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Reisebericht Norwegen - Saltfjellet
Von Lønsdal nach Glomfjord, 30.08. bis 06.09.2013
Prolog
Es waren einmal … vier (nicht mehr ganz junge) Knappen, die nach Jahren des Trainings in der allzu friedlichen Heimat loszogen, um über zwei Jahrhunderte (Ende 20. und Anfang 21.) hinweg in der nordischen Wildnis (ein zwischenzeitlicher Ausflug in das Reich der Pikten brachte ihnen nicht die erhoffte Herausforderung) echte Abenteuer zu suchen und zu bestehen. Doch die Kräfte der Natur waren unerbittlich und hinterließen Spuren, und zusammen mit anderen Unbilden des Lebens führte dies dazu, dass anno domini 2013 wiederum nur noch zwei Verbliebene (mittlerweile Senioren) sich einer neuen Aufgabe stellten.
Vorbereitung
Wohin soll es gehen? Rahmenbedingungen: Maximal acht Tage incl. Reisezeit (als berufstätiger Familienvater ist Zeit ein knappes Gut) , somit eine schnelle und unkomplizierte Anreise, aber nicht zu teuer; im September; abseits der Zivilisation, aber Hütten für alle Fälle wären auch nicht schlecht, und möglichst wenig Mitwanderer; natürlich eine schöne Landschaft; mal ein ganz anderes Gebiet?
Nach Recherchen in einschlägigen Foren und zahlreichen, bereits früher gelesenen, dezenten Hinweisen von Otto Stover, dass das Gebiet Saltfjellet – Junkerdalen – Sulitjelma diverse Vorzüge aufweise, entschieden wir uns für eben dieses. Nach Ansicht des Kartenmaterials und in Beziehung stellen zu unserem Zeitfenster und der Verbindungen des öffentlichen Personennahverkehrs, entschlossen wir uns für die wohl klassische Strecke dieses Gebietes, die Route von Lønsdal nach Glomfjord. Überlegungen zumindest teilweise auf markierte Wege zu verzichten und frei nach Karte zu laufen, wurden verworfen. Unter Berücksichtigung diverser Vor- und Nachteile kamen wir dann auch noch zu der Komfortvariante, also das Zelt zuhause zu lassen und ausschließlich die Hütten zu nutzen; es sollte also die "Senioren-Variante" einer Herausforderung werden
.
Die dortigen Hütten werden vom BOT (Bodø og Omegns Turistforening) betrieben, sind aber mit dem DNT-Schlüssel zu öffnen. Diesen hatte ich noch aus früheren Zeiten bei mir zuhause liegen. Da aber in Norwegen nicht die DJH-Mitgliedschaft anerkannt wird, wurden wir noch Mitglieder des STF (günstiger als DNT und die nächste Reise sollte wohl wieder nach Schweden gehen).
Ein Lebensmittelnachkauf ist in den Hütten dieser Gegend nicht möglich. Verpflegung muss also komplett mitgenommen werden. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung war der heimische Einkauf recht unkompliziert: „Ich geh in der Mittagspause in der Outdoorladen und hol Milchpulver. Gleich gegenüber ist ein Supermarkt, da hol ich den Rest. Besorg du Wurst und Käse. Wie viel Rittersport?“
Man muss dazu sagen, ich bin derjenige, der Angst hat, hungrig in’s Bett zu gehen. Mein lieber Freund und Mitwanderer Stefan kann da etwas stringenter sein. Doch ich zog los und kaufte ein. Wir nahmen mit:
1,5 kg Müsli, 250 g Vollmilchpulver, 3 kg geschnitten Vollkornbrot in Leichtmetalldosen, 250g Butter, ca. 1 kg Käse, ca. 700 g Wurst, 12 Fertiggerichte in Tüte, 12 Tütensuppen, 600 g Studentenfutter, 1 kg Rittersport, Kaffe, Tee, Zucker und Vitamin- und Mineralbrausetabletten.
Alles in allem müssten das etwa 28.000 kcal gewesen sein. Was ich aber erst nach unserer Tour errechnete. Als wir den ganzen Haufen in den Rucksäcken hatten, kam es mir doch etwas viel vor. Und wir brachten tatsächlich auch wieder etwas mit zurück. Was mich nach der Rechnung erstaunte, da 14.000 kcal/Person bei 6 Wandertagen ja dann doch nicht wirklich viel ist. Oder hatte ich mich verrechnet? Egal – nächstes Mal wird knapper kalkuliert!
Ironie des Schicksals (oder „Willst du Gott zum Lachen bringen? – Mach Pläne!“): Nach einer Knie-OP und dem „come-back“ als (Ü40-)Fußballspieler, welches damit endete, dass das Knie wieder über Monate geschwollen war, war meine lapidare Aussage auf Fragen meiner Mitspieler zu meiner weiteren Fußballkarriere „Kein Risiko - nach der Wanderung sehen wir weiter.“ Und was passiert? Eine Woche vor Abflug leg ich mich mit meinem Motorrad auf die Klappe! Neben Prellungen und einer tiefen Schürfwunde am Fuß (Jeans und Halbschuhe sind für Stürze nicht wirklich geeignet), ist der Knöchel geschwollen. Diagnose nach dem Röntgen: „Knochen sind heil. Aber mit den Bändern könnte was sein.“ - „Ist das ein Handicap für eine Tour mit Rucksack in den Bergen?“ – „Wandern? Kühlen, schonen und hochlagern! Soll ich Sie für 2 Wochen krankschreiben?“
30. August, Anreise
Treffpunkt 08.30 Uhr Hannover – Hauptbahnhof, ICE nach Hamburg, 12.45 Uhr Abflug nach Oslo, 17.50 Uhr Weiterflug nach Bodø,

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kurzer Einkauf, Fahrkarte am Automaten gekauft und 21.10 Uhr Zug nach Lønsdal und ab 22.58 Suche im Dunkeln nach der Lønsstua. Klasse, mit Stirnlampe auf Landstraße gehen und eine Hütte suchen, von der man weiß, dass sie da irgendwo sein muss! Aber ein mittlerweile geschulter Kartenblick und etwas Intuition bringt uns unerwartet schnell an’s Ziel. Hinter einem Hotel / Ferienhausanlage von der Landstraße rechts auf einen Schotterweg abgebogen, nach 100 m über einen Parkplatz auf einen Trampelpfad und nach wenigen Metern stehen wir vor der Hütte. Schreck - kein DNT-Vorhängeschloss an der Tür, aber das Ding geht nicht auf. Nach etwas ruckeln wird die von innen verriegelte Tür dann von einem schläfrigen Norweger geöffnet. Endlich angekommen!

