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Der Kungsleden in Schweden: Hinweise vom Anfänger für Anfänger
Nach meinem Wissen wird kaum ein Wanderweg so als Klassiker verehrt und gleichzeitig als überfüllte Autobahn kritisiert wie der Kungsleden in Nordschweden. Dabei ist er interessant für Einsteiger, denn er bietet gute Erreichbarkeit und Infrastruktur.
Wir liefen von Nord nach Süd, also Beginn in Abisko, und hatten etwas mehr als eine Woche Zeit. Da ich ohne Zelt unterwegs sein wollte und in Hütten übernachten, war der Ausstiegspunkt Kvikkjokk vorgegeben, also rund 180 km Strecke. Hinter Kvikkjokk kommen Richtung Süden bis Hemavan längere Abschnitte ohne Hütten, so dass entweder Gewaltmärsche angesagt sind oder eben doch ein Zelt notwendig wird.
Wir flogen nach Kiruna. Aus dem Flugzeug geht es einige Meter zu Fuß über das Rollfeld, hinein in ein flaches Gebäude und man steht in einer Art Wohnzimmer. Vor dem Flughafen steht konsequenterweise ein Schild mit dem Hinweis, wo Schlitten samt Hunden abgestellt werden sollen. Anfang Juli gab es keinen Schnee mehr, aber die Berge am Horizont waren doch weiß. Das versprach alles kalt zu werden.

Kiruna hat eine witzige Jugendherberge. Alte Sofas in der Lobby, coole Theke und das Zimmer im Keller hat nicht mal ein Fenster. Unbedingt einen Besuch wert ist das Rathaus, ein etwas dunkler Klotz mit Uhrenturm neben der Mine, nicht weit vom Busbahnhof. Es gibt öffentliche Toiletten, Teppiche hängen an den Wänden und in der imposanten Halle kann man seine Brote essen und ohne Kälte und Wind warten, bis der Bus gegenüber am Busbahnhof kommt.
Von Kiruna nach Abisko kann man auch mit dem Zug fahren. Wir nahmen allerdings den Bus, da der Fahrplan günstiger lag. Der erste Bus war allerdings voll besetzt, erfreulicherweise holte das Unternehmen schnell einen zweiten Bus herbei. Die Fahrt nach Abisko dauerte unter 2 Stunden und eine endlose Reihe von Campern kam uns entgegen.
In Abisko war es dann schon später Nachmittag, 16 Uhr, etwas spät für den Start. Wir wollten aber unbedingt noch bis zur ersten Hütte laufen, Abiskojaure (14 km Strecke, 100 Höhenmeter), und nicht noch einen Tag in der Fjäll-Station in Abisko bleiben (die allerdings sehr schön ist). Also sofort die Rucksäcke aufgesetzt und los ging es durchs Holztor, das den Beginn des Kungsleden markiert.

Diese erste Etappe ist erfreulich einfach zu gehen, keine Steigungen, meist folgt der Weg dem Fluss. Anfangs sind noch viele Tagesgäste unterwegs, bald läuft man mit dem Dutzend Hikern, die man dann in der nächsten Woche immer wieder sehen wird. Und es wird nicht dunkel, daher ist kein Hetzen erforderlich.
Es wurde auch an den nächsten Tagen nie wirklich voll auf dem Weg. Wer sonst in den Alpen unterwegs ist, wird sich beinahe verloren fühlen. Dafür, dass dies der Nr. 1 Wanderweg Schwedens ist, bekannt bei Deutschen, Amerikanern und Japanern, ist es absolut akzeptabel. Gemieden werden sollten die drei Tage, in denen der Fjällräven Classic stattfindet, meist in der ersten Augusthälfte. Oder vielleicht möchte man genau dann laufen, immerhin tun das ja hunderte Andere auch und fiebern diesem Event entgegen.
In Abiskojaure schaute mich der Hüttenwart etwas skeptisch an. Ich fingerte aufgeregt an den Schokoriegeln herum, zeigte begeistert auf die Tuben mit Garnelenpaste. Holla! Da gibt es Tolles zu kaufen in den schwedischen Hütten! „Bist du das erste Mal in einer STF-Hütte?“, fragte der Hüttenwart etwas indigniert. Tja, Volltreffer. „Dann mache ich mal eine Führung mit dir.“ Auf dem Kungsleden bestehen alle Hütten aus mehreren Gebäuden, neben dem Warden-Haus noch die Schlafhütten, dann teilweise noch Saunen und Klohäuser (immer Plumpsklo). Nie Duschen. In den Hütten Schuhe aus, immer für frisches Wasser sorgen (Eimer nehmen und zur Quelle laufen), Grauwasser wegbringen (irgendwo auf dem Gelände ist immer ein Loch im Boden markiert, meist hügelab).
Und auf die Saunazeiten wies er hin. Irgendwann am Abend rannten dann auch die Nackten eilig hinüber zum Fluss, kühlten sich ab und verschwanden wieder im Saunagebäude.
In den Hütten geht es gesittet zu. Kein Singen, keine Gitarren, keine Weißbiergläser. Man kann meist Leichtbier in Dosen beim Warden kaufen, aber gesungen wird dennoch nicht. Die Nacht verlief daher sehr gut, trotz voller Belegung. Ein weiterer Unterschied zu den Alpen ist, dass die Schweden (oder in Schweden) eher spät gestartet wird. Während in Alpenhütten gerne im Morgengrauen aufgebrochen wird (packen mit Kopflampe, alle im Raum stöhnen auf), schläft man auf dem Kungsleden aus. Um 7 Uhr war ich der erste im Raum und klapperte mit dem Blecheimer nach draußen zur Wasserquelle.
