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Land: Uganda
Reisezeit: Februar/März 2013
Dauer: 5 ½ Wochen
Auf meiner Website gibt's noch mal 100 weitere Bilder, alle in höherer Auflösung. Wegen der Ladezeiten gibt's hier nicht alles zu sehen, sind ohnehin schon zu viele Fotos.
Zusammenfassung
Am 1. Februar flogen Gerald (Wildniswanderer) und ich nach Uganda und fuhren mit dem Bus gleich weiter in Richtung Osten. Dort bestiegen wir den Mt. Elgon und marschierten anschließend immer entlang der Grenze zu Kenia weiter nach Norden, quer durch Karamoja. Nach etwa 3 ½ Wochen wurde Gerald krank und musste heim fliegen, ich marschierte noch etwas weiter und beendete die Reise am 10. März.
Diese Tour war in vielerlei Hinsicht ein Wagnis, zumal es aufgrund der Sicherheitslange quasi keinen Tourismus gibt. Wir glauben, dass es seit dem Ende der Kolonialzeit keinen Weißen mehr gegeben hat, der Karamoja zu Fuß durchquerte – wir stießen auf Nomaden, die in bestimmten Gegenden überhaupt noch nie einen Weißen gesehen hatten! Dieses Gefühl, hier etwas „Neues“ zu wagen, in Verbindung mit der typisch afrikanischen Flora und Fauna sowie der Nähe zu den traditionell lebenden Menschen machte diese Reise für mich zu einem unvergesslichen Abenteuer! Meinen ersten Afrika-Aufenthalt hätte ich mir nicht besser vorstellen können.
Vorgeschichte
1. Auswahl des Reiseziels und Vorbereitung
Mein Sommer 2012 war nass und kalt. Auf dem Rückflug von Alaska nahm ich mir fest vor, im Winter nach Afrika zu reisen – nicht bloß, um mal abends im T-Shirt am Lagerfeuer sitzen zu können, sondern auch, um wieder Spaß am Fotografieren zu gewinnen. Denn was die Knipserei angeht, empfand ich den vergangenen Sommer als ziemlich ernüchternd; ich hatte sozusagen mal wieder Lust auf gutes Licht.
Also, Afrika sollte es werden, Ost-Afrika am besten. Ob man nun nach Kenia, Äthiopien, Uganda oder Tansania fliegt, spielt finanziell keine so große Rolle; ich war also für alles offen und beschäftigte mich zunächst einmal mit Äthiopien. Fakt war, dass ich keine klassischen Touristengebiete besuchen wollte: wie so oft suchte ich nach einem möglichst exklusiven Reiseziel, das landschaftlich schön, kulturell interessant und trotzdem noch irgendwie „ursprünglich“ (also touristisch wenig erschlossen) ist. So etwas in Afrika zu finden ist gar nicht leicht.
Die Idee, Karamoja zu bereisen, ergab sich bei einem Telefonat mit Gerald aka Wildniswanderer. Wir hatten vorher schon einige Male miteinander telefoniert und ich wusste, dass Gerald mir aufgrund seiner Afrika-Erfahrung sicher bei der Reiseplanung helfen könnte. Er schlug mir also Karamoja vor, weil er da selber gern einmal hinwollte… also begann ich, ein paar erste Informationen zur Region zu sammeln. Er selbst könne nicht mitkommen, meinte er, schließlich ist man ja berufstätig.
Karamoja ist die östlichste, ärmste, trockenste, traditionellste und gefährlichste Region Ugandas. Bis vor kurzem kam es dort ständig zu Ausschreitungen, Überfällen und Viehdiebstählen; es gab ständig Unruhen. Verschiedenste Stämme der auch als „Nomad Warriors“ bekannten Viehnomaden klauten einander gegenseitig die Tiere, was meistens blutig endete und Vergeltungsschläge nach sich zog. Dabei gab es Zeiten, in denen fast jeder männliche Viehhirte eine AK-47 bei sich trug; man sagte uns, die Männer trugen Waffen wie Gehstöcke. Inzwischen hat es die Regierung geschafft, die Bewohner Karamojas größtenteils zu entwaffnen, was die Sicherheitslage deutlich verbesserte. Trotzdem warnen die Botschaften aller westlichen Länder noch immer vor einem Besuch Karamojas – während andere Teile Ugandas als sehr sicher und teilweise bereits als ziemlich touristisch gelten, besteht im Falle Karamojas noch immer eine Reisewarnung, auch vom Auswärtigen Amt in Deutschland.
