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Mitreisende | |
Land: Schottland, UK
Weg: West Highland Way, von Drymen nach Fort William
Wann: 28.03.-05.04.2010
Vorgeschichte
Schon im Oktober 2009 haben wir Schottland einen ersten Besuch abgestattet und schnell gemerkt, dass es nicht der einzige bleiben darf. Da wir 2010 nur im Frühjahr Zeit für eine Tour hatten und Südeuropa uns nicht wirklich lockte, fiel die Entscheidung auf den WHW. Statt einer Zelttour beschlossen wir, es diesmal etwas ruhiger anzugehen und sowohl Unterkünfte aufzusuchen als auch Essen zu kaufen bzw. wo möglich selbst zu kochen.
28. März - Anreise nach Glasgow
Irgendwie mag ich keine Anreisetage, die sind mir viel zu hektisch. Außerdem habe ich Kopfschmerzen und habe so nur wenig von dem wirklich hübschen B&B, in dem wir (Freundin + ich) uns einquartiert haben. Immerhin wohnt dort auch eine fette schwarze Katze, die sich in unser Zimmer gesellt und sich von mir den Kopf kraulen lässt. Nach einer guten Stunde treffen unsere zwei Reisepartner ein, mit denen wir in der nächsten Woche bis nach Fort William laufen wollen. Ich werde noch zu einer Runde im nahen Pub überredet und dann geht’s auch schon ins Bett, mit viel Vorfreude auf den nächsten Tag.
Achja, es regnet übrigens.
29. März - Fahrt nach Drymen; Drymen - Balmaha
Offensichtlich wollte die Hektik uns noch einen letzten Gruß erbieten: Im gerammelt vollen Bus fahren wir einmal quer durch Glasgow. Ich möchte nicht wissen, wie vielen Leuten ich auf dieser Fahrt meinen Rucksack in den Rücken gestoßen habe.
Eigentlich beginnt der WHW ja in einem der Glasgower Vororte, da wir aber von diversen Seiten nichts gutes darüber gehört hatten, wollen wir erst in Drymen starten.
Am Busbahnhof dann der erste Lichtblick. Der Fahrer der Regionallinie nach Drymen begrüßt uns mit den Worten: „It's your lucky day.“ Die Fahrt ist kostenlos, warum, wissen wir bis heute nicht. Natürlich regnet es. Nachdem wir Glasgow hinter uns gelassen haben, erhaschen wir die ersten Blicke auf die umliegenden Höhen. Sie sind verschneit.
Drymen ist ein hübsches kleines Dorf, das wohl hauptsächlich vom Tourismus des WHW lebt. Der Weg beginnt allerdings recht langweilig, folgt einer Straße, dann einigen Feldwegen und schließlich einem ordentlich befestigten Waldweg. Es nieselt noch immer.
Irgendwann verlassen wir den Wald und wollen die erste nennenswerte Steigung in Angriff nehmen. Die Bäume liegen keine 15 Meter hinter uns, da setzt Platzregen ein. Wir laufen zurück und machen unter dem dichten Bewuchs erstmal Mittag. Eine riesige Eule fliegt direkt vor uns auf.
Etwas später „besteigen“ wir dann den Conic Hill, der Regen hört auf, dafür weht der Wind uns fast wieder hinunter. Doch der Ausblick entschädigt: Unter uns liegen der Loch Lochmond und die Highland Boundary Fault, die die Highlands von den Lowlands trennt und wunderbar zu erkennen ist. Der Abstieg ist schnell geschafft und wir sind am Ziel der Etappe, in Balmaha, angekommen, wo wir uns (nach 2 Stunden Wartezeit auf den Betreiber) in einem eher ungemütlichen B&B wiederfinden.

30. März - Balmaha - Inversnaid
Sirenengeheul reißt mich aus dem Schlaf. Feueralarm. Ich springe aus dem Bett und renne die Treppe hinunter. Unten, in der Küche, stehen unsere Reisepartner und haben beim Speck Braten etwas zu viel Rauch gemacht. Nachdem der Vermieter die Anlage abgeschaltet hat, geht sie fünf Minuten später wieder los. Warum zum Teufel montiert man auch einen Rauchmelder direkt über eine Küchenzeile?