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Übrigens, Gas für den vorsichtsweise mitgenommenen Kocher gibt’s in Bodø bis 21 Uhr bei Intersport, Plassmyrveien 50. Und den Stadtplan, um den Laden zu finden, gibt’s kostenlos zum Abreißen am Flughafen. Taxi und Bus lohnen nicht. Direkter Fußweg Flughafen – Bahnhof sind etwa 20 Minuten. Mit Umweg zum Intersport etwas mehr. Supermärkte liegen auch auf dem Weg. Bier gibt’s dort aber nur bis 20 Uhr ;-(
Lønsstua (475 m) – Saltfjellstua (610 m) ; Gehzeit: 9,5 Stunden brutto
Morgens (nach dem täglichen Verbandswechsel am Fuß) geht‘s von der Lonsstua zurück zum Bahnhof und durch die Bahnunterführung auf den markierten Weg. Schnell haben wir die Birken hinter (also unter) uns gelassen und langsam, aber stetig schrauben wir uns bis auf 1.000 m Höhe im Steindalen (nomen est omen!) hoch.

Merkwürdig: Fjäll, Sonne und warm, aber keine Mücken! Wo sind die Blutsauger? Keine Ahnung. Trotz vermeintlich guter Umstände haben wir auf der gesamten Tour nur eine einzige Mücke gesehen.
Da, die Kreuzung! Heute zur Saltfjellstua oder doch zur Midtistua? Ne, der Tag war lang genug. Jetzt der kürzeste Weg, also Richtung Saltfjellstua. Das Steindalen durchquert geht‘s kontinuierlich wieder bergab. Endlich der Bjøllåvatnet! Dann kommt gleich die Hütte. Nix da, Regen setzt ein und noch ein Hügel, noch ein Hügel. Der Tag wird länger und länger. Und dann endlich - angekommen. Für den ersten Tag mit 20 kg-Rucksack nach zwei Jahren Pause war der Tag keine schlechte Leistung.

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Die tolle Hütte entschädigt. Trocken, warm und gemütlich. Schlafräume und Aufenthaltsraum mit Kochecke, Ofen + Brennholz und Polstermöbeln. Der Ofen wird angefeuert und schon wohlgefühlt. Den Kocher bringen wir nicht zum Laufen, aber wir haben ja unseren kleinen Gaskocher dabei.
Die Hütte hat ein Solarpanel mit Pufferbatterie, d.h. abends schalten wir die eingebaute LED-Lampe an und könnten sogar an der 12 V-Steckdose Akkus laden, wenn wir auf 12 V eingerichtet wären – sind wir aber nicht.
Kurz vor der Saltfjellstua überqueren wir die erste Brücke der Tour. Was nicht heißt, dass es vorher keine Wasserläufe gab. Die konnten wir nur alle in Stiefeln queren, was wahrscheinlich nicht immer möglich sein dürfte. Aber jetzt im September sind die Wasserstände sehr niedrig. Zu anderen Zeiten sollte man hier auf’s Furten vorbereitet sein. Dies trifft übrigens auf die gesamte Tour zu: Wenige Brücken, aber einige Querungen, die zu anderen Zeiten in Stiefeln wahrscheinlich kaum möglich sein dürften – also Schuhe zum Furten einpacken. Unsere brauchten wir nicht ein einziges Mal.
Saltfjellstua – Bukkhaugbua (590 m); Gehzeit: 6 Stunden brutto
Heute gibt’s keine großen Höhenunterschiede. Die Route schlängelt sich zunächst bei bedecktem Himmel mal knapp über, mal knapp unter der Baumgrenze durch’s Fjäll. Unterwegs die ersten Rentiere, ziemlich scheu.

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Der gestrige Tag steckt mir wohl noch in den Knochen. Zusammen mit dem wolkenverhangenen Himmel führt das wohl zu dem, was ich bei jeder Tour mal hab: Frust und Zweifel! „Was machst du hier eigentlich? Muss man mit 50 Jahren einen schweren Rucksack Berge hoch und runter schleppen? Ich bin zu alt für so’nen Scheiß! Ab jetzt gibt’s Tagesausflüge im Harz.“
Dann kommt er, der ultimative Campingplatz: Lichter Birkenwald, eine grasbewachsene ebene und baumfreie Stelle am Flussufer mit Feuerstelle, 50 m hinter einem Wasserfall (Bukkhågforsen), im Fluss eine Insel mit langer Sandbank! Das ist die Stelle, wegen der man ein Zelt dabei haben sollte. Und gleichzeitig reißt der Himmel auf und die Sonne kommt raus. Rucksack abgeschmissen und Pause gemacht – ein herrliches Plätzchen!

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Deutlich besser gelaunt geht’s weiter. Noch ein Stückchen, dann kommt die zweite Brücke der Tour. Leichter Regen setzt ein, aber egal, gleich hinter der Brücke wartet die Hütte. Die Bukkhaugbua gehört zur staatlichen Fortverwaltung, ist nicht verschlossen, kostet nichts, ist aber auch deutlich kleiner und schlichter als die DNT- bzw. BOT-Hütten. Hat aber auch Ofen und Brennholz und der Herd funktioniert. Kerzen gibt’s auch. Wieder ein gemütlicher Abend.

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Bukkhaugbua – Beiarstua (130 m); Gehzeit: 7 Stunden brutto
Nach dem Start kurzer, recht steiler Anstieg bis auf ca. 860 m. Wir sind schnell über der Baumgrenze, bei bestem Wetter in wunderschöner Fjäll-Landschaft.

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Es ist eine einfach zu gehende Route während man permanent den Simlebreen-Gletscher vor Augen bzw. auf den Fotos als Hintergrund hat.

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Bald sieht man wieder erste Büsche. Der Weg, begleitet vom Tverraga mit mehreren tosenden Wasserfällen, führt kontinuierlich bergab. Die ersten Birken tauchen auf. Es geht weiter bergab.