Gleichzeitig wurden im letzten Jahrhundert aber auch einige Naturreservate und Schutzgebiete eingerichtet, was darauf hindeutete, dass es in der Region möglicherweise noch einiges an wilden Tieren geben könnte. Das sah zumindest erst mal vielversprechend aus.
Auch schien es tatsächlich noch sehr viele Viehnomaden in der Gegend zu geben. Mir war es wichtig, ein „traditionelles Afrika“ zu bereisen und eine Kultur kennenzulernen, die mir bisher fremd war. Karamoja schien dafür prädestiniert zu sein. Überhaupt schien die Region alles zu haben, was ich mir für meine erste Afrika-Reise wünschte – und durch die akuten Reisewarnungen gab es noch nicht mal irgendwelche Touristen… perfekt!
Nun bin ich auf dem Gebiet der Wildnisreisen zwar kein Anfänger mehr, trotzdem hatte ich absolut keine Erfahrung mit den Herausforderungen, die in Afrika auf mich warten würden. Nur einen Tag nach dem Gespräch mit Gerald hatte ich ihn passenderweise schon wieder am Telefon. Diesmal gestand er mir, dass ihn seine eigene Karamoja-Idee nun selbst nicht mehr loslasse und er versuchen möchte, sich für den Zeitraum frei zu nehmen, was ihm letztendlich auch gelang. Das waren natürlich hervorragende Nachrichten für mich! Wenig später begannen die eigentlichen Vorbereitungen: Route besprechen, fehlende Ausrüstungsgegenstände kaufen, Kontakt zu ein paar Landeskundigen herstellen… Flüge buchen.
Potentielle und tatsächliche Gefahren
Am meisten wurden wir vor (Raub-) Überfällen, unglücklichen Verwicklungen in irgendwelche Konflikte mit Betrunkenen und willkürlichen Erschießungen gewarnt. Klingt übertrieben brutal, aber so wurde es uns von einigen Einheimischen geschildert. Vielerorts hieß es, aggressive Männer mit einer Waffe in der Hand würden manchmal eben einfach so um sich ballern, ein Menschenleben sei da unten nicht viel wert. Auch weiße NGO-Mitarbeiter, mit denen wir ins Gespräch kamen, wurden schon angeschossen und überfallen. Andere meinten, die Region sei „relativ sicher“ und wir könnten uns frei bewegen. Die Botschaft riet zwischenzeitlich mal per Email zur Ausreise, naja. Zweimal wollten uns Beamte der „Uganda Wildlife Authority“ (UWA, also die Wildhüter und Verantwortlichen für Parks und Reservate des Landes) eine Militär-Eskorte zur Seite stellen, was wir dankend ablehnten - schließlich hatten wir nicht vor, in den Krieg zu ziehen.
De facto hatten wir überhaupt keine Sicherheitsprobleme. Wir behaupten nicht, dass Karamoja per se „sicher“ sei, aber zumindest ist uns absolut gar nichts passiert, obwohl wir auch innerhalb des als „gefährlich“ geltenden Karamojas vereinzelt Gegenden besucht haben, vor denen wir explizit gewarnt wurden. Zum Beispiel Mazeniko, die Grenzregion zu Kenia nördlich von Moroto, wo wir auf allerhand bewaffnete Turkana aus dem Nachbarland stießen. Also, nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird? Könnte man so sagen, das gilt schließlich immer. Gerald und ich legen vielleicht eine leicht überdurchschnittliche Risikobereitschaft an den Tag, aber zumindest aus eben dieser Perspektive kann ich sagen: wir hatten keine Angst und wir hatten keine Probleme.
Wasser war schon eher ein Problem, vor allem jetzt, am Ende der Trockenzeit. Karamoja verfügt im Februar quasi über kein natürliches Oberflächenwasser und die vereinzelten Wasserstellen (Brunnen, Wasserlöcher, Dämme) sind selbstverständlich nirgendwo aufgelistet, wo man sie als „Tourist“ finden könnte. Nachdem wir gleich in der zweiten Woche einmal de Verdursten nahe standen und über unsere SPOTs ein Notrufsignal sendeten, entschieden wir uns, von nun an immer einen Viehhirten als Guide anzuheuern, der uns die Wasserstellen zeigen konnte. Ohne die Begleitung eines Ortskundigen ist die Durchquerung Karamojas in der Trockenzeit nicht möglich.
Die Temperaturen sind wohl auch nicht jedermanns Sache. Zwischen 10 Uhr morgens und 15 Uhr nachmittags herrschen angenehme 35°C – für uns war das kein so großes Problem, aber ich möchte es der Vollständigkeit halber erwähnt wissen. Buschbrände sollte man bei der Wahl des Lagerplatzes im Auge behalten, im Zweifel auch über Nacht, wenn sie nah sind.
