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Die Nord-Süd-Querung der Hardangervidda
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Hallo zusammen,
seit einiger Zeit habe ich wieder einen ausführlichen Reisebericht zu einer meiner besten Trekkingtouren online gestellt. Ich gebe zu, der Bericht ist detailliert
...vielleicht genau das Richtige für alle, die einen umfassenden Eindruck erfahren möchten oder sich gern an ihre eigenen Erlebnisse erinnert fühlen.
Viel Spaß beim Lesen!
Eckdaten
Gebiet: Hardangervidda (Norwegen)
Zeitraum: 30. August bis 9. September 2014
Route: Finse • Rembesdalseter • Liseth • Hedlo • Hadlaskard • Torehytten • Hårteigen • Litlos • Hellevassbu • Haukeliseter
Anspruch: Fordernde Trekkingtour über die größte Hochebene Europas bei nordischem Klima und rauher Natur.
Höhepunkte: 150 Kilometer Nebel, Regen, Sumpf und Wildnis • Jedermannsrecht • Hårteigen • Gletscherflussdurchquerung • abgelegene Holzhütten • Berglemminge und Pulloverschweine
Zurück nach Norwegen
Samstag, 30. August und die Monate davor
Über vier Jahre war es jetzt her, als meine erste Norwegen-Tour gründlich in die Hose ging und mit einem Helikopterflug durch die Täler des Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark abrupt endete. Entsprechend aufgeregt war ich bei der Vorbereitung der diesjährigen Trekkingtour, denn die rauhe Natur, das unberechenbare Wetter und die langen, schroffen Etappen über Stock und Stein waren noch gut in meiner Erinnerung. Die Bedenken waren weniger sportlicher Natur als viel mehr, dass ein weiterer Unglücksfall mir den Spaß an diesem Land nachhaltig nehmen könnte, und das wollte ich auf keinen Fall, denn Norwegen war genau mein Ding. Alleinsein in der unberührten Natur und ein hohes Maß an Freiheit dank Jedermannsrecht, ohne Massentourismus und künstlichen Zivilisationsresten am Wegesrand, wie das leider in Korsika auf dem GR-20 manchmal vorkam.

Zurück nach Norwegen: Ein Foto aus 2010 im Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark.
Nach kurzer Recherche entschieden wir uns für die Hardangervidda, der größten Hochebene Europas und den Ort, wo Amundsen und Scott für den Südpol trainierten. Allerdings taten sie das im Winter, wenn auf der Hardangervidda bis zu 40 Grad Celsius unter Null herrschen. Wir hingegen wollten die einzigen zwei Monate nutzen, in denen es auf der Hochebene grünt und blüht: August und September. Der Juni und teils auch der Juli sind in den Gebirgen und Hochebenen Norwegens die Zeit der großen Schmelze. Eine Zeit, in der noch unzählige Altschneefelder die Landschaft verzieren, in der die Gletscher zur Ader gelassen werden und die Bäche und Flüsse ihr Jahreshoch erreichen. In diesen Monaten kann es auch auf bekannten Wegen gefährlich werden, vor allem ohne alpiner Erfahrung. Diesen Fehler hatten Marcel und ich vor vier Jahren gemacht, als wir viel zu früh, im Juni, ins Dovrefjell aufbrachen. Das sollte uns kein zweites Mal passieren! Die Hardangervidda liegt südöstlich von Bergen in der Provinz Hordaland und lässt sich vollständig von Nord nach Süd oder von Ost nach West queren, wobei die etwas schwierigeren Passagen im Nordwesten liegen. Wer den Gletscher Hardangerjøkulen aus der Nähe bestaunen möchte und ein paar Höhenmeter mehr nicht scheut, der sollte die Nord-Süd-Querung von Finse nach Haukeliseter wählen. Wir hatten uns nach einigem Hin und Her dafür entschieden, auch weil uns der Kontrast des Gletschers zum trockenheißen GR-20 aus dem Vorjahr reizte.
Norwegen ist ein Königreich mit gerade einmal 5 Millionen Einwohnern, die größtenteils germanische Wurzeln haben. Die Sprache wurde stark vom Mittelniederdeutschen geprägt, dem früheren Norddeutschland und den Niederlanden, und weist zahlreiche Ähnlichkeiten mit dem uns bekannten Deutsch auf. An dieser Stelle erst einmal ein ganz kleines Wörterbuch mit den wichtigsten Begriffen aus der norwegischen Bergwelt:
Wie schon viele Male zuvor organisierten wir unser Gepäck sehr sorgfältig, wogen einmal gedanklich und einmal mit Küchenwaage jedes einzelne Teil unserer Ausrüstung ab um möglichst im Bereich der 20 Kilogramm zu bleiben. Obwohl uns die norwegischen DNT-Hütten hinsichtlich Proviantvorrat noch außerordentlich positiv in Erinnerung waren, planten wir Lebensmittel für mindestens sechs Tage ein, denn wer wusste schon, ob auch am Ende der Saison genügend Proviant in den Hütten vorrätig sein würde. Davon abgesehen wollten wir möglichst autark unterwegs sein und die Freiheit haben jederzeit unser Lager aufschlagen zu können. Der DNT, Den Norske Turistforening, ist übrigens der norwegische Wanderverein und die größte Organisation des Landes für Outdoor-Aktivitäten. Auch wir haben uns eine Mitgliedschaft überlegt, bei der einem ein Schlüssel für weitere Selbstverpflegerhütten zur Verfügung gestellt wird und ein großzügiger Rabatt auf allen DNT-Hütten lockt. Da die meisten Hütten bis Mitte September aufgeschlossen sind und wir sowieso mit Zelt unterwegs waren, haben wir darauf verzichtet. Für längere Touren im Fjell und in den Wintermonaten ist es aber sicher von Vorteil ein DNT-Mitglied zu sein. Am Vorabend der Hinreise waren die Rucksäcke schließlich gepackt und meiner wog, wie fast immer, um die 20 Kilogramm; leider noch ohne Wasser, aber das gibt es in Norwegen in groben Mengen und von astreiner Qualität. Ein letztes Telefonat zwischen Freiburg und Dresden und schon war der nächste Morgen da.
Gegen 8 Uhr schlenderte ich ins Bad und spulte das übliche Morgenprogramm ab während Marcel bereits drei Stunden im Zug saß. Es geht doch nichts über eine Hochgeschwindigkeitsanbindung an den Flughafen Frankfurt. Kurz nach 13 Uhr trafen wir uns im Fernbahnhof und 16 Uhr 30 sollte unser A320 der Lufthansa auf das Feld rollen. Das war spät, hoffentlich nicht zu spät um noch Gaskartuschen und Mückenschutz in Oslo kaufen zu können, denn Flüssiggas ist in Flugzeugen tabu und in Skandinavien wirksame Mückenschutzmittel sind in Deutschland verboten. Die Zeit verlief zäh, eine Stunde später am Terminal zu sein hätte mit Sicherheit auch gereicht, obwohl, nur weil die Bahn einmal einen guten Tag hatte... Im Wartebereich von Gate 34 saßen überwiegend Geschäftsleute. Typen mit Trekkingrucksack und Wanderstiefel gab es nicht und dementsprechend sind wir aufgefallen. Ich erinnere mich noch an den Flug nach Korsika, bei dem fast alle in Wanderausrüstung unterwegs waren und Reisende im Anzug wie ein Tukan im Zoo angestarrt worden. Die entgegengebrachte Aufmerksamkeit war jedoch schnell verschwunden als ein Kerl mittleren Alters mit mehreren hundert Piercings und zwei anoperierten Hörnern als Fleisch gewordener Satan zu den Fluggästen stieß. Wir waren also am richtigen Gate, hier ging es zu den nordgermanischen Naturgöttern, zu den Wikingern, hier ging es nach Norwegen. Nach gut zwei Stunden über den Wolken, und mehr war von oben zu keiner Zeit zu sehen, landeten wir bei mittleren Turbulenzen auf dem Flughafen Oslo-Gardermoen.

