mit ersten Eindrücken aus der Serra de Tramunta. Auf den geraden Rolltreppen (verrückt!) rasen die überdimensionalen Bilder an der Wand an uns vorbei. Ob uns das Laufen die nächsten Tage in der echten Serra de Tramuntana wohl auch so einfach vom Fuß geht?
In der Stadt so gegen 21:30 Uhr halten wir zuerst Ausschau nach etwas Festem zwischen die Zähne und werden mit einer Pizza à la Mallorca fündig. Geschmacklich zwar erinnernd an Zürcher Geschnetzeltes, aber sehr lecker auf jeden Fall. Kulinarisch darf es gerne so weitergehen. Wir haben für diese Nacht ein Zimmer bei Maribel gebucht und machen uns nach dem Abendessen per Bus auf. Schnell finden wir Straße und Hausnummer, stehen aber dennoch vor einem mittelgroßen Problem: an der Klingel stehen keine Namen, sondern nur Stockwerke und Appartements – keine Ahnung, in welchem davon Maribel wohnt. Dank moderner Kommunikationsmöglichkeiten und Maribels Handyaffinität kommen wir dann aber doch recht schnell rein und zumindest Momo wird von Choché, Maribels Mann, mit Küsschen empfangen. Die Begrüßung ist sehr herzlich und wir kommen schnell ins Gespräch über Mallorca, seine sehenswerten Seiten und seine Touristen, unser Vorhaben und mallorquinische Spezialitäten. Und schon spaziert Choché in die Küche und kommt mit einer Flasche zurück, deren Inhalt sehr fehlgeschlagenen Experimenten mit Algen im Biounterricht der fünften Klassen gleicht. Ehe wir uns versehen können, probieren wir selbst hergestellten Hierbas de Mallorca und es schmeckt vorzüglich.
Langsam steigt uns der Alkohol zu Kopf und unsere Augenlieder werden immer schwerer. Die kommunikativen Schwierigkeiten tragen ihr übriges dazu bei. Mit Händen und Füßen schaffen wir (Anm. d. Co.A.: Lewis) es, eine halbwegs sinnvolle Unterhaltung in einem Mischmasch aus Spanisch und Englisch aufrecht zu erhalten. Meine Spanischkenntnisse sind allerdings allzu begrenzt und mein „Si si“ wird bald entlarvt, nicht ein Zeichen des Verstehens zu sein
Auch Chochés vereinzelte Einwürfe in Deutsch tragen weniger zum Gespräch bei, als dass sie alle erheitern.
Gegen 1 Uhr schaffen wir es dann ins Bett und sind müde, aber auch froh, dass alles bisher so reibungslos geklappt hat und noch gespannter, was die nächsten Tage auf Mallorca uns noch bringen.
Tag 2 – Palma – Port d’Antratx – La Trapa
Um 7:30 werden wir von Max Raabe im melodischen Dreiklang mit Haussperlingen und Mauerseglern geweckt. Momo ist schon begeistert vom blauen Himmel, den Vögeln im Innenhof, unserer bevorstehenden Wanderung und überhaupt. Schnell ist das Fernglas gezückt und die ornithologischen Begebenheiten im Innenhof genauestens begutachtet. Was wohl Maribels Nachbarn von gegenüber denken?
Schnell sind unsere sieben Sachen gepackt und wir stehen an der Bushaltestelle, an der wir gestern angekommen sind. Blöd nur, dass von dort kein Bus in die Stadt fährt. Wir fragen uns durch und finden bald die richtige. Gegenüber ist ein kleiner Gemüseladen an dem wir uns für die Fahrt eindecken mit Bananen und Orangen (von uns liebevoll Narandschas genannt). Die Fahrt nach Port d’Antratx ist abgesehen vom Geschnatter und Quasseln unserer deutschen MitfahrerInnen ereignislos. Wir fahren mit dem Bus bis zur letzten Haltestelle im Hafen und nach einer kurzen Orientierungsphase finden wir auf Anhieb (!) den Einstieg zum Trockensteinmauerweg. Der Weg führt uns durch Siedlungen leicht aufwärts und an der ersten Streuobstwiese werden wir bereits von Wiedehopf und Wendehals erwartet, die ausgiebig beobachtet werden wollen.