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Und da, tatsächlich Nadelbäume. Und noch weiter bergab. Eine Fjäll-Tour, die durch einen richtigen Wald führt – mal was Neues. Und dann steht da die Beiarstua zwischen hohen Nadelbäumen. Die Zivilisation hatte sich schon in Form von Schafen entlang des Wegs angedeutet. Nahe der Beiarstua verläuft eine kleine Straße mit Häusern. Und die Hütte selbst ist auch anders als gewohnt. Größer und mit 220 V ausgestattet – Lampen, Steckdosen und E-Herd. Eine Sauna gibt’s auch! Das Brennholz für den Kaminofen liegt in einer verschlossenen Nebenhütte. Der Schlüssel dazu hängt in der Haupthütte. Jetzt brauchen wir zum ersten Mal unseren DNT-Schlüssel und haben die große Hütte, wieder gemütlich und mit Polstermöbeln, für uns allein.
Upps, Stefans linker Außenknöchel ist dick! Er hat dort auch seit einiger Zeit ein Handicap, welches sich aber im normalen Alltag nicht groß bemerkbar machte. Die Belastung der ergangenen Tage liegt aber deutlich über normal. Die Quittung kommt prompt. Die Bandage, die ich aus meinem Rucksack zaubere, könnte morgen vielleicht ganz hilfreich sein.
Beiarstua – Gråtådalstua (605 m); Gehzeit: 6 Stunden brutto
Nach dem Frühstück wird das Feldlazarett eröffnet: Ich verbinde meinen Fuß, Stefan legt die Bandage an. Der erste Eindruck ist gut. Die Bandage stützt den Fuß und bietet weniger Spielraum zum Umknicken. Es kann weitergehen. Was sonst?
Exkurs zum Thema „Orientierung“: Warum Leute auf Wanderungen im Fjäll GPS-Geräte dabei haben, ist mir unklar. Ich habe die Orientierung dort noch nie als Problem empfunden. Entweder es gibt Markierungen oder einen Pfad, dem man folgt. Ist beides nicht vorhanden, folgt man den geographischen Gegebenheiten. Aber die Beiarstua liegt in besiedeltem Gebiet und sofort wird’s „schwieriger“. Ein Stückchen der Straße entlang. Okay, kein Problem. Aber wir müssen irgendwann links abbiegen und dort sind Häuser und Grundstücke. Dann ein kleines Hinweisschild – sollen wir wirklich mitten über den Hof laufen? Sieht so aus. Und hinter dem Hof verlaufen natürlich einige Wege und Pfade. Keine Markierung zu sehen. Wir teilen uns auf und nach einigen Minuten des Suchens haben wir den richtigen Pfad. Es war kein Problem, aber an keiner Stelle davor und danach herrschte Unsicherheit, wo’s langgeht.
Nun wird’s knackig! 500 Höhenmeter am Stück über eine sehr kurze Strecke verteilt - richtig steil, meine Pumpe läuft auf Hochtouren. Wir haben nur unsere Shirts an, und meines ist klatschnass wie nach einer ausgewachsenen Joggingrunde.

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Bald sind wir wieder über der Baumgrenze und es geht nur noch gemächlich weiter hoch. Der höchste Punkt an diesem Tag ist 858 m. Es ist sehr windig, die Gipfel ringsum liegen in Wolken, aber ein angenehmes Gehen – nur noch geringe Höhenunterschiede, Vegetation, somit ein richtiger Pfad erkennbar und nicht permanent über Steine „klettern“, kaum morastige Stellen – so macht das richtig Spaß.

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Hier kommen uns zwei Wanderer entgegen, die einzigen, die wir auf der Tour getroffen haben. Zwei Deutsche, die schon einige km mehr hinter sich haben als wir. Kurzer Austausch, weiter geht’s. Und dann kommt sie:

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Die geilste Hütte dieser Tour – toll gelegen, sauber, großzügig, gemütlich, nach DNT-Standard ausgestattet und mit einer Wahnsinnsaussicht. Der Aufenthaltsraum hat drei Fenster und ein Ausblick ist schöner als der andere. Zudem hat auch diese Hütte Solar mit Batterie und somit LED-Beleuchtung – und ein altes Autoradio. Eingestellt ist „Radio Norge“ auf 100,4 Fm, gespielt werden die alten Klassiker aus unserer Jugendzeit. Es wird ein saugemütlicher Abend und wir bereuen, dass wir nicht doch den Single Malt mitgenommen haben.
Gråtådalstua – (über die südliche Glomdalen-Variante) Kvitsteindalsgammen (600 m); Gehzeit: 7 Stunden brutto
Es regnet. Wäre ja auch zu schön gewesen, mal ohne richtiges Regenwetter durch eine Tour zu kommen. Naja, wollen nicht meckern. Ist kein heftiger Regen. Aber er wird bis zum Nachmittag andauern.
Die Route nach Glomfjord teilt sich hier in zwei Varianten: Die nördliche Umgehung des Nordre Glomvassfjellet durch das Skavldalen und die Südliche durch das Glomdalen. Eigentlich wollen wir die kürzere nördliche Variante nehmen und queren den Fluss auf dem neuen Damm kurz hinter der Hütte, haben aber bald ein Problem – Stefans geschwollenes linkes Sprunggelenk. Die Route führt leicht ansteigend am Hang entlang, einen Pfad gibt es praktisch nicht und so knickt sein Fuß alle paar Schritte auf dem unebenen Untergrund nach außen weg, immer da, wo es geschwollen ist. Wie wird der weitere Verlauf sein? Ist die Alternative für ihn besser gangbar? Da die Route durch’s Glomdalen auf gleichmäßiger Höhe verläuft, entscheiden wir uns dafür. Dummerweise ist die Gabelung schon ein Stück zurück. Umkehren? Quatsch. Wir laufen runter zum Fluss und sehen mal zu, wo wir ihn trockenen Fußes queren können. Mhm, sieht nicht gut aus. Zu viel Wasser. Stiefel aus und furten? Ne, da haben wir keinen Bock drauf bei dem Sauwetter. Also ohne Pfad oder Markierung auf dieser Seite des Flusses durch’s Tal. Wenn der markierte Weg nach Nordwesten abbiegt, stoßen wir ja wieder drauf. Und spätestens, wenn wir auf dem Svartisen-Gletscher stehen, wissen wir, dass wir die Abzweigung verpasst haben.
Und so laufen wir im Regen und ohne Markierung, aber für Stefan doch komfortabler. Nach einigen km stoßen wir auch wieder auf Markierungen. Hier hat der offizielle Weg den Fluss, der hier weiter oben schon deutlich weniger Wasser führt, durchquert. Hinter einem Felsen finden wir Windschutz und stärken uns bei Brot und heißem Tee (Thermoskannen haben wirklich Vorteile). Direkt vor uns liegt der Svartisen bzw. einer der Ausläufer des südlichen Teils. Selbst bei der schlechten Sicht und ca. 4 km entfernt sieht‘s gewaltig aus.

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Wir laufen jetzt wieder nach den Markierungen nordwestlich durch das Glomdalen. Am Ende bekommen wir Sicht auf die Gletscherzungen des nördlichen Svartisen. Absolut beeindruckend. Mist, dass so schlechtes Wetter ist. Regnet mittlerweile nicht mehr, aber der Himmel ist wolkenverhangen. Die Fotos werden so toll nicht werden.