Expresszug von Oslo-Gardermoen ins Zentrum.
Ruhig, sauber und überschaubar passt Oslo-Gardermoen hervorragend zur heimeligen Bauweise der Norweger. Wir lösten zwei Tickets für den Expresszug in die Stadt und sahen schon wenige Minuten später die graue Landschaft an uns vorbeifliegen. Nur zwei Stationen bis Oslo Sentralstasjon! Der Regen knallte gegen die Fenster des Zuges während wir Lillestrøm passierten. Nach den Beobachtungen vom Flugzeug aus würden wir heute keinen Sonnenstrahl mehr sehen. Um 19 Uhr 30 fuhren wir im Hauptbahnhof Oslo ein. Jetzt mussten wir uns sputen um noch an Gaskartuschen und Mückenschutz zu kommen. Direkt neben dem Haupteingang gelegen fanden wir die Einkaufspassage recht schnell und keine Minute zu früh, denn die Verkäufer reinigten bereits die Stellflächen und machten sich fertig für das anstehende Wochenende, es war Samstag Abend. Einen ordentlich sortierten Outdoor Shop gab es hier natürlich auch. Perfekt! Kurz bei der freundlichen Verkäuferin nachgefragt und wir wurden in die hinterste Ecke des Ladens gelotst. Eine riesige Auswahl an Gaskartuschen baute sich vor uns auf: Geschraubt, gestochen oder gesteckt und in allen möglichen und unmöglichen Größen. Wir benötigten jeder eine Schraubkartusche mit etwa 250 Gramm Inhalt, das erschien uns ausreichend für eine Woche und niemand möchte unnötigen Ballast in Form von Flüssiggas mit sich herumschleppen. Als die Einkäufe erledigt waren aßen wir zwei Stück Pizza beim ansässigen Italiener und liefen anschließend zu unserem nur knapp 900 Meter entfernten Anker Hostel. Inzwischen war es 22 Uhr und nachdem die Formalitäten und Vorbereitungen für den nächsten Tag geklärt waren verschwanden wir in unseren Betten. Der Zug Richtung Bergen nach Finse sollte kurz nach 8 Uhr gehen und der Wecker war auf 6 Uhr 30 gestellt.
Erster Kontakt mit der Hochebene
Sonntag, 31. August | Oslo - Finse - Finsevatnet
Endlich klingelte der Wecker! Die Nacht war laut. Unser Hostel befand sich in einem eher ärmeren Viertel von Oslo, zentrumsnah genug um einen erholsamen Ruhepegel niemals zu erreichen. Wir beide waren eben keine Stadtkinder! Jeder hat seine vorerst letzte warme Dusche genossen und als die Rucksäcke aufgesattelt waren liefen wir zügig zur Sentralstasjon, denn gefrühstückt hatten wir bis jetzt noch nicht. Ein Sandwich, zwei beschmierte Brote und eine Banane - damit ausgerüstet begaben wir uns auf Gleis 3 und stiegen nach ein paar Unklarheiten, ob die daheim ausgedruckten Ticketnummern ohne Weiteres gültig seien, in die Bergenbahn ein. Pünktlich um 8 Uhr 5 begannen wir uns in Richtung Finse zu bewegen und schon nach wenigen Minuten zog die norwegische Wildnis an unserem Fenster vorbei während die belegten Brote endlich ausgepackt wurden. Die Bergenbahn gehört zu den schönsten Eisenbahnstrecken der Welt, und das konnten wir nach wenigen Minuten bestätigen. Unzählige Seen, dunkle Wälder, in Nebelschwaden getauchte Sumpflandschaften... fast vergaß ich mein letztes Brot zu essen. Mit Spannung verfolgten wir die regelmäßigen Änderungen der Außentemperatur auf der Anzeigetafel, die inzwischen von 16 Grad Celsius in Oslo bis auf 10 Grad in Geilo gesunken war. Draußen wurde es also langsam frischer! Als wir mit 10 Minuten Verspätung in Finse eintrafen zeigte die Tafel zuletzt 8 Grad an, gefühlt waren es aufgrund des Windes eher 0 Grad.

Bahnhof Finse mit dreirädriger Fahrraddraisine.
Verwöhnt vom heimischen Hochsommer zogen wir sofort alles an, was wir an warmen Klamotten dabei hatten: Mütze, Schal, Fleece und Handschuhe, dafür waren wir ausreichend gerüstet, gerade so. In Norwegen kann man nicht genug warme Sachen mitnehmen! Nur fünf bis sechs Leute haben in Finse den Zug mit uns verlassen, der Großteil stieg in Geilo aus oder ist weiter Richtung Bergen gefahren. Zwei von ihnen verschwanden gleich im Bahnhofsgebäude, und viel mehr gab es hier auch nicht. Eine hervorragende Idee! Da wir wegen der bereits fortgeschrittenen Stunde sowieso nur einen kleinen Teil der ersten Etappe laufen können würden, taten wir es den beiden gleich und wärmten uns für 30 Minuten im Warteraum auf. Nach kurzer Unterhaltung mit den Deutschen - es hatte sich herausgestellt, dass die beiden, Katja und Johannes, aus Stuttgart kamen und die gleiche Tour bis Haukeliseter planten - stellten wir unsere Teleskopstöcke ein und verließen das wohl beheizte Haus. Die erste Etappe verläuft entlang des Sees Finsevatnet, vorbei am Hardangerjøkulen und hinauf auf den Dyrhaugane (1538 m) bis nach Rembesdalseter. Eine neunstündige Tour und 25 Kilometer über die Hochebene, sehr lange Tagesstrecken sind in Norwegen keine Seltenheit. Das alles ist kein Problem, denn man kann jederzeit pausieren und sein Zelt aufschlagen. Kompliziert ist oft eher die Suche nach einem windgeschützten, ebenen Platz und das war nach unserer Vorab-Recherche auf dieser Etappe der Fall. Die vorerst letzte für das Zelten geeignete Stelle, die nicht einzig und allein von Geröll und Felsgestein dominiert wurde, sollte schon nach den ersten fünf Kilometern in Sicht kommen, am anderen Ende des Finsevatnet. Wie glaubwürdig diese Aussage war würden wir später vor Ort prüfen und die Wegstrecke entsprechend anpassen, doch das Risiko im Dunkeln über die Hardangervidda wandern zu müssen wollten wir nicht eingehen. Wir liefen los in Richtung des ersten roten sichtbaren T. Unsere Nord-Süd-Querung der Hardangervidda hatte begonnen.

Norwegische Blockhütte am Ufer des Finsevatnet.
Bereits nach wenigen Metern lässt man Finse hinter sich und kann frisches Wasser am Ufer des Finsevatnet tanken. Überhaupt kommt es einem hier vor, als würde das Gebiet mehr aus Wasser statt aus Land bestehen, als müsste ein Weg von Insel zu Insel gefunden werden. Die Wolken lagen tief und immer wieder erreichte eine Nebelschwade die Erdoberfläche. Zu Beginn geht es auf dem Rallarvegen, einem alten Transportweg, an einzelnen Blockhütten vorbei, die den Einheimischen als Sommer- oder Winterresidenz dienen. Interessanterweise sind diese Hütten im Sommer nur mit einer dreirädrigen Fahrraddraisine zu erreichen. Diese skurrilen Schienenfahrräder entdeckten wir vereinzelt neben den parallel zum Rallarvegen verlaufenden Bahngleisen. Im Winter sind die Blockhütten, wie für Norwegen typisch, nur mit Ski zu erreichen. Kurz darauf war es dann soweit: Wir hielten vor einem Holzschild, welches mitten in die Pampa zeigte und auf dem Rembesdalseter geschrieben stand. Ein schmaler Pfad zweigte vom breiten Rallarvegen ab und verlief querfeldein über Stock und Stein. Das war unser Weg, unser Trail, wir hatten unser Gleis gefunden.

Befestigte Hängebrücke über den Fluss Sandåi.
Es dauerte nicht lang und die erste Hängebrücke kündigte sich mit leichtem Getöse des Flusses Sandåi an. Landschaftlich hat sich nach diesen ersten Kilometern einiges geändert. Die sumpfigen Grasbüschel wichen mehr und mehr einem scharfkantigen Gesteinsboden, der zwar ausreichend Haftung bot, jedoch auch das immer weniger zum Zelten geeignete Gebiet ankündigte. Ein durch den Wind gedämpftes Quieken drang an mein Ohr. Was war das? Egal, Marcel stieg über die Brücke während ich noch eifrig Fotos von der inzwischen schroffen Landschaft schoss. Sobald Marcel auf der anderes Seite des Sandåi war packte ich meine Kamera ein und kletterte selbst auf die gut zwei Meter über dem Boden hängende Sommerbrücke. Ich vermutete, dass die Norweger gute Gründe hatten, diese Brücke so überraschend hoch über den kleinen Fluss zu bauen. Wahrscheinlich war der Sandåi nicht zu jeder Zeit so friedlich und konnte bei ordentlicher Schneeschmelze ganz andere Dimensionen annehmen. Übrigens werden die Sommerbrücken, wie es der Name schon vermuten lässt, nur in den Sommermonaten ab Mitte Juni aufgebaut und Ende September wieder abgebaut; davor und danach muss jeder selbst sehen ob und wie er die vielen Flüsse passieren kann.
Jetzt war es soweit. Kurz nach der Querung des Flusses sahen wir, wie sich ein großer, unumgehbarer Bergrücken vor uns aufbaute und hinauf zur Hochebene führte, hinauf zum Hardangerjøkulen. Zu unserer Linken rauschte ein weiterer Fluss, der Ustekveikja, der an dieser Stelle in den Finsevatnet mündet. Wenn wir uns nicht versahen, dann lag hier die vielleicht letzte für das Zelten geeignete Wiese. Als der Wind immer eisiger wurde und es zu tröpfeln anfing brauchte es keine große Diskussion um zu entscheiden, dass wir unser Lager hier aufschlagen sollten. Die stellenweise sumpfige Wildwiese befand sich in einer windgeschützten Senke, die leicht abfallend zum Ufer des 50 Meter entfernten Ustekveikja führte. Schnell waren die Zelte aufgebaut und die Ausrüstung im Trockenen verstaut als das Tröpfeln zu einem lästigen Nieseln überging. Marcel hatte bereits seinen Kocher angeworfen während ich frisches Wasser vom Fluss holte und ein paar Aufwärmübungen machte. Mein MSR Reactor blieb aber auch nicht länger unbenutzt und ich bereitete mir eine Portion Käsespätzle von Knorr zu. Das Thema Outdoornahrung hatten wir beide abgehakt. Egal ob Globetrotter Lunch, Cathay Pemmikan oder Farmer's Outdoor, sie alle schmeckten uns nicht wirklich gut und waren dafür einfach überteuert. Dann lieber die Pasta-Gerichte von Knorr und Maggi für 1,69 € aus dem Supermarkt.

