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Mit Familie nach Norwegen. Drei Kurzwanderungen in Rondane, Jotunheimen und Hardanger Vidda
Die Idee
Der Plan war eigentlich einfach: Mit der Familie im Wohnmobil nach Norwegen, dort drei Wanderungen in den Nationalparks machen mit jeweils 3-4 Tagen Dauer, Übernachtungen in DNT-Hütten. Und der Hund wollte auch mit. Eigentlich ein einfacher Plan. Allerdings ohne einfache Lösung. Ich fand keine Wanderungen mit durchgängig unter 5 Stunden Familiengehzeit am Tag, Anbindung an Straße bzw. Parkplatz, Rückkehr zum Startpunkt und natürlich für jeden Abend eine Hütte (und den Hund nicht vergessen).
Ich schrieb eine Mail an den DNT und das Wunder geschah: Innerhalb von 48 Stunden bekam ich drei maßgeschneiderte und fertig ausgearbeitete Touren zugeschickt, individuell für uns beschrieben und mit netten Grüßen am Ende. Die Mitgliedschaft im DNT hat sich schon für diesen wunderbaren Tipp gelohnt.
Ich buchte die Hütten im Februar 2020. Und dann kam Corona.
Grenzübertritt in Corona-Zeiten
Diesen Abschnitt kann man hoffentlich bald überspringen, aber im Jahr 2020 wurde das Corona-Problem immer größer. Norwegen hatte bekanntlich die Grenze dicht gemacht für deutsche Urlauber. Ja, sie können kommen, hieß es dann eine Woche vor dem Start, aber bitte nicht über Schweden. Wir wollten aber über Schweden fahren (und nicht die Fähre über Hirtshals in Dänemark: Hund, Wellen).
Wir wollten es drauf ankommen lassen. Und es wurde skurril. An der dänischen Grenze knipste eine Soldatin alle Pässe einzeln mit ihrem Handy. Sie zählte die Personen im Auto durch und wollte jedes Gesicht sehen, ob es dem Passfoto entspricht. „Do you have bookings?“, fragte sie. Eigentlich nicht. In letzter Sekunde fiel mir der Buchungszettel für die Fähre nach Schweden in Helsingborg ein. Okay, wir wurden durchgewinkt. Erleichterung, aber das konnte ja heiter werden.
Auf schwedischer Seite in Helsingborg die Überraschung, dass auch in Corona-Zeiten überhaupt niemand an uns interessiert war, kein Zoll, keine Soldatinnen, niemand. Kurz vor Norwegen schlug das Wetter um, dunkle Wolkenfront, böiger Wind, dann dichter Regen und die Temperaturen fielen plötzlich um 10 Grad. So sollten die nächsten drei Wochen im Juli 2020 bleiben. Perfekter Start für eine Familienwanderung.
Unheimlich wurden die letzten Kilometer zur norwegischen Grenze. Niemand vor uns, niemand hinter uns. Wir waren vollkommen allein auf der Autobahn. Im Regen stand dann ein einsamer junger norwegischer Soldat, der etwas erstaunt war, dass wir vor ihm stoppten: „Wir wollen den Hund anmelden.“ Ohne Hund hätte man einfach durchfahren können nach Norwegen, keinerlei Kontrolle, keine Frage woher, wohin, wie lange. Wir hätten auch eine Woche in Schweden sein können. Das hatte sich im Internet auf der norwegischen offiziellen Seite etwas anders angehört. Den Hund wollte dann auch niemand sehen im Zollgebäude.
Auf der Rückfahrt übrigens das gleiche Spiel: Norwegen, Schweden ohne jede Kontrolle. In Dänemark wieder alle Pässe raus für den Soldaten, Blick ins Auto und dann: „Gute Fahrt nach Deutschland.“
Familienwanderung Nummer 1: Rondane-Nationalpark
Sorgfältig geplant waren dann die drei Wanderungen, Rondane, Jotunheimen und Hardanger Vidda. Der DNT hatte uns Hütten, Wanderzeiten und kleine Tipps für Busverbindungen und Boote zugesandt. Jede Wanderung hatte jeweils drei Etappen von Hütte zu Hütte. Dazwischen Autofahrt und jeweils ein Day-off zum Waschen und Nachfüllen der Rucksäcke.