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Die Strecke führt jetzt am Storglomvatnet nördlich entlang. Einfaches gehen, aber wie so häufig auf dieser Tour Hügel hoch, Hügel runter. Die gute Fjällräven-Hose ist zwar wieder trocken (die Regenhose zieh ich nur an, wenn’s „richtig“ regnet), aber in Annahme einer kurzen Etappe sind wir spät gestartet und es ist spät geworden. Ich will ankommen. Und noch ein Hügel. Dann sehen wir die „Hütte“. Davor fließt ein Fluss. Wo ist die Brücke? Brücke gibt’s nicht, braucht’s nicht. Der Fluss ist so höflich und verschwindet für einige Meter unter dem Fels. Witzig.
Kvitsteindalsgammen ist wirklich anders: Klein, nur Matratzen und ein bisschen schmuddelig, aber urig. Hat auch was. Es ist wieder windiger geworden und es regnet. Wieder nichts mit Nachtaufnahmen vom schönen skandinavischen Sternenhimmel. Wir besprechen den morgigen Tag und kommen mal etwas früher in die Schlafsäcke.

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Kvitsteindalsgammen – Storglomvassdammen (Glomfjord, 0 m); Gehzeit: 2 Stunden brutto bis Staudamm
Ein windstiller Tag mit blauem Himmel und schönen weißen Wolken begrüßt uns – was für ein herrlicher Morgen.

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Die letzte Etappe. Unser Bus (Linie 200) bei Haltestelle Fykan (ein kurzer Straßenabschnitt zwischen zwei Tunneln) fährt 16:50 Uhr. Kalkuliert haben wir 2,5 Stunden bis zum Parkplatz am Damm und dann nochmal 2,5 Stunden auf dem Weg / Straße bis zur Bushaltestelle. Wir lassen uns Zeit. Nach dem Frühstück geht’s los zu einer leichten Etappe im Fjäll - Hügel hoch, Hügel runter, immer wieder den Svartisen-Gletscher im Auge. Wir schaffen die Strecke schneller als geplant. Was sollen wir zu früh an einer Bushaltestelle im Nirgendwo? Also lassen wir uns Zeit, machen noch eine Pause in der Sonne am Litle Sandvatnet, dem letzten See im Fjäll vor Erreichen der Straße.
Wenige Meter weiter hat uns die Zivilisation wieder. Wir sehen den Parkplatz an der Staumauer – drei Busse mit Schulkindern auf Ausflug. Jetzt heißt es, noch ca. 8 km auf Straße laufen (es soll da wohl auch einen Wanderweg geben, aber auf Karte sah es aus, als wenn Weg und Straße identisch sind). Kaum sind wir auf der Straße, hält ein alter Toyota. Ein älterer Norweger spricht uns an, auf Norwegisch. Englisch ist nicht seine Stärke, aber er meint, bis zum Bus sei es ein langer Weg. Soll er uns mitnehmen? Gute Idee. Die Straße führt zwar weiterhin durch eine beeindruckende Landschaft, aber auch durch zwei lange Tunnel. Hatte ich auf der Karte nicht gesehen. Wir sind froh, dass wir die Strecke nicht laufen müssen. Und der freundliche Herr bringt uns nicht nach Fykan, sondern gleich nach Glomfjord. Also müssen wir nicht an einer Straße auf den Bus warten, sondern können noch etwas einkaufen und sitzen bei Brötchen, Chips und Cider in Glomfjord auf einer Parkbank im „Zentrum“ und lassen uns etwas von den Einheimischen anstarren.
Dann gute zwei Stunden Busfahrt nach Bodø, einchecken im „City Hotel“ (Doppelzimmer ohne Frühstück: 110 €) und ein leckeres Essen (mit Bier) beim Inder (65 € für uns beide) und ab in’s Bett.
Abreise
Um 05.15 Uhr bimmelt der Wecker! Aufstehen, anziehen, den abends gepackten Rucksack schultern, strammer Marsch zum Flughafen, einchecken und auf den eigentlich für 07.00 Uhr terminierten Abflug warten. Auch in Oslo gibt’s wieder Verspätung (beim Boarding steht ein Mechaniker am Leitwerk und fummelt da rum; „Wenn der jetzt Tape rausholt, steig ich nicht ein!“). Den knapp kalkulierten Umstieg in Hamburg verpassen wir dadurch um zwei Minuten – dumm gelaufen. Die Karten für den ICE waren zuggebunden. Also das Niedersachsenticket geholt und schön mit dem Metronom jede Milchkanne zwischen Hamburg und Hannover besichtigt. Aber haben wir es nach der Tour eilig, nach Hause zu kommen? Nein, wir haben es nach der Tour eilig, wieder in’s Saltfjellet zu kommen!!!!!
Fazit
Schöne und abwechslungsreiche Tour, von Nadelwald bis Gletscher, bei milden Temperaturen und wenig Regen, dabei weniger anspruchsvoll als unsere letzte Tour 2011 in den Nebentälern des nördlichen Kungsleden, aber nicht unbedingt geeignet für „absolute beginners“. Etwas Erfahrung sollte man für diese Tour schon mitbringen. Neueinsteigern würde ich dann doch lieber eine Etappe auf dem Kungsleden an’s Herz legen.
Für uns war es wieder eine tolle Woche und menschenleer wie auf keiner unserer bisherigen Touren. Macht Lust auf mehr.
Dank an Otto Stover (fleißigen Lesern bekannt von http://www.trekkingforum.com/forum/ und http://www.outdoorseiten.net/forum/forum.php )!
P.s.: Skandinavien kann natürlich vom Image und von den physischen Anforderungen lange nicht mit Gebieten wie dem Himalaya, insbesondere dem Mount Everest, mithalten, aber … auf dem Mount Everest stehen jedes Jahr mehr als 100 Menschen, in der Gråtådalstua waren 2013 vor uns 70 eingetragene Übernachtungsgäste. Wer es also etwas exklusiver mag als auf dem Everest…
Links für Planung:
DNT http://deutsch.turistforeningen.no/
BOT http://www.bot.no/
STF http://www.svenskaturistforeningen.se/de/
Karte http://ut.no/kart (Wanderwege mit DNT-Hütten)
Karte http://www.godtur.no/default.aspx?gui=1&lang=3 (Hütten der Forstverwaltung unter „Friluftselement“ – „Åpend husvære“)
Bahn http://www.nsb.no/?lang=en_US
Bus http://www.177nordland.no/index.php?...&ac_parent=280
„Der“ Radiosender http://www.radioplay.no/radionorge/music
Von Lønsdal nach Glomfjord, 30.08. bis 06.09.2013
Prolog
Es waren einmal … vier (nicht mehr ganz junge) Knappen, die nach Jahren des Trainings in der allzu friedlichen Heimat loszogen, um über zwei Jahrhunderte (Ende 20. und Anfang 21.) hinweg in der nordischen Wildnis (ein zwischenzeitlicher Ausflug in das Reich der Pikten brachte ihnen nicht die erhoffte Herausforderung) echte Abenteuer zu suchen und zu bestehen. Doch die Kräfte der Natur waren unerbittlich und hinterließen Spuren, und zusammen mit anderen Unbilden des Lebens führte dies dazu, dass anno domini 2013 wiederum nur noch zwei Verbliebene (mittlerweile Senioren) sich einer neuen Aufgabe stellten.
Vorbereitung
Wohin soll es gehen? Rahmenbedingungen: Maximal acht Tage incl. Reisezeit (als berufstätiger Familienvater ist Zeit ein knappes Gut) , somit eine schnelle und unkomplizierte Anreise, aber nicht zu teuer; im September; abseits der Zivilisation, aber Hütten für alle Fälle wären auch nicht schlecht, und möglichst wenig Mitwanderer; natürlich eine schöne Landschaft; mal ein ganz anderes Gebiet?
Nach Recherchen in einschlägigen Foren und zahlreichen, bereits früher gelesenen, dezenten Hinweisen von Otto Stover, dass das Gebiet Saltfjellet – Junkerdalen – Sulitjelma diverse Vorzüge aufweise, entschieden wir uns für eben dieses. Nach Ansicht des Kartenmaterials und in Beziehung stellen zu unserem Zeitfenster und der Verbindungen des öffentlichen Personennahverkehrs, entschlossen wir uns für die wohl klassische Strecke dieses Gebietes, die Route von Lønsdal nach Glomfjord. Überlegungen zumindest teilweise auf markierte Wege zu verzichten und frei nach Karte zu laufen, wurden verworfen. Unter Berücksichtigung diverser Vor- und Nachteile kamen wir dann auch noch zu der Komfortvariante, also das Zelt zuhause zu lassen und ausschließlich die Hütten zu nutzen; es sollte also die "Senioren-Variante" einer Herausforderung werden