Als wir loslaufen, schüttet es aus Eimern. Der Weg wäre bei besserem Wetter bestimmt ganz hübsch, so laufen wir jedoch mit gesenktem Kopf immer dicht am Ufer des Loch Lomond vorbei, die Etappe zieht sich endlos. Mittags wärmen wir uns kurz in einem Pub bei Suppe und Kaminfeuer auf, bevor es weiter bis Inversnaid geht. Es regnet ununterbrochen, daher auch keine Fotos.
In Inversnaid übernachten wir in einer alten Kirche, die zu einer Jugendherberge umgebaut wurde. Wirklich schön. Außer einer jungen Familie sind wir die einzigen Gäste. Draußen heult der Wind. Auf unsere Frage, welches Wetter morgen zu erwarten sei, antwortet der Wirt: „Like today. Only worse.“
Beim Einschlafen frage ich mich, ob Schottland im Frühjahr vielleicht keine so gute Idee war...
31. März - Inversnaid - Crianlarich
Alles ist weiß. Irgendwann in der Nacht hat es gefroren und statt Regen fiel Schnee. Bis ganz runter an den See reicht er zwar nicht, aber immerhin. Der Weg führt wieder runter an den Loch Lomond, den wir aber bald hinter uns lassen und endlich wieder aufsteigen. Natürlich gibt’s dort auch mehr Schnee. Vorbei an einer halb verwesten Ziege laufen wir durch verschneites und mittlerweile etwas matschig gewordenes Weideland tiefer und vor allem höher in die Highlands hinein. Nach einigen Stunden zeigen sich sogar mal einige Flecken blauen Himmels – ein kleiner Vorgeschmack auf die nächsten Tage. Bevor wir in Crianlarich ankommen (unser Ziel ist die örtliche Jugendherberge), versperrt uns eine Kuhherde den Weg. Dummerweise gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten nach links oder rechts. Wir klettern also über einen schneeschlammig-rutschigen Hang und entkommen dem wildgewordenen Vieh gerade noch rechtzeitig, bevor...nein, in Wirklichkeit waren die alle brav.
Crianlarich schließlich ist ein relativ unspektakuläres Dörfchen mit einer noch unspektakuläreren Jugendherberge. Aber die Linsensuppe war gut.
1. April - Crianlarich - Bridge of Orchy
Gähnend stehe ich auf, schiebe den Vorhang in unserem 6-Bett-Zimmer beiseite – und glaube nicht, was ich da sehe. Blauer Himmel, soweit das Auge reicht und über Nacht hat der Schnee nochmal gut zugelegt. Und kalt geworden ist es. Wir können kaum erwarten, loszulaufen.
Nach einer guten Stunden ziehen leider Wolken auf , bringen aber wenigstens Schnee und keinen Regen. Nur wenig später stapfen wir tatsächlich kniehoch durch das weiße Pulver und brauchen dementsprechend lange fürs Vorankommen. Der Weg überquert einen kleineren Hügel mit einem wunderbar verschneiten Nadelwald und führt kurz darauf wieder ins Tal hinab, wo wir dummerweise ein Stück neben der Landstraße dahin laufen müssen. Zwischendurch scheint mal wieder die Sonne, dann hagelt es und überall sind Schafe und kleine Lämmchen. Da wir uns alle mehr oder weniger auf Regen und Schafe eingestellt hatten, geht es uns eigentlich recht gut.
Nun folgt der nach meinem Geschmack hässlichste Abschnitt des Weges, die Gegend um Tyndrum. Hat man das Dorf einmal durchquert, geht es mehrere Kilometer an der Landstraße entlang. Zwar scheint die Sonne und die Autofahrer winken uns aus der Ferne zu, aber ich beschäftige mich doch lieber mit meiner Kamera und den Munros.
Bevor wir Bridge of Orchy erreichen, gibt es nochmal Platzregen und der Schnee ist dahin. Vorbei das schöne Wetter.