Vor Tieren braucht man keine Angst zu haben. Elefanten und große Raubkatzen scheint es sowieso nur ganz oben in Kidepo zu geben – und das ist ein Nationalpark mit strikten Auflagen, dort lässt sich sowieso kein ernsthaftes Trekking betreiben (später mehr dazu). Zu Kleintieren, Malaria und Ähnlichem werde ich nichts explizit schreiben – gewisse Vorsichtsmaßnahmen sind in Afrika generell zu beachten, dazu findet man im Internet bereits genug Informationen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Gerald und ich von Vornherein nicht wussten, ob unser Vorhaben überhaupt gelingen kann. Wir wussten nicht, ob wir Wasser finden werden, wie sich die Sicherheitslage vor Ort tatsächlich entwickeln wird und ob wir nicht überall von der Polizei oder dem Militär aufgehalten und zurückgeschickt werden würden. Wir wollten es versuchen, waren natürlich aber auch darauf vorbereitet, zu scheitern.
Verkehr und Zivilisation
Alle zwei Tage fährt ein Bus von Mbale über Namalu nach Moroto, am jeweiligen Folgetag fährt er zurück. Zwischen den meisten anderen Städten (Kotido, Kaabong usw.) fahren nur kleine Autos, die mit Passagieren beladen werden, bis sie brechend voll sind. In ländlicheren Gegenden muss man oft auf „Boda-Bodas“ (Motorräder) umsteigen oder eben zu Fuß gehen. Asphaltierte Straßen gibt es in Karamoja praktisch nicht, allerdings bereiten die Pisten erst in der Regenzeit so richtig Probleme – wir sind immer gut voran gekommen, wenn wir mal auf ein motorisiertes Gefährt zurückgreifen mussten. Übrigens gehören die meisten Autos in Karamoja, von denen man nur recht selten mal eines sieht, zu irgendwelchen NGOs.
Elektrizität gibt es auch nicht so richtig. Hotels in „größeren“ Städten (Namalu, Moroto, Kaabong) werfen in den Abendstunden Generatoren an, dann gibt es kurzzeitig Strom. NGOs und christliche Missionsstationen verfügen in der Regel über Solarpanels, die dauerhaft Elektrizität garantieren, zudem sind das die einzigen Orte, an denen man Zugang zum Internet findet.
Überall da, wo Menschen sind, steht man als Weißer natürlich sofort im Mittelpunkt. Manchmal war uns der Aufenthalt in Siedlungen oder Dörfern auch nicht gerade angenehm: sofort kommen Scharen von Kindern angelaufen, von denen man dann mit großen Augen angeschaut wird, bis die Erwachsenen kommen und man erst mal einhundert Hände schütteln muss – schließlich ist man ja willkommen! Das ist zwar nett und oftmals auch sehr erlebnisreich, manchmal und auf Dauer aber auch etwas anstrengend.
Übrigens gibt es tatsächlich in jedem Dorf eine Hand voll Leute, mit denen man sich auf Englisch einigermaßen unterhalten kann. Trotzdem ist die Kommunikation oft schwierig, was meiner Vermutung nach daran liegt, dass die „Karamojong“ einfach einen anderen Kommunikationsstil pflegen: man ist es dort nicht gewöhnt, klare Auskünfte zu geben und sich möglichst präzise auszudrücken. Das Bildungsniveau fällt niedrig aus. Selbst heute noch gehen viele Kinder nicht zur Schule, weil sie mit ihrer Familie als Nomaden umher ziehen und bei der Viehzucht gebraucht werden. Die Karamojong sind eben ein Hirtenvolk.
NGOs
Über 60 NGOs sind in Karamoja zu finden. Dazu gehören neben den Missionaren auch die einzigen Weißen der Region. Viele der Bekannten Organisationen sind dort vertreten, darunter auch „UN World Food Programme“ und die deutsche GIZ. Die Menschen sind einerseits dankbar für all das, was westliche Länder nach Karamoja gebracht hat – seien es Nahrungsmittel, Samen für die Landwirtschaft, Wasser oder Bildung. Gleichzeitig gewinnt man aber auch den Eindruck, die Region sei in mancherlei Hinsicht abhängig gemacht worden: viele scheinen sich daran gewöhnt zu haben, Dinge zu bekommen; in den Städten scheint es an Motivation und Kreativität zu fehlen, das eigene Brot zu verdienen und vielleicht sogar selbst Arbeitsplätze zu schaffen.