Die dortigen Hütten werden vom BOT (Bodø og Omegns Turistforening) betrieben, sind aber mit dem DNT-Schlüssel zu öffnen. Diesen hatte ich noch aus früheren Zeiten bei mir zuhause liegen. Da aber in Norwegen nicht die DJH-Mitgliedschaft anerkannt wird, wurden wir noch Mitglieder des STF (günstiger als DNT und die nächste Reise sollte wohl wieder nach Schweden gehen).
Ein Lebensmittelnachkauf ist in den Hütten dieser Gegend nicht möglich. Verpflegung muss also komplett mitgenommen werden. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung war der heimische Einkauf recht unkompliziert: „Ich geh in der Mittagspause in der Outdoorladen und hol Milchpulver. Gleich gegenüber ist ein Supermarkt, da hol ich den Rest. Besorg du Wurst und Käse. Wie viel Rittersport?“
Man muss dazu sagen, ich bin derjenige, der Angst hat, hungrig in’s Bett zu gehen. Mein lieber Freund und Mitwanderer Stefan kann da etwas stringenter sein. Doch ich zog los und kaufte ein. Wir nahmen mit:
1,5 kg Müsli, 250 g Vollmilchpulver, 3 kg geschnitten Vollkornbrot in Leichtmetalldosen, 250g Butter, ca. 1 kg Käse, ca. 700 g Wurst, 12 Fertiggerichte in Tüte, 12 Tütensuppen, 600 g Studentenfutter, 1 kg Rittersport, Kaffe, Tee, Zucker und Vitamin- und Mineralbrausetabletten.
Alles in allem müssten das etwa 28.000 kcal gewesen sein. Was ich aber erst nach unserer Tour errechnete. Als wir den ganzen Haufen in den Rucksäcken hatten, kam es mir doch etwas viel vor. Und wir brachten tatsächlich auch wieder etwas mit zurück. Was mich nach der Rechnung erstaunte, da 14.000 kcal/Person bei 6 Wandertagen ja dann doch nicht wirklich viel ist. Oder hatte ich mich verrechnet? Egal – nächstes Mal wird knapper kalkuliert!
Ironie des Schicksals (oder „Willst du Gott zum Lachen bringen? – Mach Pläne!“): Nach einer Knie-OP und dem „come-back“ als (Ü40-)Fußballspieler, welches damit endete, dass das Knie wieder über Monate geschwollen war, war meine lapidare Aussage auf Fragen meiner Mitspieler zu meiner weiteren Fußballkarriere „Kein Risiko - nach der Wanderung sehen wir weiter.“ Und was passiert? Eine Woche vor Abflug leg ich mich mit meinem Motorrad auf die Klappe! Neben Prellungen und einer tiefen Schürfwunde am Fuß (Jeans und Halbschuhe sind für Stürze nicht wirklich geeignet), ist der Knöchel geschwollen. Diagnose nach dem Röntgen: „Knochen sind heil. Aber mit den Bändern könnte was sein.“ - „Ist das ein Handicap für eine Tour mit Rucksack in den Bergen?“ – „Wandern? Kühlen, schonen und hochlagern! Soll ich Sie für 2 Wochen krankschreiben?“
30. August, Anreise
Treffpunkt 08.30 Uhr Hannover – Hauptbahnhof, ICE nach Hamburg, 12.45 Uhr Abflug nach Oslo, 17.50 Uhr Weiterflug nach Bodø,
kurzer Einkauf, Fahrkarte am Automaten gekauft und 21.10 Uhr Zug nach Lønsdal und ab 22.58 Suche im Dunkeln nach der Lønsstua. Klasse, mit Stirnlampe auf Landstraße gehen und eine Hütte suchen, von der man weiß, dass sie da irgendwo sein muss! Aber ein mittlerweile geschulter Kartenblick und etwas Intuition bringt uns unerwartet schnell an’s Ziel. Hinter einem Hotel / Ferienhausanlage von der Landstraße rechts auf einen Schotterweg abgebogen, nach 100 m über einen Parkplatz auf einen Trampelpfad und nach wenigen Metern stehen wir vor der Hütte. Schreck - kein DNT-Vorhängeschloss an der Tür, aber das Ding geht nicht auf. Nach etwas ruckeln wird die von innen verriegelte Tür dann von einem schläfrigen Norweger geöffnet. Endlich angekommen!
Übrigens, Gas für den vorsichtsweise mitgenommenen Kocher gibt’s in Bodø bis 21 Uhr bei Intersport, Plassmyrveien 50. Und den Stadtplan, um den Laden zu finden, gibt’s kostenlos zum Abreißen am Flughafen. Taxi und Bus lohnen nicht. Direkter Fußweg Flughafen – Bahnhof sind etwa 20 Minuten. Mit Umweg zum Intersport etwas mehr. Supermärkte liegen auch auf dem Weg. Bier gibt’s dort aber nur bis 20 Uhr ;-(
Lønsstua (475 m) – Saltfjellstua (610 m) ; Gehzeit: 9,5 Stunden brutto
Morgens (nach dem täglichen Verbandswechsel am Fuß) geht‘s von der Lonsstua zurück zum Bahnhof und durch die Bahnunterführung auf den markierten Weg. Schnell haben wir die Birken hinter (also unter) uns gelassen und langsam, aber stetig schrauben wir uns bis auf 1.000 m Höhe im Steindalen (nomen est omen!) hoch.
Merkwürdig: Fjäll, Sonne und warm, aber keine Mücken! Wo sind die Blutsauger? Keine Ahnung. Trotz vermeintlich guter Umstände haben wir auf der gesamten Tour nur eine einzige Mücke gesehen.
Da, die Kreuzung! Heute zur Saltfjellstua oder doch zur Midtistua? Ne, der Tag war lang genug. Jetzt der kürzeste Weg, also Richtung Saltfjellstua. Das Steindalen durchquert geht‘s kontinuierlich wieder bergab. Endlich der Bjøllåvatnet! Dann kommt gleich die Hütte. Nix da, Regen setzt ein und noch ein Hügel, noch ein Hügel. Der Tag wird länger und länger. Und dann endlich - angekommen. Für den ersten Tag mit 20 kg-Rucksack nach zwei Jahren Pause war der Tag keine schlechte Leistung.