In Bridge of Orchy haben wir uns in das Bunkhouse einquartiert. Ich habe schon in Bahnhöfen geschlafen, die sauberer waren und besser gerochen haben. Sehr zu empfehlen ist allerdings das Hotelrestaurant. Für verhältnismäßig wenig Geld gabs hier richtig gutes schottisches Essen.


2. April - Bridge of Orchy - Kingshouse Hotel
Wahnsinn. Über Nacht hat es wieder gefroren und die ganze Landschaft ist mit Raureif bedeckt und glitzert in der Morgensonne. Wir erklimmen den Haushügel bei Bridge of Orchy, faulenzen in der Sonne vor Victoria Bridge und laufen schließlich bergauf, am Rand des Rannoch Moor vorbei. Warum um diese Etappe so ein Geschiss gemacht wird, ist mir allerdings schleierhaft. Selbst bei strömendem Regen sollte es sich hier besser laufen als in Lappland bei Sonnenschein. Der Tag verläuft so ereignislos wie schön. Blauer Himmel, weiße Berge, Temperaturen um die 0°C, was will man mehr. Irgendwann geht es dann wieder hinab und die Straße kommt erneut in Sicht, und ein kleiner weißer Fleck markiert unser Ziel, das Kingshouse Hotel.
Das Hotel selbst hat mir ziemlich gut gefallen, das Essen war spitzenklasse und die Atmosphäre großartig. Für knapp €25 im DZ wirklich genial.

3. April - Kingshouse Hotel - Kinlochleven
Leider hat die Sonne uns erneut im Stich gelassen. Über Nacht hat es offenbar ordentlich geregnet und der ganze Schnee ist weg (von den Munro-Gipfeln mal abgesehen). Dennoch gehört die Etappe zu den schöneren des WHW. Am Anfang, mir liegt die Frühstücksforelle noch im Magen, folgen wir ein Stück der Straße, dann kommt nach wenigen Kilometern der gefürchtete (haha) Devil's Staircase in Sicht. Zum ersten Mal seit Beginn der Tour ist hier ordentlich was los, wahrscheinlich viele Tagestouristen, die mal etwas machen wollen, wovon sie ihren Enkeln noch erzählen können. Oder so. Wir machen eine kurze Verschnaufpause, sammeln Energie uuund … sind auch schon oben. Ein bisschen anstrengend war es schon, aber im Prinzip ist jeder Munro heftiger. Die Aussicht dagegen ist großartig. Die Highlands liegen mit Restschnee da, eingetaucht in Nebel und Regenwolken. Für das Wetter ist die Sicht entsprechend gut. Der Abstieg nach Kinlochleven eröffnet auch noch einmal einige nette Ausblicke, nervt aber am Ende durch die alte Fabrik, die kurz vor der Ortsgrenze wartet.
In Kinlochleven fällt uns ein, dass wir ja einen Ruhetag eingerechnet hatten. In Fort William haben wir aufgrund des nahenden Osterwochenende vorsorglich ein Zimmer gebucht, jedoch erst für den 5. April. Unterkunft fanden wir auf dem Campingplatz eines Hotels in einer kleinen (!) Hütte. Egal, erstmal essen, dann schlafen.

4. April - Kinlochleven
Beim Frühstück stellen wir schnell fest, dass wir die einzigen Gäste des Hotels sind, die länger als eine Nacht bleiben. Beim Gespräch mit dem lustigen Kellner („you know...sometimes my brain works and sometimes it doesn't“) wurde uns der Umzug in ein großes Zimmer angeboten für €8 mehr pro Nase. Wir haben angenommen und eine gute Stunde später kam einer der Hotelangestellten zu uns und meinte, dass er sich vertan habe. Es koste nur €5 mehr.
Den Tag haben wir mit bummeln und einigen kurzen Spaziergängen in die nähere Umgebung verbracht. Nichts, was sich wirklich lohnen würden. Immerhin schien wieder die Sonne.