Dann wurde ich Zeuge ambitionierter skandinavischer Frühstückskultur. Pfannkuchen wurden auf dem Gasherd zubereitet, alles Mögliche an Aufstrichen auf dem Tisch verteilt, größere Mengen Kaffee zubereitet. Das war etwas Anderes als meine karge Haferflockenmahlzeit mit Rosinen! Der erste Höhepunkt war sicher, als der Pfannkuchen eine Stichflamme erzeugte, alles in Rauch versank und der Feuermelder losjaulte. Routiniert schob der Schwede den Tisch unter den Feuermelder und mit etwas klettern war wieder Ruhe. Wach waren dann aber dennoch alle. Von der gesamten Performance war ich absolut beeindruckt.
Beim Warden kann man nicht nur alles kaufen, die Schweden haben auch viel dabei. Was man auch an den Rucksäcken merkt. Auch Personen, die von Hütte zu Hütte wandern, haben beeindruckende Lasten auf dem Rücken dabei. 20 Kilo in 60-Liter-Rucksäcken sind keine Seltenheit, sondern eher Standard. Dies bedeutet, dass nicht nur spät gestartet wird, sondern das Tempo meist auch moderat ausfällt. Aber das ist okay, denn abends wird es schließlich nicht dunkel.
Wenn man vom Norden in Abisko startet, steht das anstrengendste Stück des gesamten Weges bald bevor: Nach etwa 50k kommt die Überquerung der einzigen nennenswerten Passhöhe. Oben steht eine winzige Nothütte, es lag tiefer Schnee (Juli), fieser Wind mit Schneeregen von vorne und das anschließende Tal ist völlig versunken in Matsch und Wasser. Der Weg ist dort kaum noch erkennbar. Verlaufen kann man sich zwar kaum, aber durchs Geäst zu kraxeln kostet einfach Zeit. Aber der Pass ist nur 1150 Meter hoch, der physische Anstieg von der vorherigen Hütte Alesjaure mit rund 350 Höhenmetern also eher bescheiden (wir übernachteten nicht in Tjäktja).

Die Herausforderung des Abschnitts bestand darin, dass in der ersten Juli-Hälfte so viel Schnee lag, dass viele Schneebretter überquert werden mussten, die gerne einbrachen, so dass man bis zum Knie oder tiefer versank (wohl bekannt unter dem Begriff Post-holing), entweder in Sträucher hinein oder in kaltes Wasser. Auch vorher gab es bereits weite Flächen, die vollständig vom Schmelzwasser geflutet waren, Hänge, Mulden, Seeufer. Wir hatten Stöcke dabei, die halfen beim Suchen fester Wegstrecke aber nicht unbedingt. Das war alles mühsam und die Trockenräume in Alesjaure waren sehr willkommen.
Später, an der Hütte Singi angekommen, hat man eigentlich das Schlimmste überstanden. Danach kommen weder große Steigungen noch unwirtliche Gegenden. Dort biegt auch der Weg zum Kebnekaise (Hütte plus höchster Berg Schwedens) ab und dies nutzen viele Wanderer um eine perfekte 4-Tagestour zu machen. Auf dem Kungsleden Richtung Süden wird es hinter Singi merklich leerer, die Hütten werden kleiner und es wird irgendwie familiärer.

Überhaupt sind viele Kinder und Familien auf dem Weg. Die Etappen sind so bemessen, dass auch Kinder es schaffen, teilweise mit erheblichen Lasten auf dem Rücken. Respekt, skandinavische Eltern! Sie scheinen ihre Kinder besser zum Wandern überreden zu können als deutsche Eltern.
Was auch bedeutet, dass Erwachsene mit einem gewissen sportlichen Anspruch einige Etappen auch zusammenfassen können. In Singi muss man nicht unbedingt Station machen, ebenso wenig am Vortag in Tjäktja (Übernachtung in Sälka reicht, fanden wir). Später wird das Überspringen von Etappen etwas anspruchsvoller, da häufiger Seen überquert werden müssen. Dies hält nicht nur zeitlich auf, sondern bestimmt den Tagesrhythmus, sofern man ohne Zelt läuft. Zwei Hütten schafft man nicht, eine ist womöglich etwas wenig. Also ist nachmittags meist Ende an der Hütte und am nächsten Morgen wird frisch über den See gesetzt.
Diese Seequerungen sind einerseits einfach, andererseits sehr kompliziert. Es gibt immer drei Ruderboote, wie bei den Rätseln in der Sonntagsbeilage. Beste Situation: Man kommt an die Anlegestelle, es liegen zwei Boote dort, man erkennt am anderen Ufer die zu erreichende Anlegestelle, es herrscht kein Wind und man springt ins Boot und rudert los.
Schlechteste Situation: Man kommt an die Anlegestelle, es liegt nur ein Boot dort, es herrscht ordentlicher Wind und Seegang und die andere Anlegestelle ist nicht zu erkennen (bspw. hinter der nächsten Landzunge). Dann heißt es nicht nur rudern, sondern viel rudern. Mit dem einen Boot los, am anderen Ufer ein weiteres Boot ankoppeln, wieder zurück rudern, ein Boot abkoppeln und nochmals rüber rudern. Wenn erstmal drei Boote an einem Ufer liegen ist schlecht.