Start war der Rondane-Nationalpark, wo ich der Familie unbedingt die Hütte Rondvassbu zeigen wollte, eine der schönsten Hütten, die ich kenne, an einem See, hohe Berge und mit Sitznischen, in denen man ein Buch lesen kann.
Die Anfahrt verlief allerdings schon etwas anders als geplant. Die Norweger sagten uns, dass der Sommer seit Mai ungewöhnlich nass und kalt war. Anfang Juli (!) hatte es an manchen Hütten noch über einen Meter Neuschnee, obwohl die Hütten kaum über 1.000 Meter hoch liegen. Und auch jetzt fielen die Temperaturen auf 4 Grad Frost in der Nacht.
Unser Plan, dass zwei Personen auf der Anfahrt im Camper schliefen und die Kinder im Zelt, war obsolet. Wir mieteten daher häufiger Hütten, um dem Dauerregen und der Kälte zu entfliehen. Die Hütten stehen auf jedem Campingplatz und kosten zwischen 40 und 100 Euro die Nacht, je nach Komfort. Heizung haben sie alle. Es stellte sich natürlich die Frage, weshalb wir den Camper dabei haben, wenn wir vier gemütlich in einer warmen und großen Hütte nebenan schlafen könnten. Was wir dann auch manchmal machten.
Die Wanderung im Rondane verlief gut. Start war in Strømbu. Auf dem Parkplatz Strømbu kann man auch im Camper übernachten, es gibt sogar eine öffentliche Toilette dort. Von Strømbu zur ersten Hütte Bjørnhollia ist es nicht weit, rund 2 Stunden, lichter Wald, kaum Anstiege, schöne Blicke. Und Bjørnhollia fand die Familie noch besser als Rondvassbu. Eine sehr schöne und modern ausgestatte Hütte. Selten haben wir so freundliche und hilfsbereite Wirtsleute angetroffen. Der Hund konnte im Zimmer übernachten, das Frühstück war hervorragend. Wer einfach einmal im Leben eine norwegische Hütte (mit Kindern) kennen lernen möchte, für den ist Bjørnhollia perfekt. Einfacher kann man eine Hütte nicht über einen Fußmarsch erreichen.
Auch der weitere Weg zur Hütte Rondvassbu ist einfach, zwar ein Anstieg, aber nicht wirklich schwierig. Aber der Rondane Nationalpark ist sehr steinig, was bedeutet, dass man nicht schnell vorwärts kommt. Ich fand Rondvassbu wieder ein Erlebnis. Allerdings kamen wir diesmal mit dem Hund in eine eher zugige Nebenhütte, wenig charmant. Und am dritten Tag ging es zurück, diesmal in einem Rutsch von Rondvassbu bis zum Parkplatz Strømbu. Am Ende der drei Tage lagen aus der Familie bereits die ersten Einschätzungen vor, was jeder sich zutraut.
Kleine Info zu norwegischen Hütten
Die Hüttenwanderungen sind als Familienurlaub übrigens nicht wirklich preiswert. Eine Nacht in der Hütte des norwegischen Alpenvereins DNT kostet rund 370 Euro für vier Personen plus Hund (10 Euro), und das bereits mit DNT-Mitgliedschaft, ansonsten ist es nochmals ein Drittel teurer (Jahr 2020). Enthalten ist allerdings Vollpension (also auch Lunchpaket, das man sich am Frühstücksbuffet selbst zusammen stellt).
Man schläft in Überstockbetten (Hüttenschlafsack selbst mitbringen), Plumpsklo im Nebengebäude und Gemeinschaftsdusche. In den einfachen Hütten gibt es kaltes Wasser am nächsten Bach und das Klo ist fünfzig Meter durch den Regen. Strom gibt es meist nicht.
Das Abendessen wird in den Hütten, die „mit Bedienung“ haben, immer zelebriert mit einer Ansprache des Personals, Vorstellung des 3-Gänge-Menüs (auf Norwegisch) und pünktlichem Beginn um 18:30 Uhr. Eine Auswahl gibt es nicht, alle essen das gleiche. Es gab durchgängig immer Kartoffeln als Beilage, nie Reis, nie Nudeln.