Die tolle Hütte entschädigt. Trocken, warm und gemütlich. Schlafräume und Aufenthaltsraum mit Kochecke, Ofen + Brennholz und Polstermöbeln. Der Ofen wird angefeuert und schon wohlgefühlt. Den Kocher bringen wir nicht zum Laufen, aber wir haben ja unseren kleinen Gaskocher dabei.
Die Hütte hat ein Solarpanel mit Pufferbatterie, d.h. abends schalten wir die eingebaute LED-Lampe an und könnten sogar an der 12 V-Steckdose Akkus laden, wenn wir auf 12 V eingerichtet wären – sind wir aber nicht.
Kurz vor der Saltfjellstua überqueren wir die erste Brücke der Tour. Was nicht heißt, dass es vorher keine Wasserläufe gab. Die konnten wir nur alle in Stiefeln queren, was wahrscheinlich nicht immer möglich sein dürfte. Aber jetzt im September sind die Wasserstände sehr niedrig. Zu anderen Zeiten sollte man hier auf’s Furten vorbereitet sein. Dies trifft übrigens auf die gesamte Tour zu: Wenige Brücken, aber einige Querungen, die zu anderen Zeiten in Stiefeln wahrscheinlich kaum möglich sein dürften – also Schuhe zum Furten einpacken. Unsere brauchten wir nicht ein einziges Mal.
Saltfjellstua – Bukkhaugbua (590 m); Gehzeit: 6 Stunden brutto
Heute gibt’s keine großen Höhenunterschiede. Die Route schlängelt sich zunächst bei bedecktem Himmel mal knapp über, mal knapp unter der Baumgrenze durch’s Fjäll. Unterwegs die ersten Rentiere, ziemlich scheu.
Der gestrige Tag steckt mir wohl noch in den Knochen. Zusammen mit dem wolkenverhangenen Himmel führt das wohl zu dem, was ich bei jeder Tour mal hab: Frust und Zweifel! „Was machst du hier eigentlich? Muss man mit 50 Jahren einen schweren Rucksack Berge hoch und runter schleppen? Ich bin zu alt für so’nen Scheiß! Ab jetzt gibt’s Tagesausflüge im Harz.“
Dann kommt er, der ultimative Campingplatz: Lichter Birkenwald, eine grasbewachsene ebene und baumfreie Stelle am Flussufer mit Feuerstelle, 50 m hinter einem Wasserfall (Bukkhågforsen), im Fluss eine Insel mit langer Sandbank! Das ist die Stelle, wegen der man ein Zelt dabei haben sollte. Und gleichzeitig reißt der Himmel auf und die Sonne kommt raus. Rucksack abgeschmissen und Pause gemacht – ein herrliches Plätzchen!
Deutlich besser gelaunt geht’s weiter. Noch ein Stückchen, dann kommt die zweite Brücke der Tour. Leichter Regen setzt ein, aber egal, gleich hinter der Brücke wartet die Hütte. Die Bukkhaugbua gehört zur staatlichen Fortverwaltung, ist nicht verschlossen, kostet nichts, ist aber auch deutlich kleiner und schlichter als die DNT- bzw. BOT-Hütten. Hat aber auch Ofen und Brennholz und der Herd funktioniert. Kerzen gibt’s auch. Wieder ein gemütlicher Abend.
Bukkhaugbua – Beiarstua (130 m); Gehzeit: 7 Stunden brutto
Nach dem Start kurzer, recht steiler Anstieg bis auf ca. 860 m. Wir sind schnell über der Baumgrenze, bei bestem Wetter in wunderschöner Fjäll-Landschaft.
Es ist eine einfach zu gehende Route während man permanent den Simlebreen-Gletscher vor Augen bzw. auf den Fotos als Hintergrund hat.
Bald sieht man wieder erste Büsche. Der Weg, begleitet vom Tverraga mit mehreren tosenden Wasserfällen, führt kontinuierlich bergab. Die ersten Birken tauchen auf. Es geht weiter bergab.
Und da, tatsächlich Nadelbäume. Und noch weiter bergab. Eine Fjäll-Tour, die durch einen richtigen Wald führt – mal was Neues. Und dann steht da die Beiarstua zwischen hohen Nadelbäumen. Die Zivilisation hatte sich schon in Form von Schafen entlang des Wegs angedeutet. Nahe der Beiarstua verläuft eine kleine Straße mit Häusern. Und die Hütte selbst ist auch anders als gewohnt. Größer und mit 220 V ausgestattet – Lampen, Steckdosen und E-Herd. Eine Sauna gibt’s auch! Das Brennholz für den Kaminofen liegt in einer verschlossenen Nebenhütte. Der Schlüssel dazu hängt in der Haupthütte. Jetzt brauchen wir zum ersten Mal unseren DNT-Schlüssel und haben die große Hütte, wieder gemütlich und mit Polstermöbeln, für uns allein.
Upps, Stefans linker Außenknöchel ist dick! Er hat dort auch seit einiger Zeit ein Handicap, welches sich aber im normalen Alltag nicht groß bemerkbar machte. Die Belastung der ergangenen Tage liegt aber deutlich über normal. Die Quittung kommt prompt. Die Bandage, die ich aus meinem Rucksack zaubere, könnte morgen vielleicht ganz hilfreich sein.
Beiarstua – Gråtådalstua (605 m); Gehzeit: 6 Stunden brutto
Nach dem Frühstück wird das Feldlazarett eröffnet: Ich verbinde meinen Fuß, Stefan legt die Bandage an. Der erste Eindruck ist gut. Die Bandage stützt den Fuß und bietet weniger Spielraum zum Umknicken. Es kann weitergehen. Was sonst?