Wir haben eine junge Frau beobachten dürfen, die unverdrossen einen der schmaleren Seen (bei Teusajaure) rudernd durchqueren wollte. Sie trieb heillos ab, die Ruderschläge wurden langsamer, der Rücken krummer. Irgendwann erbarmte sich der Warden, sprang in sein kleines Motorboot und fuhr ihr entgegen. Fassungslose kam er zurück: „Keine Hilfe erwünscht“, sagte er.
Es kann sicher zu einem gelungenen Trip auf dem Kungsleden gehören, auch mal einen halben Tag oder länger im Ruderboot zu verbringen. Wenn allerdings Leute auf das Boot warten oder man sich selbst völlig überschätzt, ist das eher ein zweifelhafter Beleg für die eigene Leistungsfähigkeit. Wir haben daher immer die einfache Variante genommen: Zehn Euro oder etwas in der Größenordnung bezahlen, zur vereinbarten Zeit am Steg auftauchen und der Warden (oder benachbarte Anwohner) fahren einen knatternd über den See. Wunderbar.
Außerdem hat man noch nette Gespräche. Die junge Frau bei Sitojaure fuhr mit ihren Booten auch Angler an entlegene Stellen, hatte einen Facebook-Auftritt und lebte mit ihrem kleinen Sohn nahezu allein in der Wildnis (der Mann war irgendwo bei den Rentieren in den Bergen). Es tat beinahe physisch weh, dem kleinen Kind zuzusehen, wie es ohne Mückenschutz draußen am Anleger spielte.
Womit wir bei dem Hauptgrund wären, weshalb einige Hiker den Kungsleden und ganz Skandinavien meiden. Man sieht Netze um den Kopf und auch Wanderer, die auch bei bestem Wetter in Regenkleidung gehen. Ja, es gibt irre viele Mücken. Und ja, man kann den Trip so gestalten, dass man es aushält: Wir haben in Kiruna in einem Anglerladen Mückenspray gekauft. Das Zeug war gut und roch grauenhaft süßlich. Damit haben wir morgens Hände, Hals, Knöchel eingesprüht. Für das Gesicht zunächst in die Handfläche sprühen und Wangen etc. dann einreiben (Schweden sprühen sich auch ins Gesicht). Und dann immer gehen, nicht stehen bleiben. Zumindest nicht in windstillen Tälern und Senken. Solange der Wind weht, also oben auf dem Fjell, gibt es wenig Mücken. Ganz schlimm war es am Sarek-Nationalpark und an den Hütten vorher und nachher. Aktse war spektakulär. Einfach draußen stehen und den See anschauen ging dort (bei Windstille und bestem Wetter) überhaupt nicht.

Der Charakter des Weges änderte sich wie angedeutet hinter Singi. Während es vorher hochalpin wirkte, waren die Etappen danach eher geprägt von einem morgendlichen Anstieg aufs Fjell, dann der Querung einer baumlosen Ebene mit weiten Blicken (und Wind) und danach wieder einem Abstieg ins Tal, endlose Wälder und der Hütte am nächsten See. Das war weder besonders anstrengend (gemessen in Höhenmetern), noch eine schwierige Navigation.
Einige Hütten stachen sicher heraus. Hinter Teusajaure kommt die erste (leichte) Seequerung (rudern oder ein paar Euro zahlen für die flotte Fahrt mit dem Boot); in Vakkotavare muss man etwas zeitig ankommen (früher Nachmittag), da an der Hütte der Bus vorbei fährt, der einen nach Kebnats bringt, wo wiederum pünktlich das Boot nach Saltuluokta übersetzt. Wichtig: Der Bus hält unterwegs, allerdings an keinem Supermarkt. Man kann also nicht nachproviantieren (in Saltuluokta aber durchaus). Und für die Bootsüberfahrt nach Saltuluokta werden auch Jugendherbergsausweise für Fahrpreisermäßigungen akzeptiert (wie in allen STF-Hütten auch).
Saltuluokta ist ein Traum. Die Hütte liegt am Hang, ist groß, hat eine Veranda wie eine amerikanische Lodge und abends kann man ein Menü bekommen, das allen Ansprüchen genügt. Die Gäste werden namentlich aufgerufen und an ihren Platz geführt. Smoking nicht erforderlich – obgleich einige sehr festlich gekleidete Herrschaften dort waren: Es wurde eine Hochzeit gefeiert, weiße Tischdecken an langen Tafeln im Grünen, alles wie in einem Fernsehstück. Stinkend nach einigen Tagen ohne Dusche kamen wir uns deplatziert vor. Aber das wird akzeptiert. Saltuluokta ist durch das Boot einfach zu erreichen und die Gäste mit Rollkoffer arrangieren sich mit den „Thru-Hikern“. Selbst wer „nur“ mit dem Auto in Schweden ist, sollte Saltuluokta einplanen für einen Stopp.
In Sitojaure hatte ich nicht nur ein Zimmer für mich alleine, sondern die gesamte riesige Hütte. Ich war der einzige Gast. Am nächsten Morgen stand entweder richtig langes Rudern an oder die sehr angenehme Bootsfahrt mit der jungen Frau, die hundert Meter nördlich am Ufer wohnt.