Wasser ist frei, Alkohol muss extra bezahlt werden (und die Norweger griffen fleißig zu, ein Glas Wein rund 9 Euro, falls das jemanden interessiert). Wir waren die einzigen Deutschen in den Hütten, teilweise die ersten ausländischen Gäste überhaupt im Jahr 2020. Wer Norwegen kennen lernen möchte, sollte irgendwie eine Hüttenübernachtung einbauen in seinen Urlaub.
Insgesamt ist auffällig, dass die DNT-Hütten eher vom oberen norwegischen Mittelstand besucht werden. Sehr stylisch und gut ausgerüstete Männer und Frauen (Norrøna ist eindeutig die Marke der Wahl. In der schicken, langen Norrøna-Unterwäsche kann man praktischerweise auch zum Abendessen und Frühstücksbuffet erscheinen). In den Hütten viele Kinder, aber auch junge Paare. Auffällig auch, dass viele (junge) Frauen wanderten. Und auf einem Bord vor der Küche stehen morgens immer dutzende Thermoskannen, teilweise mit enormen Fassungsvermögen, die von der Küche mit heißem Kaffee gefüllt werden für den Wandertag. Jeder kann seine Kanne abends dazu stellen.
Und kleine Info zum Wandern in Norwegen und mit Norwegern
Insgesamt bevorzugt der Norweger (und die Norwegerin) daher seinen / ihren 60 Liter Osprey-Rucksack auch für Hüttenwanderungen. Thermoskannen, extra Kleidung für die Hütten und so weiter fordern schon etwas größere Rucksäcke. Wir hatten eindeutig die kleinste Ausrüstung weit und breit, da wir uns für die drei Etappen jeweils auf 25 Liter Rucksäcke beschränkten. Wir hatten keine trockenen Ersatzhosen dabei, keine Abend-Pullover, dafür aber Hundefutter für 3-4 Tage, den Hüttenschlafsack, Verpflegung für den Tag und Wanderstöcke. Auch die sind eher verpönt in Skandinavien, meiner Meinung nach aber zu empfehlen, insbesondere in Schnee und Wasser. Insgesamt trugen wir kaum mehr als 5 Kilo auf dem Rücken für drei Tage (und hätten mit der gleichen Ausrüstung auch sieben oder mehr Tage gehen können).
An Sportlichkeit und Wetterfestigkeit lässt sich der Norweger jedoch nicht übertrumpfen. Bei wirklich jedem (!) Wetter spielen Kinder draußen (und machen einen durchaus erstaunlich zufriedenen Eindruck). Auch bei leichtem Frost kann ein Norweger auf der Terrasse sitzen und sinnieren (oder ist schon erfroren?). Abends um 22:00 Uhr startete eine junge Frau noch ihren Dauerlauf auf der Nationalstraße und wurde von ihrem Freund gegen Mitternacht nach 2 Stunden Sport zurück erwartet. Auch eine kleinere Gipfelbesteigung nach einer durchregneten Tagesetappe im Schneeregen ist durchaus noch drin. Eine andere Läuferin machte unsere 3-Tagestour an einem Tag, wir sahen sie abends wieder, durchaus erschöpft, aber aufrecht. Diese enorme Fitness der Norweger (und Norwegerinnen), die auch gerne gezeigt wird, ist schon erstaunlich. Da traut man sich abends kaum, einfach nur Karten zu spielen.
Pause im Dovre-Nationalpark
Nach dem Rondane machten wir eine Pause im Dovre-Nationalpark (wo die Moschusochsen sind) und liefen hinauf zum Snøhetta -Aussichtspunkt in Hjerkinn. Sehr empfehlenswert auch für Kinder, coole Architektur. Es gibt einen großen Parkplatz mit Toiletten, von dort aus dauert der Aufstieg vielleicht eine knappe Stunde, wenn man sich Zeit lässt.
Familienwanderung Nummer 2: Jotunheimen-Nationalpark
Die zweite Wanderung ging dann durch den Jotunheimen-Nationalpark. Die Fahrt dorthin verlief über Dombås, einem regionalen Zentrum, wo eigentlich jeder stoppt, Tankstelle, Bäckerei und Supermärkte. Nördlich des Dombås führt die Straße über eine Hochebene, südlich geht die E6 durch das Tal immer weiter bis Oslo. Wir sind irgendwann abgebogen auf die 51, vorbei am Ort Beitostølen. Das ist sehr empfehlenswert, eine großartige Strecke, eine der Scenic Routes in Norwegen.