Das Thema ist natürlich ungemein komplex und bedarf einer weitaus differenzierteren Betrachtung, als ich sie hier leisten kann. Aber im Laufe der Reise entwickelten wir gegenüber der „Hilfe für Karamoja“ eine immer skeptischere Haltung. Ganz zum Schluss unterhielt ich mich mit einem jungen Italiener, der seit mehreren Jahren in der Gegend lebt und meinte, allen wäre am meisten geholfen, wenn die NGOs einfach langsam verschwinden würden.
Für uns als Reisende waren NGOs natürlich Zufluchtsort, Hilfe und Raum für interessante Gespräche – wir haben einigen der in Karamoja ansässigen Organisationen etwas zu verdanken!
Reisealltag
Gerald und ich sind uns am Flughafen in Istanbul, wo wir beide umsteigen mussten, zum ersten Mal begegnet. So eine Reise, bei der man doch zu einem gewissen Grad auf einen verlässlichen Partner angewiesen ist, sollte man ja eigentlich nicht mit einem „Fremden“ antreten, jedoch, wie bereits vorher am Telefon, haben wir uns auch vor Ort wirklich gut verstanden, es gab eigentlich keine größeren Probleme. Und das empfinde ich nicht als selbstverständlich; Gerald ist schließlich doch ein paar Semester älter als ich und hat auch schon die eine oder andere Reise mehr hinter sich. Doch ich würde sagen, wir waren sehr gute Reisepartner.
Zum Glück liegen auch unsere „Reise-Routinen“ recht nah beieinander. Wir sind morgens im Dunkeln aufgestanden und der Rucksack wurde noch vor Sonnenaufgang aufgeschnallt, schließlich wurde es wenig später schon sehr heiß. Gegessen haben wir, was wir in den lokalen Märkten fanden: Kekse, Nüsse und Nudeln waren die Hauptspeisen, die wir für bis zu 12 aufeinanderfolgende Wandertage einkauften. Hin und wieder gab’s mal Poscho (Maisbrei) oder ein Stück Fleisch. Bier stand auch auf der Tagesordnung, wenn wir mal in ein Dorf kamen (teilweise war Bier das einzige, was überhaupt käuflich zu erwerben war). Erstaunlicherweise schaffen es die Karamojong ohne Kühlschrank, das Bier von 35°C auf kühle 25°C herunter zu kühlen - nach so „kaltem“ Bier muss man allerdings teilweise ein wenig suchen. Und wenn man dann ein 25°C kaltes Bier in der Hand hält, ist man dankbar dafür, glaubt’s mir.
Übernachtet haben wir vorzugsweise abseits irgendwelcher Siedlungen oder Krals. Tagsüber traten wir gern mit Menschen in Kontakt, aber Lagerplätze schlugen wir an möglichst abgeschiedenen Plätzen auf – man weiß ja doch nie, welche Banden da so umherstreifen.
Fotografie
Vor knapp zwei Jahren fing ich an, mich mit Fotografie zu beschäftigen und kaufte mir meine erste Spiegelreflexkamera (meine jetzige Ausrüstung ist auf meiner Website unter Travelling/Gear aufgelistet, falls es jemanden interessiert). Seitdem ist die Knipserei schon zu einem wichtigen Bestandteil meiner Reisen geworden; mir macht das richtig Spaß! Besonders hier, in Afrika: immer gutes Licht, sehr abwechslungsreiche Landschaft, interessante Gesichter… da macht man schnell mal ein gutes Bild, auch wenn man nicht so viel Ahnung hat. Wenn ich vor Menschen meine Kamera rausholte, liefen die meisten anfangs weg und wollten sich verstecken. Aber sobald sie verstanden hatten, dass man nach dem Klick-Geräusch das entstandene Bild hinten auf dem Monitor sehen konnte, wollte sich plötzlich jeder fotografieren lassen! Man fotografiert also jemanden und schon kommen dutzende Umherstehende angerannt, um das fertige Bild zu sehen – daraufhin wollen sich die dutzenden Umherstehenden dann auch ablichten lassen. Ich kehrte mit hunderten Portraits aus Uganda zurück; einen großen Teil davon „musste“ ich machen, weil es „verlangt“ wurde. Nun ja, es gibt Schlimmeres für einen Hobby-Fotografen. Ich habe meine 9 kg schwere Foto-Ausrüstung jedenfalls gern durch Karamoja geschleppt und hoffe, es stört sich niemand daran, dass ich beinah mehr Portraits als Landschaftsbilder zeige.