Im Baum versteckt: ein Wiedehopf

Der erste Blick aufs Meer

Im Folgenden geht es von Baulärm begleitet steil bergauf zum Coll des Vent. Unterwegs wird der Aufstieg (oder zumindest meiner) immer wieder durch von Ast zu Ast hüpfende Samtkopf- und Balearen-Grasmücken (eine endemische Art auf den Inseln) versüßt. Wir sind nicht die einzigen WandererInnen heute und werden immer wieder in Gespräche verwickelt. Anfangs noch sehr nett wird dies mit der Zeit aber auch ein wenig anstrengend. Insbesondere, da so ziemlich alle Ehepaare Mitte 40 bis Ende 60 sind und einem dieselben Geschichten erzählen. Stets an der Küste entlang bewegen wir uns auf einen größeren Sendemast zu, den wir links passieren und erreichen einen wunderschönen Aussichtskamm mit Blick auf die Insel Sa Dragonera und das Örtchen St. Elm, das wir am Nachmittag erreichen wollen. Über unseren Köpfen kreisen immer wieder Zwergadler. Hier machen wir eine kleine Rast und werden wiederum mehrmals angesprochen. Ein älteres Ehepaar bietet sogar von sich aus an, von uns Bilder zu machen: auch wir dürfen immer wieder von verschiedenen WanderernInnen Bilder mit dieser grandiosen Aussicht machen. Hätten wir jedes Mal, das wir angequatscht wurden, 10€ bekommen, es wäre ein netter dreistelliger Betrag zusammengekommen.



Sa Dragonera, Bild 36/100

Nordzipfel von Sa Dragonera

Weiter geht’s! Wir passieren einen kleinen Marienschrein und wandern entlang von Felswänden bergab. Wir folgen einem älteren Ehepaar vor uns, werden dann aber, nachdem wir uns immer weiter der Küste zubewegen, ohne St. Elm näherzukommen, leicht skeptisch. Der Weg wird zudem sehr schmal und ist teilweise im Dissgras nur noch schwer auszumachen. Die Warnungen und Horrorgeschichten zur Wegfindung im Hinterkopf entscheiden wir uns, dennoch weiter diesem Weg zu folgen und nach einer kleinen Rutschpartie mit Geröll sind wir plötzlich auf einem Karrenweg, dem wir rechts folgen. Wir lassen den Puig Blanc links liegen und kommen nach weiteren zehn Minuten in St. Elm an. Im Nachhinein sind wir uns gar nicht mehr sicher, ob wir tatsächlich so falsch waren. Insgesamt ist das auch die einzige Stelle, an der wir uns unsicher waren bezüglich der Wegfindung. Die nächsten drei Etappen lag unser vollstes Vertrauen auf den Schultern der reichlichen Steinmännchen.

Am Meer in St. Elm

Unser Rastplatz
In St.Elm besorgen wir uns frisches Baguette, Käse und Obst und machen eine längere Pause mit Blick aufs Meer, räkeln uns in der Sonne und zumindest Momo gönnt ihren Füßen etwas Abkühlung im (ziemlich algigen) Meer. Auch unsere Wassertanks werden aufgefüllt. Insgesamt kaufen wir sechs Liter, die uns notfalls bis nach Estellencs reichen müssen, also je nachdem, wie es läuft, bis an den Morgen des vierten Tages. In der Sonne ist es schon gut warm und wir benötigen in jedem Fall so viel. Nach einem Eis machen wir uns gegen 16:30 wieder auf zum letzten Ziel des Tages. Wir steuern die Klosteranlage La Trapa an. Nach St. Elm führt uns der GR 221 zuerst sanft bergauf durch ein Waldstück, dann aber schnell auch wieder sehr steil und geröllig. Uns kommen Wanderer entgegen, die hier allen Ernstes Flip-Flops tragen. Okay.
Immer wieder machen wir kurze Pausen um die Aussicht zur Insel Sa Dragonera zu genießen und um gefühlt 100 Bilder von derselben zu schießen.