Gut geeignet zum Biwakieren: Eine Senke mit weichem Untergrund an einem breiten Fluss.
Als wir unsere warme Mahlzeit zu uns nahmen sahen wir vereinzelt Tageswanderer auf dem Weg zurück nach Finse laufen. Nach Rembesdalseter lief hingegen niemand... bis jetzt. Zwei Personen entdeckte ich auf der Brücke, und es waren die beiden Deutschen aus Stuttgart. Als sie unser Lager erreichten unterhielten wir uns kurz und fanden heraus, dass sie noch ein bis zwei Stunden weiter laufen wollten. Wir erzählten ihnen von unserer Vorab-Recherche und kurzerhand entschlossen auch sie sich ihr Zelt am Ustekveikja aufzubauen. Schon 16 Uhr 30 waren wir mit allem fertig, dem Zeltaufbau, dem Abendbrot und dem spülmittellosen Reinigen der Töpfe im kalten Flusswasser. Auf dem GR-20 käme jetzt die Zeit der Entspannung, das Sonnen auf einem Felsvorsprung oder Baden in einem Wasserloch. Das alles kam wie aus einer anderen Welt, einer anderen Realität. Das Nieseln wurde stärker, die Nebelschwaden drückten sich den Bergrücken hinunter, der hellgraue Himmel vom Vormittag wurde zu einem dunkelgrauen und bedrohlich wirkenden Hintergrund und die Temperaturen fielen spürbar und kühlten uns aus. Wir verschwanden in unseren Zelten. Ich zog mir mein wärmstes Fleece an, kroch ganz tief in den Schlafsack und lauschte, wie der Regen draußen stärker wurde und gegen die Zeltwand trommelte. Zwei Stunden später verließen wir noch einmal die nun aufgewärmten Zelte und erkundeten die Umgebung. Ein kleines, blaues Himmelsloch öffnete sich in der sonst so massiven Wolkendecke, sendete uns einzelne Sonnenstrahlen hindurch und schloss sich rasch wieder. Wir schossen ein paar Fotos von den umliegenden und mit Flechten bewachsenen Felsen während sich die graue Wolkendecke verfinsterte und unsere erste Nacht auf der Hardangervidda anbrach. Zurück im Zelt schrieb ich die ersten Eindrücke in meinem Reisetagebuch nieder. Die ersten Meter der insgesamt 150 Kilometer waren geschafft und würden die morgige Etappe ein wenig verkürzen. Alles war bisher nach Plan verlaufen.
Der Hardangerjøkulen
Montag, 1. September | Finsevatnet - Rembesdalseter

Pragmatisch: Einzelne Bretter, teils angeknackst, halten auf der Hardangervidda als Brücke her.
Kalt war die Nacht gewesen, dafür aber relativ trocken. Einige Male bin ich zwischendurch aufgewacht und als der Wecker 6 Uhr 30 lospiepte blieb ich dann auch wach. Es folgte das altbewährte Ablaufschema und eine Stunde später verpackten wir die letzten Ausrüstungsteile in unseren Rucksäcken während sich erste Regungen im Stuttgarter Nachbarzelt bemerkbar machten. Nach einem gemeinsamen Gruppenfoto verabschiedeten wir uns voneinander und wünschten einen angenehmen Wandertag bis Rembesdalseter, unserem gemeinsamen Zielort für diesen Tag. Jetzt waren wir bereit für den Aufstieg zum Hardangerjøkulen, dessen Westseite wir heute passieren würden, und 7 Uhr 50 machten wir uns schließlich auf den Weg. Nach fünf Minuten überquerten wir bereits den Ustekveikja, der sich etwas höher gelegen aus mehreren Einzelflüssen speist. Stabile Brücken wie am Vortag wurden inzwischen zur Ausnahme. Angesagt waren viel mehr einzelne Bretter, mit einer Eisenstange äußerst pragmatisch am Boden fixiert. Mein Blick war zunächst skeptisch, diese Norweger... da einfach so ein schmales Brett hinzulegen, aber schon nach wenigen Brettern hatten wir uns an den Balanceakt gewöhnt und waren dankbar, dass es überhaupt solche Möglichkeiten gab. Und auch lose daliegende, in der Mitte angeknackste Exemplare hatten ihren Reiz nachdem sie unbeschadet überschritten wurden.

Beeindruckend: Erster Blick auf die Gletscherzunge Ramnabergbreen des Hardangerjøkulen.
Das erste Schneefeld ließ nicht lange auf sich warten, während des Aufstiegs zum Dyrhaugane querten wir einen vereisten Hang. Ein weiteres Altschneefeld verlief besonders steil und stach direkt in einen Bergsee, wo es sich unter der eisblauen Wasseroberfläche in die Tiefe fortsetzte. Ein beeindruckendes Schauspiel, das wir bewusst aus einigen Metern Abstand beobachteten, als wir das Feld mit tief ins Eis geschlagenen Stöcken durchschritten um nicht versehentlich abzurutschen und im See zu landen. Erinnerungen an unsere Erlebnisse auf dem Dovrefjell wurden geweckt. Die Blicke, die sich uns offenbarten als wir oben ankamen, lassen sich kaum mit Worten beschreiben. Abstrakte Eisgebilde, von Wind und Wetter geformt, starren uns an wie Säulen eines antiken Palasts. Eine kolossale Eismasse baut sich auf am Horizont - der Hardangerjøkulen. Genauer gesagt, der untere Teil einer Gletscherzunge des Hardangerjøkulen. Ein kühler Hauch schwang uns entgegen. Das schimmernde Blau des Gletschereises sah nicht nur eisig aus, es strahlte auch eine eindeutig fühlbare Kälte ab, obwohl die beobachtete Gletscherzunge Ramnabergbreen fast einen Kilometer entfernt war. Von hier oben zeigte sich uns der Gipfel des Ramnabergnuten (1729 m) sowie ein großer Teil der nördlichen Hardangervidda, und erst hier bemerkten wir in aller Seelenruhe: Wir waren allein. Weit und breit niemand außer uns. Nur das Pfeifen des Windes über die Bergkuppen, abgekühlt von einem Jahrtausende alten Eispanzer.

Ice Age im Sommer: Abstrakte Eisgebilde, von Wind und Wetter geformt, zieren unseren Weg.
Über den Bergrücken des Dyrhaugane wanderten wir eine recht steinige, canyonartige Passage hinab. Zum zweiten Mal tönte ein filigranes Quieken von weit her, diesmal ungedämpft, oder kam es ganz aus der Nähe? Einen Augenblick später sah ich ihn: Ein Berglemming bahnte sich seinen Weg durch die Gräser, keine zwei Meter von mir entfernt und im nächsten Augenblick zwischen zwei Steinen verschwunden. Putzig, flink, etwas größer als eine Maus und mit erdigen Farben gemustert. Mehr konnte ich nach dieser ersten Begegnung nicht ausmachen, denn meine bisherige Erfahrung mit Lemmingen beschränkte sich auf das gleichnamige Computerspiel für den Commodore. Wir drangen immer tiefer ein in die Region des Hardangerjøkulen. Die Hälfte der Strecke bis Rembesdalseter lag hinter uns als wir nach vier Stunden dem einzigen Menschen auf dieser Etappe begegneten. Ein kurzes Hei und weiter gings. Der canyonartige Abstieg mündete in einen flachen Bergkessel, der, windgeschützt und an einem kleinen See gelegen, einen wunderbaren Zeltplatz abgegeben hätte. Zwischen den Bergspitzen Raudhaugane (1450 m) und Luranuten (1642 m) verlief der Weg über einen weiteren Bergrücken steil und auf glatt poliertem Gestein bergab. Noch auf halber Höhe entdeckten wir den Stausee Rembesdalsvatnet und erkannten wenige Minuten später die DNT-Hütte Rembesdalseter. Kaum das Ziel vor Augen stieg unsere Euphorie und damit unsere Laufgeschwindigkeit, denn auch der Appetit auf etwas Richtiges machte sich langsam in uns breit. Doch die plötzlich dicht gewachsene Vegetation und die teils stark abschüssigen Pfade kosteten uns eine weitere Stunde bis wir die idyllisch am Stausee gelegene Hütte um 15 Uhr 30 zur Vordertür betreten konnten.
Ich hatte sie vermisst, die norwegischen Berghütten. So gemütlich, so sauber und so abseits jeglicher Zivilisation. Da könnte ein Krieg über Europa ausbrechen - hier würde man noch Monate überleben können. Nachdem wir die massive Holzhütte betreten hatten fanden wir uns in einem kleinen Vorraum wieder. Wir legten unsere Schuhe ab - dreckige Ausrüstungsgegenstände sind in den Innenräumen tabu - und öffneten die Tür zum Aufenthaltsraum. Am Esstisch gegenüber des Kamins saß ein hagerer Mann mittleren Alters, der Hans aus Kopenhagen. Ansonsten war die mit 18 Betten ausgestattete, auf drei Zimmer aufgeteilte Hütte leer. Wir suchten uns ein Zimmer aus, das mit dem Blick zum See sollte es sein, und versuchten uns alle drei an dem Kamin. Was man nicht im Alltag braucht, das verlernt man eben, und so dauerte es geschlagene 20 Minuten bis das Feuer endlich brannte. Währenddessen erzählte uns Hans immer wieder was von einer Brücke, die nicht mehr da sei. Oder von einer beschädigten Brücke? So richtig erschloss sich uns der Inhalt erst später, denn Hans wollte unbedingt auf Deutsch mit uns kommunizieren, und das war zu Beginn nicht ganz einfach. Es wurde Zeit für unser Abendbrot!