Reisezeit: Februar/März 2013
Dauer: 5 ½ Wochen
Auf meiner Website gibt's noch mal 100 weitere Bilder, alle in höherer Auflösung. Wegen der Ladezeiten gibt's hier nicht alles zu sehen, sind ohnehin schon zu viele Fotos.
Zusammenfassung
Am 1. Februar flogen Gerald (Wildniswanderer) und ich nach Uganda und fuhren mit dem Bus gleich weiter in Richtung Osten. Dort bestiegen wir den Mt. Elgon und marschierten anschließend immer entlang der Grenze zu Kenia weiter nach Norden, quer durch Karamoja. Nach etwa 3 ½ Wochen wurde Gerald krank und musste heim fliegen, ich marschierte noch etwas weiter und beendete die Reise am 10. März.
Diese Tour war in vielerlei Hinsicht ein Wagnis, zumal es aufgrund der Sicherheitslange quasi keinen Tourismus gibt. Wir glauben, dass es seit dem Ende der Kolonialzeit keinen Weißen mehr gegeben hat, der Karamoja zu Fuß durchquerte – wir stießen auf Nomaden, die in bestimmten Gegenden überhaupt noch nie einen Weißen gesehen hatten! Dieses Gefühl, hier etwas „Neues“ zu wagen, in Verbindung mit der typisch afrikanischen Flora und Fauna sowie der Nähe zu den traditionell lebenden Menschen machte diese Reise für mich zu einem unvergesslichen Abenteuer! Meinen ersten Afrika-Aufenthalt hätte ich mir nicht besser vorstellen können.
Vorgeschichte
1. Auswahl des Reiseziels und Vorbereitung
Mein Sommer 2012 war nass und kalt. Auf dem Rückflug von Alaska nahm ich mir fest vor, im Winter nach Afrika zu reisen – nicht bloß, um mal abends im T-Shirt am Lagerfeuer sitzen zu können, sondern auch, um wieder Spaß am Fotografieren zu gewinnen. Denn was die Knipserei angeht, empfand ich den vergangenen Sommer als ziemlich ernüchternd; ich hatte sozusagen mal wieder Lust auf gutes Licht.
Also, Afrika sollte es werden, Ost-Afrika am besten. Ob man nun nach Kenia, Äthiopien, Uganda oder Tansania fliegt, spielt finanziell keine so große Rolle; ich war also für alles offen und beschäftigte mich zunächst einmal mit Äthiopien. Fakt war, dass ich keine klassischen Touristengebiete besuchen wollte: wie so oft suchte ich nach einem möglichst exklusiven Reiseziel, das landschaftlich schön, kulturell interessant und trotzdem noch irgendwie „ursprünglich“ (also touristisch wenig erschlossen) ist. So etwas in Afrika zu finden ist gar nicht leicht.
Die Idee, Karamoja zu bereisen, ergab sich bei einem Telefonat mit Gerald aka Wildniswanderer. Wir hatten vorher schon einige Male miteinander telefoniert und ich wusste, dass Gerald mir aufgrund seiner Afrika-Erfahrung sicher bei der Reiseplanung helfen könnte. Er schlug mir also Karamoja vor, weil er da selber gern einmal hinwollte… also begann ich, ein paar erste Informationen zur Region zu sammeln. Er selbst könne nicht mitkommen, meinte er, schließlich ist man ja berufstätig.
Karamoja ist die östlichste, ärmste, trockenste, traditionellste und gefährlichste Region Ugandas. Bis vor kurzem kam es dort ständig zu Ausschreitungen, Überfällen und Viehdiebstählen; es gab ständig Unruhen. Verschiedenste Stämme der auch als „Nomad Warriors“ bekannten Viehnomaden klauten einander gegenseitig die Tiere, was meistens blutig endete und Vergeltungsschläge nach sich zog. Dabei gab es Zeiten, in denen fast jeder männliche Viehhirte eine AK-47 bei sich trug; man sagte uns, die Männer trugen Waffen wie Gehstöcke. Inzwischen hat es die Regierung geschafft, die Bewohner Karamojas größtenteils zu entwaffnen, was die Sicherheitslage deutlich verbesserte. Trotzdem warnen die Botschaften aller westlichen Länder noch immer vor einem Besuch Karamojas – während andere Teile Ugandas als sehr sicher und teilweise bereits als ziemlich touristisch gelten, besteht im Falle Karamojas noch immer eine Reisewarnung, auch vom Auswärtigen Amt in Deutschland.