Blick auf La Trapa
Das Gelände wird zunehmend felsiger und zerklüfteter. Immer wieder benötigen wir unsere Hände zur Hilfe, an einer etwas komplizierteren Stelle hilft ein Seil. Gegen 19:00 erreichen wir La Trapa. Auch hier is schon Betrieb. Auf dem Dreschplatz sehen wir schon aus der Ferne zwei weitere Wanderer sitzen und den nahenden Sonnenuntergang genießen. Wir schauen uns etwas um und entdecken mehrere Rothühner, die sich sogar relativ aus der Nähe betrachten lassen, gesellen uns dann aber zu Björn und Markus, wie ich sie der Einfachheit halber nenne. Sie haben in der letzten Woche den GR 221 gemacht und sind für ihre letzte Nacht noch mal hierher gekommen. Das war gar keine schlechte Idee, denn der Sonnenuntergang mit Blick auf Sa Dragonera ist wirklich traumhaft. Ihre Erzählungen von dem, was uns auf dem Weg erwartet, imponieren uns sehr, beinahe so sehr wie ihre Trekkingküche. Wir bekommen ein paar Tropfen Wein und erben ihre Balsamicocrème als Brotaufstrich, die sie nicht mehr brauchen. Superlecker!

Als wir wieder aufstehen ist es schon dunkel und sobald die Sonne weg ist, beginnt es kräftig zu winden. Wir entschließen uns darum, unser Zelt in einer der Garagen aufzustellen. Erst ist das eine gute Idee, bald aber nimmt der Wind immer mehr und mehr zu und auch unser Zelt wird von Windböe um Windböe erwischt. Derweil hören wir, wie sich bei Dunkelheit ein weiterer Wanderer einen Schlafplatz in der Klosteranlage sucht. An Schlaf war in dieser Nacht nicht zu denken.
hier ensteht in den nächsten Tagen der Reisebericht unserer Reise auf dem Trockensteinmauerweg. Wir, das sind Momo und Lewis, wobei zweiterer den Bericht geschrieben hat. Kommentare von Momo sind eingearbeitet und kenntlich gemacht. Viel Spaß beim Lesen