Aktse war dann überraschend gut besucht, offenbar nutzen viele die Hütte als Start in den Sarek Nationalpark. Nirgendwo waren mehr Mücken als dort. Das riesige Flussdelta des Rapaälven sorgt für beständigen Nachschub. Der Warden meinte, dass eigentlich nur zwei Wochen im Jahr richtig schlimm seien. Man wüsste nur nicht, welche zwei Wochen. Auch eine Art von Humor.
Vor Kvikkjokk wird es dann wieder etwas voller, Parkplatz und Bushaltestelle machen sich bemerkbar. Kvikkjokk selbst besteht aus ein paar Häusern, einer kleinen Kapelle und rostigen Baggern vor jedem Haus. Neben dem Städtchen und der Fjällstation rauscht ein gewaltiger Fluss entlang. Dort kann man sich auch übersetzen lassen, wenn man den Kungsleden weiter nach Süden wandern möchte. Für uns war allerdings in Kvikkjokk Schluss.

Die Fjällstation hat Duschen, es gibt Burger, einen Schrank mit Büchern und in den bequemen Sesseln saßen die Helden und zeigten, wie nah sie den Bären gekommen waren. Okay, das übliche Publikum an Endpunkten von Wanderungen. Wir trafen auch einen begeisterten Langläufer wieder, der drei unserer Tagesetappen in einem Stück gelaufen ist, wirklich gelaufen. Diese Langstreckenläufe nehmen zu, immer wieder sahen wir kernige Personen, die nur mit einem kleinen Laufrucksack unterwegs waren und uns davon trabten. Eine Besonderheit ist sicher Emely Forsberg, eine der weltbesten Läuferinnen, die eine Bestzeit für den Kungsleden aufgestellt hat und in ihrer Jugend in Saltuluokta gejobbt hat. (Sie lief den gesamten (!) Kungsleden mit 442 km in 4 Tagen und 21 Stunden, siehe hier den ausgezeichneten Film)
Und die Rückfahrt: Einmal am Tag kommt der Bus nach Kvikkjokk, wendet und los geht’s. Wir stiegen in Gällivare um in den nächsten Bus und dann in den Zug nach Lulea. Eine wunderbare Stadt. Definitiv einen Besuch wert und ein toller Abschluss der Reise.
Und insgesamt? Der Kungsleden ist der perfekte Einstieg für Wanderer, die sich an Mehrtagestouren in der Weite des Nordens wagen wollen. Man ist allein, aber doch nicht allein. Man ist in der Natur, aber verläuft sich nicht. Man wird nass und es wird anstrengend, aber abends ist alles wieder gut und man schafft das.
Viel begangen ist die Strecke Abisko bis Kebnekaise, dem Wunderberg der Schweden. Richtung Süden wird es ruhiger, aber auch etwas unspektakulärer. Für die Route bis Kvikkjokk sollten 8 bis 10 Tage geplant werden, je nach Kondition. Ob nun Zelt oder Hütte, muss jeder selbst entschieden. Mit dem Zelt sind die Etappen sicher flexibler planbar, insbesondere bei den Seequerungen sehr angenehm. Hüttenübernachtungen geben einem im südlichen Streckenverlauf die Etappen weitestgehend vor. In den Hütten ist ein Hüttenschlafsack erforderlich, Wolldecken sind vorhanden.
Wir haben uns mehr oder weniger selbst versorgt, hatten immer Nahrung für drei Tage dabei (Haferflocken mit Trockenfrüchten und Milchpulver. Energieriegel, Knäcke und Käsepaste aus der Tube. Abends Nudeln mit Tüten-Käsesauce oder Tüten-Tomatensauce im Wechsel). Ich habe auf der Tour 7 kg abgenommen, was bei der Rückkehr daheim für etwas Entsetzen sorgte.
Nicht jede Hütte hat einen Food-Schrank, aber die Situation kann in jeder Etappe für die nächste Hütte erfragt werden. Ein Warden war im Sommer an jeder Hütte. Wasser kann aus allen Flüssen sofort geschöpft werden (unserer Meinung nach). Alle Hütten haben Gasherd und einen Kaminofen. Birkenholz ist im Schuppen vorhanden und trocken. Strom gibt es in Saltuluokta und Kvikkjock. Ein Buch gibt es nur in Kvikkjock (ansonsten aber überall die schwedischen STF-Mitgliederzeitschriften – auf schwedisch. Tolle Fotos, aber ich verstand kein Wort).
Uns reichten Wanderhemd, Softshelljacke und Regenjacke in jeder Situation (Juli). Handschuhe sollten für den Notfall dabei sein, Mütze sowieso. Schwierig ist die Schuhfrage (wie überall in Skandinavien). Entweder leichte Trailschuhe, die immer nass sein werden. Oder dicke Wanderschuhe aus Leder bzw. Goretex, die dann erst nach einigen Stunden durch sind und am nächsten Morgen evtl. innen nicht mal trocken. Das muss jeder selbst entscheiden. Wir hatten eine Landkarte dabei, meist reicht aber (bei gutem Wetter) die reine Sichtorientierung. Eine Handy-App sollte ebenfalls genügen. Aber wer auf Nummer sicher gehen will, rüstet sich natürlich komplett aus.
Mückenmittel von zuhause mitbringen oder diese Wundermittel in Schweden kaufen. Dann kann es losgehen.