Gleichzeitig wurden im letzten Jahrhundert aber auch einige Naturreservate und Schutzgebiete eingerichtet, was darauf hindeutete, dass es in der Region möglicherweise noch einiges an wilden Tieren geben könnte. Das sah zumindest erst mal vielversprechend aus.
Auch schien es tatsächlich noch sehr viele Viehnomaden in der Gegend zu geben. Mir war es wichtig, ein „traditionelles Afrika“ zu bereisen und eine Kultur kennenzulernen, die mir bisher fremd war. Karamoja schien dafür prädestiniert zu sein. Überhaupt schien die Region alles zu haben, was ich mir für meine erste Afrika-Reise wünschte – und durch die akuten Reisewarnungen gab es noch nicht mal irgendwelche Touristen… perfekt!
Nun bin ich auf dem Gebiet der Wildnisreisen zwar kein Anfänger mehr, trotzdem hatte ich absolut keine Erfahrung mit den Herausforderungen, die in Afrika auf mich warten würden. Nur einen Tag nach dem Gespräch mit Gerald hatte ich ihn passenderweise schon wieder am Telefon. Diesmal gestand er mir, dass ihn seine eigene Karamoja-Idee nun selbst nicht mehr loslasse und er versuchen möchte, sich für den Zeitraum frei zu nehmen, was ihm letztendlich auch gelang. Das waren natürlich hervorragende Nachrichten für mich! Wenig später begannen die eigentlichen Vorbereitungen: Route besprechen, fehlende Ausrüstungsgegenstände kaufen, Kontakt zu ein paar Landeskundigen herstellen… Flüge buchen.
Potentielle und tatsächliche Gefahren
Am meisten wurden wir vor (Raub-) Überfällen, unglücklichen Verwicklungen in irgendwelche Konflikte mit Betrunkenen und willkürlichen Erschießungen gewarnt. Klingt übertrieben brutal, aber so wurde es uns von einigen Einheimischen geschildert. Vielerorts hieß es, aggressive Männer mit einer Waffe in der Hand würden manchmal eben einfach so um sich ballern, ein Menschenleben sei da unten nicht viel wert. Auch weiße NGO-Mitarbeiter, mit denen wir ins Gespräch kamen, wurden schon angeschossen und überfallen. Andere meinten, die Region sei „relativ sicher“ und wir könnten uns frei bewegen. Die Botschaft riet zwischenzeitlich mal per Email zur Ausreise, naja. Zweimal wollten uns Beamte der „Uganda Wildlife Authority“ (UWA, also die Wildhüter und Verantwortlichen für Parks und Reservate des Landes) eine Militär-Eskorte zur Seite stellen, was wir dankend ablehnten - schließlich hatten wir nicht vor, in den Krieg zu ziehen.
De facto hatten wir überhaupt keine Sicherheitsprobleme. Wir behaupten nicht, dass Karamoja per se „sicher“ sei, aber zumindest ist uns absolut gar nichts passiert, obwohl wir auch innerhalb des als „gefährlich“ geltenden Karamojas vereinzelt Gegenden besucht haben, vor denen wir explizit gewarnt wurden. Zum Beispiel Mazeniko, die Grenzregion zu Kenia nördlich von Moroto, wo wir auf allerhand bewaffnete Turkana aus dem Nachbarland stießen. Also, nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird? Könnte man so sagen, das gilt schließlich immer. Gerald und ich legen vielleicht eine leicht überdurchschnittliche Risikobereitschaft an den Tag, aber zumindest aus eben dieser Perspektive kann ich sagen: wir hatten keine Angst und wir hatten keine Probleme.
Wasser war schon eher ein Problem, vor allem jetzt, am Ende der Trockenzeit. Karamoja verfügt im Februar quasi über kein natürliches Oberflächenwasser und die vereinzelten Wasserstellen (Brunnen, Wasserlöcher, Dämme) sind selbstverständlich nirgendwo aufgelistet, wo man sie als „Tourist“ finden könnte. Nachdem wir gleich in der zweiten Woche einmal de Verdursten nahe standen und über unsere SPOTs ein Notrufsignal sendeten, entschieden wir uns, von nun an immer einen Viehhirten als Guide anzuheuern, der uns die Wasserstellen zeigen konnte. Ohne die Begleitung eines Ortskundigen ist die Durchquerung Karamojas in der Trockenzeit nicht möglich.
Die Temperaturen sind wohl auch nicht jedermanns Sache. Zwischen 10 Uhr morgens und 15 Uhr nachmittags herrschen angenehme 35°C – für uns war das kein so großes Problem, aber ich möchte es der Vollständigkeit halber erwähnt wissen. Buschbrände sollte man bei der Wahl des Lagerplatzes im Auge behalten, im Zweifel auch über Nacht, wenn sie nah sind.