Wir übernachteten hinter dem Ort Vang auf dem Camping Bøflaten. Auch dies eine uneingeschränkte Empfehlung, extrem freundliche Leute dort, es gibt eine riesige und topmoderne Küche für alle, die Sanitäranlagen sind auf allerhöchstem Niveau. Und der Ort liegt recht niedrig. Nachts wird es also nicht so kalt. Im Jahr 2020 durchaus ein Argument.
Wir starteten die zweite Wanderung in Fondsbu, einer Hütte, die über eine 20 Kilometer Schotterstraße erreichbar ist. Leider regnete es wieder in Strömen, der Wind knatterte und Eisschollen trieben auf dem See neben der Hütte. Das war mal ein gute Szenerie für eine Familienwanderung im Sommer. Wir stiegen auf in die Wolken. Es wirkte nicht wie 1000 Meter über Meereshöhe, sondern wie 3000 Meter. Uns kamen an dem Tag immerhin noch drei Paare entgegen, bei äußerst unwirklichen Bedingungen. Wir waren durchgefroren, vollständig nass nach sechs Stunden Anstieg durch Geröll, weitgehend ohne Pause, und Dauerregen. Die kleinere Hütte Olavsbu war erfreulich schon mit dem Birkenholzofen angeheizt und wir schliefen sehr gut. Die Hütte ist nicht „bedient“, das heißt abends muss man selbst kochen. Aber falls man nichts tragen möchte, findet man alles in den Schränken vor, trägt sich ein und bezahlt für alle Speisen.
Am nächsten Morgen bat uns die Hüttenwirtin, dass wir ihre Freundin mit ins Tal nehmen zur Hütte Gjendebu, eine etwa 60-jährige Kita-Leiterin aus Oslo, und wir unterhielten uns sehr gut an dem Tag. Erstaunlich für uns, dass im reichen Norwegen über die Preise geklagt wird, über die Armut in Oslo und die hohen Gebühren für Kindertagesstätten. Norwegerinnen und Norweger scheinen die gleichen Dinge zu beschäftigen wie uns auch.
Gjendebu ist weitaus besser besucht als Olavsbu, denn man kann dort mit dem Schiff hinfahren (auch eine tolle Tour. Wer über den Beseggen-Grat laufen möchte, kommt irgendwann in Gjendebu aus und kann mit dem Boot zurück fahren. Ein Klassiker). Die Hütte war denn auch sehr bevölkert von norwegischen Familien.
Das Wetter besserte sich und unsere letzte Tagesetappe führt über einen steilen Anstieg und Abstieg bis zur Hütte Torfinnsbu, sechs Stunden strammer Marsch, denn wir mussten das Boot Bitihorn auf dem See Bygdin bekommen, das uns nachmittags wieder nach Fondsbu brachte. Wer sich mehr Zeit lassen möchte, kann auch am Bootsanleger in der Hütte Torfinnsbu übernachten.
Familienwanderung Nummer 3: Hardanger Vidda
Ein Day-off mit Waschen und Trocknen, erfreuliche 19 Grad und Sonne. Und es ging zu letzten Tour. Wir waren voller Vorfreude auf die Hardanger Vidda, das riesige Hochplateau ohne Baum und Strauch. Dort wurde Star Wars gedreht (Schlacht auf Hoth, Episode 5, es gibt ein schönes Video bei Youtube, das die Landschaft zeigt). Wir parkten an der Hütte Fagerheim (drinnen Bescheid sagen und Parkticket lösen), wanderten noch am gleichen Tag weiter nach Krækkja, rund 2 Stunden, äußerst gemütlich, kaum Steigung. Eine sehr schön neu renovierte Hütte, 3-Gänge Abendessen mit Ansprache und einem pensionierten Offizier der norwegischen Streitkräfte neben uns, der uns ausgiebig die Vorzüge des Langlaufs in der Vidda vorstellte. Offenbar ist Ende April die beste Zeit dafür, wie er sagte.