Die Hütte Rembesdalseter am Rembesdalsvatnet.
Die Kochecke war mit ausreichend Töpfen, Geschirr, Besteck und einem vierflammigen Gasherd gut ausgestattet, so dass ich meine Kartusche schonen konnte. Sogar frisches Wasser vom See stand in einem großen Eimer bereit und schon nach zehn Minuten brodelte eine leckere Mischung aus Pasta und Broccoli dampfend in dem schweren, eisernen Topf. Jetzt noch etwas Brot und ein Desert... die Lebensmittelvorräte! Ich öffnete die an den Wänden festgemachten Holzschränke und kaufte mir eine Packung Wasa Knäckebrot sowie eine Dose Ananas zum Nachtisch. Die Auswahl an Lebensmitteln war zwar nicht mehr so üppig wie zu Beginn der Saison, aber den einen oder anderen Leckerbissen fand man dennoch. Die Bezahlung erfolgt, wie in allen Selbstversorgerhütten, auf Vertrauensbasis und einem Tresor, in den man das ausgefüllte Kreditkartenformular oder Bargeld einwirft. Draußen wurde es zunehmend unangenehmer. Nebel machte sich breit und Regen und Kälte kamen über die Hardangervidda. Dafür sorgte drinnen der inzwischen heißgelaufene Kamin für Wärme und Beschaulichkeit. Am Ende des langen Esstisches hing an der Wand eine große topografische Karte der Umgebung, und hier stand ich nun mit Hans während er die Sache mit der Brücke erläuterte. Fünf Minuten später war mir klar, dass wir vor einem Problem standen. Wir drei setzten uns an den Tisch und besprachen die Lage. Folgendes war passiert:
Ein Stück der Gletscherzunge Rembesdalsskåki muss ein, zwei Tage vor uns aus dem Eis gebrochen sein. Dieser Eisbrocken hat die Laufrichtung eines größeren Gletscherflusses geändert und strategisch sinnvoll platzierte Brücken damit hinfällig gemacht. Mit anderen Worten: Die Brücke war weder verschwunden noch kaputt, sie stand schlicht und ergreifend am falschen Ort. Und ja, genau diese Brücke mussten wir überqueren, wenn wir unsere Reise fortsetzen und Liseth als nächstes Etappenziel erreichen wollten. Eine Alternativroute existiert an dieser Stelle nicht, denn östlich des Flusses liegt der unüberwindbare Hardangerjøkulen und westlich begrenzt ein Fjord die Landschaft. Dazwischen ruht der Rembesdalsvatnet, für dessen Überquerung ein Boot gebraucht wird und dieses lag am gegenüberliegenden Ufer. Nach dem Studium der an der Wand angebrachten Karte ergaben sich drei Möglichkeiten.
Erste Option: Umgehung der Problemzone über Fjord und Fjell. Rembesdalseter liegt an einem Stausee, dessen Staumauer das Ende eines vom Meer ausgehend stark ansteigenden Tals markiert. Dieses Tal abzulaufen würde unseren Zeitrahmen sprengen. Auf der anderen Seite schließt die Mauer an einem Berg ab, dessen Flanke direkt in den See führt. Vielleicht wäre es also möglich den Gletscherfluss zu umgehen indem wir auf der Mauer entlang und anschließend in Ufernähe bleibend einen Weg zur ursprünglichen Route finden würden. Diese Variante würde unvorhersehbar und riskant sein, denn keiner von uns wusste wie steil die Flanke tatsächlich ist, und querfeldein über ein norwegisches Fjell zu wandern ist sowieso eine ganz schlechte Idee.

Offizielle Wegführung über ein Geröllfeld. Wie riskant würde eine Variante querfeldein sein?
Zweite Option: Furten des Gletscherflusses. Hans war schon tagsüber am Fluss gewesen um nach einer geeigneten Stelle Ausschau zu halten und stieß auf bis zu zwei Meter schmale Abschnitte, die aber zu breit waren um hinüber zu springen. Zum Furten sind diese völlig ungeeignet, da schmale Abschnitte mit starker Strömung und hoher Wassertiefe einherkommen. Er vermutete ab etwa 30 bis 40 Meter Breite wäre eine Querung realistisch, allein aber zu riskant. Der Bereich der Mündung war kein Thema, zu steil und zu groß die Gefahr in den See zu fallen. Mut machte uns, dass laut Hans drei Holländer am frühen Morgen das Haus in Richtung Liseth verlassen haben und nicht zurückgekommen sind. Das bedeutet, sie haben den Fluss wahrscheinlich erfolgreich überwunden. Gedankenverloren schaute ich aus dem Esszimmerfenster hinaus. Am gegenüberliegenden Ufer schoss das Gletscherwasser schäumend in den Rembesdalsvatnet, was trotz der Entfernung von 1200 Meter gut von unserer Hütte zu sehen war. Und zu hören! Erst jetzt realisierte ich die wuchtigen Ausmaße des Flusses, der dem nur wenige 100 Meter dahinter liegenden Hardangerjøkulen entspringt.

Außen hart, innen ganz weich: Raues Gelände beherbergt nicht selten empfindliche Vegetation.
Dritte Option: Abbruch der gesamten Tour und zurück nach Finse. Erneut zu scheitern wie damals auf dem Dovrefjell, das wäre bitter und das wollten wir unbedingt vermeiden. Insgeheim war jedoch klar, dass wir diese letzte Option im Zweifelsfall akzeptieren mussten. Und dann? An den restlichen Tagen hätten wir ein paar Tagesausflüge im Norden der Hardangervidda unternehmen können. Aber selbst die Umrundung des Hardangerjøkulen, eine ebenso beliebte Tour über drei Tage, wäre wegen der neuen Laufrichtung des Flusses nicht mehr möglich gewesen. Nein! Wir würden vorher alle denkbaren Möglichkeiten überprüfen!

Ruhig gelegenes Plätzchen voller Sumpfblumen.
Wir grübelten weiterhin nach einer akzeptablen Lösung als die Tür aufsprang und ein älterer Kerl mit wettergegerbtem Gesicht die Hütte betrat. Sein markantes Aussehen und sein Dialekt ließen es bereits erahnen und als wir uns vorstellten bestätigte sich die Vermutung: Vor uns stand Kevin aus Melbourne, der seit 30 Jahren im Süden Norwegens lebt, seine Pension von Statoil genießt und sich fragte, weshalb wir hier alle so technisch tun. Tja, nur wenige Minuten später saß auch er am massiven Holztisch und grübelte mit uns. Insgeheim war aber allen klar, dass zunächst nur die zweite Option in Betracht gezogen werden konnte. Also wurde entschieden es am frühen Morgen drauf ankommen zu lassen - je früher der Morgen, desto niedriger der Wasserpegel. Auf der Karte schätzten wir die optimale Stelle, an der der Fluss günstig zu queren sein müsste, was relativ nah an der Gletscherwand lag. Kevin fand derweil ein längeres Seil im Schuppen neben dem Plumpsklo, mit dem wir uns im Falle einer Querung zumindest ein klein wenig absichern würden können. Dabei erkannte er in der Ferne zwei Wanderer, es mussten die Stuttgarter sein, und versuchte sie vor den Tatsachen zu warnen und sich uns am Morgen anzuschließen, doch die beiden waren zu weit entfernt.

Alles da: Holzofen, Gasherd, Vorratsschrank...
Nach der groben Vorplanung blieb sogar noch etwas Zeit die Gegend um die Hütte und das Seeufer zu erkunden, bis das langsam schwindende Tageslicht die Dämmerung ankündigte. Unsere Reisezeit lag fast genau zwischen der Sommer- und Wintersonnenwende, so dass die Dämmerungszeiten denen in Norddeutschland ähnlich waren - Mitternachtssonne oder Winterdunkelheit waren diesmal kein Thema. Die aufgestellten Kerzen auf den Tischen brachten nur ein schummriges Licht in die Hütte und ließen die Müdigkeit umso schneller aufkommen. Ohne Strom wurde es eben einfach dunkel. Die Atmosphäre war geradezu heimelig: Im Wohnbereich lauschten wir dem Kaminfeuer oder stöberten in Büchern über die norwegischen Hochgebirge, die die kleine Wandbibliothek bereit hielt. Nach und nach verschwanden alle in ihren Kojen, bis gegen 21 Uhr 30 das Feuer nur noch leicht vor sich hin glimmte. Ich löschte die Kerzen und verschwand ebenfalls, denn der Wecker war auf 5 Uhr 45 gestellt. Zugegeben, ich konnte nicht besonders gut einschlafen. Zu viele Gedanken kreisten in mir. Wie würde der Tag morgen ausgehen? Wie geplant in Liseth oder erneut hier in Rembesdalseter? Eine Furt dieser Größenordnung hatten wir noch nie gewagt, und dazu im nur wenige Grad kalten Eiswasser, wenige Meter vor dem Gletscher! Der nächste Tag würde spannend und vermutlich sehr nass werden.
Reisebericht als PDF?
Weitere Bilder und Kartenmaterial?
Hallo zusammen,
seit einiger Zeit habe ich wieder einen ausführlichen Reisebericht zu einer meiner besten Trekkingtouren online gestellt. Ich gebe zu, der Bericht ist detailliert