Vor Tieren braucht man keine Angst zu haben. Elefanten und große Raubkatzen scheint es sowieso nur ganz oben in Kidepo zu geben – und das ist ein Nationalpark mit strikten Auflagen, dort lässt sich sowieso kein ernsthaftes Trekking betreiben (später mehr dazu). Zu Kleintieren, Malaria und Ähnlichem werde ich nichts explizit schreiben – gewisse Vorsichtsmaßnahmen sind in Afrika generell zu beachten, dazu findet man im Internet bereits genug Informationen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Gerald und ich von Vornherein nicht wussten, ob unser Vorhaben überhaupt gelingen kann. Wir wussten nicht, ob wir Wasser finden werden, wie sich die Sicherheitslage vor Ort tatsächlich entwickeln wird und ob wir nicht überall von der Polizei oder dem Militär aufgehalten und zurückgeschickt werden würden. Wir wollten es versuchen, waren natürlich aber auch darauf vorbereitet, zu scheitern.
Verkehr und Zivilisation
Alle zwei Tage fährt ein Bus von Mbale über Namalu nach Moroto, am jeweiligen Folgetag fährt er zurück. Zwischen den meisten anderen Städten (Kotido, Kaabong usw.) fahren nur kleine Autos, die mit Passagieren beladen werden, bis sie brechend voll sind. In ländlicheren Gegenden muss man oft auf „Boda-Bodas“ (Motorräder) umsteigen oder eben zu Fuß gehen. Asphaltierte Straßen gibt es in Karamoja praktisch nicht, allerdings bereiten die Pisten erst in der Regenzeit so richtig Probleme – wir sind immer gut voran gekommen, wenn wir mal auf ein motorisiertes Gefährt zurückgreifen mussten. Übrigens gehören die meisten Autos in Karamoja, von denen man nur recht selten mal eines sieht, zu irgendwelchen NGOs.
Elektrizität gibt es auch nicht so richtig. Hotels in „größeren“ Städten (Namalu, Moroto, Kaabong) werfen in den Abendstunden Generatoren an, dann gibt es kurzzeitig Strom. NGOs und christliche Missionsstationen verfügen in der Regel über Solarpanels, die dauerhaft Elektrizität garantieren, zudem sind das die einzigen Orte, an denen man Zugang zum Internet findet.
Überall da, wo Menschen sind, steht man als Weißer natürlich sofort im Mittelpunkt. Manchmal war uns der Aufenthalt in Siedlungen oder Dörfern auch nicht gerade angenehm: sofort kommen Scharen von Kindern angelaufen, von denen man dann mit großen Augen angeschaut wird, bis die Erwachsenen kommen und man erst mal einhundert Hände schütteln muss – schließlich ist man ja willkommen! Das ist zwar nett und oftmals auch sehr erlebnisreich, manchmal und auf Dauer aber auch etwas anstrengend.
Übrigens gibt es tatsächlich in jedem Dorf eine Hand voll Leute, mit denen man sich auf Englisch einigermaßen unterhalten kann. Trotzdem ist die Kommunikation oft schwierig, was meiner Vermutung nach daran liegt, dass die „Karamojong“ einfach einen anderen Kommunikationsstil pflegen: man ist es dort nicht gewöhnt, klare Auskünfte zu geben und sich möglichst präzise auszudrücken. Das Bildungsniveau fällt niedrig aus. Selbst heute noch gehen viele Kinder nicht zur Schule, weil sie mit ihrer Familie als Nomaden umher ziehen und bei der Viehzucht gebraucht werden. Die Karamojong sind eben ein Hirtenvolk.
NGOs
Über 60 NGOs sind in Karamoja zu finden. Dazu gehören neben den Missionaren auch die einzigen Weißen der Region. Viele der Bekannten Organisationen sind dort vertreten, darunter auch „UN World Food Programme“ und die deutsche GIZ. Die Menschen sind einerseits dankbar für all das, was westliche Länder nach Karamoja gebracht hat – seien es Nahrungsmittel, Samen für die Landwirtschaft, Wasser oder Bildung. Gleichzeitig gewinnt man aber auch den Eindruck, die Region sei in mancherlei Hinsicht abhängig gemacht worden: viele scheinen sich daran gewöhnt zu haben, Dinge zu bekommen; in den Städten scheint es an Motivation und Kreativität zu fehlen, das eigene Brot zu verdienen und vielleicht sogar selbst Arbeitsplätze zu schaffen.