Die Hardanger Vidda stand nun im Juli allerdings arg unter Wasser. Die Flüsse rissen die Pflanzen am Ufer mit, die Wege wurden zu Bächen. Das war nicht normal. Wir mussten mehrfach Flüsse durchqueren, wo eigentlich keine Flüsse waren, und das Wasser stand mir dort bis übers Knie (eigentlich gibt es Sommerbrücken in der Vidda). Damit hatten wir nicht gerechnet. Eigentlich sind in Norwegen auf den ausgeschilderten Wanderwegen Brücken oder Steine vorhanden. Doch die waren überspült. Watschuhe hatten wir nicht dabei. Irgendwann liefen wir beim dritten Fluss einfach in Schuhen durch das eiskalte Wasser und waren abends richtig nass.
In der Hütte Kjeldebu wärmten wir uns nicht nur auf, sondern mussten für den nächsten Tag auch die Pläne ändern. Wir hatten genug von Regen, Kälte, Flusssdurchwatungen und Sturm. Auch die doch sehr hohe Brücke vor der Hütte Kjeldebu hat uns Sorgen bereitet. Wir mussten den Hund rund 1,80 Meter hochhieven, damit er auf den Betonsockel der Brücke hinauf kam (und der Hund ist groß). Und die Brücke schwankte so stark über dem doch recht imposanten Fluss, dass wir alle froh waren, heil auf der anderen Seite angekommen zu sein. Das wollten wir dem Hund am nächsten Morgen nicht nochmals antun.
Wir entschieden uns, nicht durch die Täler nach Liseth zu laufen wie geplant, sondern den letzten Tag abzukürzen über die Höhen hinweg nach Dyranut an der Nationalstraße. Eine gute Entscheidung, auch wenn der Wind am nächsten Tag dort oben pfiff wie verrückt und es auf dem Schneefeld nicht mehr als wenige Grad über Null hatte im Juli.
Wir erreichten die Zivilisation an der Passhöhe mit Restaurant (Dyranut). Die freundliche Bedienung lotste uns mit der tropfenden Garderobe in einen Nebenraum, wo wir (fast) alles auszogen, und freute sich „endlich wieder andere Sprachen zu hören“. So schön kann Tourismus sein.
Letztes Problem war, dass unser Auto nun noch in Fagerheim parkte. Ich stellte mich mit gestrecktem Daumen an den Straßenrand und wurde bald von einem jungen Mann mitgenommen. Er hatte seinen Bruder in Bergen besucht, fuhr jetzt in seinem kleinen Hybrid-Toyota nach Oslo („Ich kann euch auch alle mitnehmen, Gepäck, Hund, kein Problem“, tolles Angebot, doch der Wagen wäre völlig durchweicht gewesen) und verkaufte ansonsten Frisbee-Parcoure an Gemeinden. Ein sehr anregende Fahrt. Diese Gespräche mit den anderen Menschen sind das Salz in der Suppe der Wanderurlaube.
Der Camper stand noch dort wie vorher, ich fuhr zurück zur Familie nach Dyranut, und wir verbrachten eine Nacht in einer wirklich geräumigen Hütte in Liseth Pensionat (sehr empfehlenswert), die Heizungen mit tropfenden Handschuhen und Socken belegt.
Die Rückfahrt im Camper verlief unspektakulär. Nochmals äußerst kräftiger und ergiebiger Regen bis kurz vor Oslo, das Zelt morgens wieder nass einwickeln. An den Grenzen kommt man bei der Ausreise problemlos durch, keine Nachfragen, nichts. Dann die Sensation, als wir in Deutschland wieder bei 30 Grad ankamen. Die anderen Gäste auf dem Camping bei Hamburg staunten nicht schlecht, als wir dampfende, feuchte Berge von Ausrüstung ausbreiteten.
Und wie wars?