5. April - Kinlochleven - Fort William
Warum nur dieser Ruhetag? Wir stehen auf und es regnet in Strömen. Eigentlich schade, denn der Weg von Kinlochleven nach Fort William führt zumindest auf der ersten Hälfte durch eine wunderbare Highland-Landschaft. Trostloser wird es dagegen beim langsamen Abstieg nach Fort William (jetzt ohne Regen). Dort ist man gerade dabei irgendwelche Forst“wege“ (breit wie Autobahnen) in den Wald zu hauen. Die Landschaft hier sieht schon arg mitgenommen aus. Den Ben Nevis, der immer mal wieder zwischen Wolken und Bäumen auftaucht, kennen wir schon vom letzten Jahr. Die eigentliche obligatorische „Besteigung“ wollen wir uns daher sparen, besser als im Vorjahr konnte es sowieso nicht mehr werden (strahlend blauer Himmel).
Der Weg nach Fort William zieht sich und zieht sich, hinunter ins Tal, an der Straße lang, dann durch den Ort, schnell ein Foto am Schild gemacht und ab zur Jugendherberge. Und das wars dann auch schon. In 7 bzw. 8 Tagen haben wir den WHW fast vollständig gelaufen und so ziemlich alle erdenklichen Wetterlagen erlebt. Den Abend lassen wir natürlich in einem mehr oder weniger gemütlichen Pub ausklingen, bevor es am nächsten Tag zurück nach Edinburgh geht, das allein schon eine Reise wert ist.

Fazit
Nach ziemlicher Skepsis vor Beginn der Tour muss ich nun sagen: Der WHW ist mir in schöner Erinnerung geblieben, auch wenn er ein anderes Kaliber als die bisherigen Touren in Skandinavien ist. Gerade der Mix aus Wandern und abendlichem Schlemmen war zur Abwechslung richtig nett. Zudem ist der Weg sehr abwechslungsreich. Ich glaube jedoch auch, dass das tolle Winterwetter, das wir unterwegs hatten, einen großen Teil dazu beigetragen hat. 7 Tage durch graubraun mit Zwischenetappen an der Straße wären weniger schön gewesen. Und im Sommer, wenn der Weg überlaufen ist....na ich weiß nicht. Ich würde den WHW durchaus noch einmal wandern, aber dann wirklich im Winter. Für eine erste Mehrtagestour ist der Weg aber bedingungslos zu empfehlen.
Weg: West Highland Way, von Drymen nach Fort William
Wann: 28.03.-05.04.2010
Vorgeschichte
Schon im Oktober 2009 haben wir Schottland einen ersten Besuch abgestattet und schnell gemerkt, dass es nicht der einzige bleiben darf. Da wir 2010 nur im Frühjahr Zeit für eine Tour hatten und Südeuropa uns nicht wirklich lockte, fiel die Entscheidung auf den WHW. Statt einer Zelttour beschlossen wir, es diesmal etwas ruhiger anzugehen und sowohl Unterkünfte aufzusuchen als auch Essen zu kaufen bzw. wo möglich selbst zu kochen.
28. März - Anreise nach Glasgow
Irgendwie mag ich keine Anreisetage, die sind mir viel zu hektisch. Außerdem habe ich Kopfschmerzen und habe so nur wenig von dem wirklich hübschen B&B, in dem wir (Freundin + ich) uns einquartiert haben. Immerhin wohnt dort auch eine fette schwarze Katze, die sich in unser Zimmer gesellt und sich von mir den Kopf kraulen lässt. Nach einer guten Stunde treffen unsere zwei Reisepartner ein, mit denen wir in der nächsten Woche bis nach Fort William laufen wollen. Ich werde noch zu einer Runde im nahen Pub überredet und dann geht’s auch schon ins Bett, mit viel Vorfreude auf den nächsten Tag.
Achja, es regnet übrigens.
29. März - Fahrt nach Drymen; Drymen - Balmaha
Offensichtlich wollte die Hektik uns noch einen letzten Gruß erbieten: Im gerammelt vollen Bus fahren wir einmal quer durch Glasgow. Ich möchte nicht wissen, wie vielen Leuten ich auf dieser Fahrt meinen Rucksack in den Rücken gestoßen habe.
Eigentlich beginnt der WHW ja in einem der Glasgower Vororte, da wir aber von diversen Seiten nichts gutes darüber gehört hatten, wollen wir erst in Drymen starten.