Viel Spaß beim Lesen!
Eckdaten
Gebiet: Hardangervidda (Norwegen)
Zeitraum: 30. August bis 9. September 2014
Route: Finse • Rembesdalseter • Liseth • Hedlo • Hadlaskard • Torehytten • Hårteigen • Litlos • Hellevassbu • Haukeliseter
Anspruch: Fordernde Trekkingtour über die größte Hochebene Europas bei nordischem Klima und rauher Natur.
Höhepunkte: 150 Kilometer Nebel, Regen, Sumpf und Wildnis • Jedermannsrecht • Hårteigen • Gletscherflussdurchquerung • abgelegene Holzhütten • Berglemminge und Pulloverschweine
Zurück nach Norwegen
Samstag, 30. August und die Monate davor
Über vier Jahre war es jetzt her, als meine erste Norwegen-Tour gründlich in die Hose ging und mit einem Helikopterflug durch die Täler des Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark abrupt endete. Entsprechend aufgeregt war ich bei der Vorbereitung der diesjährigen Trekkingtour, denn die rauhe Natur, das unberechenbare Wetter und die langen, schroffen Etappen über Stock und Stein waren noch gut in meiner Erinnerung. Die Bedenken waren weniger sportlicher Natur als viel mehr, dass ein weiterer Unglücksfall mir den Spaß an diesem Land nachhaltig nehmen könnte, und das wollte ich auf keinen Fall, denn Norwegen war genau mein Ding. Alleinsein in der unberührten Natur und ein hohes Maß an Freiheit dank Jedermannsrecht, ohne Massentourismus und künstlichen Zivilisationsresten am Wegesrand, wie das leider in Korsika auf dem GR-20 manchmal vorkam.

Zurück nach Norwegen: Ein Foto aus 2010 im Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark.
Nach kurzer Recherche entschieden wir uns für die Hardangervidda, der größten Hochebene Europas und den Ort, wo Amundsen und Scott für den Südpol trainierten. Allerdings taten sie das im Winter, wenn auf der Hardangervidda bis zu 40 Grad Celsius unter Null herrschen. Wir hingegen wollten die einzigen zwei Monate nutzen, in denen es auf der Hochebene grünt und blüht: August und September. Der Juni und teils auch der Juli sind in den Gebirgen und Hochebenen Norwegens die Zeit der großen Schmelze. Eine Zeit, in der noch unzählige Altschneefelder die Landschaft verzieren, in der die Gletscher zur Ader gelassen werden und die Bäche und Flüsse ihr Jahreshoch erreichen. In diesen Monaten kann es auch auf bekannten Wegen gefährlich werden, vor allem ohne alpiner Erfahrung. Diesen Fehler hatten Marcel und ich vor vier Jahren gemacht, als wir viel zu früh, im Juni, ins Dovrefjell aufbrachen. Das sollte uns kein zweites Mal passieren! Die Hardangervidda liegt südöstlich von Bergen in der Provinz Hordaland und lässt sich vollständig von Nord nach Süd oder von Ost nach West queren, wobei die etwas schwierigeren Passagen im Nordwesten liegen. Wer den Gletscher Hardangerjøkulen aus der Nähe bestaunen möchte und ein paar Höhenmeter mehr nicht scheut, der sollte die Nord-Süd-Querung von Finse nach Haukeliseter wählen. Wir hatten uns nach einigem Hin und Her dafür entschieden, auch weil uns der Kontrast des Gletschers zum trockenheißen GR-20 aus dem Vorjahr reizte.
Norwegen ist ein Königreich mit gerade einmal 5 Millionen Einwohnern, die größtenteils germanische Wurzeln haben. Die Sprache wurde stark vom Mittelniederdeutschen geprägt, dem früheren Norddeutschland und den Niederlanden, und weist zahlreiche Ähnlichkeiten mit dem uns bekannten Deutsch auf. An dieser Stelle erst einmal ein ganz kleines Wörterbuch mit den wichtigsten Begriffen aus der norwegischen Bergwelt:
- Auberge – Herberge
- Adjø! – Auf Wiedersehen!
- Bål – Lagerfeuer
- Bekk – Bach
- Bondegård – Bauernhof
- Dal – Tal
- Eisfeld – Eisfeld
- Elv – Fluss
- Fjell – Berg, Gebirge
- Fjellpass – Gebirgspass
- Fjellrygg – Bergrücken
- Fjord – Fjord, Förde, Meeresarm
- God natt! – Gute Nacht!
- Hei! – Hallo!
- Hytte – Berghütte
- Jøkulen – Gletscher
- Kampestein – Felsbrocken
- Klopp – Brücke, Steg
- Nut – Gipfel, Spitze
- Øl – Bier
- Peis – Kamin
- Sentralstasjon – Hauptbahnhof
- Sovesal – Schlafsaal
- Storm – Sturm
- Turgåing – Trekking, Wandern
- Vatnet – See
- Vegen – Straße, Weg
- Vidda – Plateau
Wie schon viele Male zuvor organisierten wir unser Gepäck sehr sorgfältig, wogen einmal gedanklich und einmal mit Küchenwaage jedes einzelne Teil unserer Ausrüstung ab um möglichst im Bereich der 20 Kilogramm zu bleiben. Obwohl uns die norwegischen DNT-Hütten hinsichtlich Proviantvorrat noch außerordentlich positiv in Erinnerung waren, planten wir Lebensmittel für mindestens sechs Tage ein, denn wer wusste schon, ob auch am Ende der Saison genügend Proviant in den Hütten vorrätig sein würde. Davon abgesehen wollten wir möglichst autark unterwegs sein und die Freiheit haben jederzeit unser Lager aufschlagen zu können. Der DNT, Den Norske Turistforening, ist übrigens der norwegische Wanderverein und die größte Organisation des Landes für Outdoor-Aktivitäten. Auch wir haben uns eine Mitgliedschaft überlegt, bei der einem ein Schlüssel für weitere Selbstverpflegerhütten zur Verfügung gestellt wird und ein großzügiger Rabatt auf allen DNT-Hütten lockt. Da die meisten Hütten bis Mitte September aufgeschlossen sind und wir sowieso mit Zelt unterwegs waren, haben wir darauf verzichtet. Für längere Touren im Fjell und in den Wintermonaten ist es aber sicher von Vorteil ein DNT-Mitglied zu sein. Am Vorabend der Hinreise waren die Rucksäcke schließlich gepackt und meiner wog, wie fast immer, um die 20 Kilogramm; leider noch ohne Wasser, aber das gibt es in Norwegen in groben Mengen und von astreiner Qualität. Ein letztes Telefonat zwischen Freiburg und Dresden und schon war der nächste Morgen da.
Gegen 8 Uhr schlenderte ich ins Bad und spulte das übliche Morgenprogramm ab während Marcel bereits drei Stunden im Zug saß. Es geht doch nichts über eine Hochgeschwindigkeitsanbindung an den Flughafen Frankfurt. Kurz nach 13 Uhr trafen wir uns im Fernbahnhof und 16 Uhr 30 sollte unser A320 der Lufthansa auf das Feld rollen. Das war spät, hoffentlich nicht zu spät um noch Gaskartuschen und Mückenschutz in Oslo kaufen zu können, denn Flüssiggas ist in Flugzeugen tabu und in Skandinavien wirksame Mückenschutzmittel sind in Deutschland verboten. Die Zeit verlief zäh, eine Stunde später am Terminal zu sein hätte mit Sicherheit auch gereicht, obwohl, nur weil die Bahn einmal einen guten Tag hatte... Im Wartebereich von Gate 34 saßen überwiegend Geschäftsleute. Typen mit Trekkingrucksack und Wanderstiefel gab es nicht und dementsprechend sind wir aufgefallen. Ich erinnere mich noch an den Flug nach Korsika, bei dem fast alle in Wanderausrüstung unterwegs waren und Reisende im Anzug wie ein Tukan im Zoo angestarrt worden. Die entgegengebrachte Aufmerksamkeit war jedoch schnell verschwunden als ein Kerl mittleren Alters mit mehreren hundert Piercings und zwei anoperierten Hörnern als Fleisch gewordener Satan zu den Fluggästen stieß. Wir waren also am richtigen Gate, hier ging es zu den nordgermanischen Naturgöttern, zu den Wikingern, hier ging es nach Norwegen. Nach gut zwei Stunden über den Wolken, und mehr war von oben zu keiner Zeit zu sehen, landeten wir bei mittleren Turbulenzen auf dem Flughafen Oslo-Gardermoen.