Nach meinem Wissen wird kaum ein Wanderweg so als Klassiker verehrt und gleichzeitig als überfüllte Autobahn kritisiert wie der Kungsleden in Nordschweden. Dabei ist er interessant für Einsteiger, denn er bietet gute Erreichbarkeit und Infrastruktur.
Wir liefen von Nord nach Süd, also Beginn in Abisko, und hatten etwas mehr als eine Woche Zeit. Da ich ohne Zelt unterwegs sein wollte und in Hütten übernachten, war der Ausstiegspunkt Kvikkjokk vorgegeben, also rund 180 km Strecke. Hinter Kvikkjokk kommen Richtung Süden bis Hemavan längere Abschnitte ohne Hütten, so dass entweder Gewaltmärsche angesagt sind oder eben doch ein Zelt notwendig wird.
Wir flogen nach Kiruna. Aus dem Flugzeug geht es einige Meter zu Fuß über das Rollfeld, hinein in ein flaches Gebäude und man steht in einer Art Wohnzimmer. Vor dem Flughafen steht konsequenterweise ein Schild mit dem Hinweis, wo Schlitten samt Hunden abgestellt werden sollen. Anfang Juli gab es keinen Schnee mehr, aber die Berge am Horizont waren doch weiß. Das versprach alles kalt zu werden.
Kiruna hat eine witzige Jugendherberge. Alte Sofas in der Lobby, coole Theke und das Zimmer im Keller hat nicht mal ein Fenster. Unbedingt einen Besuch wert ist das Rathaus, ein etwas dunkler Klotz mit Uhrenturm neben der Mine, nicht weit vom Busbahnhof. Es gibt öffentliche Toiletten, Teppiche hängen an den Wänden und in der imposanten Halle kann man seine Brote essen und ohne Kälte und Wind warten, bis der Bus gegenüber am Busbahnhof kommt.
Von Kiruna nach Abisko kann man auch mit dem Zug fahren. Wir nahmen allerdings den Bus, da der Fahrplan günstiger lag. Der erste Bus war allerdings voll besetzt, erfreulicherweise holte das Unternehmen schnell einen zweiten Bus herbei. Die Fahrt nach Abisko dauerte unter 2 Stunden und eine endlose Reihe von Campern kam uns entgegen.
In Abisko war es dann schon später Nachmittag, 16 Uhr, etwas spät für den Start. Wir wollten aber unbedingt noch bis zur ersten Hütte laufen, Abiskojaure (14 km Strecke, 100 Höhenmeter), und nicht noch einen Tag in der Fjäll-Station in Abisko bleiben (die allerdings sehr schön ist). Also sofort die Rucksäcke aufgesetzt und los ging es durchs Holztor, das den Beginn des Kungsleden markiert.
Diese erste Etappe ist erfreulich einfach zu gehen, keine Steigungen, meist folgt der Weg dem Fluss. Anfangs sind noch viele Tagesgäste unterwegs, bald läuft man mit dem Dutzend Hikern, die man dann in der nächsten Woche immer wieder sehen wird. Und es wird nicht dunkel, daher ist kein Hetzen erforderlich.
Es wurde auch an den nächsten Tagen nie wirklich voll auf dem Weg. Wer sonst in den Alpen unterwegs ist, wird sich beinahe verloren fühlen. Dafür, dass dies der Nr. 1 Wanderweg Schwedens ist, bekannt bei Deutschen, Amerikanern und Japanern, ist es absolut akzeptabel. Gemieden werden sollten die drei Tage, in denen der Fjällräven Classic stattfindet, meist in der ersten Augusthälfte. Oder vielleicht möchte man genau dann laufen, immerhin tun das ja hunderte Andere auch und fiebern diesem Event entgegen.
In Abiskojaure schaute mich der Hüttenwart etwas skeptisch an. Ich fingerte aufgeregt an den Schokoriegeln herum, zeigte begeistert auf die Tuben mit Garnelenpaste. Holla! Da gibt es Tolles zu kaufen in den schwedischen Hütten! „Bist du das erste Mal in einer STF-Hütte?“, fragte der Hüttenwart etwas indigniert. Tja, Volltreffer. „Dann mache ich mal eine Führung mit dir.“ Auf dem Kungsleden bestehen alle Hütten aus mehreren Gebäuden, neben dem Warden-Haus noch die Schlafhütten, dann teilweise noch Saunen und Klohäuser (immer Plumpsklo). Nie Duschen. In den Hütten Schuhe aus, immer für frisches Wasser sorgen (Eimer nehmen und zur Quelle laufen), Grauwasser wegbringen (irgendwo auf dem Gelände ist immer ein Loch im Boden markiert, meist hügelab).
Und auf die Saunazeiten wies er hin. Irgendwann am Abend rannten dann auch die Nackten eilig hinüber zum Fluss, kühlten sich ab und verschwanden wieder im Saunagebäude.
In den Hütten geht es gesittet zu. Kein Singen, keine Gitarren, keine Weißbiergläser. Man kann meist Leichtbier in Dosen beim Warden kaufen, aber gesungen wird dennoch nicht. Die Nacht verlief daher sehr gut, trotz voller Belegung. Ein weiterer Unterschied zu den Alpen ist, dass die Schweden (oder in Schweden) eher spät gestartet wird. Während in Alpenhütten gerne im Morgengrauen aufgebrochen wird (packen mit Kopflampe, alle im Raum stöhnen auf), schläft man auf dem Kungsleden aus. Um 7 Uhr war ich der erste im Raum und klapperte mit dem Blecheimer nach draußen zur Wasserquelle.