Am Busbahnhof dann der erste Lichtblick. Der Fahrer der Regionallinie nach Drymen begrüßt uns mit den Worten: „It's your lucky day.“ Die Fahrt ist kostenlos, warum, wissen wir bis heute nicht. Natürlich regnet es. Nachdem wir Glasgow hinter uns gelassen haben, erhaschen wir die ersten Blicke auf die umliegenden Höhen. Sie sind verschneit.
Drymen ist ein hübsches kleines Dorf, das wohl hauptsächlich vom Tourismus des WHW lebt. Der Weg beginnt allerdings recht langweilig, folgt einer Straße, dann einigen Feldwegen und schließlich einem ordentlich befestigten Waldweg. Es nieselt noch immer.
Irgendwann verlassen wir den Wald und wollen die erste nennenswerte Steigung in Angriff nehmen. Die Bäume liegen keine 15 Meter hinter uns, da setzt Platzregen ein. Wir laufen zurück und machen unter dem dichten Bewuchs erstmal Mittag. Eine riesige Eule fliegt direkt vor uns auf.
Etwas später „besteigen“ wir dann den Conic Hill, der Regen hört auf, dafür weht der Wind uns fast wieder hinunter. Doch der Ausblick entschädigt: Unter uns liegen der Loch Lochmond und die Highland Boundary Fault, die die Highlands von den Lowlands trennt und wunderbar zu erkennen ist. Der Abstieg ist schnell geschafft und wir sind am Ziel der Etappe, in Balmaha, angekommen, wo wir uns (nach 2 Stunden Wartezeit auf den Betreiber) in einem eher ungemütlichen B&B wiederfinden.
30. März - Balmaha - Inversnaid
Sirenengeheul reißt mich aus dem Schlaf. Feueralarm. Ich springe aus dem Bett und renne die Treppe hinunter. Unten, in der Küche, stehen unsere Reisepartner und haben beim Speck Braten etwas zu viel Rauch gemacht. Nachdem der Vermieter die Anlage abgeschaltet hat, geht sie fünf Minuten später wieder los. Warum zum Teufel montiert man auch einen Rauchmelder direkt über eine Küchenzeile?
Als wir loslaufen, schüttet es aus Eimern. Der Weg wäre bei besserem Wetter bestimmt ganz hübsch, so laufen wir jedoch mit gesenktem Kopf immer dicht am Ufer des Loch Lomond vorbei, die Etappe zieht sich endlos. Mittags wärmen wir uns kurz in einem Pub bei Suppe und Kaminfeuer auf, bevor es weiter bis Inversnaid geht. Es regnet ununterbrochen, daher auch keine Fotos.
In Inversnaid übernachten wir in einer alten Kirche, die zu einer Jugendherberge umgebaut wurde. Wirklich schön. Außer einer jungen Familie sind wir die einzigen Gäste. Draußen heult der Wind. Auf unsere Frage, welches Wetter morgen zu erwarten sei, antwortet der Wirt: „Like today. Only worse.“
Beim Einschlafen frage ich mich, ob Schottland im Frühjahr vielleicht keine so gute Idee war...
31. März - Inversnaid - Crianlarich
Alles ist weiß. Irgendwann in der Nacht hat es gefroren und statt Regen fiel Schnee. Bis ganz runter an den See reicht er zwar nicht, aber immerhin. Der Weg führt wieder runter an den Loch Lomond, den wir aber bald hinter uns lassen und endlich wieder aufsteigen. Natürlich gibt’s dort auch mehr Schnee. Vorbei an einer halb verwesten Ziege laufen wir durch verschneites und mittlerweile etwas matschig gewordenes Weideland tiefer und vor allem höher in die Highlands hinein. Nach einigen Stunden zeigen sich sogar mal einige Flecken blauen Himmels – ein kleiner Vorgeschmack auf die nächsten Tage. Bevor wir in Crianlarich ankommen (unser Ziel ist die örtliche Jugendherberge), versperrt uns eine Kuhherde den Weg. Dummerweise gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten nach links oder rechts. Wir klettern also über einen schneeschlammig-rutschigen Hang und entkommen dem wildgewordenen Vieh gerade noch rechtzeitig, bevor...nein, in Wirklichkeit waren die alle brav.