Exkurs zum Thema „Orientierung“: Warum Leute auf Wanderungen im Fjäll GPS-Geräte dabei haben, ist mir unklar. Ich habe die Orientierung dort noch nie als Problem empfunden. Entweder es gibt Markierungen oder einen Pfad, dem man folgt. Ist beides nicht vorhanden, folgt man den geographischen Gegebenheiten. Aber die Beiarstua liegt in besiedeltem Gebiet und sofort wird’s „schwieriger“. Ein Stückchen der Straße entlang. Okay, kein Problem. Aber wir müssen irgendwann links abbiegen und dort sind Häuser und Grundstücke. Dann ein kleines Hinweisschild – sollen wir wirklich mitten über den Hof laufen? Sieht so aus. Und hinter dem Hof verlaufen natürlich einige Wege und Pfade. Keine Markierung zu sehen. Wir teilen uns auf und nach einigen Minuten des Suchens haben wir den richtigen Pfad. Es war kein Problem, aber an keiner Stelle davor und danach herrschte Unsicherheit, wo’s langgeht.
Nun wird’s knackig! 500 Höhenmeter am Stück über eine sehr kurze Strecke verteilt - richtig steil, meine Pumpe läuft auf Hochtouren. Wir haben nur unsere Shirts an, und meines ist klatschnass wie nach einer ausgewachsenen Joggingrunde.
Bald sind wir wieder über der Baumgrenze und es geht nur noch gemächlich weiter hoch. Der höchste Punkt an diesem Tag ist 858 m. Es ist sehr windig, die Gipfel ringsum liegen in Wolken, aber ein angenehmes Gehen – nur noch geringe Höhenunterschiede, Vegetation, somit ein richtiger Pfad erkennbar und nicht permanent über Steine „klettern“, kaum morastige Stellen – so macht das richtig Spaß.
Hier kommen uns zwei Wanderer entgegen, die einzigen, die wir auf der Tour getroffen haben. Zwei Deutsche, die schon einige km mehr hinter sich haben als wir. Kurzer Austausch, weiter geht’s. Und dann kommt sie:
Die geilste Hütte dieser Tour – toll gelegen, sauber, großzügig, gemütlich, nach DNT-Standard ausgestattet und mit einer Wahnsinnsaussicht. Der Aufenthaltsraum hat drei Fenster und ein Ausblick ist schöner als der andere. Zudem hat auch diese Hütte Solar mit Batterie und somit LED-Beleuchtung – und ein altes Autoradio. Eingestellt ist „Radio Norge“ auf 100,4 Fm, gespielt werden die alten Klassiker aus unserer Jugendzeit. Es wird ein saugemütlicher Abend und wir bereuen, dass wir nicht doch den Single Malt mitgenommen haben.
Gråtådalstua – (über die südliche Glomdalen-Variante) Kvitsteindalsgammen (600 m); Gehzeit: 7 Stunden brutto
Es regnet. Wäre ja auch zu schön gewesen, mal ohne richtiges Regenwetter durch eine Tour zu kommen. Naja, wollen nicht meckern. Ist kein heftiger Regen. Aber er wird bis zum Nachmittag andauern.
Die Route nach Glomfjord teilt sich hier in zwei Varianten: Die nördliche Umgehung des Nordre Glomvassfjellet durch das Skavldalen und die Südliche durch das Glomdalen. Eigentlich wollen wir die kürzere nördliche Variante nehmen und queren den Fluss auf dem neuen Damm kurz hinter der Hütte, haben aber bald ein Problem – Stefans geschwollenes linkes Sprunggelenk. Die Route führt leicht ansteigend am Hang entlang, einen Pfad gibt es praktisch nicht und so knickt sein Fuß alle paar Schritte auf dem unebenen Untergrund nach außen weg, immer da, wo es geschwollen ist. Wie wird der weitere Verlauf sein? Ist die Alternative für ihn besser gangbar? Da die Route durch’s Glomdalen auf gleichmäßiger Höhe verläuft, entscheiden wir uns dafür. Dummerweise ist die Gabelung schon ein Stück zurück. Umkehren? Quatsch. Wir laufen runter zum Fluss und sehen mal zu, wo wir ihn trockenen Fußes queren können. Mhm, sieht nicht gut aus. Zu viel Wasser. Stiefel aus und furten? Ne, da haben wir keinen Bock drauf bei dem Sauwetter. Also ohne Pfad oder Markierung auf dieser Seite des Flusses durch’s Tal. Wenn der markierte Weg nach Nordwesten abbiegt, stoßen wir ja wieder drauf. Und spätestens, wenn wir auf dem Svartisen-Gletscher stehen, wissen wir, dass wir die Abzweigung verpasst haben.
Und so laufen wir im Regen und ohne Markierung, aber für Stefan doch komfortabler. Nach einigen km stoßen wir auch wieder auf Markierungen. Hier hat der offizielle Weg den Fluss, der hier weiter oben schon deutlich weniger Wasser führt, durchquert. Hinter einem Felsen finden wir Windschutz und stärken uns bei Brot und heißem Tee (Thermoskannen haben wirklich Vorteile). Direkt vor uns liegt der Svartisen bzw. einer der Ausläufer des südlichen Teils. Selbst bei der schlechten Sicht und ca. 4 km entfernt sieht‘s gewaltig aus.
Wir laufen jetzt wieder nach den Markierungen nordwestlich durch das Glomdalen. Am Ende bekommen wir Sicht auf die Gletscherzungen des nördlichen Svartisen. Absolut beeindruckend. Mist, dass so schlechtes Wetter ist. Regnet mittlerweile nicht mehr, aber der Himmel ist wolkenverhangen. Die Fotos werden so toll nicht werden.
Die Strecke führt jetzt am Storglomvatnet nördlich entlang. Einfaches gehen, aber wie so häufig auf dieser Tour Hügel hoch, Hügel runter. Die gute Fjällräven-Hose ist zwar wieder trocken (die Regenhose zieh ich nur an, wenn’s „richtig“ regnet), aber in Annahme einer kurzen Etappe sind wir spät gestartet und es ist spät geworden. Ich will ankommen. Und noch ein Hügel. Dann sehen wir die „Hütte“. Davor fließt ein Fluss. Wo ist die Brücke? Brücke gibt’s nicht, braucht’s nicht. Der Fluss ist so höflich und verschwindet für einige Meter unter dem Fels. Witzig.