Ich fand die Reise absolut grandios. Der steinige Rondane, die hohen Berge in Jotunheimen, die Weite der Vidda. Die anderen Familienmitglieder sind teilweise gemischter Meinung. Man muss wissen, auf was man sich einlässt. Aber eine solche grandiose, leere Landschaft, und abends ein 3-Gänge Menü mit Ansprache vom Koch, das findet man sonst nirgends. Wandern in Norwegen ist phantastisch, völlig anders als in den Alpen. Einige der schönsten Nationalparks doch recht bequem auf einer Campertour zu verbinden und dennoch norwegisches Hüttenleben mitzubekommen ist klasse. Daumen hoch. Unsere Kinder sind fit (behaupte ich mal), sie sollten natürlich in der Lage sein, mit 5 Kilo auf dem Rücken auch 5-6 Stunden zu wandern (bei den längeren Etappen dieser Routen).
Was würden wir anders machen?
Ein Problem war der Hund. Geröllhalden, Flussquerungen, Kälte schaffte sie wirklich gut. Pfoten in Ordnung, alles prima. Aber mit Hund bekommt man in den Hütten häufig das Nebengebäude zugewiesen, im Zweifel auch mal eine Art Schafstall, bei dem man durch die Ritzen nach draußen schauen kann (in Gjendebu).
Das zweite Problem war der Camper. Ich würde so ein Tour nächstes Mal mit dem PKW machen wollen und dann auf den Campingplätzen Hütten mieten. Das war problemlos möglich, letztendlich preiswerter (wenn man alle Kosten des Campers im Vergleich zum PKW aufaddiert – bis zu Fährpreisen). Wer natürlich gerne einfach neben der Straße campen will und auf das Jedermannsrecht verweist, der sollte den Camper nehmen. Für uns war aber nicht das Camping neben der Straße das Highlight, sondern es waren die Wanderungen.
Ausrüstung
Wir haben leider nicht vier Mal die optimale Wanderausrüstung vorrätig gehabt. Daher stoppelten wir etwas bei Regenausrüstung und Wanderschuhen. Aber die dünne, preiswerte North-Face Jacke bewährte sich besser als meine teure 3-Lagen Gore-Tex (komplett durchnässt). Der Rucksack von Lidl war praktischer als das aufwändige Modell vom Markenhersteller. Wichtig ist, dass der Rucksack klein ist und gut sitzt. 30 Liter Volumen reichen für Hüttentouren vollständig aus. Es geht darum, dass eine Familie nicht hunderte Euro für Ausrüstung ausgibt, nur um das Wandern in Norwegen mal für wenige Tage zu probieren.
Wir hatten zwei Paar Wanderstöcke dabei, was empfehlenswert ist in steilen Schneefeldern und tieferen Flussquerungen. An den Füßen hatten wir unter anderem Hoka Cliftons, Laufschuhe mit dicken Sohlen, und war sehr zufrieden. In dem Zusammenhang war es witzig, dass sicher die Hälfte der Norweger Hoka One One als Hüttenschuhe dabei hatten. Die Marke scheint dort sehr verbreitet. Wir hatten für die Hütten Socken und Flip-Flops, geht auch. (Für die Wanderungen sah man bei den Norwegern viele Salomon-Modelle, auch Scarpa, falls das jemanden interessiert.)
Wir hatten diesmal aber auch die klassischen Meindl-Schuhe dabei und waren damit nicht durchgängig zufrieden (sie bleiben nass, wenn sie nass sind, und boten keinen besseren Halt als Trailrunner). Ich hatte Altra Lone Peak Mid und war wie immer sehr zufrieden damit. Wanderschuhe sind ein ewiges Thema, daher dies nicht unbedingt als Empfehlung sehen, sondern als eine Öffnung für die Bandbreite, die man ausprobieren kann.
Insgesamt reichten uns für die eigentliche Touren immer Wanderunterhemd (Merino), eine Softshelljacke und darüber eine Regenjacke. Solange man sich bewegt, genügt dies für alle Temperaturen. Erstmals und ausgiebig haben wir die Handschuhe gegen die Kälte benötigt. Aber nicht jeder Sommer muss dermaßen nass und kalt sein wie der Sommer 2020 in Norwegen.
Die Kombination von Autofahrt und Wanderung hat erstaunlich gut geklappt, trotz der doch notwendigen detaillierten Vorbereitung (Buchung aller Hütten im Voraus). An dieser Stelle nochmals ein dickes Danke an den DNT in Oslo. Was dort an Service geboten wird, ist aus meiner Erfahrung eine Klasse für sich.
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