Dann wurde ich Zeuge ambitionierter skandinavischer Frühstückskultur. Pfannkuchen wurden auf dem Gasherd zubereitet, alles Mögliche an Aufstrichen auf dem Tisch verteilt, größere Mengen Kaffee zubereitet. Das war etwas Anderes als meine karge Haferflockenmahlzeit mit Rosinen! Der erste Höhepunkt war sicher, als der Pfannkuchen eine Stichflamme erzeugte, alles in Rauch versank und der Feuermelder losjaulte. Routiniert schob der Schwede den Tisch unter den Feuermelder und mit etwas klettern war wieder Ruhe. Wach waren dann aber dennoch alle. Von der gesamten Performance war ich absolut beeindruckt.
Beim Warden kann man nicht nur alles kaufen, die Schweden haben auch viel dabei. Was man auch an den Rucksäcken merkt. Auch Personen, die von Hütte zu Hütte wandern, haben beeindruckende Lasten auf dem Rücken dabei. 20 Kilo in 60-Liter-Rucksäcken sind keine Seltenheit, sondern eher Standard. Dies bedeutet, dass nicht nur spät gestartet wird, sondern das Tempo meist auch moderat ausfällt. Aber das ist okay, denn abends wird es schließlich nicht dunkel.
Wenn man vom Norden in Abisko startet, steht das anstrengendste Stück des gesamten Weges bald bevor: Nach etwa 50k kommt die Überquerung der einzigen nennenswerten Passhöhe. Oben steht eine winzige Nothütte, es lag tiefer Schnee (Juli), fieser Wind mit Schneeregen von vorne und das anschließende Tal ist völlig versunken in Matsch und Wasser. Der Weg ist dort kaum noch erkennbar. Verlaufen kann man sich zwar kaum, aber durchs Geäst zu kraxeln kostet einfach Zeit. Aber der Pass ist nur 1150 Meter hoch, der physische Anstieg von der vorherigen Hütte Alesjaure mit rund 350 Höhenmetern also eher bescheiden (wir übernachteten nicht in Tjäktja).
Die Herausforderung des Abschnitts bestand darin, dass in der ersten Juli-Hälfte so viel Schnee lag, dass viele Schneebretter überquert werden mussten, die gerne einbrachen, so dass man bis zum Knie oder tiefer versank (wohl bekannt unter dem Begriff Post-holing), entweder in Sträucher hinein oder in kaltes Wasser. Auch vorher gab es bereits weite Flächen, die vollständig vom Schmelzwasser geflutet waren, Hänge, Mulden, Seeufer. Wir hatten Stöcke dabei, die halfen beim Suchen fester Wegstrecke aber nicht unbedingt. Das war alles mühsam und die Trockenräume in Alesjaure waren sehr willkommen.
Später, an der Hütte Singi angekommen, hat man eigentlich das Schlimmste überstanden. Danach kommen weder große Steigungen noch unwirtliche Gegenden. Dort biegt auch der Weg zum Kebnekaise (Hütte plus höchster Berg Schwedens) ab und dies nutzen viele Wanderer um eine perfekte 4-Tagestour zu machen. Auf dem Kungsleden Richtung Süden wird es hinter Singi merklich leerer, die Hütten werden kleiner und es wird irgendwie familiärer.
Überhaupt sind viele Kinder und Familien auf dem Weg. Die Etappen sind so bemessen, dass auch Kinder es schaffen, teilweise mit erheblichen Lasten auf dem Rücken. Respekt, skandinavische Eltern! Sie scheinen ihre Kinder besser zum Wandern überreden zu können als deutsche Eltern.
Was auch bedeutet, dass Erwachsene mit einem gewissen sportlichen Anspruch einige Etappen auch zusammenfassen können. In Singi muss man nicht unbedingt Station machen, ebenso wenig am Vortag in Tjäktja (Übernachtung in Sälka reicht, fanden wir). Später wird das Überspringen von Etappen etwas anspruchsvoller, da häufiger Seen überquert werden müssen. Dies hält nicht nur zeitlich auf, sondern bestimmt den Tagesrhythmus, sofern man ohne Zelt läuft. Zwei Hütten schafft man nicht, eine ist womöglich etwas wenig. Also ist nachmittags meist Ende an der Hütte und am nächsten Morgen wird frisch über den See gesetzt.
Diese Seequerungen sind einerseits einfach, andererseits sehr kompliziert. Es gibt immer drei Ruderboote, wie bei den Rätseln in der Sonntagsbeilage. Beste Situation: Man kommt an die Anlegestelle, es liegen zwei Boote dort, man erkennt am anderen Ufer die zu erreichende Anlegestelle, es herrscht kein Wind und man springt ins Boot und rudert los.
Schlechteste Situation: Man kommt an die Anlegestelle, es liegt nur ein Boot dort, es herrscht ordentlicher Wind und Seegang und die andere Anlegestelle ist nicht zu erkennen (bspw. hinter der nächsten Landzunge). Dann heißt es nicht nur rudern, sondern viel rudern. Mit dem einen Boot los, am anderen Ufer ein weiteres Boot ankoppeln, wieder zurück rudern, ein Boot abkoppeln und nochmals rüber rudern. Wenn erstmal drei Boote an einem Ufer liegen ist schlecht.