Prolog:
Kennt ihr das eigentlich auch? Dieses Gefühl manchmal, wenn man so gar kein Bock hat? Wenn man lieber zu Hause wäre, eine Otis Redding Platte auflegt und dazu auf seinem Balkon zwei kühle Bayreuther Zwickl zischt?
Ich befinde mich in der Zentralbibliothek meiner Uni, an meinen schwitzigen Unterarmen bleiben ständig die Blätter meines Folienskripts hängen, dem nun eigentlich meine volle Konzentration gelten soll. Doch die Tatsache, dass der OLS-Schätzer der „best unbiased linear estimator“ ist, also quasi BLUE, beeindruckt mich nur mäßig. Meine Gedanken schweifen ab und ich beobachte immer häufiger das rege Treiben vor den Fenstern, in einer Welt also, in der die Luft nicht steht, sondern ein angenehmer Westwind die 36°C erträglicher macht. Ich lasse meinem mangelnden Willen freie Hand und schnell geleitet er mich in die tiefen des Internets und keine zwei Minuten später schaue ich eine Dokumentation des SWR über den Trockensteinmauerweg auf Mallorca.
Mallorca also. Warum eigentlich nicht. Meine Freunde fahren meistens nach Lloret oder an den Goldstrand, deshalb überwiegen bei mir die Erinnerungen an Erzählungen von Bekann-ten, die diese Insel nicht zum Zwecke des exzessiven Feierrausches besuchten. Beides, Erzählungen und Doku, hinterlassen bei mir einen bleibenden Eindruck.
Im Herbst, auf der Schluchtensteigwanderung – es muss gleich am Anfang am Ufer der Wutach gewesen sein – unterhalten meine Mitwandererin Momo und ich uns noch euphorisiert vom Beginn unserer Wanderung über mögliche Ziele für die (nahe) Zukunft. Locker und ohne groß zu ahnen, welche Konsequenzen mein Vorschlag haben könnte, werfe ich den GR 221 in unseren belanglosen Brainstorm. Im Wettstreit mehrerer Alternativen und nach Abwägung sämtlicher Argumente steht der GR 221 als strahlender Gewinner unseres komplizierten Auswahlalgorithmus fest.
Nach unserem Abenteuer auf dem Schluchtensteig sind wir bereits ein eingespieltes Team. Jeder weiß, wo sein Platz ist im Zelt. Mitte Dezember buche ich die Flugtickets über easyjet ab Basel, Momo reserviert uns Unterkünfte für den Tag der Ankunft und den vor dem Abflug. Ich mache mich an die Streckenplanung und Momo tüftelt an kulinarischen Experimenten für die Tour. Ich weiß nicht, wovon er redet…
Die Empirische Wirtschaftsforschung Klausur ist schon lange Geschichte. Der heiße Sommer ist einem zwar milden, aber zumindest hier sehr wolkigen Winter gewichen. Es ist Ostermontag. Zeit, dass es endlich losgeht.
Tag 1 Abflug und Ankunft
Gegen 14:00 Uhr klingelt es an der Haustür. Ein sehr guter Freund, Gönner und Unterstützer unserer Reise kümmert sich freiwilligerweise um unseren Transport hin zum Flughafen. Als eher gemütlich veranlagte Menschen und ohne großartig Erfahrungen in den Gepflogenheiten bei Flugreisen zu besitzen, haben wir großzügig Zeit eingeplant und bekommen leicht feuchte Hände, als wir die Grenzkontrollen an der französischen Grenze sehen. Wir dürfen aber passieren und sind gegen 15:15 Uhr am Flughafen, wo wir auf dem Parkplatz zum Abschied das von Momos Mama gebackene Osterlämmli schmausen und uns dann verabschieden.
Wir spüren die Blicke in unserem Rücken, man sieht uns wohl zehn Meter gegen den Wind an, dass wir keine Ahnung haben, was wir tun müssen. Als ob es heutzutage keine Menschen mehr gäbe, die nicht dreimal im Jahr um die halbe Welt jetten. Schlussendlich schaffen wir es aber doch problemlos und unversehrt in den Flieger und leisten die nächsten anderthalb Stunden unserer CO2-Bilanz einen Riesendienst. Bei Momo steigt die Aufregung ziemlich bevor wir abheben und ihr entfährt auch ein kleiner Ausruf des Schreckens (oder der Begeisterung? auch hier: keinerlei Erinnerung, ich glaube, Sie flunkern Herr Tolleni;)). Wild Kaugummi kauend sitzt sie neben mir, das soll man machen, haben ihr Freundinnen gesagt.
In Palma angekommen werden wir in den schier endlosen Gängen des Flughafens schon empfangen mit ersten Eindrücken aus der Serra de Tramunta. Auf den geraden Rolltreppen (verrückt!) rasen die überdimensionalen Bilder an der Wand an uns vorbei. Ob uns das Laufen die nächsten Tage in der echten Serra de Tramuntana wohl auch so einfach vom Fuß geht?
In der Stadt so gegen 21:30 Uhr halten wir zuerst Ausschau nach etwas Festem zwischen die Zähne und werden mit einer Pizza à la Mallorca fündig. Geschmacklich zwar erinnernd an Zürcher Geschnetzeltes, aber sehr lecker auf jeden Fall. Kulinarisch darf es gerne so weitergehen. Wir haben für diese Nacht ein Zimmer bei Maribel gebucht und machen uns nach dem Abendessen per Bus auf. Schnell finden wir Straße und Hausnummer, stehen aber dennoch vor einem mittelgroßen Problem: an der Klingel stehen keine Namen, sondern nur Stockwerke und Appartements – keine Ahnung, in welchem davon Maribel wohnt. Dank moderner Kommunikationsmöglichkeiten und Maribels Handyaffinität kommen wir dann aber doch recht schnell rein und zumindest Momo wird von Choché, Maribels Mann, mit Küsschen empfangen. Die Begrüßung ist sehr herzlich und wir kommen schnell ins Gespräch über Mallorca, seine sehenswerten Seiten und seine Touristen, unser Vorhaben und mallorquinische Spezialitäten. Und schon spaziert Choché in die Küche und kommt mit einer Flasche zurück, deren Inhalt sehr fehlgeschlagenen Experimenten mit Algen im Biounterricht der fünften Klassen gleicht. Ehe wir uns versehen können, probieren wir selbst hergestellten Hierbas de Mallorca und es schmeckt vorzüglich.
Langsam steigt uns der Alkohol zu Kopf und unsere Augenlieder werden immer schwerer. Die kommunikativen Schwierigkeiten tragen ihr übriges dazu bei. Mit Händen und Füßen schaffen wir (Anm. d. Co.A.: Lewis) es, eine halbwegs sinnvolle Unterhaltung in einem Mischmasch aus Spanisch und Englisch aufrecht zu erhalten. Meine Spanischkenntnisse sind allerdings allzu begrenzt und mein „Si si“ wird bald entlarvt, nicht ein Zeichen des Verstehens zu sein