Crianlarich schließlich ist ein relativ unspektakuläres Dörfchen mit einer noch unspektakuläreren Jugendherberge. Aber die Linsensuppe war gut.
1. April - Crianlarich - Bridge of Orchy
Gähnend stehe ich auf, schiebe den Vorhang in unserem 6-Bett-Zimmer beiseite – und glaube nicht, was ich da sehe. Blauer Himmel, soweit das Auge reicht und über Nacht hat der Schnee nochmal gut zugelegt. Und kalt geworden ist es. Wir können kaum erwarten, loszulaufen.
Nach einer guten Stunden ziehen leider Wolken auf , bringen aber wenigstens Schnee und keinen Regen. Nur wenig später stapfen wir tatsächlich kniehoch durch das weiße Pulver und brauchen dementsprechend lange fürs Vorankommen. Der Weg überquert einen kleineren Hügel mit einem wunderbar verschneiten Nadelwald und führt kurz darauf wieder ins Tal hinab, wo wir dummerweise ein Stück neben der Landstraße dahin laufen müssen. Zwischendurch scheint mal wieder die Sonne, dann hagelt es und überall sind Schafe und kleine Lämmchen. Da wir uns alle mehr oder weniger auf Regen und Schafe eingestellt hatten, geht es uns eigentlich recht gut.
Nun folgt der nach meinem Geschmack hässlichste Abschnitt des Weges, die Gegend um Tyndrum. Hat man das Dorf einmal durchquert, geht es mehrere Kilometer an der Landstraße entlang. Zwar scheint die Sonne und die Autofahrer winken uns aus der Ferne zu, aber ich beschäftige mich doch lieber mit meiner Kamera und den Munros.
Bevor wir Bridge of Orchy erreichen, gibt es nochmal Platzregen und der Schnee ist dahin. Vorbei das schöne Wetter.
In Bridge of Orchy haben wir uns in das Bunkhouse einquartiert. Ich habe schon in Bahnhöfen geschlafen, die sauberer waren und besser gerochen haben. Sehr zu empfehlen ist allerdings das Hotelrestaurant. Für verhältnismäßig wenig Geld gabs hier richtig gutes schottisches Essen.
2. April - Bridge of Orchy - Kingshouse Hotel
Wahnsinn. Über Nacht hat es wieder gefroren und die ganze Landschaft ist mit Raureif bedeckt und glitzert in der Morgensonne. Wir erklimmen den Haushügel bei Bridge of Orchy, faulenzen in der Sonne vor Victoria Bridge und laufen schließlich bergauf, am Rand des Rannoch Moor vorbei. Warum um diese Etappe so ein Geschiss gemacht wird, ist mir allerdings schleierhaft. Selbst bei strömendem Regen sollte es sich hier besser laufen als in Lappland bei Sonnenschein. Der Tag verläuft so ereignislos wie schön. Blauer Himmel, weiße Berge, Temperaturen um die 0°C, was will man mehr. Irgendwann geht es dann wieder hinab und die Straße kommt erneut in Sicht, und ein kleiner weißer Fleck markiert unser Ziel, das Kingshouse Hotel.
Das Hotel selbst hat mir ziemlich gut gefallen, das Essen war spitzenklasse und die Atmosphäre großartig. Für knapp €25 im DZ wirklich genial.
3. April - Kingshouse Hotel - Kinlochleven
Leider hat die Sonne uns erneut im Stich gelassen. Über Nacht hat es offenbar ordentlich geregnet und der ganze Schnee ist weg (von den Munro-Gipfeln mal abgesehen). Dennoch gehört die Etappe zu den schöneren des WHW. Am Anfang, mir liegt die Frühstücksforelle noch im Magen, folgen wir ein Stück der Straße, dann kommt nach wenigen Kilometern der gefürchtete (haha) Devil's Staircase in Sicht. Zum ersten Mal seit Beginn der Tour ist hier ordentlich was los, wahrscheinlich viele Tagestouristen, die mal etwas machen wollen, wovon sie ihren Enkeln noch erzählen können. Oder so. Wir machen eine kurze Verschnaufpause, sammeln Energie uuund … sind auch schon oben. Ein bisschen anstrengend war es schon, aber im Prinzip ist jeder Munro heftiger. Die Aussicht dagegen ist großartig. Die Highlands liegen mit Restschnee da, eingetaucht in Nebel und Regenwolken. Für das Wetter ist die Sicht entsprechend gut. Der Abstieg nach Kinlochleven eröffnet auch noch einmal einige nette Ausblicke, nervt aber am Ende durch die alte Fabrik, die kurz vor der Ortsgrenze wartet.