Wir haben eine junge Frau beobachten dürfen, die unverdrossen einen der schmaleren Seen (bei Teusajaure) rudernd durchqueren wollte. Sie trieb heillos ab, die Ruderschläge wurden langsamer, der Rücken krummer. Irgendwann erbarmte sich der Warden, sprang in sein kleines Motorboot und fuhr ihr entgegen. Fassungslose kam er zurück: „Keine Hilfe erwünscht“, sagte er.
Es kann sicher zu einem gelungenen Trip auf dem Kungsleden gehören, auch mal einen halben Tag oder länger im Ruderboot zu verbringen. Wenn allerdings Leute auf das Boot warten oder man sich selbst völlig überschätzt, ist das eher ein zweifelhafter Beleg für die eigene Leistungsfähigkeit. Wir haben daher immer die einfache Variante genommen: Zehn Euro oder etwas in der Größenordnung bezahlen, zur vereinbarten Zeit am Steg auftauchen und der Warden (oder benachbarte Anwohner) fahren einen knatternd über den See. Wunderbar.
Außerdem hat man noch nette Gespräche. Die junge Frau bei Sitojaure fuhr mit ihren Booten auch Angler an entlegene Stellen, hatte einen Facebook-Auftritt und lebte mit ihrem kleinen Sohn nahezu allein in der Wildnis (der Mann war irgendwo bei den Rentieren in den Bergen). Es tat beinahe physisch weh, dem kleinen Kind zuzusehen, wie es ohne Mückenschutz draußen am Anleger spielte.
Womit wir bei dem Hauptgrund wären, weshalb einige Hiker den Kungsleden und ganz Skandinavien meiden. Man sieht Netze um den Kopf und auch Wanderer, die auch bei bestem Wetter in Regenkleidung gehen. Ja, es gibt irre viele Mücken. Und ja, man kann den Trip so gestalten, dass man es aushält: Wir haben in Kiruna in einem Anglerladen Mückenspray gekauft. Das Zeug war gut und roch grauenhaft süßlich. Damit haben wir morgens Hände, Hals, Knöchel eingesprüht. Für das Gesicht zunächst in die Handfläche sprühen und Wangen etc. dann einreiben (Schweden sprühen sich auch ins Gesicht). Und dann immer gehen, nicht stehen bleiben. Zumindest nicht in windstillen Tälern und Senken. Solange der Wind weht, also oben auf dem Fjell, gibt es wenig Mücken. Ganz schlimm war es am Sarek-Nationalpark und an den Hütten vorher und nachher. Aktse war spektakulär. Einfach draußen stehen und den See anschauen ging dort (bei Windstille und bestem Wetter) überhaupt nicht.
Der Charakter des Weges änderte sich wie angedeutet hinter Singi. Während es vorher hochalpin wirkte, waren die Etappen danach eher geprägt von einem morgendlichen Anstieg aufs Fjell, dann der Querung einer baumlosen Ebene mit weiten Blicken (und Wind) und danach wieder einem Abstieg ins Tal, endlose Wälder und der Hütte am nächsten See. Das war weder besonders anstrengend (gemessen in Höhenmetern), noch eine schwierige Navigation.
Einige Hütten stachen sicher heraus. Hinter Teusajaure kommt die erste (leichte) Seequerung (rudern oder ein paar Euro zahlen für die flotte Fahrt mit dem Boot); in Vakkotavare muss man etwas zeitig ankommen (früher Nachmittag), da an der Hütte der Bus vorbei fährt, der einen nach Kebnats bringt, wo wiederum pünktlich das Boot nach Saltuluokta übersetzt. Wichtig: Der Bus hält unterwegs, allerdings an keinem Supermarkt. Man kann also nicht nachproviantieren (in Saltuluokta aber durchaus). Und für die Bootsüberfahrt nach Saltuluokta werden auch Jugendherbergsausweise für Fahrpreisermäßigungen akzeptiert (wie in allen STF-Hütten auch).
Saltuluokta ist ein Traum. Die Hütte liegt am Hang, ist groß, hat eine Veranda wie eine amerikanische Lodge und abends kann man ein Menü bekommen, das allen Ansprüchen genügt. Die Gäste werden namentlich aufgerufen und an ihren Platz geführt. Smoking nicht erforderlich – obgleich einige sehr festlich gekleidete Herrschaften dort waren: Es wurde eine Hochzeit gefeiert, weiße Tischdecken an langen Tafeln im Grünen, alles wie in einem Fernsehstück. Stinkend nach einigen Tagen ohne Dusche kamen wir uns deplatziert vor. Aber das wird akzeptiert. Saltuluokta ist durch das Boot einfach zu erreichen und die Gäste mit Rollkoffer arrangieren sich mit den „Thru-Hikern“. Selbst wer „nur“ mit dem Auto in Schweden ist, sollte Saltuluokta einplanen für einen Stopp.
In Sitojaure hatte ich nicht nur ein Zimmer für mich alleine, sondern die gesamte riesige Hütte. Ich war der einzige Gast. Am nächsten Morgen stand entweder richtig langes Rudern an oder die sehr angenehme Bootsfahrt mit der jungen Frau, die hundert Meter nördlich am Ufer wohnt.