Gegen 1 Uhr schaffen wir es dann ins Bett und sind müde, aber auch froh, dass alles bisher so reibungslos geklappt hat und noch gespannter, was die nächsten Tage auf Mallorca uns noch bringen.
Tag 2 – Palma – Port d’Antratx – La Trapa
Um 7:30 werden wir von Max Raabe im melodischen Dreiklang mit Haussperlingen und Mauerseglern geweckt. Momo ist schon begeistert vom blauen Himmel, den Vögeln im Innenhof, unserer bevorstehenden Wanderung und überhaupt. Schnell ist das Fernglas gezückt und die ornithologischen Begebenheiten im Innenhof genauestens begutachtet. Was wohl Maribels Nachbarn von gegenüber denken?
Schnell sind unsere sieben Sachen gepackt und wir stehen an der Bushaltestelle, an der wir gestern angekommen sind. Blöd nur, dass von dort kein Bus in die Stadt fährt. Wir fragen uns durch und finden bald die richtige. Gegenüber ist ein kleiner Gemüseladen an dem wir uns für die Fahrt eindecken mit Bananen und Orangen (von uns liebevoll Narandschas genannt). Die Fahrt nach Port d’Antratx ist abgesehen vom Geschnatter und Quasseln unserer deutschen MitfahrerInnen ereignislos. Wir fahren mit dem Bus bis zur letzten Haltestelle im Hafen und nach einer kurzen Orientierungsphase finden wir auf Anhieb (!) den Einstieg zum Trockensteinmauerweg. Der Weg führt uns durch Siedlungen leicht aufwärts und an der ersten Streuobstwiese werden wir bereits von Wiedehopf und Wendehals erwartet, die ausgiebig beobachtet werden wollen.
Im Baum versteckt: ein Wiedehopf
Der erste Blick aufs Meer
Im Folgenden geht es von Baulärm begleitet steil bergauf zum Coll des Vent. Unterwegs wird der Aufstieg (oder zumindest meiner) immer wieder durch von Ast zu Ast hüpfende Samtkopf- und Balearen-Grasmücken (eine endemische Art auf den Inseln) versüßt. Wir sind nicht die einzigen WandererInnen heute und werden immer wieder in Gespräche verwickelt. Anfangs noch sehr nett wird dies mit der Zeit aber auch ein wenig anstrengend. Insbesondere, da so ziemlich alle Ehepaare Mitte 40 bis Ende 60 sind und einem dieselben Geschichten erzählen. Stets an der Küste entlang bewegen wir uns auf einen größeren Sendemast zu, den wir links passieren und erreichen einen wunderschönen Aussichtskamm mit Blick auf die Insel Sa Dragonera und das Örtchen St. Elm, das wir am Nachmittag erreichen wollen. Über unseren Köpfen kreisen immer wieder Zwergadler. Hier machen wir eine kleine Rast und werden wiederum mehrmals angesprochen. Ein älteres Ehepaar bietet sogar von sich aus an, von uns Bilder zu machen: auch wir dürfen immer wieder von verschiedenen WanderernInnen Bilder mit dieser grandiosen Aussicht machen. Hätten wir jedes Mal, das wir angequatscht wurden, 10€ bekommen, es wäre ein netter dreistelliger Betrag zusammengekommen.
Sa Dragonera, Bild 36/100
Nordzipfel von Sa Dragonera