Kvitsteindalsgammen ist wirklich anders: Klein, nur Matratzen und ein bisschen schmuddelig, aber urig. Hat auch was. Es ist wieder windiger geworden und es regnet. Wieder nichts mit Nachtaufnahmen vom schönen skandinavischen Sternenhimmel. Wir besprechen den morgigen Tag und kommen mal etwas früher in die Schlafsäcke.
Kvitsteindalsgammen – Storglomvassdammen (Glomfjord, 0 m); Gehzeit: 2 Stunden brutto bis Staudamm
Ein windstiller Tag mit blauem Himmel und schönen weißen Wolken begrüßt uns – was für ein herrlicher Morgen.
Die letzte Etappe. Unser Bus (Linie 200) bei Haltestelle Fykan (ein kurzer Straßenabschnitt zwischen zwei Tunneln) fährt 16:50 Uhr. Kalkuliert haben wir 2,5 Stunden bis zum Parkplatz am Damm und dann nochmal 2,5 Stunden auf dem Weg / Straße bis zur Bushaltestelle. Wir lassen uns Zeit. Nach dem Frühstück geht’s los zu einer leichten Etappe im Fjäll - Hügel hoch, Hügel runter, immer wieder den Svartisen-Gletscher im Auge. Wir schaffen die Strecke schneller als geplant. Was sollen wir zu früh an einer Bushaltestelle im Nirgendwo? Also lassen wir uns Zeit, machen noch eine Pause in der Sonne am Litle Sandvatnet, dem letzten See im Fjäll vor Erreichen der Straße.
Wenige Meter weiter hat uns die Zivilisation wieder. Wir sehen den Parkplatz an der Staumauer – drei Busse mit Schulkindern auf Ausflug. Jetzt heißt es, noch ca. 8 km auf Straße laufen (es soll da wohl auch einen Wanderweg geben, aber auf Karte sah es aus, als wenn Weg und Straße identisch sind). Kaum sind wir auf der Straße, hält ein alter Toyota. Ein älterer Norweger spricht uns an, auf Norwegisch. Englisch ist nicht seine Stärke, aber er meint, bis zum Bus sei es ein langer Weg. Soll er uns mitnehmen? Gute Idee. Die Straße führt zwar weiterhin durch eine beeindruckende Landschaft, aber auch durch zwei lange Tunnel. Hatte ich auf der Karte nicht gesehen. Wir sind froh, dass wir die Strecke nicht laufen müssen. Und der freundliche Herr bringt uns nicht nach Fykan, sondern gleich nach Glomfjord. Also müssen wir nicht an einer Straße auf den Bus warten, sondern können noch etwas einkaufen und sitzen bei Brötchen, Chips und Cider in Glomfjord auf einer Parkbank im „Zentrum“ und lassen uns etwas von den Einheimischen anstarren.
Dann gute zwei Stunden Busfahrt nach Bodø, einchecken im „City Hotel“ (Doppelzimmer ohne Frühstück: 110 €) und ein leckeres Essen (mit Bier) beim Inder (65 € für uns beide) und ab in’s Bett.
Abreise
Um 05.15 Uhr bimmelt der Wecker! Aufstehen, anziehen, den abends gepackten Rucksack schultern, strammer Marsch zum Flughafen, einchecken und auf den eigentlich für 07.00 Uhr terminierten Abflug warten. Auch in Oslo gibt’s wieder Verspätung (beim Boarding steht ein Mechaniker am Leitwerk und fummelt da rum; „Wenn der jetzt Tape rausholt, steig ich nicht ein!“). Den knapp kalkulierten Umstieg in Hamburg verpassen wir dadurch um zwei Minuten – dumm gelaufen. Die Karten für den ICE waren zuggebunden. Also das Niedersachsenticket geholt und schön mit dem Metronom jede Milchkanne zwischen Hamburg und Hannover besichtigt. Aber haben wir es nach der Tour eilig, nach Hause zu kommen? Nein, wir haben es nach der Tour eilig, wieder in’s Saltfjellet zu kommen!!!!!
Fazit
Schöne und abwechslungsreiche Tour, von Nadelwald bis Gletscher, bei milden Temperaturen und wenig Regen, dabei weniger anspruchsvoll als unsere letzte Tour 2011 in den Nebentälern des nördlichen Kungsleden, aber nicht unbedingt geeignet für „absolute beginners“. Etwas Erfahrung sollte man für diese Tour schon mitbringen. Neueinsteigern würde ich dann doch lieber eine Etappe auf dem Kungsleden an’s Herz legen.
Für uns war es wieder eine tolle Woche und menschenleer wie auf keiner unserer bisherigen Touren. Macht Lust auf mehr.
Dank an Otto Stover (fleißigen Lesern bekannt von http://www.trekkingforum.com/forum/ und http://www.outdoorseiten.net/forum/forum.php )!
P.s.: Skandinavien kann natürlich vom Image und von den physischen Anforderungen lange nicht mit Gebieten wie dem Himalaya, insbesondere dem Mount Everest, mithalten, aber … auf dem Mount Everest stehen jedes Jahr mehr als 100 Menschen, in der Gråtådalstua waren 2013 vor uns 70 eingetragene Übernachtungsgäste. Wer es also etwas exklusiver mag als auf dem Everest…
Links für Planung:
DNT http://deutsch.turistforeningen.no/
BOT http://www.bot.no/
STF http://www.svenskaturistforeningen.se/de/
Karte http://ut.no/kart (Wanderwege mit DNT-Hütten)
Karte http://www.godtur.no/default.aspx?gui=1&lang=3 (Hütten der Forstverwaltung unter „Friluftselement“ – „Åpend husvære“)
Bahn http://www.nsb.no/?lang=en_US
Bus http://www.177nordland.no/index.php?...&ac_parent=280
„Der“ Radiosender http://www.radioplay.no/radionorge/music
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