Aktse war dann überraschend gut besucht, offenbar nutzen viele die Hütte als Start in den Sarek Nationalpark. Nirgendwo waren mehr Mücken als dort. Das riesige Flussdelta des Rapaälven sorgt für beständigen Nachschub. Der Warden meinte, dass eigentlich nur zwei Wochen im Jahr richtig schlimm seien. Man wüsste nur nicht, welche zwei Wochen. Auch eine Art von Humor.
Vor Kvikkjokk wird es dann wieder etwas voller, Parkplatz und Bushaltestelle machen sich bemerkbar. Kvikkjokk selbst besteht aus ein paar Häusern, einer kleinen Kapelle und rostigen Baggern vor jedem Haus. Neben dem Städtchen und der Fjällstation rauscht ein gewaltiger Fluss entlang. Dort kann man sich auch übersetzen lassen, wenn man den Kungsleden weiter nach Süden wandern möchte. Für uns war allerdings in Kvikkjokk Schluss.
Die Fjällstation hat Duschen, es gibt Burger, einen Schrank mit Büchern und in den bequemen Sesseln saßen die Helden und zeigten, wie nah sie den Bären gekommen waren. Okay, das übliche Publikum an Endpunkten von Wanderungen. Wir trafen auch einen begeisterten Langläufer wieder, der drei unserer Tagesetappen in einem Stück gelaufen ist, wirklich gelaufen. Diese Langstreckenläufe nehmen zu, immer wieder sahen wir kernige Personen, die nur mit einem kleinen Laufrucksack unterwegs waren und uns davon trabten. Eine Besonderheit ist sicher Emely Forsberg, eine der weltbesten Läuferinnen, die eine Bestzeit für den Kungsleden aufgestellt hat und in ihrer Jugend in Saltuluokta gejobbt hat. (Sie lief den gesamten (!) Kungsleden mit 442 km in 4 Tagen und 21 Stunden, siehe hier den ausgezeichneten Film)
Und die Rückfahrt: Einmal am Tag kommt der Bus nach Kvikkjokk, wendet und los geht’s. Wir stiegen in Gällivare um in den nächsten Bus und dann in den Zug nach Lulea. Eine wunderbare Stadt. Definitiv einen Besuch wert und ein toller Abschluss der Reise.
Und insgesamt? Der Kungsleden ist der perfekte Einstieg für Wanderer, die sich an Mehrtagestouren in der Weite des Nordens wagen wollen. Man ist allein, aber doch nicht allein. Man ist in der Natur, aber verläuft sich nicht. Man wird nass und es wird anstrengend, aber abends ist alles wieder gut und man schafft das.
Viel begangen ist die Strecke Abisko bis Kebnekaise, dem Wunderberg der Schweden. Richtung Süden wird es ruhiger, aber auch etwas unspektakulärer. Für die Route bis Kvikkjokk sollten 8 bis 10 Tage geplant werden, je nach Kondition. Ob nun Zelt oder Hütte, muss jeder selbst entschieden. Mit dem Zelt sind die Etappen sicher flexibler planbar, insbesondere bei den Seequerungen sehr angenehm. Hüttenübernachtungen geben einem im südlichen Streckenverlauf die Etappen weitestgehend vor. In den Hütten ist ein Hüttenschlafsack erforderlich, Wolldecken sind vorhanden.
Wir haben uns mehr oder weniger selbst versorgt, hatten immer Nahrung für drei Tage dabei (Haferflocken mit Trockenfrüchten und Milchpulver. Energieriegel, Knäcke und Käsepaste aus der Tube. Abends Nudeln mit Tüten-Käsesauce oder Tüten-Tomatensauce im Wechsel). Ich habe auf der Tour 7 kg abgenommen, was bei der Rückkehr daheim für etwas Entsetzen sorgte.
Nicht jede Hütte hat einen Food-Schrank, aber die Situation kann in jeder Etappe für die nächste Hütte erfragt werden. Ein Warden war im Sommer an jeder Hütte. Wasser kann aus allen Flüssen sofort geschöpft werden (unserer Meinung nach). Alle Hütten haben Gasherd und einen Kaminofen. Birkenholz ist im Schuppen vorhanden und trocken. Strom gibt es in Saltuluokta und Kvikkjock. Ein Buch gibt es nur in Kvikkjock (ansonsten aber überall die schwedischen STF-Mitgliederzeitschriften – auf schwedisch. Tolle Fotos, aber ich verstand kein Wort).
Uns reichten Wanderhemd, Softshelljacke und Regenjacke in jeder Situation (Juli). Handschuhe sollten für den Notfall dabei sein, Mütze sowieso. Schwierig ist die Schuhfrage (wie überall in Skandinavien). Entweder leichte Trailschuhe, die immer nass sein werden. Oder dicke Wanderschuhe aus Leder bzw. Goretex, die dann erst nach einigen Stunden durch sind und am nächsten Morgen evtl. innen nicht mal trocken. Das muss jeder selbst entscheiden. Wir hatten eine Landkarte dabei, meist reicht aber (bei gutem Wetter) die reine Sichtorientierung. Eine Handy-App sollte ebenfalls genügen. Aber wer auf Nummer sicher gehen will, rüstet sich natürlich komplett aus.
Mückenmittel von zuhause mitbringen oder diese Wundermittel in Schweden kaufen. Dann kann es losgehen.
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