Weiter geht’s! Wir passieren einen kleinen Marienschrein und wandern entlang von Felswänden bergab. Wir folgen einem älteren Ehepaar vor uns, werden dann aber, nachdem wir uns immer weiter der Küste zubewegen, ohne St. Elm näherzukommen, leicht skeptisch. Der Weg wird zudem sehr schmal und ist teilweise im Dissgras nur noch schwer auszumachen. Die Warnungen und Horrorgeschichten zur Wegfindung im Hinterkopf entscheiden wir uns, dennoch weiter diesem Weg zu folgen und nach einer kleinen Rutschpartie mit Geröll sind wir plötzlich auf einem Karrenweg, dem wir rechts folgen. Wir lassen den Puig Blanc links liegen und kommen nach weiteren zehn Minuten in St. Elm an. Im Nachhinein sind wir uns gar nicht mehr sicher, ob wir tatsächlich so falsch waren. Insgesamt ist das auch die einzige Stelle, an der wir uns unsicher waren bezüglich der Wegfindung. Die nächsten drei Etappen lag unser vollstes Vertrauen auf den Schultern der reichlichen Steinmännchen.
Am Meer in St. Elm
Unser Rastplatz
In St.Elm besorgen wir uns frisches Baguette, Käse und Obst und machen eine längere Pause mit Blick aufs Meer, räkeln uns in der Sonne und zumindest Momo gönnt ihren Füßen etwas Abkühlung im (ziemlich algigen) Meer. Auch unsere Wassertanks werden aufgefüllt. Insgesamt kaufen wir sechs Liter, die uns notfalls bis nach Estellencs reichen müssen, also je nachdem, wie es läuft, bis an den Morgen des vierten Tages. In der Sonne ist es schon gut warm und wir benötigen in jedem Fall so viel. Nach einem Eis machen wir uns gegen 16:30 wieder auf zum letzten Ziel des Tages. Wir steuern die Klosteranlage La Trapa an. Nach St. Elm führt uns der GR 221 zuerst sanft bergauf durch ein Waldstück, dann aber schnell auch wieder sehr steil und geröllig. Uns kommen Wanderer entgegen, die hier allen Ernstes Flip-Flops tragen. Okay.
Immer wieder machen wir kurze Pausen um die Aussicht zur Insel Sa Dragonera zu genießen und um gefühlt 100 Bilder von derselben zu schießen.
Blick auf La Trapa
Das Gelände wird zunehmend felsiger und zerklüfteter. Immer wieder benötigen wir unsere Hände zur Hilfe, an einer etwas komplizierteren Stelle hilft ein Seil. Gegen 19:00 erreichen wir La Trapa. Auch hier is schon Betrieb. Auf dem Dreschplatz sehen wir schon aus der Ferne zwei weitere Wanderer sitzen und den nahenden Sonnenuntergang genießen. Wir schauen uns etwas um und entdecken mehrere Rothühner, die sich sogar relativ aus der Nähe betrachten lassen, gesellen uns dann aber zu Björn und Markus, wie ich sie der Einfachheit halber nenne. Sie haben in der letzten Woche den GR 221 gemacht und sind für ihre letzte Nacht noch mal hierher gekommen. Das war gar keine schlechte Idee, denn der Sonnenuntergang mit Blick auf Sa Dragonera ist wirklich traumhaft. Ihre Erzählungen von dem, was uns auf dem Weg erwartet, imponieren uns sehr, beinahe so sehr wie ihre Trekkingküche. Wir bekommen ein paar Tropfen Wein und erben ihre Balsamicocrème als Brotaufstrich, die sie nicht mehr brauchen. Superlecker!
Als wir wieder aufstehen ist es schon dunkel und sobald die Sonne weg ist, beginnt es kräftig zu winden. Wir entschließen uns darum, unser Zelt in einer der Garagen aufzustellen. Erst ist das eine gute Idee, bald aber nimmt der Wind immer mehr und mehr zu und auch unser Zelt wird von Windböe um Windböe erwischt. Derweil hören wir, wie sich bei Dunkelheit ein weiterer Wanderer einen Schlafplatz in der Klosteranlage sucht. An Schlaf war in dieser Nacht nicht zu denken.
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