Expresszug von Oslo-Gardermoen ins Zentrum.
Ruhig, sauber und überschaubar passt Oslo-Gardermoen hervorragend zur heimeligen Bauweise der Norweger. Wir lösten zwei Tickets für den Expresszug in die Stadt und sahen schon wenige Minuten später die graue Landschaft an uns vorbeifliegen. Nur zwei Stationen bis Oslo Sentralstasjon! Der Regen knallte gegen die Fenster des Zuges während wir Lillestrøm passierten. Nach den Beobachtungen vom Flugzeug aus würden wir heute keinen Sonnenstrahl mehr sehen. Um 19 Uhr 30 fuhren wir im Hauptbahnhof Oslo ein. Jetzt mussten wir uns sputen um noch an Gaskartuschen und Mückenschutz zu kommen. Direkt neben dem Haupteingang gelegen fanden wir die Einkaufspassage recht schnell und keine Minute zu früh, denn die Verkäufer reinigten bereits die Stellflächen und machten sich fertig für das anstehende Wochenende, es war Samstag Abend. Einen ordentlich sortierten Outdoor Shop gab es hier natürlich auch. Perfekt! Kurz bei der freundlichen Verkäuferin nachgefragt und wir wurden in die hinterste Ecke des Ladens gelotst. Eine riesige Auswahl an Gaskartuschen baute sich vor uns auf: Geschraubt, gestochen oder gesteckt und in allen möglichen und unmöglichen Größen. Wir benötigten jeder eine Schraubkartusche mit etwa 250 Gramm Inhalt, das erschien uns ausreichend für eine Woche und niemand möchte unnötigen Ballast in Form von Flüssiggas mit sich herumschleppen. Als die Einkäufe erledigt waren aßen wir zwei Stück Pizza beim ansässigen Italiener und liefen anschließend zu unserem nur knapp 900 Meter entfernten Anker Hostel. Inzwischen war es 22 Uhr und nachdem die Formalitäten und Vorbereitungen für den nächsten Tag geklärt waren verschwanden wir in unseren Betten. Der Zug Richtung Bergen nach Finse sollte kurz nach 8 Uhr gehen und der Wecker war auf 6 Uhr 30 gestellt.
Erster Kontakt mit der Hochebene
Sonntag, 31. August | Oslo - Finse - Finsevatnet
Endlich klingelte der Wecker! Die Nacht war laut. Unser Hostel befand sich in einem eher ärmeren Viertel von Oslo, zentrumsnah genug um einen erholsamen Ruhepegel niemals zu erreichen. Wir beide waren eben keine Stadtkinder! Jeder hat seine vorerst letzte warme Dusche genossen und als die Rucksäcke aufgesattelt waren liefen wir zügig zur Sentralstasjon, denn gefrühstückt hatten wir bis jetzt noch nicht. Ein Sandwich, zwei beschmierte Brote und eine Banane - damit ausgerüstet begaben wir uns auf Gleis 3 und stiegen nach ein paar Unklarheiten, ob die daheim ausgedruckten Ticketnummern ohne Weiteres gültig seien, in die Bergenbahn ein. Pünktlich um 8 Uhr 5 begannen wir uns in Richtung Finse zu bewegen und schon nach wenigen Minuten zog die norwegische Wildnis an unserem Fenster vorbei während die belegten Brote endlich ausgepackt wurden. Die Bergenbahn gehört zu den schönsten Eisenbahnstrecken der Welt, und das konnten wir nach wenigen Minuten bestätigen. Unzählige Seen, dunkle Wälder, in Nebelschwaden getauchte Sumpflandschaften... fast vergaß ich mein letztes Brot zu essen. Mit Spannung verfolgten wir die regelmäßigen Änderungen der Außentemperatur auf der Anzeigetafel, die inzwischen von 16 Grad Celsius in Oslo bis auf 10 Grad in Geilo gesunken war. Draußen wurde es also langsam frischer! Als wir mit 10 Minuten Verspätung in Finse eintrafen zeigte die Tafel zuletzt 8 Grad an, gefühlt waren es aufgrund des Windes eher 0 Grad.

Bahnhof Finse mit dreirädriger Fahrraddraisine.
Verwöhnt vom heimischen Hochsommer zogen wir sofort alles an, was wir an warmen Klamotten dabei hatten: Mütze, Schal, Fleece und Handschuhe, dafür waren wir ausreichend gerüstet, gerade so. In Norwegen kann man nicht genug warme Sachen mitnehmen! Nur fünf bis sechs Leute haben in Finse den Zug mit uns verlassen, der Großteil stieg in Geilo aus oder ist weiter Richtung Bergen gefahren. Zwei von ihnen verschwanden gleich im Bahnhofsgebäude, und viel mehr gab es hier auch nicht. Eine hervorragende Idee! Da wir wegen der bereits fortgeschrittenen Stunde sowieso nur einen kleinen Teil der ersten Etappe laufen können würden, taten wir es den beiden gleich und wärmten uns für 30 Minuten im Warteraum auf. Nach kurzer Unterhaltung mit den Deutschen - es hatte sich herausgestellt, dass die beiden, Katja und Johannes, aus Stuttgart kamen und die gleiche Tour bis Haukeliseter planten - stellten wir unsere Teleskopstöcke ein und verließen das wohl beheizte Haus. Die erste Etappe verläuft entlang des Sees Finsevatnet, vorbei am Hardangerjøkulen und hinauf auf den Dyrhaugane (1538 m) bis nach Rembesdalseter. Eine neunstündige Tour und 25 Kilometer über die Hochebene, sehr lange Tagesstrecken sind in Norwegen keine Seltenheit. Das alles ist kein Problem, denn man kann jederzeit pausieren und sein Zelt aufschlagen. Kompliziert ist oft eher die Suche nach einem windgeschützten, ebenen Platz und das war nach unserer Vorab-Recherche auf dieser Etappe der Fall. Die vorerst letzte für das Zelten geeignete Stelle, die nicht einzig und allein von Geröll und Felsgestein dominiert wurde, sollte schon nach den ersten fünf Kilometern in Sicht kommen, am anderen Ende des Finsevatnet. Wie glaubwürdig diese Aussage war würden wir später vor Ort prüfen und die Wegstrecke entsprechend anpassen, doch das Risiko im Dunkeln über die Hardangervidda wandern zu müssen wollten wir nicht eingehen. Wir liefen los in Richtung des ersten roten sichtbaren T. Unsere Nord-Süd-Querung der Hardangervidda hatte begonnen.

Norwegische Blockhütte am Ufer des Finsevatnet.
Bereits nach wenigen Metern lässt man Finse hinter sich und kann frisches Wasser am Ufer des Finsevatnet tanken. Überhaupt kommt es einem hier vor, als würde das Gebiet mehr aus Wasser statt aus Land bestehen, als müsste ein Weg von Insel zu Insel gefunden werden. Die Wolken lagen tief und immer wieder erreichte eine Nebelschwade die Erdoberfläche. Zu Beginn geht es auf dem Rallarvegen, einem alten Transportweg, an einzelnen Blockhütten vorbei, die den Einheimischen als Sommer- oder Winterresidenz dienen. Interessanterweise sind diese Hütten im Sommer nur mit einer dreirädrigen Fahrraddraisine zu erreichen. Diese skurrilen Schienenfahrräder entdeckten wir vereinzelt neben den parallel zum Rallarvegen verlaufenden Bahngleisen. Im Winter sind die Blockhütten, wie für Norwegen typisch, nur mit Ski zu erreichen. Kurz darauf war es dann soweit: Wir hielten vor einem Holzschild, welches mitten in die Pampa zeigte und auf dem Rembesdalseter geschrieben stand. Ein schmaler Pfad zweigte vom breiten Rallarvegen ab und verlief querfeldein über Stock und Stein. Das war unser Weg, unser Trail, wir hatten unser Gleis gefunden.

Befestigte Hängebrücke über den Fluss Sandåi.
Es dauerte nicht lang und die erste Hängebrücke kündigte sich mit leichtem Getöse des Flusses Sandåi an. Landschaftlich hat sich nach diesen ersten Kilometern einiges geändert. Die sumpfigen Grasbüschel wichen mehr und mehr einem scharfkantigen Gesteinsboden, der zwar ausreichend Haftung bot, jedoch auch das immer weniger zum Zelten geeignete Gebiet ankündigte. Ein durch den Wind gedämpftes Quieken drang an mein Ohr. Was war das? Egal, Marcel stieg über die Brücke während ich noch eifrig Fotos von der inzwischen schroffen Landschaft schoss. Sobald Marcel auf der anderes Seite des Sandåi war packte ich meine Kamera ein und kletterte selbst auf die gut zwei Meter über dem Boden hängende Sommerbrücke. Ich vermutete, dass die Norweger gute Gründe hatten, diese Brücke so überraschend hoch über den kleinen Fluss zu bauen. Wahrscheinlich war der Sandåi nicht zu jeder Zeit so friedlich und konnte bei ordentlicher Schneeschmelze ganz andere Dimensionen annehmen. Übrigens werden die Sommerbrücken, wie es der Name schon vermuten lässt, nur in den Sommermonaten ab Mitte Juni aufgebaut und Ende September wieder abgebaut; davor und danach muss jeder selbst sehen ob und wie er die vielen Flüsse passieren kann.
Jetzt war es soweit. Kurz nach der Querung des Flusses sahen wir, wie sich ein großer, unumgehbarer Bergrücken vor uns aufbaute und hinauf zur Hochebene führte, hinauf zum Hardangerjøkulen. Zu unserer Linken rauschte ein weiterer Fluss, der Ustekveikja, der an dieser Stelle in den Finsevatnet mündet. Wenn wir uns nicht versahen, dann lag hier die vielleicht letzte für das Zelten geeignete Wiese. Als der Wind immer eisiger wurde und es zu tröpfeln anfing brauchte es keine große Diskussion um zu entscheiden, dass wir unser Lager hier aufschlagen sollten. Die stellenweise sumpfige Wildwiese befand sich in einer windgeschützten Senke, die leicht abfallend zum Ufer des 50 Meter entfernten Ustekveikja führte. Schnell waren die Zelte aufgebaut und die Ausrüstung im Trockenen verstaut als das Tröpfeln zu einem lästigen Nieseln überging. Marcel hatte bereits seinen Kocher angeworfen während ich frisches Wasser vom Fluss holte und ein paar Aufwärmübungen machte. Mein MSR Reactor blieb aber auch nicht länger unbenutzt und ich bereitete mir eine Portion Käsespätzle von Knorr zu. Das Thema Outdoornahrung hatten wir beide abgehakt. Egal ob Globetrotter Lunch, Cathay Pemmikan oder Farmer's Outdoor, sie alle schmeckten uns nicht wirklich gut und waren dafür einfach überteuert. Dann lieber die Pasta-Gerichte von Knorr und Maggi für 1,69 € aus dem Supermarkt.