Das Thema ist natürlich ungemein komplex und bedarf einer weitaus differenzierteren Betrachtung, als ich sie hier leisten kann. Aber im Laufe der Reise entwickelten wir gegenüber der „Hilfe für Karamoja“ eine immer skeptischere Haltung. Ganz zum Schluss unterhielt ich mich mit einem jungen Italiener, der seit mehreren Jahren in der Gegend lebt und meinte, allen wäre am meisten geholfen, wenn die NGOs einfach langsam verschwinden würden.
Für uns als Reisende waren NGOs natürlich Zufluchtsort, Hilfe und Raum für interessante Gespräche – wir haben einigen der in Karamoja ansässigen Organisationen etwas zu verdanken!
Reisealltag
Gerald und ich sind uns am Flughafen in Istanbul, wo wir beide umsteigen mussten, zum ersten Mal begegnet. So eine Reise, bei der man doch zu einem gewissen Grad auf einen verlässlichen Partner angewiesen ist, sollte man ja eigentlich nicht mit einem „Fremden“ antreten, jedoch, wie bereits vorher am Telefon, haben wir uns auch vor Ort wirklich gut verstanden, es gab eigentlich keine größeren Probleme. Und das empfinde ich nicht als selbstverständlich; Gerald ist schließlich doch ein paar Semester älter als ich und hat auch schon die eine oder andere Reise mehr hinter sich. Doch ich würde sagen, wir waren sehr gute Reisepartner.
Zum Glück liegen auch unsere „Reise-Routinen“ recht nah beieinander. Wir sind morgens im Dunkeln aufgestanden und der Rucksack wurde noch vor Sonnenaufgang aufgeschnallt, schließlich wurde es wenig später schon sehr heiß. Gegessen haben wir, was wir in den lokalen Märkten fanden: Kekse, Nüsse und Nudeln waren die Hauptspeisen, die wir für bis zu 12 aufeinanderfolgende Wandertage einkauften. Hin und wieder gab’s mal Poscho (Maisbrei) oder ein Stück Fleisch. Bier stand auch auf der Tagesordnung, wenn wir mal in ein Dorf kamen (teilweise war Bier das einzige, was überhaupt käuflich zu erwerben war). Erstaunlicherweise schaffen es die Karamojong ohne Kühlschrank, das Bier von 35°C auf kühle 25°C herunter zu kühlen - nach so „kaltem“ Bier muss man allerdings teilweise ein wenig suchen. Und wenn man dann ein 25°C kaltes Bier in der Hand hält, ist man dankbar dafür, glaubt’s mir.
Übernachtet haben wir vorzugsweise abseits irgendwelcher Siedlungen oder Krals. Tagsüber traten wir gern mit Menschen in Kontakt, aber Lagerplätze schlugen wir an möglichst abgeschiedenen Plätzen auf – man weiß ja doch nie, welche Banden da so umherstreifen.
Fotografie
Vor knapp zwei Jahren fing ich an, mich mit Fotografie zu beschäftigen und kaufte mir meine erste Spiegelreflexkamera (meine jetzige Ausrüstung ist auf meiner Website unter Travelling/Gear aufgelistet, falls es jemanden interessiert). Seitdem ist die Knipserei schon zu einem wichtigen Bestandteil meiner Reisen geworden; mir macht das richtig Spaß! Besonders hier, in Afrika: immer gutes Licht, sehr abwechslungsreiche Landschaft, interessante Gesichter… da macht man schnell mal ein gutes Bild, auch wenn man nicht so viel Ahnung hat. Wenn ich vor Menschen meine Kamera rausholte, liefen die meisten anfangs weg und wollten sich verstecken. Aber sobald sie verstanden hatten, dass man nach dem Klick-Geräusch das entstandene Bild hinten auf dem Monitor sehen konnte, wollte sich plötzlich jeder fotografieren lassen! Man fotografiert also jemanden und schon kommen dutzende Umherstehende angerannt, um das fertige Bild zu sehen – daraufhin wollen sich die dutzenden Umherstehenden dann auch ablichten lassen. Ich kehrte mit hunderten Portraits aus Uganda zurück; einen großen Teil davon „musste“ ich machen, weil es „verlangt“ wurde. Nun ja, es gibt Schlimmeres für einen Hobby-Fotografen. Ich habe meine 9 kg schwere Foto-Ausrüstung jedenfalls gern durch Karamoja geschleppt und hoffe, es stört sich niemand daran, dass ich beinah mehr Portraits als Landschaftsbilder zeige.
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