In Kinlochleven fällt uns ein, dass wir ja einen Ruhetag eingerechnet hatten. In Fort William haben wir aufgrund des nahenden Osterwochenende vorsorglich ein Zimmer gebucht, jedoch erst für den 5. April. Unterkunft fanden wir auf dem Campingplatz eines Hotels in einer kleinen (!) Hütte. Egal, erstmal essen, dann schlafen.
4. April - Kinlochleven
Beim Frühstück stellen wir schnell fest, dass wir die einzigen Gäste des Hotels sind, die länger als eine Nacht bleiben. Beim Gespräch mit dem lustigen Kellner („you know...sometimes my brain works and sometimes it doesn't“) wurde uns der Umzug in ein großes Zimmer angeboten für €8 mehr pro Nase. Wir haben angenommen und eine gute Stunde später kam einer der Hotelangestellten zu uns und meinte, dass er sich vertan habe. Es koste nur €5 mehr.
Den Tag haben wir mit bummeln und einigen kurzen Spaziergängen in die nähere Umgebung verbracht. Nichts, was sich wirklich lohnen würden. Immerhin schien wieder die Sonne.
5. April - Kinlochleven - Fort William
Warum nur dieser Ruhetag? Wir stehen auf und es regnet in Strömen. Eigentlich schade, denn der Weg von Kinlochleven nach Fort William führt zumindest auf der ersten Hälfte durch eine wunderbare Highland-Landschaft. Trostloser wird es dagegen beim langsamen Abstieg nach Fort William (jetzt ohne Regen). Dort ist man gerade dabei irgendwelche Forst“wege“ (breit wie Autobahnen) in den Wald zu hauen. Die Landschaft hier sieht schon arg mitgenommen aus. Den Ben Nevis, der immer mal wieder zwischen Wolken und Bäumen auftaucht, kennen wir schon vom letzten Jahr. Die eigentliche obligatorische „Besteigung“ wollen wir uns daher sparen, besser als im Vorjahr konnte es sowieso nicht mehr werden (strahlend blauer Himmel).
Der Weg nach Fort William zieht sich und zieht sich, hinunter ins Tal, an der Straße lang, dann durch den Ort, schnell ein Foto am Schild gemacht und ab zur Jugendherberge. Und das wars dann auch schon. In 7 bzw. 8 Tagen haben wir den WHW fast vollständig gelaufen und so ziemlich alle erdenklichen Wetterlagen erlebt. Den Abend lassen wir natürlich in einem mehr oder weniger gemütlichen Pub ausklingen, bevor es am nächsten Tag zurück nach Edinburgh geht, das allein schon eine Reise wert ist.
Fazit
Nach ziemlicher Skepsis vor Beginn der Tour muss ich nun sagen: Der WHW ist mir in schöner Erinnerung geblieben, auch wenn er ein anderes Kaliber als die bisherigen Touren in Skandinavien ist. Gerade der Mix aus Wandern und abendlichem Schlemmen war zur Abwechslung richtig nett. Zudem ist der Weg sehr abwechslungsreich. Ich glaube jedoch auch, dass das tolle Winterwetter, das wir unterwegs hatten, einen großen Teil dazu beigetragen hat. 7 Tage durch graubraun mit Zwischenetappen an der Straße wären weniger schön gewesen. Und im Sommer, wenn der Weg überlaufen ist....na ich weiß nicht. Ich würde den WHW durchaus noch einmal wandern, aber dann wirklich im Winter. Für eine erste Mehrtagestour ist der Weg aber bedingungslos zu empfehlen.
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