Gut geeignet zum Biwakieren: Eine Senke mit weichem Untergrund an einem breiten Fluss.
Als wir unsere warme Mahlzeit zu uns nahmen sahen wir vereinzelt Tageswanderer auf dem Weg zurück nach Finse laufen. Nach Rembesdalseter lief hingegen niemand... bis jetzt. Zwei Personen entdeckte ich auf der Brücke, und es waren die beiden Deutschen aus Stuttgart. Als sie unser Lager erreichten unterhielten wir uns kurz und fanden heraus, dass sie noch ein bis zwei Stunden weiter laufen wollten. Wir erzählten ihnen von unserer Vorab-Recherche und kurzerhand entschlossen auch sie sich ihr Zelt am Ustekveikja aufzubauen. Schon 16 Uhr 30 waren wir mit allem fertig, dem Zeltaufbau, dem Abendbrot und dem spülmittellosen Reinigen der Töpfe im kalten Flusswasser. Auf dem GR-20 käme jetzt die Zeit der Entspannung, das Sonnen auf einem Felsvorsprung oder Baden in einem Wasserloch. Das alles kam wie aus einer anderen Welt, einer anderen Realität. Das Nieseln wurde stärker, die Nebelschwaden drückten sich den Bergrücken hinunter, der hellgraue Himmel vom Vormittag wurde zu einem dunkelgrauen und bedrohlich wirkenden Hintergrund und die Temperaturen fielen spürbar und kühlten uns aus. Wir verschwanden in unseren Zelten. Ich zog mir mein wärmstes Fleece an, kroch ganz tief in den Schlafsack und lauschte, wie der Regen draußen stärker wurde und gegen die Zeltwand trommelte. Zwei Stunden später verließen wir noch einmal die nun aufgewärmten Zelte und erkundeten die Umgebung. Ein kleines, blaues Himmelsloch öffnete sich in der sonst so massiven Wolkendecke, sendete uns einzelne Sonnenstrahlen hindurch und schloss sich rasch wieder. Wir schossen ein paar Fotos von den umliegenden und mit Flechten bewachsenen Felsen während sich die graue Wolkendecke verfinsterte und unsere erste Nacht auf der Hardangervidda anbrach. Zurück im Zelt schrieb ich die ersten Eindrücke in meinem Reisetagebuch nieder. Die ersten Meter der insgesamt 150 Kilometer waren geschafft und würden die morgige Etappe ein wenig verkürzen. Alles war bisher nach Plan verlaufen.
Der Hardangerjøkulen
Montag, 1. September | Finsevatnet - Rembesdalseter

Pragmatisch: Einzelne Bretter, teils angeknackst, halten auf der Hardangervidda als Brücke her.
Kalt war die Nacht gewesen, dafür aber relativ trocken. Einige Male bin ich zwischendurch aufgewacht und als der Wecker 6 Uhr 30 lospiepte blieb ich dann auch wach. Es folgte das altbewährte Ablaufschema und eine Stunde später verpackten wir die letzten Ausrüstungsteile in unseren Rucksäcken während sich erste Regungen im Stuttgarter Nachbarzelt bemerkbar machten. Nach einem gemeinsamen Gruppenfoto verabschiedeten wir uns voneinander und wünschten einen angenehmen Wandertag bis Rembesdalseter, unserem gemeinsamen Zielort für diesen Tag. Jetzt waren wir bereit für den Aufstieg zum Hardangerjøkulen, dessen Westseite wir heute passieren würden, und 7 Uhr 50 machten wir uns schließlich auf den Weg. Nach fünf Minuten überquerten wir bereits den Ustekveikja, der sich etwas höher gelegen aus mehreren Einzelflüssen speist. Stabile Brücken wie am Vortag wurden inzwischen zur Ausnahme. Angesagt waren viel mehr einzelne Bretter, mit einer Eisenstange äußerst pragmatisch am Boden fixiert. Mein Blick war zunächst skeptisch, diese Norweger... da einfach so ein schmales Brett hinzulegen, aber schon nach wenigen Brettern hatten wir uns an den Balanceakt gewöhnt und waren dankbar, dass es überhaupt solche Möglichkeiten gab. Und auch lose daliegende, in der Mitte angeknackste Exemplare hatten ihren Reiz nachdem sie unbeschadet überschritten wurden.

Beeindruckend: Erster Blick auf die Gletscherzunge Ramnabergbreen des Hardangerjøkulen.
Das erste Schneefeld ließ nicht lange auf sich warten, während des Aufstiegs zum Dyrhaugane querten wir einen vereisten Hang. Ein weiteres Altschneefeld verlief besonders steil und stach direkt in einen Bergsee, wo es sich unter der eisblauen Wasseroberfläche in die Tiefe fortsetzte. Ein beeindruckendes Schauspiel, das wir bewusst aus einigen Metern Abstand beobachteten, als wir das Feld mit tief ins Eis geschlagenen Stöcken durchschritten um nicht versehentlich abzurutschen und im See zu landen. Erinnerungen an unsere Erlebnisse auf dem Dovrefjell wurden geweckt. Die Blicke, die sich uns offenbarten als wir oben ankamen, lassen sich kaum mit Worten beschreiben. Abstrakte Eisgebilde, von Wind und Wetter geformt, starren uns an wie Säulen eines antiken Palasts. Eine kolossale Eismasse baut sich auf am Horizont - der Hardangerjøkulen. Genauer gesagt, der untere Teil einer Gletscherzunge des Hardangerjøkulen. Ein kühler Hauch schwang uns entgegen. Das schimmernde Blau des Gletschereises sah nicht nur eisig aus, es strahlte auch eine eindeutig fühlbare Kälte ab, obwohl die beobachtete Gletscherzunge Ramnabergbreen fast einen Kilometer entfernt war. Von hier oben zeigte sich uns der Gipfel des Ramnabergnuten (1729 m) sowie ein großer Teil der nördlichen Hardangervidda, und erst hier bemerkten wir in aller Seelenruhe: Wir waren allein. Weit und breit niemand außer uns. Nur das Pfeifen des Windes über die Bergkuppen, abgekühlt von einem Jahrtausende alten Eispanzer.

Ice Age im Sommer: Abstrakte Eisgebilde, von Wind und Wetter geformt, zieren unseren Weg.
Über den Bergrücken des Dyrhaugane wanderten wir eine recht steinige, canyonartige Passage hinab. Zum zweiten Mal tönte ein filigranes Quieken von weit her, diesmal ungedämpft, oder kam es ganz aus der Nähe? Einen Augenblick später sah ich ihn: Ein Berglemming bahnte sich seinen Weg durch die Gräser, keine zwei Meter von mir entfernt und im nächsten Augenblick zwischen zwei Steinen verschwunden. Putzig, flink, etwas größer als eine Maus und mit erdigen Farben gemustert. Mehr konnte ich nach dieser ersten Begegnung nicht ausmachen, denn meine bisherige Erfahrung mit Lemmingen beschränkte sich auf das gleichnamige Computerspiel für den Commodore. Wir drangen immer tiefer ein in die Region des Hardangerjøkulen. Die Hälfte der Strecke bis Rembesdalseter lag hinter uns als wir nach vier Stunden dem einzigen Menschen auf dieser Etappe begegneten. Ein kurzes Hei und weiter gings. Der canyonartige Abstieg mündete in einen flachen Bergkessel, der, windgeschützt und an einem kleinen See gelegen, einen wunderbaren Zeltplatz abgegeben hätte. Zwischen den Bergspitzen Raudhaugane (1450 m) und Luranuten (1642 m) verlief der Weg über einen weiteren Bergrücken steil und auf glatt poliertem Gestein bergab. Noch auf halber Höhe entdeckten wir den Stausee Rembesdalsvatnet und erkannten wenige Minuten später die DNT-Hütte Rembesdalseter. Kaum das Ziel vor Augen stieg unsere Euphorie und damit unsere Laufgeschwindigkeit, denn auch der Appetit auf etwas Richtiges machte sich langsam in uns breit. Doch die plötzlich dicht gewachsene Vegetation und die teils stark abschüssigen Pfade kosteten uns eine weitere Stunde bis wir die idyllisch am Stausee gelegene Hütte um 15 Uhr 30 zur Vordertür betreten konnten.
Ich hatte sie vermisst, die norwegischen Berghütten. So gemütlich, so sauber und so abseits jeglicher Zivilisation. Da könnte ein Krieg über Europa ausbrechen - hier würde man noch Monate überleben können. Nachdem wir die massive Holzhütte betreten hatten fanden wir uns in einem kleinen Vorraum wieder. Wir legten unsere Schuhe ab - dreckige Ausrüstungsgegenstände sind in den Innenräumen tabu - und öffneten die Tür zum Aufenthaltsraum. Am Esstisch gegenüber des Kamins saß ein hagerer Mann mittleren Alters, der Hans aus Kopenhagen. Ansonsten war die mit 18 Betten ausgestattete, auf drei Zimmer aufgeteilte Hütte leer. Wir suchten uns ein Zimmer aus, das mit dem Blick zum See sollte es sein, und versuchten uns alle drei an dem Kamin. Was man nicht im Alltag braucht, das verlernt man eben, und so dauerte es geschlagene 20 Minuten bis das Feuer endlich brannte. Währenddessen erzählte uns Hans immer wieder was von einer Brücke, die nicht mehr da sei. Oder von einer beschädigten Brücke? So richtig erschloss sich uns der Inhalt erst später, denn Hans wollte unbedingt auf Deutsch mit uns kommunizieren, und das war zu Beginn nicht ganz einfach. Es wurde Zeit für unser Abendbrot!

Die Hütte Rembesdalseter am Rembesdalsvatnet.
Die Kochecke war mit ausreichend Töpfen, Geschirr, Besteck und einem vierflammigen Gasherd gut ausgestattet, so dass ich meine Kartusche schonen konnte. Sogar frisches Wasser vom See stand in einem großen Eimer bereit und schon nach zehn Minuten brodelte eine leckere Mischung aus Pasta und Broccoli dampfend in dem schweren, eisernen Topf. Jetzt noch etwas Brot und ein Desert... die Lebensmittelvorräte! Ich öffnete die an den Wänden festgemachten Holzschränke und kaufte mir eine Packung Wasa Knäckebrot sowie eine Dose Ananas zum Nachtisch. Die Auswahl an Lebensmitteln war zwar nicht mehr so üppig wie zu Beginn der Saison, aber den einen oder anderen Leckerbissen fand man dennoch. Die Bezahlung erfolgt, wie in allen Selbstversorgerhütten, auf Vertrauensbasis und einem Tresor, in den man das ausgefüllte Kreditkartenformular oder Bargeld einwirft. Draußen wurde es zunehmend unangenehmer. Nebel machte sich breit und Regen und Kälte kamen über die Hardangervidda. Dafür sorgte drinnen der inzwischen heißgelaufene Kamin für Wärme und Beschaulichkeit. Am Ende des langen Esstisches hing an der Wand eine große topografische Karte der Umgebung, und hier stand ich nun mit Hans während er die Sache mit der Brücke erläuterte. Fünf Minuten später war mir klar, dass wir vor einem Problem standen. Wir drei setzten uns an den Tisch und besprachen die Lage. Folgendes war passiert:
Ein Stück der Gletscherzunge Rembesdalsskåki muss ein, zwei Tage vor uns aus dem Eis gebrochen sein. Dieser Eisbrocken hat die Laufrichtung eines größeren Gletscherflusses geändert und strategisch sinnvoll platzierte Brücken damit hinfällig gemacht. Mit anderen Worten: Die Brücke war weder verschwunden noch kaputt, sie stand schlicht und ergreifend am falschen Ort. Und ja, genau diese Brücke mussten wir überqueren, wenn wir unsere Reise fortsetzen und Liseth als nächstes Etappenziel erreichen wollten. Eine Alternativroute existiert an dieser Stelle nicht, denn östlich des Flusses liegt der unüberwindbare Hardangerjøkulen und westlich begrenzt ein Fjord die Landschaft. Dazwischen ruht der Rembesdalsvatnet, für dessen Überquerung ein Boot gebraucht wird und dieses lag am gegenüberliegenden Ufer. Nach dem Studium der an der Wand angebrachten Karte ergaben sich drei Möglichkeiten.
Erste Option: Umgehung der Problemzone über Fjord und Fjell. Rembesdalseter liegt an einem Stausee, dessen Staumauer das Ende eines vom Meer ausgehend stark ansteigenden Tals markiert. Dieses Tal abzulaufen würde unseren Zeitrahmen sprengen. Auf der anderen Seite schließt die Mauer an einem Berg ab, dessen Flanke direkt in den See führt. Vielleicht wäre es also möglich den Gletscherfluss zu umgehen indem wir auf der Mauer entlang und anschließend in Ufernähe bleibend einen Weg zur ursprünglichen Route finden würden. Diese Variante würde unvorhersehbar und riskant sein, denn keiner von uns wusste wie steil die Flanke tatsächlich ist, und querfeldein über ein norwegisches Fjell zu wandern ist sowieso eine ganz schlechte Idee.

Offizielle Wegführung über ein Geröllfeld. Wie riskant würde eine Variante querfeldein sein?
Zweite Option: Furten des Gletscherflusses. Hans war schon tagsüber am Fluss gewesen um nach einer geeigneten Stelle Ausschau zu halten und stieß auf bis zu zwei Meter schmale Abschnitte, die aber zu breit waren um hinüber zu springen. Zum Furten sind diese völlig ungeeignet, da schmale Abschnitte mit starker Strömung und hoher Wassertiefe einherkommen. Er vermutete ab etwa 30 bis 40 Meter Breite wäre eine Querung realistisch, allein aber zu riskant. Der Bereich der Mündung war kein Thema, zu steil und zu groß die Gefahr in den See zu fallen. Mut machte uns, dass laut Hans drei Holländer am frühen Morgen das Haus in Richtung Liseth verlassen haben und nicht zurückgekommen sind. Das bedeutet, sie haben den Fluss wahrscheinlich erfolgreich überwunden. Gedankenverloren schaute ich aus dem Esszimmerfenster hinaus. Am gegenüberliegenden Ufer schoss das Gletscherwasser schäumend in den Rembesdalsvatnet, was trotz der Entfernung von 1200 Meter gut von unserer Hütte zu sehen war. Und zu hören! Erst jetzt realisierte ich die wuchtigen Ausmaße des Flusses, der dem nur wenige 100 Meter dahinter liegenden Hardangerjøkulen entspringt.

Außen hart, innen ganz weich: Raues Gelände beherbergt nicht selten empfindliche Vegetation.
Dritte Option: Abbruch der gesamten Tour und zurück nach Finse. Erneut zu scheitern wie damals auf dem Dovrefjell, das wäre bitter und das wollten wir unbedingt vermeiden. Insgeheim war jedoch klar, dass wir diese letzte Option im Zweifelsfall akzeptieren mussten. Und dann? An den restlichen Tagen hätten wir ein paar Tagesausflüge im Norden der Hardangervidda unternehmen können. Aber selbst die Umrundung des Hardangerjøkulen, eine ebenso beliebte Tour über drei Tage, wäre wegen der neuen Laufrichtung des Flusses nicht mehr möglich gewesen. Nein! Wir würden vorher alle denkbaren Möglichkeiten überprüfen!

Ruhig gelegenes Plätzchen voller Sumpfblumen.
Wir grübelten weiterhin nach einer akzeptablen Lösung als die Tür aufsprang und ein älterer Kerl mit wettergegerbtem Gesicht die Hütte betrat. Sein markantes Aussehen und sein Dialekt ließen es bereits erahnen und als wir uns vorstellten bestätigte sich die Vermutung: Vor uns stand Kevin aus Melbourne, der seit 30 Jahren im Süden Norwegens lebt, seine Pension von Statoil genießt und sich fragte, weshalb wir hier alle so technisch tun. Tja, nur wenige Minuten später saß auch er am massiven Holztisch und grübelte mit uns. Insgeheim war aber allen klar, dass zunächst nur die zweite Option in Betracht gezogen werden konnte. Also wurde entschieden es am frühen Morgen drauf ankommen zu lassen - je früher der Morgen, desto niedriger der Wasserpegel. Auf der Karte schätzten wir die optimale Stelle, an der der Fluss günstig zu queren sein müsste, was relativ nah an der Gletscherwand lag. Kevin fand derweil ein längeres Seil im Schuppen neben dem Plumpsklo, mit dem wir uns im Falle einer Querung zumindest ein klein wenig absichern würden können. Dabei erkannte er in der Ferne zwei Wanderer, es mussten die Stuttgarter sein, und versuchte sie vor den Tatsachen zu warnen und sich uns am Morgen anzuschließen, doch die beiden waren zu weit entfernt.

Alles da: Holzofen, Gasherd, Vorratsschrank...
Nach der groben Vorplanung blieb sogar noch etwas Zeit die Gegend um die Hütte und das Seeufer zu erkunden, bis das langsam schwindende Tageslicht die Dämmerung ankündigte. Unsere Reisezeit lag fast genau zwischen der Sommer- und Wintersonnenwende, so dass die Dämmerungszeiten denen in Norddeutschland ähnlich waren - Mitternachtssonne oder Winterdunkelheit waren diesmal kein Thema. Die aufgestellten Kerzen auf den Tischen brachten nur ein schummriges Licht in die Hütte und ließen die Müdigkeit umso schneller aufkommen. Ohne Strom wurde es eben einfach dunkel. Die Atmosphäre war geradezu heimelig: Im Wohnbereich lauschten wir dem Kaminfeuer oder stöberten in Büchern über die norwegischen Hochgebirge, die die kleine Wandbibliothek bereit hielt. Nach und nach verschwanden alle in ihren Kojen, bis gegen 21 Uhr 30 das Feuer nur noch leicht vor sich hin glimmte. Ich löschte die Kerzen und verschwand ebenfalls, denn der Wecker war auf 5 Uhr 45 gestellt. Zugegeben, ich konnte nicht besonders gut einschlafen. Zu viele Gedanken kreisten in mir. Wie würde der Tag morgen ausgehen? Wie geplant in Liseth oder erneut hier in Rembesdalseter? Eine Furt dieser Größenordnung hatten wir noch nie gewagt, und dazu im nur wenige Grad kalten Eiswasser, wenige Meter vor dem Gletscher! Der nächste Tag würde spannend und vermutlich sehr nass werden.
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